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Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA)

AV d. JM vom 9. August 2013 (2344 - Z. 124.1)
- JMBl. NRW S. 210 -
in der Fassung vom 22. März 2024
- JMBl. NRW S. 322 -



Die von den Landesjustizverwaltungen beschlossene bundeseinheitliche Neufassung der Geschäftsan-
weisung für Gerichtsvollzieher (GVGA) tritt am 1. September 2013 in Kraft. Die bisherige Geschäftsan-
weisung für Gerichtsvollzieher (AV d. JM vom 19. Juli 2012 (2344 - Z. 124.1) - JMBl. NRW S. 180 - tritt mit Ablauf des 31. August 2013 außer Kraft.

 
Der vollständige Text der Bestimmung wird in der Sammlung der Justizverwaltungsvorschriften (JVV-Online) im Justizintranet (lv.justiz.nrw.de) und im Internet-Auftritt der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen (www.datenbanken.justiz.nrw.de) veröffentlicht.


Soweit personenbezogene Bezeichnungen im Maskulinum stehen, wird diese Form verallgemeinernd verwendet und bezieht sich auf beide Geschlechter.


Inhaltsverzeichnis (Fn 2) (Fn 3) (Fn 4)

 

Erster Teil

Allgemeine Vorschriften

 

§ 1

Zweck der Geschäftsanweisung


 

Das Bundes- und Landesrecht bestimmt, welche Dienstverrichtungen dem Gerichtsvollzieher obliegen und welches Verfahren er dabei zu beachten hat. Diese Geschäftsanweisung soll dem Gerichtsvollzieher das Verständnis der gesetzlichen Vorschriften erleichtern. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und befreit den Gerichtsvollzieher nicht von der Verpflichtung, sich eine genaue Kenntnis der Bestimmungen aus dem Gesetz und den dazu ergangenen gerichtlichen Entscheidungen selbst anzueignen. Die Beachtung der Vorschriften dieser Geschäftsanweisung gehört zu den Amtspflichten des Gerichtsvollziehers.


§ 2 

Ausschließung von der dienstlichen Tätigkeit


Der Gerichtsvollzieher ist von der Ausübung seines Amtes in den in § 155 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) genannten Fällen kraft Gesetzes ausgeschlossen


§ 3 

Amtshandlungen gegen Exterritoriale und die ihnen gleichgestellten Personen sowie gegen NATO-Angehörige


(1)
Aufträge zur Vornahme von Amtshandlungen

1.
auf exterritorialem Gebiet oder

2.
gegen

a)
Mitglieder diplomatischer Missionen, ihre Familienmitglieder und privaten Hausangestellten sowie Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals und des dienstlichen Hauspersonals der Mission (§ 18 GVG),

b)
Mitglieder konsularischer Vertretungen, Bedienstete des Verwaltungs- und technischen Personals der Vertretung, die im gemeinsamen Haushalt mit einem Mitglied der konsularischen Vertretung lebenden Familienangehörigen und die Mitglieder seines Privatpersonals (§ 19 GVG),

c)
sonstige Personen, die nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit sind, insbesondere Mitglieder von Sonderorganisationen der Vereinten Nationen sowie die Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften (§ 20 GVG),

legt der Gerichtsvollzieher unerledigt seiner vorgesetzten Dienststelle vor und wartet deren Weisung ab. Er benachrichtigt hiervon den Auftraggeber.

(2)
Hat der Gerichtsvollzieher Amtshandlungen gegen NATO-Angehörige innerhalb der Anlage einer Truppe durchzuführen, so muss er die besonderen Bestimmungen der Artikel 32, 34 und 36 des Zusatzabkommens zu dem Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II S. 1218) beachten.

 

§ 4 (Fn 2) (Fn 3) (Fn 5)

Form des Auftrags

 

(§ 161 GVG, §§ 168, 192, 753 Absatz 2, 3 und 4, §§ 754, 754a, 802a Absatz 2 ZPO)

 

Aufträge an den Gerichtsvollzieher bedürfen keiner Form, soweit nicht verbindliche Formulare für den Auftrag durch Rechtsverordnung gemäß § 753 Absatz 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) eingeführt sind oder ihre entsprechende Geltung durch die Vorschrift eines anderen Gesetzes angeordnet wird (Formularzwang). Aufträge zur Vollstreckung einer privatrechtlichen und, soweit Formularzwang auch dafür besteht, öffentlich-rechtlichen Geldforderung sind unbeschadet von Übergangsregelungen unter Verwendung der nach der Verordnung über Formulare für die Zwangsvollstreckung (ZVFV) verbindlichen Formulare zu stellen. Keiner Formularverwendung bedarf es für einen Auftrag, der ausschließlich die Zustellung eines Schriftstücks zum Inhalt hat. Ein elektronisch eingereichter Auftrag muss den Anforderungen des § 130a Absatz 2 bis 4 ZPO und denjenigen der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) genügen; § 130a Absatz 6 ZPO gilt entsprechend. Der nach § 298 Absatz 2 und 3 ZPO anzufertigende Aktenvermerk kann durch den Ausdruck des Prüfvermerks ersetzt werden. Mündlich erteilte Aufträge sind aktenkundig zu machen.

 

§ 5 

Zeit der Erledigung des Auftrags


(1)
Die Erledigung der Aufträge darf nicht verzögert werden. Erfolgt die erste Vollstreckungshandlung nicht innerhalb eines Monats, so ist der Grund der Verzögerung aktenkundig zu machen.Der Gerichtsvollzieher entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, in welcher Reihenfolge die vorliegenden Aufträge nach ihrer Dringlichkeit zu erledigen sind. Er muss in jedem Fall besonders prüfen, ob es sich um eine Eilsache handelt oder nicht. Die Eilbedürftigkeit kann sich aus der Art der vorzunehmenden Amtshandlung ergeben; dies gilt insbesondere für die Vollziehung von Arresten oder einstweiligen Verfügungen, für Proteste, Benachrichtigungen des Drittschuldners nach § 845 ZPO und für Zustellungen, durch die eine Notfrist oder eine sonstige gesetzliche Frist gewahrt werden soll. Aufträge, deren eilige Ausführung von der Partei verlangt wird, müssen den für die besondere Beschleunigung maßgebenden Grund erkennen lassen.

(2)
Der Gerichtsvollzieher führt die Zwangsvollstreckung schnell und nachdrücklich durch. Die Frist für die Bearbeitung eines Vollstreckungsauftrags ergibt sich aus der Sachlage im Einzelfall; so kann es angebracht sein, einen Pfändungsauftrag umgehend auszuführen, um den Rang des Pfändungsrechts zu sichern. Anträge zur Vollziehung von einstweiligen Verfügungen nach § 940a ZPO oder zur Vollziehung von einstweiligen Anordnungen, die das Familiengericht nach den §§ 1 und 2 des Gewaltschutzgesetzes (GewSchG) erlassen hat, sind umgehend auszuführen, insbesondere, wenn die Vollziehung der einstweiligen Anordnung vor ihrer Zustellung an den Antragsgegner erfolgt (§ 214 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)).

(3) 
Der Gerichtsvollzieher führt die Zustellung aus:

1.
innerhalb von drei Tagen nach dem Empfang des Auftrags, möglichst jedoch schon am darauffolgenden Tag, wenn an seinem Amtssitz oder unter seiner Vermittlung durch die Post oder elektronisch (Fn 3) zuzustellen ist;

2.
auf der ersten Reise, spätestens jedoch binnen einer Woche, wenn außerhalb seines Amtssitzes durch ihn selbst zuzustellen ist.

Die Fristen gelten nicht, wenn die Eilbedürftigkeit der Sache eine noch frühere Erledigung des Auftrags erfordert. Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende werden bei den Fristen nicht mitgerechnet.

(4) 
Absatz 3 findet keine Anwendung auf die Zustellung von Vollstreckungstiteln zur Einleitung der Zwangsvollstreckung gemäß § 750 Absatz 1 Satz 2 ZPO sowie von Urkunden, welche die rechtliche Grundlage für eine gleichzeitig vorzunehmende Zwangsvollstreckung bilden.


§ 6 

Post


Post im Sinne dieser Bestimmungen ist jeder nach § 33 Absatz 1 des Postgesetzes (PostG) mit Zustellungsaufgaben beliehene Unternehmer.


§ 7 

Allgemeine Vorschriften über die Beurkundung


(1)
Bei der Aufnahme von Protokollen und anderen Urkunden hat der Gerichtsvollzieher neben den für einzelne Urkunden getroffenen besonderen Vorschriften folgende allgemeine Regeln zu beachten:

1.
Jede Urkunde muss die Zeit und den Ort ihrer Abfassung enthalten und von dem Gerichtsvollzieher unter Beifügung seiner Amtseigenschaft und der Bezeichnung seines Amtssitzes unterschrieben werden. Zur Unterschriftleistung dürfen Faksimilestempel nicht verwendet werden.

2.
Die Urkunden sind vollständig, deutlich und klar abzufassen. In Vordrucken sind die zur Ausfüllung bestimmten Zwischenräume, soweit sie durch die erforderlichen Eintragungen nicht ausgefüllt werden, durch Füllstriche zu weiteren Eintragungen ungeeignet zu machen. Die Schrift muss haltbar sein; der Bleistift darf auch bei Abschriften nicht verwendet werden.

3.
In dem Protokoll über ein Geschäft, das nach der aufgewendeten Zeit vergütet wird, ist die Zeitdauer unter Beachtung der für die Berechnung der Kosten maßgebenden Grundsätze nach den einzelnen Zeitabschnitten genau anzugeben.

4.
Abschriften sind als solche zu bezeichnen. Die dem Gerichtsvollzieher obliegende Beglaubigung erfolgt durch den Vermerk „Beglaubigt“ unter Beifügung der Unterschrift und des Abdrucks des Dienststempels. Bei mehreren selbständigen Abschriften muss, sofern nicht jede Abschrift besonders beglaubigt wird, aus ihrer äußeren Aufeinanderfolge oder aus dem Beglaubigungsvermerk erkennbar sein, welche Abschriften die Beglaubigung umfasst. Die Beglaubigung darf erst erfolgen, nachdem sich der Gerichtsvollzieher davon überzeugt hat, dass die Abschrift mit der Urschrift wörtlich übereinstimmt.

5.
Auf den Urschriften und Abschriften der Urkunden hat der Gerichtsvollzieher eine Berechnung seiner Gebühren und Auslagen aufzustellen und die Geschäftsnummer anzugeben, die das beurkundete Geschäft bei ihm hat.

6.
Besteht eine Urkunde aus mehreren Bogen oder einzelnen Blättern, so sind diese zusammenzuheften oder sonst in geeigneter Weise zu verbinden.

7.
Radierungen sind untersagt. Nachträgliche Berichtigungen von Urkunden müssen in der Urkunde selbst oder – soweit dies nicht tunlich ist – in einer besonderen Anlage erfolgen. Sie müssen den Grund der Berichtigung erkennen lassen, sind mit Datum und Unterschrift zu versehen und nötigenfalls den Parteien zuzustellen.

(2)
Der Gerichtsvollzieher muss sich beständig vergegenwärtigen, dass die von ihm aufgenommenen Urkunden öffentlichen Glauben haben; er soll sie daher mit größter Sorgfalt abfassen. Die Urkunde muss dem tatsächlichen Hergang in jedem einzelnen Punkt entsprechen.


§ 8

Amtshandlungen gegenüber Personen,
die der deutschen Sprache nicht mächtig sind


(1)
Ist derjenige, dem gegenüber der Gerichtsvollzieher eine Amtshandlung vorzunehmen hat, der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig, um Grund und Inhalt der Amtshandlung zu erfassen sowie etwaige Einwendungen dagegen vorzubringen, so zieht der Gerichtsvollzieher, sofern er die fremde Sprache nicht selbst genügend beherrscht, eine dieser Sprache kundige Person hinzu, die dazu bereit ist. Der Gerichtsvollzieher bedient sich dabei in erster Linie solcher Personen, die sofort erreichbar sind und den Umständen nach eine Vergütung nicht beanspruchen. Ist die Zuziehung eines Dolmetschers mit Kosten verbunden, so veranlasst der Gerichtsvollzieher sie erst nach vorheriger Verständigung mit dem Auftraggeber, es sei denn, dass es mit Rücksicht auf die Eilbedürftigkeit nicht tunlich erscheint oder die Kosten verhältnismäßig gering sind.

(2)
Ist ein zur Abgabe der Vermögensauskunft oder der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 836 Absatz 3, § 883 Absatz 2 ZPO oder § 94 FamFG verpflichteter Schuldner der deutschen Sprache nicht mächtig, so hat der Gerichtsvollzieher einen Dolmetscher zuzuziehen. Sind für die fremde Sprache Dolmetscher allgemein beeidigt, so sollen andere Personen nur zugezogen werden, wenn besondere Umstände es erfordern. § 185 Absatz 2 und § 186 GVG sind entsprechend anzuwenden. Absatz 1 Satz 3 ist zu beachten.


Zweiter Teil

Einzelne Geschäftszweige

Erster Abschnitt

Zustellung

A. Allgemeine Vorschriften


§ 9 

Zuständigkeit im Allgemeinen


(1)
Der Gerichtsvollzieher ist zuständig, im Auftrag eines Beteiligten Zustellungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in Strafsachen und in nichtgerichtlichen Angelegenheiten durchzuführen, soweit eine Zustellung auf Betreiben der Parteien zugelassen oder vorgeschrieben ist. Ferner hat er im Auftrag des Verhandlungsleiters Schiedssprüche nach dem Arbeitsgerichtsgesetz zuzustellen. Schiedssprüche nach der Zivilprozessordnung stellt der Gerichtsvollzieher zu, wenn er mit der Zustellung beauftragt wird.

(2)
Für Zustellungen von Amts wegen ist der Gerichtsvollzieher zuständig, soweit ihm solche Zustellungen durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Verwaltungsanordnung übertragen sind oder ihn der Vorsitzende des Prozessgerichts oder ein von diesem bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts mit der Ausführung der Zustellung beauftragt. Er führt sie nach den dafür bestehenden besonderen Vorschriften aus.

 

§ 10 (Fn 3)

Zustellungsaufträge mit Auslandsbezug

 

(1)

Gehen dem Gerichtsvollzieher Aufträge in einem Verfahren vor einer ausländischen (nichtdeutschen) Behörde unmittelbar von einer ausländischen Behörde, einem Beteiligten oder einem Beauftragten (zum Beispiel einem deutschen Rechtsanwalt oder Notar) zu, so legt er sie unerledigt seiner vorgesetzten Dienststelle vor und wartet ihre Weisungen ab (§ 126 der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO)). Eine Vorlage ist nicht erforderlich, soweit

1.

ausländische Schuldtitel zur Vollstreckung geeignet sind (§§ 40, 41),

2.

auf der Grundlage des deutsch-britischen Rechtshilfeabkommens vom 20. März 1928 unmittelbare Zustellungen im Parteibetrieb erfolgen sollen,

3.

gerichtliche oder außergerichtliche Schriftstücke nach Artikel 20 und 21 der Verordnung (EU) 2020/1784 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) (ABl. L 405 vom 02.12.2020, S. 40; ABl. L 173 vom 30.06.2022, S. 133) im Inland unmittelbar durch den Gerichtsvollzieher zugestellt werden können und dieser das hierbei zu beachtende Verfahren einhält.

Der Empfänger hat ein Annahmeverweigerungsrecht von zwei Wochen, sofern das zuzustellende Schriftstück nicht in einer Sprache abgefasst oder in eine Sprache übersetzt ist, die er versteht oder die Amtssprache am Zustellungsort ist. Der Empfänger ist durch den Gerichtsvollzieher mit dem Formblatt L über sein Annahmeverweigerungsrecht zu belehren, sofern das zuzustellende Schriftstück nicht in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen am Zustellungsort abgefasst oder in diese übersetzt ist. Zu diesem Zweck sollte dem Zustellungsantrag erforderlichenfalls das Formblatt L in der oder einer der Amtssprachen des Ursprungsstaats und der oder einer der Amtssprachen am Zustellungsort beigefügt sein. Bei Anzeichen dafür, dass der Empfänger eine Amtssprache eines weiteren Mitgliedstaates versteht, ist das Formblatt auch in dieser Sprache beizufügen.

(2)

Aufträge zu Zustellungen nach Orten außerhalb des Bereichs deutscher Gerichtsbarkeit legt der Gerichtsvollzieher unerledigt seiner vorgesetzten Dienststelle vor und wartet ihre Weisung ab. Für Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse gelten die besonderen Bestimmungen nach § 15 Absatz 1 Satz 3.

 

§ 11 (Fn 3)

Zustellung eines Dokuments an mehrere Beteiligte

 

(1)

Eine Zustellung an mehrere Beteiligte ist bei der Zustellung eines Dokuments als Schriftstück (§ 193 ZPO) durch Übergabe einer Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift und bei der Zustellung eines Dokuments als elektronisches Dokument (§ 193a ZPO) durch Zustellung an jeden einzelnen Beteiligten zu bewirken. Dies gilt auch, wenn die Zustellungsempfänger in häuslicher Gemeinschaft leben (zum Beispiel Ehegatten, Lebenspartner, Eltern, Kinder).

(2)

Bei der Zustellung an den Vertreter mehrerer Beteiligter (zum Beispiel den gesetzlichen Vertreter oder Prozessbevollmächtigten) genügt es, wenn dem Vertreter nur eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift eines Schriftstücks übergeben oder das elektronische Dokument einmal zugestellt wird. Einem bloßen Zustellungsbevollmächtigten mehrerer Beteiligter sind in einer einzigen Zustellung so viele Ausfertigungen oder Abschriften eines Schriftstücks zu übergeben, wie Beteiligte vorhanden sind.

(3)

Ist der Zustellungsadressat der Zustellung zugleich für seine eigene Person und als Vertreter beteiligt, so muss die Zustellung an ihn in seiner Eigenschaft als Vertreter besonders erfolgen.

 

§ 12 (Fn 3)

Zustellung mehrerer Dokumente an einen Beteiligten

 

(1)

Sind einem Beteiligten mehrere Dokumente zuzustellen, die verschiedene Rechtsangelegenheiten betreffen, so stellt der Gerichtsvollzieher jedes Dokument besonders zu.

(2)

Betreffen die Dokumente dieselbe Rechtsangelegenheit, so erledigt der Gerichtsvollzieher den Auftrag durch eine einheitliche Zustellung, wenn die Dokumente als zusammengehörig gekennzeichnet sind oder wenn der Auftraggeber eine gemeinsame Zustellung beantragt hat.

 

§ 13 (Fn 3)

Vorbereitung der Zustellung

 

Die Zustellung ist mit Sorgfalt vorzubereiten. Der Gerichtsvollzieher prüft dabei auch, ob Schriftstücke unterschrieben und ordnungsgemäß beglaubigte Abschriften in der erforderlichen Zahl vorhanden sind. Reicht der Auftraggeber das zuzustellende Dokument als elektronisches Dokument ein, prüft der Gerichtsvollzieher, ob das Dokument nach Maßgabe des § 130a ZPO wirksam eingegangen ist. Er sorgt dafür, dass Mängel auf dem kürzesten Wege abgestellt werden, möglichst sofort bei Entgegennahme des Auftrags. Soweit es angängig ist, beseitigt er die Mängel selbst.


§ 14

aufgehoben (Fn 4)

 

§ 15 

Wahl der Zustellungsart bei Schriftstücken (Fn 3)


(1)
Die Zustellung durch Aufgabe zur Post ist nur in den gesetzlich bestimmten Fällen zulässig (zum Beispiel § 829 Absatz 2, § 835 Absatz 3 ZPO). Sie darf nur auf ausdrückliches Verlangen des Auftraggebers vorgenommen werden. Satz 2 gilt nicht für die Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an einen Schuldner im Ausland (§ 829 Absatz 2 Satz 3, § 835 Absatz 3 ZPO); ist der Pfändungsbeschluss jedoch in einem anderen Schuldtitel, zum Beispiel in einem Arrestbefehl enthalten, so legt der Gerichtsvollzieher den Auftrag nach der Zustellung an den Drittschuldner im Inland seiner vorgesetzten Dienststelle vor und wartet ihre Weisung ab.

(2)
Zwischen der persönlichen Zustellung und der Zustellung durch die Post hat der Gerichtsvollzieher unbeschadet der folgenden Bestimmungen nach pflichtgemäßem Ermessen die Wahl. Er hat insbesondere persönlich zuzustellen, sofern

1.
die Sache eilbedürftig ist oder besondere Umstände es erfordern,

2.
der Auftraggeber es beantragt hat oder bei der Zustellung durch die Post höhere Kosten entstehen würden; dies gilt nur, soweit die persönliche Zustellung mit der sonstigen Geschäftsbelastung des Gerichtsvollziehers vereinbar ist und die Zustellung sich nicht dadurch verzögert, dass der Gerichtsvollzieher sie selbst vornimmt.

(3)
Lässt der Gerichtsvollzieher eilige Zustellungen durch die Post ausführen, so muss er ihre rechtzeitige Erledigung überwachen.

(4) 
Von der Zustellung durch die Post sind ausgeschlossen:

1.
gerichtliche Pfändungsbeschlüsse im Fall des § 840 ZPO,

2.
Zustellungen von Willenserklärungen, bei denen eine Urkunde vorzulegen ist.

(5)
Während eines Insolvenzverfahrens behandelt die Post Sendungen an den Schuldner als unzustellbar, wenn das Gericht die Aushändigung der für den Schuldner bestimmten Briefe an den Insolvenzverwalter angeordnet hat (§ 99 der Insolvenzordnung (InsO)). Der Gerichtsvollzieher stellt daher Sendungen an den Schuldner nicht durch die Post zu, solange die Postsperre nicht aufgehoben ist.


B. Zustellung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten

I. Zustellung auf Betreiben der Parteien

1. Allgemeines


§ 16 

Empfangnahme von Dokumenten und Beglaubigung der Schriftstücke

(§§ 192, 193 ZPO) (Fn 3)


(1) (Fn 3)

Beim Empfang der zuzustellenden Schriftstücke vermerkt der Gerichtsvollzieher den Zeitpunkt der Übergabe auf den Urschriften, Ausfertigungen und allen Abschriften. Bei unmittelbar erteilten Aufträgen bescheinigt er der Partei auf Verlangen den Zeitpunkt der Übergabe. Fertigt der Gerichtsvollzieher von einem elektronischen Dokument die für die Zustellung als Schriftstück erforderlichen Abschriften als Ausdrucke selbst, vermerkt er auf allen Abschriften den Zeitpunkt des Eingangs und den Übermittlungsweg oder fügt den Abschriften jeweils einen Ausdruck des technischen Prüfdokuments bei.

(2)  
Soll ein Dokument als Schriftstück zugestellt werden, hat der Rechtsanwalt, der eine Partei vertritt, dem Gerichtsvollzieher die zur Ausführung des Zustellungsauftrags erforderlichen Abschriften mit zu übergeben, wenn er dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende Dokument in Papierform übermittelt. (Fn 3) Dies gilt auch für den Rechtsanwalt, der einer Partei im Wege der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe beigeordnet ist. Ist der Partei, der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt ist, kein Rechtsanwalt beigeordnet, so hat die mit der Vermittlung der Zustellung beauftragte Geschäftsstelle die fehlenden Abschriften herstellen zu lassen. Wenn der Rechtsanwalt oder die Geschäftsstelle die erforderlichen Abschriften nicht übergeben hat, fordert der Gerichtsvollzieher sie nach. Er stellt sie selbst her,

1.
wenn durch die Nachforderung die rechtzeitige Erledigung gefährdet würde oder

2.
wenn eine Partei, die nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten ist und der auch Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe nicht bewilligt ist, dem Gerichtsvollzieher die erforderlichen Abschriften nicht mit übergeben hat.

Auch im Übrigen kann der Gerichtsvollzieher die Abschriften selbst herstellen, wenn der Partei dadurch nicht wesentlich höhere Kosten entstehen. Satz 1 bis 6 gilt entsprechend, wenn der Auftrag von einem Notar oder Rechtsbeistand erteilt wird.

(3) 
Besteht die Zustellung in der Übergabe einer beglaubigten Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks, so achtet der Gerichtsvollzieher darauf, dass ein ordnungsgemäßer Beglaubigungsvermerk vorhanden ist. Die Beglaubigung geschieht

1.
bei allen von der Partei unmittelbar oder durch Vermittlung der Geschäftsstelle erteilten Aufträgen durch den zustellenden Gerichtsvollzieher, soweit sie nicht schon durch einen Rechtsanwalt erfolgt ist,

2.
bei den auf Betreiben von Rechtsanwälten oder in Anwaltsprozessen zuzustellenden Schriftstücken durch den betreibenden Anwalt (§§ 191, 169 Absatz 2 ZPO), soweit nicht etwa der Gerichtsvollzieher die Abschriften selbst hergestellt hat.

Für die Beglaubigung sind gemäß § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG) (Fn 3) auch Erlaubnisinhaber, die nach § 209 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) in eine Rechtsanwaltskammer aufgenommen sind (Kammerrechtsbeistände), zuständig.

(4)(Fn 2)
Bei der Zustellung eines Vollstreckungsbescheids hat der Gerichtsvollzie­her die für den Antragsgegner bestimmte Ausfertigung zu übergeben. Liegt eine solche nicht vor, ist eine beglaubigte Abschrift der für den Antragsteller gefertigten Ausfertigung zu übergeben. In jedem Fall ist darauf zu achten, dass dem Antragsgegner zusammen mit der beglaubigten Abschrift der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids auch die dazugehörigen Hinweise des Gerichts ausgehändigt werden. Wenn diese Hinweise nicht bereits schon auf der für den Antragsgegner bestimmten Ausfertigung enthalten sind, händigt der Gerichtsvollzieher dem Antragsgegner ein Blatt mit den Hinweisen des Gerichts aus (vergleiche Anlage 5 zur Gerichtsvollzieherordnung (GVO)).


2. Die Zustellungsarten

a) Persönliche Zustellung


§ 17 (Fn 3)

 

Die persönliche Zustellung führt der Gerichtsvollzieher nach Maßgabe der §§ 191 bis 193, 194, 195 und §§ 166 bis 172, 174 bis 190 ZPO aus. § 58 Absatz 1 Satz 2 ist zu beachten.


§ 18 

Gesetzlicher Vertreter, rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter


(1)
Ist im Schuldtitel oder im Auftrag eine bestimmte Person als gesetzlicher Vertreter bezeichnet, stellt der Gerichtsvollzieher an diese Person zu. Es besteht keine Prüfungspflicht, ob die bezeichnete Person tatsächlich gesetzlicher Vertreter ist. Fehlt die Angabe des gesetzlichen Vertreters und ergeben sich die gesetzlichen Vertretungsverhältnisse nicht anderweitig, veranlasst der Gerichtsvollzieher den Auftraggeber zu einer Ergänzung des Zustellungsauftrags.

(2)
Ist der Zustellungsadressat keine natürliche Person (zum Beispiel Behörde, Gemeinde, Körperschaft, Stiftung, Verein, eingetragene Genossenschaft, Gesellschaft), erfolgt die Zustellung eines Schriftstücks (Fn 3) an den Leiter oder gesetzlichen Vertreter. Sind mehrere Leiter oder gesetzliche Vertreter vorhanden, so genügt die Zustellung an einen von ihnen.

(3)  
Die gesetzliche Vertretung richtet sich nach den materiell-rechtlichen Vorschriften. In den Fällen des § 246 Absatz 2 Satz 2, § 249 Absatz 1, § 250 Absatz 3, § 251 Absatz 3, § 253 Absatz 2, § 254 Absatz 2, § 255 Absatz 3, § 256 Absatz 7, § 257 Absatz 2 und des § 275 Absatz 4 des Aktiengesetzes (AktG) sowie des § 51 des Genossenschaftsgesetzes (GenG) hat die Zustellung sowohl an den Vorstand als auch an den Aufsichtsrat zu erfolgen; das gleiche gilt in den Fällen des § 75 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) wenn ein Aufsichtsrat bestellt ist.

(4) (Fn 3)
Ist im Auftrag eine Person als rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter mit den erforderlichen Angaben bezeichnet, so stellt der Gerichtsvollzieher nach Vorlage der schriftlichen Vollmacht an diese Person zu. Das gilt auch, wenn anlässlich der Zustellung ein anderer rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter die Vertretung des Adressaten anzeigt. Die Vollmacht kann als elektronisches Dokument übermittelt werden, wenn der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzugefügt und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen hat. Es bedarf keiner Ermittlungen darüber, ob ein Dritter bevollmächtigt ist oder ob die ihm vorgelegte Vollmacht ordnungsgemäß ist. Die Zustellung unterbleibt, wenn der Gerichtsvollzieher Zweifel an der Echtheit und am Umfang der Vollmacht hat. Auf der Zustellungsurkunde (§ 24) ist zu vermerken, dass die Vollmachtsurkunde vorgelegen hat. Erfolgt die Zustellung als elektronisches Dokument kann der Gerichtsvollzieher einen gesonderten Vermerk erstellen, aus dem er mit automatisierter Eingangsbestätigung und zuzustellendem Dokument ein neues, einheitliches elektronisches Dokument herstellt.


§ 19 

Ersatzzustellung


(1)
Kann die Zustellung nicht an den Adressaten oder seinen gesetzlichen oder rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter in Person erfolgen, so bewirkt der Gerichtsvollzieher die Zustellung nach Maßgabe der §§ 191, 178 bis 181 ZPO und der nachfolgenden Bestimmungen.

(2)
Bevor der Gerichtsvollzieher die Zustellung an einen Ersatzempfänger, durch Einlegung in den Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung oder durch Niederlegung bewirkt, überzeugt er sich davon, dass

1.
die Wohnung oder die Geschäftsräume, worin die Zustellung vorgenommen oder versucht wird, auch die Wohnung oder die Geschäftsräume des Adressaten sind;

2.
die Gemeinschaftseinrichtung, in der die Zustellung vorgenommen oder versucht wird, die Einrichtung ist, in der der Zustellungsadressat wohnt;

3.
die Personen, mit denen er verhandelt, auch diejenigen sind, für die sie sich ausgeben, und dass sie zu dem Adressaten in dem angegebenen Verhältnis stehen.

Bei Zustellungen an Gewerbetreibende, die ein offenes Geschäft haben oder eine Gaststätte betreiben, hat der Gerichtsvollzieher den Namen zu beachten, der zur Bezeichnung des Geschäftsinhabers an der Außenseite oder dem Eingang des Ladens oder der Wirtschaft angebracht ist. Bei Handelsfirmen hat er sich zu vergewissern, ob der Inhaber ein Einzelkaufmann oder eine Gesellschaft ist. Ist der Inhaber ein Einzelkaufmann, so gibt der Gerichtsvollzieher in der Zustellungsurkunde den bürgerlichen Namen (Vor- und Zunamen) des Firmeninhabers an.

(3)
Eine Ersatzzustellung ist unzulässig, wenn der Zustellungsadressat verstorben ist.

(4)
Hat der Gerichtsvollzieher den Adressaten an dem Ort, an dem er ihn zuerst aufgesucht hat, nicht angetroffen, so kann er statt der Ersatzzustellung auch den Versuch wiederholen, dem Adressaten in Person zuzustellen. Ob er dies tun will, hängt von seinem Ermessen ab; es darf jedoch nicht geschehen, wenn dadurch das Interesse des Auftraggebers an rascher Durchführung der Zustellung gefährdet oder die Besorgung anderer Geschäfte in nachteiliger Weise verzögert würde.


§ 20 

Ersatzzustellung in der Wohnung, in Geschäftsräumen sowie Gemeinschaftseinrichtungen


(1)   
Zum Zweck der Zustellung begibt sich der Gerichtsvollzieher – vorbehaltlich von Absatz 2 und 3 - in der Regel in die Wohnung des Zustellungsadressaten. Trifft er den Adressaten dort nicht an, kann er die Zustellung in der Wohnung nach Maßgabe des § 178 ZPO bewirken.

(2)
Hat der Gerichtsvollzieher an einen Zustellungsadressaten zuzustellen, der einen Geschäftsraum unterhält (zum Beispiel Gewerbetreibender, Rechtsanwalt, Notar, Kammerrechtsbeistand (§ 16 Absatz 3 Satz 3), Gerichtsvollzieher, gesetzlicher Vertreter oder Leiter einer Behörde, einer Gemeinde, einer Gesellschaft oder eines Vereins), so begibt sich der Gerichtsvollzieher in der Regel in die Geschäftsräume. Geschäftsraum ist regelmäßig der Raum, in dem der Kunden- oder Publikumsverkehr des Adressaten stattfindet und zu dem der Gerichtsvollzieher Zutritt hat. Trifft er den Adressaten dort nicht an, so kann er die Zustellung in den Geschäftsräumen an eine anwesende, bei dem Adressaten beschäftigte Person bewirken. Beschäftigte Personen können insbesondere ein Gewerbegehilfe, ein Gehilfe oder eine Büro- oder Schreibkraft eines Rechtsanwalts, Kammerrechtsbeistands, Notars oder Gerichtsvollziehers oder ein Beamter oder Bediensteter sein. Aus dem Umstand, dass der Geschäftsinhaber dieser Person das Geschäftslokal überlässt, kann der Gerichtsvollzieher schließen, dass der Geschäftsinhaber ihr auch das für Zustellungen notwendige Vertrauen entgegenbringt. Liegen die Geschäftsräume des Adressaten innerhalb seiner Wohnung, so kann die Ersatzzustellung sowohl an eine dort beschäftigte Person als auch an eine der in § 178 ZPO bezeichneten Personen erfolgen.

(3) 
Wohnt der Zustellungsadressat in einer Gemeinschaftseinrichtung (zum Beispiel einem Altenheim, Lehrlingsheim, Arbeiterwohnheim, Schwesternheim, einer Kaserne, einer Unterkunft für Asylbewerber oder einer ähnlichen Einrichtung) und trifft der Gerichtsvollzieher ihn dort nicht an, kann der Gerichtsvollzieher die Zustellung auch an den Leiter der Gemeinschaftseinrichtung oder einen dazu ermächtigten Vertreter bewirken.

(4)
Dem Nichtantreffen des Zustellungsadressaten in der Wohnung, dem Geschäftsraum oder der Gemeinschaftseinrichtung steht es gleich, wenn der Adressat zwar anwesend, jedoch wegen Erkrankung, unabwendbarer Dienstgeschäfte oder vergleichbaren Gründen an der Entgegennahme verhindert ist. Dasselbe gilt, wenn bei der Zustellung an Anstaltsinsassen, insbesondere an Pflegebefohlene, im Einzelfall eine Anordnung der Anstaltsleitung einer Zustellung an die verwahrte Person selbst entgegensteht.

(5) 
Der Grund, der eine Zustellung an einen Ersatzempfänger nach Absatz 1 bis 4 rechtfertigt, ist in der Zustellungsurkunde (§ 24) zu vermerken.


§ 21 

Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung
(§§ 191, 180 ZPO)


(1)
Der Gerichtsvollzieher hat sich bei der Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten davon zu überzeugen, dass dieser in einem ordnungsgemäßen Zustand ist. Ein ordnungsgemäßer Zustand liegt insbesondere nicht vor, wenn Anzeichen bestehen, dass dieser nicht regelmäßig geleert wird. In diesem Fall ist das Schriftstück durch Niederlegung zuzustellen.

(2)
Ein Postfach ist eine ähnliche Vorrichtung im Sinne von § 180 Satz 1 ZPO, wenn eine Wohnanschrift der Person, der zugestellt werden soll, unbekannt oder nicht vorhanden ist.

(3) 
Der Gerichtsvollzieher vermerkt auf der Zustellungsurkunde (§ 24) den Grund, aus dem die Sendung in den Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung einzulegen war, sowie den Zeitpunkt. Eine Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten einer Gemeinschaftseinrichtung ist unzulässig.


§ 22 

Besondere Vorschriften über die Ersatzzustellung


Bei jeder Zustellung, die durch Übergabe an einen Ersatzempfänger, durch Niederlegung oder durch Einlegen in den Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung geschieht, verschließt der Gerichtsvollzieher das zu übergebende Schriftstück in einem Umschlag, nachdem er auf dem Umschlag das Datum, die Dienstregisternummer und gegebenenfalls die Uhrzeit der Zustellung vermerkt hat und den Vermerk unterschrieben hat. Das Schriftstück ist so zu verschließen, dass es ohne Öffnung nicht eingesehen werden kann. Die Außenseite des Briefumschlags ist mit dem Namen und der Amtsbezeichnung des Gerichtsvollziehers sowie mit dem Namen des Zustellungsadressaten zu versehen. Dies gilt nicht, wenn die Ersatzzustellung mit der Aufforderung zur Abgabe der Erklärung nach § 840 Absatz 1 ZPO verbunden und der Ersatzempfänger zur Abgabe der Erklärung bereit ist und seine Befugnis versichert oder sich an die Zustellung sofort eine Vollstreckungshandlung anschließt. (Fn 3) Der Gerichtsvollzieher weist den Ersatzempfänger darauf hin, dass er verpflichtet ist, die Schriftstücke dem Zustellungsadressaten alsbald auszuhändigen.


§ 23 

Zustellung durch Niederlegung
(§ 181 ZPO)


(1)
Das zu übergebende Schriftstück ist auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts niederzulegen, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt. Ist bei dem Amtsgericht ein Eildienst für Entscheidungen außerhalb der gewöhnlichen Geschäftszeiten eingerichtet, kann die Niederlegung und Abholung des Schriftstücks auch bei diesem erfolgen.

(2) 
Der Gerichtsvollzieher teilt dem Adressaten die Niederlegung schriftlich mit. Die Mitteilung erfolgt auf dem Vordruck nach Anlage 4 der Zustellungsvordruckverordnung (ZustVV) unter der Anschrift des Zustellungsadressaten durch Abgabe in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise, zum Beispiel durch Einwerfen in den Briefkasten oder in den Briefeinwurf an der Wohnungstür oder der Tür des Geschäftsraumes. Ist die Abgabe der Mitteilung ausnahmsweise auf diese Weise nicht durchführbar, so heftet der Gerichtsvollzieher die Mitteilung an die Tür der Wohnung, des Geschäftsraums oder der Gemeinschaftseinrichtung an. Dabei hat der Gerichtsvollzieher zu prüfen, ob die Anheftung der Mitteilung an die Zimmertür in einer Gemeinschaftseinrichtung, insbesondere bei Einrichtungen wie Unterkünften für Asylbewerber, im Hinblick auf die Sicherheit des Zugangs der Mitteilung tunlich ist. In der Mitteilung ist anzugeben, wo das Schriftstück niedergelegt ist, ferner ist zu vermerken, dass das Schriftstück mit der Abgabe dieser schriftlichen Mitteilung als zugestellt gilt. Auf der Zustellungsurkunde (§ 24) ist zu vermerken, wie die Mitteilung über die Niederlegung abgegeben wurde.


§ 24 (Fn 3)
Zustellungsnachweis

(§§ 193, 182, § 193a Absatz 2 ZPO)

                                             

(1)

Der Gerichtsvollzieher nimmt über jede von ihm bewirkte Zustellung eines Schriftstücks am Zustellungsort eine Urkunde auf, die den Bestimmungen des § 193 Absatz 2 und § 182 ZPO entsprechen muss. Als Nachweis der Zustellung eines elektronischen Dokuments dient die automatisierte Eingangsbestätigung (§ 193a Absatz 2 Satz 1 ZPO).

(2)

Hat der Auftraggeber die genaue Angabe der Zeit der Zustellung verlangt oder erscheint diese Angabe nach dem Ermessen des Gerichtsvollziehers im Einzelfall von Bedeutung, so ist die Zeit in der Zustellungsurkunde auch nach Stunden und Minuten zu bezeichnen. Dies gilt zum Beispiel bei der Zustellung eines Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner, bei der Benachrichtigung des Drittschuldners nach § 845 ZPO sowie dann, wenn durch die Zustellung eine nach Stunden berechnete Frist in Lauf gesetzt wird.

(3)

Die Zustellungsurkunde ist auf die Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks oder auf einen damit zu verbindenden Vordruck nach Anlage 1 der Zustellungsvordruckverordnung zu setzen. Auf der Zustellungsurkunde vermerkt der Gerichtsvollzieher die Person, in deren Auftrag er zugestellt hat. Hat der Auftraggeber dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende Dokument elektronisch auf einem sicheren Übermittlungsweg übermittelt, verbindet der Gerichtsvollzieher die automatisierte Eingangsbestätigung mit dem zuzustellenden elektronischen Dokument und übermittelt diese anschließend dem Auftraggeber. Hierzu kann der Gerichtsvollzieher aus automatisierter Eingangsbestätigung und zuzustellendem Dokument ein neues, einheitliches elektronisches Dokument herstellen.

(4)

Eine durch den Gerichtsvollzieher beglaubigte Abschrift der Zustellungsurkunde ist auf das bei der Zustellung zu übergebende Schriftstück oder auf einen mit ihm zu verbindenden Bogen zu setzen. Die Übergabe einer Abschrift der Zustellungsurkunde kann dadurch ersetzt werden, dass der Gerichtsvollzieher den Tag der Zustellung auf dem zu übergebenden Schriftstück vermerkt. Jedoch soll der Gerichtsvollzieher von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen, wenn der Zustellungsadressat ein anzuerkennendes Interesse daran hat, die Wirksamkeit der Zustellung anhand einer Zustellungsurkunde nachzuprüfen.

(5)

Ist die Zustellungsurkunde auf einem Vordruck oder die für den Empfänger beglaubigte Abschrift auf einem besonderen Bogen geschrieben, so ist besonders darauf zu achten, dass die herzustellende Verbindung mit dem Schriftstück haltbar ist. Auf der Urkunde ist in diesem Fall auch die Geschäftsnummer anzugeben, die das zuzustellende Schriftstück trägt.

(6)

Die Zustellungsurkunde ist der Partei, für welche die Zustellung erfolgt, unverzüglich zu übergeben oder zu übersenden. War der Auftrag von mehreren Personen erteilt, so übermittelt der Gerichtsvollzieher beim Fehlen einer besonderen Anweisung die Urkunde an eine von ihnen, die er nach seinem Ermessen auswählt. Hatte die Geschäftsstelle den Auftrag vermittelt, so übermittelt der Gerichtsvollzieher die Zustellungsurkunde unmittelbar dem Auftraggeber, der die Vermittlung der Geschäftsstelle in Anspruch genommen hatte.


b) Zustellung durch die Post


§ 25 

Zustellungsauftrag
(§§ 194, 191, 176 Absatz 1 ZPO)


Stellt der Gerichtsvollzieher durch die Post zu, so übergibt er der Post die Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks verschlossen in dem Umschlagvordruck nach Anlage 2 der ZustVV mit dem Auftrag, einen Postbediensteten des Bestimmungsorts mit der Zustellung zu beauftragen. Die Zustellung durch den Postbediensteten erfolgt sodann nach §§ 177 bis 182 ZPO. Im Übrigen beachtet der Gerichtsvollzieher die Bestimmungen der ZustVV und die jeweils geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Post.


§ 26 

Vordrucke nach der Zustellungsvordruckverordnung


(1)
Der Gerichtsvollzieher gibt auf dem Umschlagvordruck nach Anlage 2 der ZustVV an:

1.
seinen eigenen Namen nebst Amtssitz und Amtseigenschaft,

2.
die Geschäftsnummer, die der Vorgang bei ihm hat,

3.
die Anschrift des Zustellungsadressaten.

Hierbei achtet er darauf, dass Zustellungsadressat und Bestimmungsort genau bezeichnet sind. Insbesondere sorgt er bei häufig vorkommenden Familiennamen und gleich oder ähnlich lautenden Ortsnamen für eine hinreichend bestimmte Bezeichnung. Bei der Zustellung an Personenmehrheiten (§ 18 Absatz 2 und 3) gibt der Gerichtsvollzieher die Anschrift der Behörde, Gemeinde und so weiter an und fügt den Zusatz „zu Händen des Leiters (Vorstandes und so weiter)“ bei.

(2)
Auf dem Umschlagvordruck nach Absatz 1 Satz 1 hat der Gerichtsvollzieher auch anzugeben, wenn

1.
die Zustellung mit Angabe der Uhrzeit erfolgen soll,

2.
die Ersatzzustellung an eine Person oder durch Einlegen in den Briefkasten ausgeschlossen ist,

3.
die Ersatzzustellung an eine bestimmte Person aufgrund des § 178 Absatz 2 ZPO unzulässig ist,

4.
die Niederlegung des zuzustellenden Schriftstücks gemäß § 181 ZPO ausgeschlossen werden soll,

5.
eine Weitersendung des Zustellungsauftrags innerhalb des Amtsgerichtsbezirks, des Landgerichtsbezirks oder des Inlands von dem Auftraggeber gewünscht ist.

Im Fall von Satz 1 Nummer 5 soll der Gerichtsvollzieher ein Postunternehmen auswählen, das die Zustellung in dem gewünschten Bereich ausführen kann.


III. Zustellung von Anwalt zu Anwalt


§ 27 

Zustellung von Anwalt zu Anwalt


(1)
Der Gerichtsvollzieher kann beauftragt werden, die Zustellung des Schriftstücks (Fn 3) eines Rechtsanwalts oder Kammerrechtsbeistands (§ 16 Absatz 3 Satz 3) an den Gegenanwalt oder an dessen allgemeinen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nach § 195 ZPO zu vermitteln. Ein solcher Auftrag liegt in der Bestimmung, dass die Zustellung „von Anwalt zu Anwalt“ erfolgen solle.

(2)
Der Gerichtsvollzieher holt in diesem Fall lediglich ein mit Datum und Unterschrift zu versehendes Empfangsbekenntnis des Zustellungsadressaten ein und übermittelt es dem Auftraggeber. Der zustellende Anwalt hat dem anderen Anwalt auf Verlangen eine Bescheinigung über die Zustellung zu erteilen. Diese Bescheinigung hat der Gerichtsvollzieher dem anderen Anwalt, wenn er sie verlangt, Zug um Zug gegen Aushändigung des Empfangsbekenntnisses zu übergeben. Der Gerichtsvollzieher soll daher Aufträge zu derartigen Zustellungen in der Regel nur übernehmen, wenn ihm zugleich von dem zustellenden Anwalt eine Bescheinigung über die Zustellung – in der das Datum zur Ausfüllung durch den Gerichtsvollzieher offen gelassen sein kann – ausgehändigt wird. Eine Beurkundung des Vorgangs durch den Gerichtsvollzieher findet nicht statt. Eine Ersatzzustellung oder eine Niederlegung ist ausgeschlossen.

(3)
Das schriftliche Empfangsbekenntnis kann auf die Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks, die Bescheinigung auf die zu übergebende Abschrift gesetzt werden. Werden die Bescheinigungen besonders ausgestellt, so müssen sie das zugestellte Schriftstück genau bezeichnen.

(4)
Wird die Ausstellung des Empfangsbekenntnisses verweigert oder ist es wegen Abwesenheit des Gegenanwalts oder aus einem sonstigen Grund nicht zu erlangen, so nimmt der Gerichtsvollzieher die Zustellung unter Aufnahme der gewöhnlichen Zustellungsurkunde nach den allgemeinen Vorschriften vor, soweit nicht der Auftraggeber für diesen Fall etwas anderes bestimmt hat.


C. Besondere
Zustellungen


§ 28 

Zustellungen in Straf- und Bußgeldsachen
(§ 38 StPO)


(1)
Soweit die an einem Strafverfahren oder einem Bußgeldverfahren Beteiligten nach den gesetzlichen Vorschriften befugt sind, Zeugen und Sachverständige unmittelbar zu laden, erfolgt dies durch Zustellung einer von dem Auftraggeber unterschriebenen Ladungsschrift. Die Vorschriften über Zustellung auf Betreiben der Parteien in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sind entsprechend anzuwenden.

(2)
Der unmittelbar geladene Zeuge oder Sachverständige ist nur zum Erscheinen verpflichtet, wenn ihm bei der Ladung die gesetzliche Entschädigung für Reisekosten und Versäumnis bar dargeboten oder wenn ihm nachgewiesen wird, dass die Entschädigung bei der zuständigen Stelle (zum Beispiel Kasse oder Zahlstelle) (Fn 2) hinterlegt ist (§ 220 Absatz 2 der Strafprozessordnung (StPO)). Der Gerichtsvollzieher hat daher auf Verlangen des Auftraggebers

1.
der geladenen Person die Entschädigung bei der Zustellung gegen Quittung zu übergeben, wenn ihm der Auftraggeber den Betrag in bar ausgehändigt hat, oder

2.
die Bescheinigung der zuständigen Stelle (zum Beispiel Kasse oder Zahlstel­le)(Fn 2) über die Hinterlegung mit zuzustellen, wenn der Auftraggeber den Betrag hinterlegt hat.

Der Gerichtsvollzieher übermittelt dem Auftraggeber mit der Zustellungsurkunde die Quittung des Empfängers. Hat der Empfänger die Entschädigung zurückgewiesen, so gibt der Gerichtsvollzieher dem Auftraggeber den Betrag mit der Zustellungsurkunde wieder zurück.

(3)
Auf der Zustellungsurkunde oder einem Nachtrag zu ihr muss der Gerichtsvollzieher ersichtlich machen:

1.
das Anbieten der Entschädigung,

2.
ihre Auszahlung oder Zurückweisung; im Fall der Zurückweisung ist der Grund zu vermerken, den der Empfänger hierfür angegeben hat,

3.
die Mitzustellung der Bescheinigung der zuständigen Stelle (zum Beispiel Kasse oder Zahlstelle)(Fn 2) , wenn der Auftraggeber den Betrag hinterlegt hat.

(4)
Der Gerichtsvollzieher führt die Zustellung auch dann aus, wenn ihm der Auftraggeber die Entschädigung weder zur Auszahlung übergeben noch sie hinterlegt hat. In diesem Fall darf aber die Ladung keinen Hinweis auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens enthalten. Dieser Sachverhalt ist in der Zustellungsurkunde ersichtlich zu machen; bei einer Zustellung durch die Post geschieht dies neben dem Vermerk, der auf das zu übergebende Schriftstück gesetzt wird.


§ 29 

Zustellung von Willenserklärungen
(§ 132 Absatz 1 BGB)


(1)
Der Gerichtsvollzieher ist zuständig, auch außerhalb einer anhängigen Rechtsangelegenheit die Zustellung von schriftlichen Willenserklärungen jeder Art zu bewirken, die ihm von einem Beteiligten aufgetragen wird.

(2) (Fn 3)
Die Zustellung von Dokumenten mit unsittlichem, offensichtlich rechtsmissbräuchlichem, beleidigendem oder sonst strafbarem Inhalt sowie die Zustellung von verschlossenen Sendungen im Parteiauftrag lehnt der Gerichtsvollzieher ab.

(3)
Die Zustellung erfolgt nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. Die Bestimmungen über die Zustellung auf Betreiben der Parteien in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten finden entsprechende Anwendung.

(4) (Fn 3)
Ist bei der Zustellung einer schriftlichen Willenserklärung dem Adressaten zugleich eine Urkunde vorzulegen (vergleiche zum Beispiel §§ 111, 174, 410, 1160, 1858 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)), so bewirkt der Gerichtsvollzieher auf Verlangen des Auftraggebers auch die Vorlegung. Die Zustellung durch die Post oder auf elektronischem Weg ist in diesem Fall ausgeschlossen. Trifft der Gerichtsvollzieher den Adressaten nicht an, so legt er die Urkunde der Person vor, an die er ersatzweise zustellt. In der Zustellungsurkunde ist anzugeben, welcher Person die Urkunde vorgelegt worden ist. Ist die Vorlegung unterblieben, so sind die Gründe hierfür in der Zustellungsurkunde zu vermerken; außerdem ist ausdrücklich zu beurkunden, ob der Gerichtsvollzieher zur Vorlegung imstande und bereit gewesen ist. Die vorzulegende Urkunde wird nur zugestellt, wenn der Auftraggeber dies ausdrücklich verlangt.


Zweiter Abschnitt

Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der ZPO

A. Allgemeine Vorschriften

I. Zuständigkeit


§ 30 

Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers


(1)
Der Gerichtsvollzieher führt die Zwangsvollstreckung durch, soweit sie nicht den Gerichten zugewiesen ist. Zum Aufgabenbereich des Gerichtsvollziehers gehören:

1.
die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in bewegliche körperliche Sachen einschließlich der Wertpapiere und der noch nicht vom Boden getrennten Früchte (§§ 802a, 803 bis 827 ZPO);

2.
die Pfändung von Forderungen aus Wechseln und anderen Papieren, die durch Indossament übertragen werden können, durch Wegnahme dieser Papiere (§ 831 ZPO);

3.
die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von beweglichen Sachen sowie zur Erwirkung der Herausgabe, Überlassung und Räumung von unbeweglichen Sachen und eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken (§§ 883 bis 885 ZPO);

4.
die Zwangsvollstreckung zur Beseitigung des Widerstandes des Schuldners gegen Handlungen, die er nach den §§ 887 und 890 ZPO zu dulden hat (§ 892 ZPO); oder zur Beseitigung von Zuwiderhandlungen des Schuldners gegen eine Unterlassungsverpflichtung aus einer Anordnung nach § 1 GewSchG (§ 96 FamFG);

5.
die Zwangsvollstreckung durch Abnahme der Vermögensauskunft und Haft (§§ 802c bis 802j ZPO);

6.
die Vollziehung von Arrestbefehlen und einstweiligen Verfügungen in dem Umfang, in dem die Zwangsvollstreckung dem Gerichtsvollzieher zusteht (§§ 916 bis 945 ZPO);

7.
die gütliche Erledigung durch Zahlungsvereinbarung (§ 802b ZPO);

8.
die auf Antrag (§ 755 ZPO) oder von Amts wegen (§ 882c Absatz 3 ZPO) durchzuführenden Aufenthaltsermittlungen sowie die Einholung von Drittstellenauskünften (§ 802l ZPO);

9.
die Erwirkung der Auskunft nach § 836 Absatz 3, § 883 Absatz 2 ZPO oder § 94
FamFG durch Abnahme der eidesstattlichen Versicherung und Haft;

10.
die Anordnung der Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 882c ZPO in Verbindung mit der Schuldnerverzeichnisführungsverordnung (SchuFV).

(2)
Außerdem hat der Gerichtsvollzieher mitzuwirken:

1.
bei der Zwangsvollstreckung in Forderungen (siehe §§ 121 bis 126);

2.
in bestimmten Einzelfällen bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (vergleiche zum Beispiel §§ 57b, 65, 93, 94 Absatz 2, § 150 Absatz 2, §§ 165, 171, 171c Absatz 2 und 3 sowie § 171h des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG);

3.
soweit weitere gesetzliche Vorschriften dies vorschreiben (vergleiche zum Beispiel § 372a Absatz 2, § 380 Absatz 2, § 390 Absatz 2 ZPO, § 25 Absatz 4 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), § 98 Absatz 2, § 153 Absatz 2 Satz 2 InsO, § 284 Absatz 8, § 315 Absatz 2 Satz 4 der Abgabenordnung (AO)).

II. Der Auftrag und seine Behandlung


§ 31 

Auftrag zur Zwangsvollstreckung
(§§ 753 bis 758 ZPO)


(1) 
Der Auftrag zur Zwangsvollstreckung wird dem Gerichtsvollzieher unmittelbar vom Gläubiger oder seinem Vertreter oder Bevollmächtigten erteilt. Der Auftraggeber darf die Vermittlung der Geschäftsstelle in Anspruch nehmen. Der durch Vermittlung der Geschäftsstelle beauftragte Gerichtsvollzieher wird unmittelbar für den Gläubiger tätig; er hat insbesondere auch die beigetriebenen Gelder und sonstigen Gegenstände dem Gläubiger unmittelbar abzuliefern. Ist eine einstweilige Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz ohne münd­liche Erörterung erlassen, so gilt der Antrag auf Erlass der einstweiligen An­ordnung zugleich als Auftrag zur Vollstreckung (§ 214 Absatz 2 Satz 3 FamFG).(Fn 2)

(2)
Weisungen des Gläubigers hat der Gerichtsvollzieher insoweit zu berücksichtigen, als sie mit den Gesetzen oder der Geschäftsanweisung nicht in Widerspruch stehen.

(3) (Fn 5)
Der Prozessbevollmächtigte des Gläubigers ist auf Grund seiner Prozessvollmacht befugt, den Gerichtsvollzieher mit der Zwangsvollstreckung zu beauftragen und den Gläubiger im Zwangsvollstreckungsverfahren zu vertreten. Der Gerichtsvollzieher hat den Mangel der Vollmacht oder der Versicherung der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung gemäß § 753a ZPO grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen. Ist Auftraggeber jedoch ein Rechtsanwalt oder Kammerrechtsbeistand (§ 16 Absatz 3 Satz 3), hat er dessen Vollmacht nur auf ausdrückliche Rüge zu überprüfen. Zum Nachweis der Vollmacht genügt die Bezeichnung als Prozessbevollmächtigter im Schuldtitel. Jedoch ermächtigt die bloße Prozessvollmacht den Bevollmächtigten nicht, die beigetriebenen Gelder oder sonstigen Gegenstände in Empfang zu nehmen; eine Ausnahme besteht nur für die vom Gegner zu erstattenden Prozesskosten (§ 81 ZPO). Der Gerichtsvollzieher darf daher die beigetriebenen Gelder oder sonstigen Gegenstände nur dann an den Prozessbevollmächtigten abliefern, wenn dieser von dem Gläubiger zum Empfang besonders ermächtigt ist. Die besondere Ermächtigung kann sich aus dem Inhalt der Vollmachtsurkunde ergeben. Bei Bevollmächtigten nach § 79 Absatz 2 Satz 1 und 2 Nummer 3 und 4 ZPO genügt es, wenn sie ihre ordnungsgemäße Bevollmächtigung zum Geldempfang versichern. Der Gläubiger kann die Ermächtigung auch dem Gerichtsvollzieher gegenüber mündlich erklären.

(4) (Fn 3)
Aufgrund eines entsprechenden Auftrags hat der nach § 17 GVO zuständige Gerichtsvollzieher den Aufenthalt des Schuldners nach Maßgabe des § 755 ZPO zu ermitteln. Der Gläubiger kann dem Gerichtsvollzieher zum Nachweis, dass der Aufenthaltsort des Schuldners nicht zu ermitteln ist (§ 755 Absatz 2 Satz 1 ZPO), eine entsprechende Auskunft der Meldebehörde vorlegen, die der Gläubiger selbst bei dieser eingeholt hat. Die Negativauskunft sollte in der Regel bei der Auftragserteilung nach § 755 Absatz 2 Satz 1 ZPO nicht älter als ein Monat sein. (Fn 2)

(5)

Die vollstreckbare Ausfertigung des Schuldtitels muss dem Gerichtsvollzieher übergeben werden. Der schriftliche oder mündliche Auftrag zur Zwangsvollstreckung in Verbindung mit der Übergabe der vollstreckbaren Ausfertigung ermächtigt und verpflichtet den Gerichtsvollzieher - ohne dass es einer weiteren Erklärung des Auftraggebers bedarf -, die Zahlung oder die sonstigen Leistungen in Empfang zu nehmen, darüber wirksam zu quittieren und dem Schuldner die vollstreckbare Ausfertigung auszuliefern, wenn er seine Verbindlichkeit vollständig erfüllt hat. Der Besitz der vollstreckbaren Ausfertigung ist demnach für den Gerichtsvollzieher dem Schuldner und Dritten gegenüber der unerlässliche, aber auch ausreichende Ausweis zur Zwangsvollstreckung und zu allen für ihre Ausführung erforderlichen Handlungen. Der Gerichtsvollzieher trägt deshalb bei Vollstreckungshandlungen die vollstreckbare Ausfertigung stets bei sich und zeigt sie auf Verlangen vor (§ 754 ZPO). (Fn 2)
(6) (Fn 2)
In den Fällen des § 754a ZPO bedarf es der Übergabe einer Ausferti­gung des Schuldtitels nicht, soweit der Gerichtsvollzieher die Ausfertigung nicht gemäß § 754a Absatz 2 ZPO nachgefordert hat.

(7) (Fn 2)
Hat der Schuldner nur gegen Aushändigung einer Urkunde zu leisten, zum Beispiel eines Wechsels, einer Anweisung oder eines Orderpapiers, so muss sich der Gerichtsvollzieher vor Beginn der Zwangsvollstreckung auch diese Urkunde aushändigen lassen.

(8) (Fn 2)
Bei der Zwangsvollstreckung aus einer Urteilsausfertigung, auf die ein Kostenfestsetzungsbeschluss gesetzt ist (§§ 105, 795a ZPO), hat der Gläubiger zu bestimmen, ob aus beiden oder nur aus einem der beiden Schuldtitel vollstreckt werden soll. Hat der Gläubiger keine Bestimmung getroffen, so vollstreckt der Gerichtsvollzieher aus beiden Schuldtiteln.

(9) (Fn 2)
Verlangen der Gläubiger oder sein mit Vollmacht versehener Vertreter ihre Zuziehung zur Zwangsvollstreckung, so benachrichtigt der Gerichtsvollzieher sie rechtzeitig von dem Zeitpunkt der Vollstreckung. In ihrer Abwesenheit darf der Gerichtsvollzieher erst nach Ablauf der festgesetzten Zeit mit der Zwangsvollstreckung beginnen, es sei denn, dass gleichzeitig für einen anderen Gläubiger gegen den Schuldner vollstreckt werden soll. Der Gläubiger oder sein Vertreter sind in der Benachrichtigung hierauf hinzuweisen. Leistet der Schuldner gegen die Zuziehung des Gläubigers Widerstand oder verwehrt der Schuldner dem Gläubiger den Zutritt zur Wohnung, so gelten die §§ 61 und 62 entsprechend. Ein selbständiges Eingreifen des Gläubigers oder seines Bevollmächtigten in den Gang der Vollstreckungshandlung, zum Beispiel das Durchsuchen von Behältnissen, darf der Gerichtsvollzieher nicht dulden.

(10) (Fn 3)

Der Gerichtsvollzieher kann die zuständige Polizeidienststelle um Auskunft dahingehend, ob nach polizeilicher Einschätzung eine Gefahr für Leib und Leben des Gerichtsvollziehers oder einer weiteren an der Vollstreckung beteiligten Person besteht, sowie Unterstützung bei einer durchzuführenden Vollstreckungshandlung ersuchen (§ 757a ZPO). Der notwendige Inhalt eines Auskunftsersuchens ist in § 757a Absatz 2 ZPO geregelt. Ein Unterstützungsersuchen kann darüber hinaus entweder sogleich mit einem Auskunftsersuchen verbunden werden (§ 757a Absatz 3 Satz 2 ZPO), erst nach einer polizeilichen Auskunft (§ 757a Absatz 3 Satz 1 ZPO) oder unter besonderen Voraussetzungen auch isoliert von einem Auskunftsersuchen (§ 757a Absatz 4 Satz 1 ZPO) gestellt werden. Der notwendige Inhalt eines isoliert gestellten Unterstützungsersuchens ist in § 757a Absatz 4 Satz 2 ZPO normiert. Nach Erledigung des Vollstreckungsauftrages hat der Gerichtsvollzieher die betroffenen Personen unverzüglich über das oder die vorangegangenen Ersuchen zu informieren (§ 757a Absatz 5 Satz 1 ZPO).


§ 32 

Aufträge zur Vollstreckung gegen vermögenslose Schuldner


(1)
Wurde der Gerichtsvollzieher mit einer Pfändung beauftragt (§ 803 ZPO) und hat er begründeten Anhalt dafür, dass die Zwangsvollstreckung fruchtlos verlaufen werde, so sendet er dem Gläubiger unverzüglich den Schuldtitel mit einer entsprechenden Bescheinigung zurück, wenn der Gläubiger nicht zugleich weitere Aufträge erteilt hat. Dabei teilt er dem Gläubiger mit, dass er den Auftrag zur Vermeidung unnötiger Kosten als zurückgenommen betrachtet. Der Zeitpunkt der Wirksamkeit der Rücknahme bestimmt sich nach § 3 Absatz 4 Satz 4 des Gerichtsvollzieherkostengesetzes (GvKostG). Die Erwartung, dass die Vollstreckung fruchtlos verlaufen werde, kann insbesondere begründet sein, wenn ein Pfändungsversuch gegen den Schuldner in den letzten drei Monaten fruchtlos verlaufen ist oder der Schuldner in den letzten drei Monaten die Vermögensauskunft abgegeben hat und sich daraus keine Anhaltspunkte ergeben, dass er über pfändbare Gegenstände verfügt. War der Gerichtsvollzieher auch beauftragt, dem Schuldner den Schuldtitel zuzustellen, so führt er diesen Auftrag aus.

(2) 
Die Bestimmungen nach Absatz 1 gelten nicht, wenn der Wunsch des Gläubigers auf Ausführung des Auftrags aus der Sachlage hervorgeht (zum Beispiel der Pfändungsauftrag zum Zwecke des Neubeginns der Verjährung erteilt ist) oder wenn das Gläubigerinteresse an der Ermittlung von Drittschuldnern ersichtlich oder zu unterstellen ist.


§ 33 

Zeit der Zwangsvollstreckung
(§ 758a Absatz 4 ZPO)


(1)

An Sonntagen und allgemeinen Feiertagen sowie zur Nachtzeit darf der Gerichtsvollzieher außerhalb von Wohnungen (§ 61 Absatz 1 Satz 2) Zwangsvollstreckungshandlungen vornehmen, wenn dies weder für den Schuldner noch für die Mitgewahrsamsinhaber eine unbillige Härte darstellt und wenn der zu erwartende Erfolg in keinem Missverhältnis zu dem Eingriff steht. Zuvor soll der Gerichtsvollzieher in der Regel wenigstens einmal zur Tageszeit an einem gewöhnlichen Wochentag die Vollstreckung vergeblich versucht haben.

(2)
In Wohnungen darf der Gerichtsvollzieher an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen sowie zur Nachtzeit nur aufgrund einer besonderen richterlichen Anordnung vollstrecken. Dies gilt auch dann, wenn die Vollstreckungshandlung auf die Räumung oder Herausgabe von Räumen oder auf die Vollstreckung eines Haftbefehls nach § 802g ZPO (Fn 3) gerichtet ist. Die Anordnung erteilt der Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk die Vollstreckungshandlung vorgenommen werden soll. Es ist Sache des Gläubigers, die Anordnung zu erwirken. Die Anordnung ist bei der Zwangsvollstreckung vorzuzeigen, dies ist im Protokoll über die Zwangsvollstreckungshandlung zu vermerken. Die erteilte Anordnung gilt, soweit aus Ihrem Inhalt nichts anderes hervorgeht, nur für die einmalige Durchführung der Zwangsvollstreckung. Sie umfasst die Erlaubnis zur Durchsuchung der Wohnung, falls die Vollstreckungshandlung eine solche erfordert. Es besteht keine gesetzliche Bestimmung, die es dem Gerichtsvollzieher ausdrücklich gestattet, eine zur Tageszeit in einer Wohnung begonnene Vollstreckung nach Beginn der Nachtzeit weiterzuführen. Daher empfiehlt es sich, die Anordnung des Richters bei dem Amtsgericht vorsorglich einholen zu lassen, wenn zu erwarten ist, dass eine Vollstreckung nicht vor Beginn der Nachtzeit beendet werden kann.

(3)
Bei Vollziehung von Aufträgen der Steuerbehörde zur Nachtzeit sowie an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen ist gemäß § 289 Absatz 1 und 2 AO die schriftliche Erlaubnis der Vollstreckungsbehörde erforderlich. Absatz 2 Satz 5 gilt entsprechend.


§ 34

Unterrichtung des Gläubigers

 

Der Gerichtsvollzieher unterrichtet den Gläubiger über die Erledigung des Auftrages zur Zwangsvollstreckung.(Fn 2)


III. Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung

1. Allgemeines


§ 35 


(1)
Die Zwangsvollstreckung ist nur zulässig, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
ein Schuldtitel zugrunde liegt (§§ 36 bis 41),

2.
die Ausfertigung des Schuldtitels vorschriftsmäßig mit der Vollstreckungsklausel versehen ist (vollstreckbare Ausfertigung, §§ 42, 43),

3.
vor Beginn der Zwangsvollstreckung sämtliche Urkunden zugestellt sind, welche die rechtliche Grundlage für die Zwangsvollstreckung bilden (§§ 44 bis 46).

(2)
Vollstreckungstitel nach § 86 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 FamFG bedürfen nur dann der Vollstreckungsklausel, wenn die Vollstreckung nicht durch das Gericht erfolgt, das den Titel erlassen hat (§ 86 Absatz 3 FamFG).

(3)
Die nach § 801 ZPO zulässigen landesrechtlichen Schuldtitel bedürfen der Vollstreckungsklausel, sofern die Gesetze des Landes, in dem der Titel errichtet ist, nichts anderes bestimmen.

(4) 
Vollstreckungsbescheide, Arrestbefehle, einstweilige Anordnungen und einstweilige Verfügungen sind ohne Vollstreckungsklausel zur Zwangsvollstreckung geeignet. Eine besondere Klausel ist nur nötig, wenn die Zwangsvollstreckung für einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger oder gegen einen anderen als den ursprünglichen Schuldner erfolgen soll (vergleiche §§ 796, 929, 936 ZPO, § 53 Absatz 1 FamFG). Pfändungsbeschlüsse im Fall des § 830 Absatz 1 ZPO, Überweisungsbeschlüsse nach § 836 Absatz 3 ZPO und Haftbefehle nach § 802g ZPO (Fn 3) bedürfen ebenfalls keiner Vollstreckungsklausel.

(5)
Die Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss, der gemäß § 105 ZPO auf das Urteil gesetzt ist, erfolgt auf Grund der vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils. Einer besonderen Vollstreckungsklausel für den Festsetzungsbeschluss bedarf es nicht (§ 795a ZPO).


2. Schuldtitel


§ 36 

Schuldtitel nach der Zivilprozessordnung (ohne ausländische Schuldtitel)


(1)
Die Zwangsvollstreckung findet nach der ZPO insbesondere aus folgenden Schuldtiteln statt:

1.
aus Endurteilen und Vorbehaltsurteilen deutscher Gerichte, die rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind (§§ 704, 300, 301, § 302 Absatz 3, § 599 Absatz 3 ZPO),

2.
aus Arresten und einstweiligen Verfügungen (§§ 922, 928, 936 ZPO),

3.
aus den in § 794 ZPO bezeichneten Entscheidungen und vollstreckbaren Urkunden.

(2)
Zu den im § 794 Absatz 1 Nummer 3 ZPO genannten Titeln gehören auch Entscheidungen, gegen welche die Beschwerde gegeben wäre, wenn sie von einem Gericht erster Instanz erlassen worden wären. Beispiele für beschwerdefähige Entscheidungen sind:

1.
die Anordnung der Rückgabe einer Sicherheit (§ 109 Absatz 2, § 715 ZPO),

2.
die Anordnung von Zwangsmaßnahmen nach den §§ 887 bis 891 ZPO,

3.
das Zwischenurteil nach § 135 ZPO.

§ 37

Schuldtitel nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)


(1)
In Familiensachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit es sich nicht um Ehesachen und Familienstreitsachen handelt, findet die Zwangsvollstreckung aus folgenden Titeln statt:

1.
Beschlüsse über Zwangsmittel nach § 35 FamFG;

2.
aus wirksamen gerichtlichen Beschlüssen nach § 86 Absatz 1 Nummer 1 FamFG (auch einstweilige Anordnungen);

3.
aus gerichtlich gebilligten Vergleichen nach § 86 Absatz 1 Nummer 2 FamFG;

4.
aus Vollstreckungstiteln im Sinne des § 794 ZPO nach § 86 Absatz 1 Nummer 3 FamFG (Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO sind insbesondere Prozessvergleiche (§ 36 FamFG) und bestimmte notarielle Urkunden, soweit die Beteiligten über den Gegenstand des Verfahrens verfügen können);

5.
nach § 371 Absatz 2 FamFG aus rechtskräftig bestätigten Vereinbarungen über eine vorbereitende Maßnahme nach § 366 Absatz 1 FamFG und rechtskräftig bestätigten Auseinandersetzungen nach § 368 FamFG;

6.
aus rechtskräftig bestätigten Dispachen (§ 409 Absatz 2 FamFG).

(2)
In Familienstreitsachen findet die Zwangsvollstreckung aus wirksamen Beschlüssen (§ 120 Absatz 2 FamFG in Verbindung mit § 116 FamFG (auch einstweilige Anordnungen)) und Arresten (§ 119 FamFG) statt.


§ 38 

Schuldtitel nach anderen Gesetzen


Die Zwangsvollstreckung findet insbesondere auch statt aus:

1.
Vergütungsfestsetzungen nach § 35 Absatz 3, § 85 Absatz 3, § 104 Absatz 7(Fn 2), § 142 Absatz 6, § 147 Absatz 2, § 258 Absatz 5 und § 265 Absatz 4 AktG, § 26 Absatz 4 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) und nach § 318 Absatz 5 des Handelsgesetzbuches (HGB);

2.
Zuschlagsbeschlüssen im Zwangsversteigerungsverfahren (§§ 93, 118, 132 ZVG);

3.
für vollstreckbar erklärten Vorschuss-, Zusatz- und Nachschussberechnungen (§§ 105 bis 115d GenG);

4.
Entscheidungen in Strafsachen, durch die der Verfall einer Sicherheit ausgesprochen ist (§ 124 StPO);

5.
Entscheidungen über die Entschädigung des Verletzten im Strafverfahren (§§ 406, 406b StPO);

6.
Entscheidungen der Gerichte in Arbeitssachen (§§ 62, 64 Absatz 7, §§ 85, 87 Absatz 2, § 92 Absatz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG)) und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit (§ 199 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG));

7.
gerichtlichen Vergleichen, Schiedssprüchen und Schiedsvergleichen in Arbeitsstreitigkeiten (§ 54 Absatz 2, §§ 62, 109 ArbGG) sowie Anerkenntnissen und gerichtlichen Vergleichen nach § 199 Absatz 1 Nummer 3 SGG;

8.
Widerrufbescheiden der Entschädigungsbehörden, soweit die Entscheidungsformel die Verpflichtung zur Rückzahlung bestimmter Beträge enthält (§ 205 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG));

9.
Verwaltungsakten nach dem Sozialgesetzbuch gemäß § 66 Absatz 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X);

10.
Vergleichen vor den Einigungsstellen in Wettbewerbssachen (§ 15 Absatz 7(Fn 2) des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG));

11.
vom Präsidenten der Notarkammer ausgestellten, mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit und dem Siegel der Notarkammer versehenen Zahlungsaufforderungen wegen rückständiger Beiträge (§ 73 Absatz 2 der Bundesnotarordnung (BNotO)) wegen der von der Notarkammer festgesetzten Zwangsgelder (§ 74 Absatz 2 BNotO) oder wegen der der Notarkammer zukommenden Beträge aus Notariatsverwaltungen (§ 59 Absatz 1 Satz 3 BNotO); ferner aus von dem Präsidenten der Notarkasse in München und dem Präsidenten der Ländernotarkasse in Leipzig ausgestellten, mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit versehenen Zahlungsaufforderungen wegen rückständiger Abgaben (§ 113 Absatz 17 Satz 8(Fn 2) BNotO) und festgesetzter Zwangsgelder (§ 113 Absatz 18 BNotO);

12.
vom Schatzmeister der Rechtsanwaltskammer erteilten, mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit versehenen beglaubigten Abschriften der Bescheide des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer über die Festsetzung eines Zwangsgeldes (§ 57 Absatz 4 BRAO) und vom Schatzmeister der Patentanwaltskammer erteilten, mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit versehenen beglaubigten Abschriften der Bescheide des Vorstandes der Patentanwaltskammer über die Festsetzung eines Zwangsgeldes (§ 50 Absatz 4 der Patentanwaltsordnung (PAO));

13.
vom Schatzmeister der Rechtsanwaltskammer ausgestellten, mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit versehenen Zahlungsaufforderungen wegen rückständiger Beiträge (§ 84 Absatz 1 BRAO) und vom Schatzmeister der Patentanwaltskammer ausgestellten, mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit versehenen Zahlungsaufforderungen wegen rückständiger Beiträge (§ 77 Absatz 1 PAO);

14.
vom Vorsitzenden der Kammer des Anwaltsgerichts erteilten, mit der Bescheinigung der Rechtskraft versehenen beglaubigten Abschriften der Entscheidungsformel über die Verhängung einer Geldbuße und der Kostenfestsetzungsbeschlüsse in Verfahren vor dem Ehrengericht (§ 204 Absatz 3, § 205 Absatz 1 BRAO);

15.
Kostenfestsetzungs- und Kostenerstattungsbeschlüssen im die Todeserklärungen betreffenden Verfahren (§ 38 des Verschollenheitsgesetzes);

16.
Kostenfestsetzungsbeschlüssen in Strafsachen (§ 464b StPO);

17.
gerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschlüssen in Bußgeldsachen (§ 46 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in Verbindung mit § 464b StPO);

18.
Vergütungsfestsetzungsbeschlüssen nach § 11 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG);

19.
mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigungen der Kostenberechnungen der Notare und Notariatsverwalter (§ 89 des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG) (Fn 1); § 58 Absatz 2 und 3 BNotO);

20.
den von einer Urkundsperson des Jugendamtes beurkundeten Verpflichtungen zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen nach § 59 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 oder 4 des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) in Verbindung mit § 60 SGB VIII;

21.
mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigungen von Niederschriften und Festsetzungsbescheiden einer Wasser- und Schifffahrtsdirektion (§ 38 des Bundeswasserstraßengesetzes (WaStrG));

22.
Niederschriften über eine Einigung und Festsetzungsbescheiden über Entschädigungen und Ersatzleistungen nach § 52 des Bundesleistungsgesetzes;

23.
Niederschriften über eine Einigung und Beschlüssen über Leistungen, Geldentschädigungen oder Ausgleichszahlungen nach § 122 des Baugesetzbuches (BauGB);

24.
Niederschriften über eine Einigung und Entscheidungen über Entschädigungsleistungen oder sonstige Leistungen nach § 104 des Bundesberggesetzes (BBergG);

25.
rechtskräftig bestätigten Insolvenzplänen in Verbindung mit der Eintragung in die Tabelle (§ 257 InsO) sowie rechtskräftig bestätigten Restrukturierungsplänen (§ 71 StaRUG) (Fn 3);

26.
Eintragungen in die Insolvenztabelle nach § 201 Absatz 2 InsO;

27.
Beschlüssen über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§§ 34, 148 InsO);

28.
Auszügen aus dem Schuldenbereinigungsplan in Verbindung mit dem Feststellungsbeschluss des Insolvenzgerichts nach § 308 Absatz 1 InsO;(Fn 2)

29. Vergütungsfestsetzungsbeschlüssen des Insolvenzgerichts bei Nichteröffnung des Verfahrens (§ 26a InsO);

30. Beitragsbescheiden des Trägers der Insolvenzsicherung (§ 10 Absatz 4 Betriebsrentengesetz (BetrAVG));

31. Vergleichen vor der Schiedsstelle wegen der Wahrnehmung von Urhe­berrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesell­schaften (§ 102 Absatz 2 Satz 2 Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG));

32. angenommenen Einigungsvorschlägen der Schiedsstelle wegen der Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (§ 105 Absatz 5 VGG);

33. Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Deutschen Patent- und Marken­amtes als Aufsichtsbehörde nach dem VGG (§ 122 Absatz 3 VGG).


§ 39 

Landesrechtliche Schuldtitel
(§ 801 ZPO)


Hat der Gerichtsvollzieher Zweifel, ob ein landesrechtlicher Schuldtitel nach § 801 ZPO vollstreckbar ist, so legt er ihn seiner vorgesetzten Dienststelle zur Prüfung der Vollstreckbarkeit vor.


§ 40 

Ausländische Schuldtitel, die keiner besonderen Anerkennung bedürfen


(1)(Fn 2)
Schuldtitel nach den in § 1 Absatz 1 des Anerkennungs- und Vollstre­ckungsausführungsgesetzes (AVAG) genannten zwischenstaatlichen Verträgen und europarechtlichen Verordnungen oder §§ 36 folgende des Auslandsunterhaltsgesetzes (AUG) bedürfen keiner besonderen Aner­kennung; sie sind nach der Erteilung der Vollstreckungsklausel aufgrund des Beschlusses des Vorsitzenden einer Kammer beim Landgericht oder des Familiengerichts zur Zwangsvollstreckung geeignet. Solange die Rechtsbehelfsfrist nach Zustellung der Entscheidung über die Zulassung der Zwangsvollstreckung noch nicht abgelaufen oder über einen Rechtsbehelf noch nicht entschieden ist, darf die Zwangsvollstreckung über Maßregeln der Sicherung nicht hinausgehen (§§ 18 folgende AVAG oder §§ 41, 49 folgende AUG). Gepfändetes Geld ist zu hinterlegen. Der Gläubiger kann die Zwangsvollstreckung ohne Einschränkung fortsetzen, wenn dem Gerichtsvollzieher ein Zeugnis des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgelegt wird, wonach die Zwangsvollstreckung unbeschränkt stattfinden darf (§§ 23 folgende AVAG oder §§ 53 folgende AUG)(Fn 2).

(2)
Aus einem Titel, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (ABl. L 143 vom 30.4.2004, S. 15, ber. ABl. L 97 vom 15.4.2005, S. 64, ber. Abl. L 50 vom 23.2.2008, S. 71) bestätigt worden ist, findet die Zwangsvollstreckung statt, ohne dass es einer Vollstreckungsklausel bedarf (§ 1082 ZPO). Einer deutschen Übersetzung bedarf es nicht, wenn die Bestätigung ausschließlich aus dem nach der Verordnung zu verwendenden Formblatt besteht, welches ausgefüllt (nur durch die Eintragung von Namen, Zahlen und das Ankreuzen von Kästchen) und nicht mit weiteren Zusätzen versehen ist.

(3)
Aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. L 399 vom 30.12.2006, S. 1, ber. ABl. L 46 vom 21.2.2008, S. 52, ber. ABl. L 333 vom 11.12.2008, S. 17), findet die Zwangsvollstreckung statt (§ 794 Absatz 1 Nummer 6 ZPO), ohne dass es einer Vollstreckungsklausel bedarf (§ 1093 ZPO). Einer deutschen Übersetzung bedarf es nicht, wenn die Bestätigung ausschließlich aus dem nach der Verordnung zu verwendenden Formblatt besteht, welches ausgefüllt (nur durch die Eintragung von Namen, Zahlen und das Ankreuzen von Kästchen) und nicht mit weiteren Zusätzen versehen ist.

(4) 
Aus einem Titel, der in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1) ergangen ist, findet die Zwangsvollstreckung im Inland statt, ohne dass es einer Vollstreckungsklausel bedarf (§ 1107 ZPO). Einer deutschen Übersetzung bedarf es nicht, wenn die Bestätigung ausschließlich aus dem nach der Verordnung zu verwendenden Formblatt besteht, welches ausgefüllt (nur durch die Eintragung von Namen, Zahlen und das Ankreuzen von Kästchen) und nicht mit weiteren Zusätzen versehen ist.

(5)(Fn 2)
Aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung der Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen oder aus Unterhaltstiteln, die nach der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2008 zu vollstrecken sind, findet die Zwangsvollstreckung statt, ohne dass es einer Vollstreckungsklausel bedarf (§ 1112 ZPO, § 30 AUG). Der An­tragsteller hat eine Ausfertigung der Entscheidung und eine - auf dem nach der Verordnung zu verwendenden Formblatt ausgestellte - Bescheinigung des Ursprungsgerichts vorzulegen. Die Bescheinigung enthält einen Aus­zug der Entscheidung. Der Gerichtsvollzieher darf vom Antragsteller eine Übersetzung nur verlangen, wenn er das Verfahren ohne eine solche Über­setzung nicht fortsetzen kann.


§ 41

Sonstige ausländische Schuldtitel


(1)
Ausländische Schuldtitel sind zur Vollstreckung nur geeignet, wenn ihre Vollstreckbarkeit durch ein deutsches Gericht anerkannt ist. Die Anerkennung erfolgt durch Vollstreckungsurteil (§§ 722, 723 ZPO) oder durch Beschluss (§ 110 FamFG).

(2) 
Die Zwangsvollstreckung erfolgt allein auf Grund des mit der Vollstreckungsklausel versehenen deutschen Urteils oder Beschlusses, wenn diese den Inhalt des zu vollstreckenden Anspruchs wiedergeben, sonst auf Grund des deutschen Urteils oder Beschlusses in Verbindung mit dem ausländischen Titel.

(3)
Aus einem ausländischen Schiedsspruch findet die Zwangsvollstreckung ebenfalls nur statt, wenn die vollstreckbare Ausfertigung einer Entscheidung des deutschen Gerichts vorgelegt wird, durch die der Schiedsspruch für vorläufig vollstreckbar erklärt worden ist.

(4)
Diese Vorschriften gelten nicht, soweit Staatsverträge oder Rechtsakte der Europäischen Union etwas anderes bestimmen (vergleiche auch § 97 FamFG und § 40). Wird der Gerichtsvollzieher beauftragt, aus einem ausländischen Titel zu vollstrecken, der nicht den Erfordernissen der Absätze 1 bis 3 entspricht, und ist er im Zweifel, ob die Vollstreckung zulässig ist, so legt er den Vorgang seiner vorgesetzten Dienstbehörde vor und wartet ihre Weisungen ab.

(5)
Entscheidungen außerdeutscher Rheinschifffahrtsgerichte und außerdeutscher Moselschifffahrtsgerichte werden auf Grund einer vom Rheinschifffahrtsobergericht Köln beziehungsweise einer vom Moselschifffahrtsobergericht mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung vollstreckt (§ 21 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Binnenschifffahrtssachen).


3. Vollstreckungsklausel


§ 42 

Prüfungspflicht des Gerichtsvollziehers


(1)
Der Gerichtsvollzieher prüft in jedem Falle die Notwendigkeit, das Vorhandensein, die Form und den Wortlaut der Vollstreckungsklausel. Soweit die Vollstreckung für oder gegen andere als im Schuldtitel oder der Vollstreckungsklausel bezeichnete Personen erfolgt, sind die Besonderheiten nach §§ 727 bis 730 ZPO zu beachten.

(2)
Es ist nicht erforderlich, dass die Vollstreckungsklausel genau den vom Gesetz festgelegten Wortlaut hat (§ 725 ZPO). Sie muss aber inhaltlich der gesetzlichen Fassung entsprechen, insbesondere die Zwangsvollstreckung als Zweck hervorheben und den Gläubiger ausreichend bezeichnen.

(3)
Das Zeugnis über die Rechtskraft (§ 706 ZPO) ersetzt die Vollstreckungsklausel nicht.

(4) 
Sind in dem Schuldtitel oder in der Vollstreckungsklausel Beschränkungen ausgesprochen, etwa hinsichtlich des Gegenstandes der Zwangsvollstreckung oder des beizutreibenden Betrags, so darf der Gerichtsvollzieher bei seiner Vollstreckungstätigkeit die Grenzen nicht überschreiten, die ihm hierdurch gezogen sind.

(5) 
Ein Schuldtitel, in dem als Gläubiger oder Schuldner ein Einzelkaufmann mit seiner Firma bezeichnet ist, ist nicht für oder gegen den jeweiligen Firmeninhaber vollstreckbar.

(6) 
Tritt auf Seiten des Gläubigers die Rechtsnachfolge erst nach Beginn der Zwangsvollstreckung ein, so darf die Zwangsvollstreckung für den Rechtsnachfolger erst fortgesetzt werden, wenn die Vollstreckungsklausel auf diesen umgeschrieben und dem Schuldner zugestellt ist.


§ 43 

Zuständigkeit für die Erteilung der Vollstreckungsklausel


Die vollstreckbare Ausfertigung erteilt:

1. (Fn 3)
bei gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen grundsätzlich der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts erster Instanz; ist der Rechtsstreit bei einem höheren Gericht anhängig, so kann die vollstreckbare Ausfertigung auch von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts erteilt werden (§§ 724, 725 ZPO); dies gilt auch für die Gerichte für Arbeitssachen und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit;

2.
in den Fällen nach § 726 Absatz 1, §§ 727 bis 729, 733, 738, 742, 744, 745 Absatz 2 und § 749 ZPO der Rechtspfleger (§ 20 Nummer 12 des Rechtspflegergesetzes (RPflG)); soweit die Zuständigkeit durch landesrechtliche Bestimmung übertragen wurde, kann auch der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die weitere vollstreckbare Ausfertigung nach § 733 ZPO erteilen (§ 36b Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 RPflG);

3.
in den Fällen der §§ 9, 13 Absatz 4 und § 17 Absatz 3 AVAG der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle;

4.
bei Vergleichen vor Gütestellen nach § 794 Absatz 1 Nummer 1 ZPO der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die Gütestelle ihren Sitz hat, soweit nicht nach landesrechtlicher Bestimmung der Vorsteher der Gütestelle zuständig ist (§ 797a ZPO);

5.
bei gerichtlichen Urkunden (§ 794 Absatz 1 Nummer 5 ZPO) der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts, das die Urkunde verwahrt (§ 797 Absatz 1 ZPO); eine weitere vollstreckbare Ausfertigung erteilt der Rechtspfleger (§ 20 Nummer 13 RPflG); soweit die Zuständigkeit durch landesrechtliche Bestimmung übertragen wurde, kann auch der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die weitere vollstreckbare Ausfertigung erteilen (§ 36b Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 RPflG);

6.
bei notariellen Urkunden der Notar oder die Behörde, welche die Urkunde verwahrt (§ 797 Absatz 2 ZPO).

4. Zustellung von Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung


§ 44 

Allgemeines


(1)
Vor Beginn der Zwangsvollstreckung prüft der Gerichtsvollzieher, ob dem Schuldner sämtliche Urkunden zugestellt sind, welche die rechtliche Grundlage für die Zwangsvollstreckung bilden. Nötigenfalls stellt der Gerichtsvollzieher diese Urkunden selbst zu.

(2)
Die Zustellung auf Betreiben des Gläubigers ist entbehrlich, soweit die Urkunden zulässigerweise schon von Amts wegen zugestellt sind und die Zustellung dem Gerichtsvollzieher nachgewiesen wird.

(3)
Die Vollstreckung vor Zustellung der Entscheidung an den Verpflichteten ist zulässig, wenn das Familiengericht dies angeordnet hat:

1.
bei einstweiligen Anordnungen in Gewaltschutzsachen sowie in sonstigen Fällen, in denen hierfür ein besonderes Bedürfnis besteht (§ 53 Absatz 2 FamFG),

2.
bei Entscheidungen in Ehewohnungssachen nach § 200 Absatz 1 Nummer 1 FamFG (§ 209 Absatz 3 FamFG),

3.
bei Entscheidungen in Gewaltschutzsachen (§ 216 Absatz 2 FamFG).


§ 45 

Die zuzustellenden Urkunden


(1)
Der Schuldtitel muss dem Schuldner und den zur Duldung der Zwangsvollstreckung verurteilten Personen zugestellt sein. Dies gilt nicht in den Fällen des § 44 Absatz 3 und soweit in den §§ 126, 134 und 152 etwas anderes bestimmt ist. Die Vollstreckungsklausel braucht nur zugestellt zu werden, wenn

1.
sie für oder gegen einen Rechtsnachfolger oder für oder gegen eine andere als die ursprüngliche Partei erteilt worden ist (zum Beispiel Erben, Nacherben, Testamentsvollstrecker, Übernehmer eines Vermögens oder eines Handelsgeschäfts, Nießbraucher, Ehegatten, Abkömmlinge),

2.
es sich um ein Urteil handelt, dessen Vollstreckung von dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritt einer anderen Tatsache als einer dem Gläubiger obliegenden Sicherheitsleistung abhängt, so dass die Vollstreckungsklausel erst erteilt werden konnte, nachdem dieser Nachweis geführt war (§ 726 Absatz 1 ZPO).

(2)
Ist die Vollstreckungsklausel in den in Absatz 1 bezeichneten Fällen auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt worden, so müssen außer der Vollstreckungsklausel auch diese Urkunden zugestellt werden (§ 750 Absatz 2 ZPO). Jedoch bedarf es keiner Zustellung der das Rechtsnachfolgeverhältnis beweisenden öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden, wenn der Eigentümer eines Grundstücks sich in einer Urkunde nach § 794 Absatz 1 Nummer 5 ZPO wegen einer auf dem Grundstück lastenden Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat und der Rechtsnachfolger des Gläubigers, dem auf Grund der Rechtsnachfolge eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde erteilt ist, im Grundbuch als Gläubiger eingetragen ist. Dasselbe gilt, wenn sich der Eigentümer wegen der Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise unterworfen hat, dass  die Zwangsvollstreckung gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks zulässig sein soll, sofern die Unterwerfung im Grundbuch vermerkt ist und der Rechtsnachfolger, gegen den die Vollstreckungsklausel erteilt ist, im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist (§§ 799, 800 ZPO).

(3)  
Hängt die Vollstreckung von einer Sicherheitsleistung des Gläubigers ab, so muss die öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde, aus der sich die Sicherheitsleistung ergibt, ebenfalls zugestellt werden (§ 751 Absatz 2 ZPO). Wird die Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft erbracht, ist dem Gegner das Original der Bürgschaftsurkunde zu übergeben.

(4)
Hat der Schuldner Zug um Zug gegen eine von dem Gläubiger zu bewirkende Gegenleistung zu erfüllen, so müssen auch die öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden zugestellt werden, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner wegen der Gegenleistung befriedigt oder dass er im Annahmeverzug ist. Dies gilt nicht, wenn der Gerichtsvollzieher die Gegenleistung selbst anbietet (§ 756 ZPO).


§ 46 

Zeit der Zustellung in besonderen Fällen


(1)
Die Zwangsvollstreckung aus den folgenden Schuldtiteln darf nur beginnen, wenn der Titel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt ist:

1.
aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss, der nicht auf das Urteil gesetzt ist, aus Beschlüssen nach § 794 Absatz 1 Nummer 4b ZPO sowie aus den nach § 794 Absatz 1 Nummer 5 ZPO aufgenommenen Urkunden;

2.
aus Kostenentscheidungen ausländischer Gerichte, die auf Grund zwischenstaatlicher Vereinbarungen und der Ausführungsgesetze hierzu für vollstreckbar erklärt wurden,

3.
aus den mit der Vollstreckungsklausel des Notars oder Notariatsverwalters versehenen Ausfertigungen seiner Kostenberechnungen (§ 89 GNotKG (Fn 1), § 58 Absatz 2 und 3 BNotO);

4.
aus der in § 38 Nummer 13 (Fn 1) aufgeführten, vom Schatzmeister der Rechtsanwaltskammer bzw. Patentanwaltskammer ausgestellten vollstreckbaren Zahlungsaufforderung (§ 84 Absatz 2 BRAO, § 77 Absatz 2 PAO).

(2)
Die Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO darf nur beginnen, wenn das Urteil mindestens zwei Wochen vorher zugestellt wurde. Im Falle des § 750 Absatz 2 ZPO gilt dies auch für die Vollstreckungsklausel und die Abschriften der öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden, die der Vollstreckungsklausel zugrunde liegen (§ 750 Absatz 3 ZPO).

(3)
Die Zwangsvollstreckung aus der Niederschrift über die Einigung nach § 38 des Bundeswasserstraßengesetzes findet statt, wenn die vollstreckbare Ausfertigung mindestens eine Woche vorher zugestellt ist.


5. Außenwirtschaftsverkehr und Devisenverkehr


§ 47 

Vollstreckungsbeschränkungen im Außenwirtschaftsverkehr


(1)(Fn 2)
Der Gerichtsvollzieher hat die Vollstreckungsbeschränkungen zu beachten, die sich für den Außenwirtschaftsverkehr aus dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) ergeben.

1. Außenwirtschaftsverkehr ist gemäß § 1 Absatz 1 Satz 1 AWG:

der Güter-, Dienstleistungs-, Kapital-, Zahlungs- und sonstige Wirtschafts­verkehr mit dem Ausland,

 2. der Verkehr mit Auslandswerten und Gold zwischen Inländern.

(2)
Ist nach den in Absatz 1 Satz 1 genannten Vorschriften zur Leistung des Schuldners eine Genehmigung erforderlich, so ist die Zwangsvollstreckung nur zulässig, wenn und soweit diese Genehmigung erteilt ist. Soweit Vermögenswerte nur mit Genehmigung erworben oder veräußert werden dürfen, gilt dies auch für den Erwerb und die Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung (§ 16 Absatz 2 Satz 2 AWG)(Fn 2).

(3) 
Eine Genehmigung ist nicht erforderlich für die Vollziehung von Arresten und einstweiligen Verfügungen, die lediglich der Sicherung des zugrunde liegenden Anspruchs dienen (§ 16 Absatz 1 Satz 3 AWG)(Fn 2).

(4)
Der Gerichtsvollzieher braucht im Hinblick auf § 16 Absatz 1 Satz 1 und 2 AWG (Fn 2) die Erteilung der Genehmigung vom Gläubiger vor der Vollstreckung nur nachweisen zu lassen, wenn vollstreckt werden soll

1.
aus einer gerichtlichen Entscheidung, die ohne Vollstreckungsklausel zur Zwangsvollstreckung geeignet ist (vergleiche § 35 Absatz 3 bis 5) und den Vorbehalt enthält, dass die Leistung oder Zwangsvollstreckung erst erfolgen darf, wenn die dazu erforderliche Genehmigung erteilt ist, oder

2.
aus einem Titel, der gemäß §§ 727 bis 729 ZPO auf einen Rechtsnachfolger des Gläubigers oder des Schuldners umgeschrieben ist, sofern der Rechtsnachfolger seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, den Sitz oder den Ort der Leitung oder Verwaltung im Ausland(Fn 2) (vergleiche Absatz 1 Satz 2 Nummer 1) hat.

Hat der Gerichtsvollzieher begründete Zweifel, ob zur Zwangsvollstreckung eine Genehmigung nach den in Absatz 1 Satz 1 genannten Vorschriften erforderlich ist, so gibt er dem Gläubiger auf, eine solche Genehmigung oder eine Bescheinigung der Deutschen Bundesbank(Fn 2), der obersten Wirtschaftsbehörde des Landes oder der sonst zuständigen Stelle beizubringen, wonach gegen die Zwangsvollstreckung keine außenwirtschaftsrechtlichen Bedenken bestehen. Die Vorlage einer solchen Bescheinigung gibt der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger auch dann auf, wenn dieser geltend macht, dass ein im Titel enthaltener Genehmigungsvorbehalt inzwischen gegenstandslos geworden sei.


IV. Zwangsvollstreckung in besonderen Fällen

1. Fälle, in denen der Gerichtsvollzieher bestimmte besondere Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung festzustellen hat


§ 48 

Abhängigkeit der Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung
des Gläubigers
(§ 751 Absatz 2, § 752 ZPO)


(1)
Ist die Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung des Gläubigers abhängig und beabsichtigt dieser nur wegen eines bezifferten oder ohne weiteres bezifferbaren Teilbetrages einer Geldforderung zu vollstrecken, so hat er die entsprechende Teilsicherheitsleistung nachzuweisen. Der Gerichtsvollzieher prüft, ob die geleistete Teilsicherheit für die beantragte Teilvollstreckung ausreicht, andernfalls führt er die Teilvollstreckung nur in der Höhe aus, die der Teilsicherheit entspricht. Bei der Berechnung ist von der in dem Urteil angegebenen Gesamtsicherheit (auch bei weiteren Teilvollstreckungen) und von dem Gesamtbetrag der Vollstreckungsforderung zur Zeit der Auftragserteilung, der sich aus der von dem Gläubiger vorzulegenden Forderungsaufstellung ergibt, auszugehen. Der Gläubiger kann mehrfach Teilvollstreckung bei Nachweis weiterer Teilsicherheiten verlangen. Ist bei einer Verurteilung zu verschiedenartigen Leistungen die Gesamtsicherheit für die Geldleistung nicht gesondert ausgewiesen, kommt eine Teilvollstreckung gegen Teilsicherheitsleistung nicht in Betracht. Die Höhe des zulässigen Betrages für eine Teilvollstreckung errechnet sich wie folgt:

Teilsicherheitsleistung x Gesamtbetrag der zu vollstreckenden Forderung

Gesamtsicherheitsleistung

Die Höhe einer Teilsicherheitsleistung kann wie folgt errechnet werden:

Zu vollstreckender Teilbetrag x Gesamtsicherheitsleistung

Gesamtbetrag der zu vollstreckenden Forderung

Soweit der Gerichtsvollzieher die Teilvollstreckung durchführt, vermerkt er dies zusammen mit Art, Höhe und Datum der geleisteten Sicherheit und - bei der ersten Teilvollstreckung - mit dem Gesamtbetrag der zu vollstreckenden Forderung auf dem Titel. Eine Teilvollstreckung ist auch bei einer entsprechenden Gegensicherheitsleistung des Gläubigers im Falle des § 711 Satz 1 ZPO möglich.

(2) 
Von dem Nachweis der Sicherheitsleistung hat der Gerichtsvollzieher abzusehen:

1.
wenn die Entscheidung rechtskräftig geworden ist und der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dies auf dem Schuldtitel bescheinigt hat,

2.
wenn ihm ein vorläufig vollstreckbares Berufungsurteil gegen das Urteil erster Instanz vorgelegt wird (§ 708 Nummer 10 ZPO),

3.
wenn ihm die Entscheidung eines Gerichts vorgelegt wird, durch die gemäß §§ 537, 558 und 718 ZPO die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung angeordnet worden ist,

4.
wenn die Sicherungsvollstreckung betrieben wird (§§ 720a, 795 Satz 2 ZPO).

§ 49

Hinweis bei Sicherungsvollstreckung
(§§ 720a, 795 Satz 2, § 930 ZPO)


Hat der Gläubiger aus einem nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Urteil gemäß § 720a ZPO ohne Sicherheitsleistung pfänden lassen und erscheint ein Antrag auf Versteigerung erforderlich, weil die gepfändete Sache der Gefahr einer beträchtlichen Wertminderung ausgesetzt ist oder ihre Aufbewahrung unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würde, so soll der Gerichtsvollzieher die Beteiligten darauf hinweisen.

 

2. Zwangsvollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts


§ 50 

Zwangsvollstreckung gegen den Bund und die Länder sowie gegen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts
(§ 882a ZPO, § 15 Nummer 3 EGZPO)


(1)
In den Fällen der Zwangsvollstreckung gegen den Bund und die Länder sowie gegen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme von Gemeinden und Gemeindeverbänden ist nur der Gerichtsvollzieher zuständig, der auf Antrag des Gläubigers vom Vollstreckungsgericht besonders dazu bestimmt worden ist. Er lässt sich vom Gläubiger die Erstattung der Anzeige nach § 882a Absatz 1 Satz 1 ZPO und den Zeitpunkt ihres Eingangs bei der zuständigen Stelle nachweisen. Der Nachweis ist aktenkundig zu machen. Er wird in der Regel durch die Empfangsbescheinigung zu führen sein, die dem Gläubiger vom Schuldner auszustellen ist.

(2) 
Bei der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung gegen eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband beachtet der Gerichtsvollzieher, soweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden, die besonderen landesrechtlichen Bestimmungen (zum Beispiel die Gemeindeordnung oder die Kreisordnung).


3. Zwangsvollstreckung während eines Insolvenzverfahrens


§ 51 


(1)
Der Beschluss, durch den ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, ist ein vollstreckbarer Titel zugunsten des Verwalters auf Herausgabe der Masse und auf Räumung der im Besitz des Schuldners befindlichen Räume.

(2)
Eine Benennung der zur Masse gehörenden Gegenstände ist weder für den Eröffnungsbeschluss vorgesehen noch in der Vollstreckungsklausel nötig. Die mit der Vollstreckung zu erfassenden Gegenstände bezeichnet der Verwalter in seinem Auftrag an den Gerichtsvollzieher. Der Insolvenzverwalter kann zur Sicherung der Sachen, die zur Insolvenzmasse gehören, durch den Gerichtsvollzieher Siegel anbringen lassen (§ 150 Satz 1 InsO).

(3)  
Während der Dauer eines Insolvenzverfahrens finden Zwangsvollstreckungen und Arreste zugunsten einzelner Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) in die Insolvenzmasse und in das sonstige Vermögen des Schuldners (§ 89 Absatz 1 InsO) nicht statt. Einen Auftrag zu solchen Zwangsvollstreckungen lehnt der Gerichtsvollzieher ab. Hat ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners erlangt, so wird diese Sicherung mit der Eröffnung des Verfahrens unwirksam (§ 88 Absatz 1, § 139 InsO) (Fn 3). Wird ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet, so beträgt die Frist drei Monate (§ 88 Absatz 2 InsO). (Fn 3) § 120 Absatz 2 ist zu beachten.

(4)
Während des Insolvenzverfahrens ist die Zwangsvollstreckung zulässig:

1.
wegen der Ansprüche gegen den Schuldner, die erst nach der Insolvenzeröffnung entstanden sind, in das bei Anwendung der §§ 35 bis 37 InsO nicht zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen,

2.
wegen der Ansprüche auf Herausgabe von Gegenständen, die dem Schuldner nicht gehören,

3.
wegen der Forderungen, für die ein Recht auf abgesonderte Befriedigung besteht, in die zur abgesonderten Befriedigung dienenden Gegenstände (§§ 50, 51 InsO), wenn der Insolvenzverwalter sie nicht in Besitz hat (Fn 3),

4.
wegen der Masseverbindlichkeiten in die Masse.

Abweichend von Satz 1 Nummer 4 sind für die Dauer von sechs Monaten seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen Masseverbindlichkeiten, die nicht durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet sind, unzulässig (§ 90 Absatz 1 InsO). Die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit im Sinne des § 209 Absatz 1 Nummer 3 InsO ist ebenfalls unzulässig, sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat (§ 210 InsO). Eine Zwangsvollstreckung in die Masse wegen einer Sozialplanforderung ist unzulässig (§ 123 Absatz 3 Satz 2 InsO).

(5)
Ist dem Gerichtsvollzieher die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht nachgewiesen und auch nicht auf andere Weise, insbesondere über die öffentliche Bekanntmachung im Internet, bekannt geworden, so stellt er – soweit dies ohne Verzögerung der Zwangsvollstreckung möglich ist – durch Nachfrage bei dem zuständigen Gericht (§ 3 InsO) fest, ob das Verfahren eröffnet ist.

(6)
Ein ausländisches Insolvenzverfahren erfasst auch das im Inland befindliche Vermögen des Schuldners (Artikel 102c des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung (EGInsO), Artikel 20 der Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren – ABl. L 141 S. 19, ber. 2016 L 349 S. 6). (Fn 3) Wird der Gerichtsvollzieher beauftragt, in das im Inland befindliche Vermögen des Schuldners zu vollstrecken, und ist ihm bekannt, dass im Ausland ein Insolvenzverfahren gegen den Schuldner eröffnet ist, so legt er die Akten seiner vorgesetzten Dienstbehörde vor und wartet ihre Weisungen ab. Die Bestimmungen des § 47 bleiben unberührt.

(7) (Fn 3)
Nach der Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Erlangung der Restschuldbefreiung (§ 287a InsO) ist die Zwangsvollstreckung zugunsten einzelner Insolvenzgläubiger in das Vermögen des Schuldners nicht zulässig, solange nicht die Restschuldbefreiung versagt worden ist (§ 294 Absatz 1, § 299 InsO).


4. Zwangsvollstreckung in einen Nachlass gegen den Erben


§ 52 

Zwangsvollstreckung auf Grund eines Schuldtitels gegen den Erblasser, Erben, Nachlasspfleger, Nachlassverwalter oder Testamentsvollstrecker


(1)
Eine Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung, die zu Lebzeiten des Schuldners bereits begonnen hat, ist nach seinem Tode ohne Weiteres in den Nachlass fortzusetzen, und zwar sowohl vor als auch nach der Annahme der Erbschaft (§ 779 Absatz 1 ZPO). Die Vollstreckung ist nicht nur in die Gegenstände zulässig, in die sie bereits begonnen hat; sie kann vielmehr auf alle Gegenstände weiter ausgedehnt werden, die zum Nachlass gehören. Ist die Zuziehung des Schuldners zu einer Vollstreckungshandlung notwendig, so hat das Vollstreckungsgericht dem Erben auf Antrag des Gläubigers einen einstweiligen besonderen Vertreter zu bestellen, wenn der Erbe unbekannt ist oder wenn er die Erbschaft noch nicht angenommen hat oder wenn es ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat (§ 779 Absatz 2 ZPO). In diesen Fällen darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung erst fortsetzen, wenn ein solcher Vertreter bestellt ist.

(2)
Hat die Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung zu Lebzeiten des Schuldners noch nicht begonnen, so darf sie nur durchgeführt werden, wenn die Vollstreckungsklausel des Schuldtitels gegen den Erben, Nachlassverwalter, Nachlasspfleger oder Testamentsvollstrecker umgeschrieben ist.

1.
Vor der Annahme der Erbschaft kann die Vollstreckungsklausel nicht gegen den Erben umgeschrieben werden, sondern nur gegen einen Nachlasspfleger, Nachlassverwalter oder Testamentsvollstrecker (§§ 1958, 1960 Absatz 3, §§ 1961, 1984, 2213 Absatz 2 BGB). Die Zwangsvollstreckung auf Grund einer solchen Vollstreckungsklausel ist nur in den Nachlass zulässig, nicht auch in das übrige Vermögen des Erben (§ 778 Absatz 1 ZPO). Ist die Klausel gegen einen Testamentsvollstrecker erteilt, so ist die Zwangsvollstreckung nur in die Nachlassgegenstände zulässig, die seiner Verwaltung unterliegen (§ 749 ZPO).

2.
Nach der Annahme der Erbschaft kann die Vollstreckungsklausel auch gegen den Erben umgeschrieben werden. Auf Grund einer solchen vollstreckbaren Ausfertigung ist die Zwangsvollstreckung sowohl in den Nachlass als auch in das übrige Vermögen des Erben zulässig. Sind mehrere Erben vorhanden, so ist zur Zwangsvollstreckung in den Nachlass bis zu dessen Teilung eine gegen sämtliche Erben umgeschriebene Vollstreckungsklausel erforderlich (§ 747 ZPO). Wendet der Erbe ein, dass er für die Nachlassverbindlichkeiten nur beschränkt hafte, so ist er auf den Klageweg zu verweisen.

(3)  
Bei der Zwangsvollstreckung auf Grund eines Schuldtitels gegen den Erben, Nachlasspfleger, Nachlassverwalter oder Testamentsvollstrecker sind vor allem die §§ 747, 748, 778 und 794 Absatz 2 ZPO zu berücksichtigen.


§ 53 

Vorbehalt der Beschränkung der Erbenhaftung
(§§ 780 bis 785 ZPO)


Sind Erben unter Vorbehalt der Beschränkung ihrer Haftung verurteilt, so kann der Schuldtitel ohne Rücksicht auf diese Beschränkung vollstreckt werden. Widerspricht der Schuldner der Pfändung unter Berufung auf den Vorbehalt der Beschränkung seiner Haftung, so führt der Gerichtsvollzieher die Pfändung ohne Rücksicht auf diesen Widerspruch durch und verweist den Schuldner mit seinen Einwendungen nach §§ 785 und 767 ZPO an das Gericht.


5. Zwangsvollstreckung in sonstige Vermögensmassen


§ 54 

Zwangsvollstreckung in das Vermögen eines nicht rechtsfähigen Vereins
(§ 50 Absatz 2, §§ 735, 736 ZPO)


(1)
Zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen eines nicht rechtsfähigen Vereins genügt ein Schuldtitel gegen den Verein, vertreten durch den Vorstand. Aus einem solchen Schuldtitel findet jedoch die Zwangsvollstreckung in das in Gewahrsam der Vereinsmitglieder befindliche Vereinsvermögen nur statt, soweit sie den Gewahrsam als Organ des Vereins haben.

(2)
Hat der Gläubiger wegen einer Vereinsschuld einen Schuldtitel gegen alle Vereinsmitglieder erwirkt, so erfolgt die Zwangsvollstreckung nach den Bestimmungen über die Vollstreckung gegen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§ 55).


§ 55 (Fn 5)

Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

(§ 722 BGB, § 736 ZPO, § 45 EGZPO)

 

(1) Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer nach §§ 705 bis 739 BGB begründeten rechtsfähigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist ein Schuldtitel gegen die Gesellschaft erforderlich. Dies gilt nicht für die Zwangsvollstreckung aus einem vor dem 1. Januar 2024 erwirkten Schuldtitel gegen alle Gesellschafter. Aus einem Schuldtitel gegen die Gesellschaft findet die Zwangsvollstreckung in das Privatvermögen der Gesellschafter nicht statt.

 

(2) Bei nachträglicher Eintragung einer rechtsfähigen GbR in das Gesellschaftsregister ist § 736 ZPO zu beachten.


§ 56 

Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder einer Kommanditgesellschaft (KG)
(§ 124 Absatz 2, § 129 Absatz 4, § 161 Absatz 2 HGB)


Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder einer Kommanditgesellschaft (KG) ist ein Schuldtitel gegen die Gesellschaft erforderlich. Die Verurteilung sämtlicher Gesellschafter genügt nicht. Andererseits findet aus einem Schuldtitel gegen die Gesellschaft die Zwangsvollstreckung in das Privatvermögen der Gesellschafter nicht statt.


§ 57 

Zwangsvollstreckung in ein Vermögen, an dem ein Nießbrauch besteht
(§§ 737, 738 ZPO)


(1)
Bei dem Nießbrauch an einem Vermögen ist wegen der Verbindlichkeiten des Bestellers, die vor der Bestellung des Nießbrauchs entstanden sind, die Zwangsvollstreckung in die dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände ohne Rücksicht auf den Nießbrauch zulässig, wenn der Besteller zur Leistung und der Nießbraucher zur Duldung der Zwangsvollstreckung verurteilt ist. Dasselbe gilt bei dem Nießbrauch an einer Erbschaft für die Nachlassverbindlichkeiten (§ 737 ZPO). § 794 Absatz 2 ZPO ist zu berücksichtigen.

(2) 
Ist der Nießbrauch an einem Vermögen oder an einer Erbschaft bestellt worden, nachdem die Schuld des Bestellers oder des Erblassers rechtskräftig festgestellt war, so muss der Schuldtitel zum Zweck der Zwangsvollstreckung in die dem Nießbrauch unterworfenen Gegenstände auch mit der Vollstreckungsklausel gegen den Nießbraucher versehen sein (§ 738 ZPO).


V. Verhalten bei der Zwangsvollstreckung


§ 58 

Allgemeines


(1)
Bei der Zwangsvollstreckung wahrt der Gerichtsvollzieher neben dem Interesse des Gläubigers auch das des Schuldners, soweit dies ohne Gefährdung des Erfolgs der
Zwangsvollstreckung geschehen kann. Er vermeidet jede unnötige Schädigung oder Ehrenkränkung des Schuldners und die Erregung überflüssigen Aufsehens. Er ist darauf bedacht, dass nur die unbedingt notwendigen Kosten und Aufwendungen entstehen.

(2)
Auf etwaige Wünsche des Gläubigers oder des Schuldners hinsichtlich der Ausführung der Zwangsvollstreckung nimmt der Gerichtsvollzieher Rücksicht, soweit es ohne überflüssige Kosten und Schwierigkeiten und ohne Beeinträchtigung des Zwecks der Vollstreckung geschehen kann.


§ 59 

Leistungsaufforderung an den Schuldner


(1)
Vor Beginn der Zwangsvollstreckung setzt der Gerichtsvollzieher den Schuldner über die bevorstehende Zwangsvollstreckung nicht in Kenntnis. Die Vorschriften des § 802f Absatz 1 Satz 1 ZPO, des § 128 Absatz 2 und § 145 Absatz 1 Satz 2 bleiben hiervon unberührt. Jedoch kann der Gerichtsvollzieher einen Schuldner vor der Vornahme einer Zwangsvollstreckung unter Hinweis auf die Kosten der Zwangsvollstreckung auffordern, binnen kurzer Frist zu leisten oder den Leistungsnachweis zu erbringen, wenn die Kosten der Zwangsvollstreckung in einem Missverhältnis zu dem Wert des Vollstreckungsgegenstandes stehen würden und der Gerichtsvollzieher mit gutem Grund annehmen kann, dass der Schuldner der Aufforderung entsprechen wird.

(2)
Zu Beginn der Zwangsvollstreckung fordert der Gerichtsvollzieher den Schuldner zur freiwilligen Leistung auf, sofern er ihn antrifft. Trifft er nicht den Schuldner, aber eine erwachsene Person an, so weist er sich zunächst nur mit seinem Dienstausweis aus und befragt die Person, ob sie über das Geld des Schuldners verfügen darf oder aus eigenen Mitteln Zahlungen für den Schuldner bewirken möchte; bejaht die Person die Frage, fordert er sie zur freiwilligen Leistung auf.


§ 60 

Annahme und Ablieferung der Leistung


(1)
Der Gerichtsvollzieher ist verpflichtet, die ihm angebotene Leistung oder Teilleistung anzunehmen und den Empfang zu bescheinigen. Leistungen, die ihm unter einer Bedingung oder einem Vorbehalt angeboten werden, weist er zurück. Wird der Anspruch des Gläubigers aus dem Schuldtitel einschließlich aller Nebenforderungen und Kosten durch freiwillige oder zwangsweise Leistung an den Gerichtsvollzieher vollständig gedeckt, so übergibt der Gerichtsvollzieher dem Schuldner die vollstreckbare Ausfertigung nebst einer Quittung (§ 757 ZPO). Leistet der Schuldner durch Übergabe eines Bar- oder Verrechnungsschecks, ist Absatz 3 Satz 3 und Absatz 5 zu beachten. Bei einer teilweisen Leistung ist diese auf der vollstreckbaren Ausfertigung zu vermerken und dem Schuldner lediglich eine Quittung zu erteilen. Im vereinfachten Vollstreckungsverfahren nach § 754a ZPO bedarf es einer Quittierung auf dem Titel oder einer Aushändigung des Titels an den Schuld­ner nicht.(Fn 2) Die empfangene Leistung oder den dem Gerichtsvollzieher-Dienstkonto gutgeschriebenen Gegenwert des Schecks liefert der Gerichtsvollzieher unverzüglich an den Gläubiger ab, sofern dieser nichts anderes bestimmt hat. (Fn 3) Verlangen der als Gläubigervertreter tätige Prozessbevollmächtigte oder eine dritte Person die Herausgabe der Leistung, haben sie dem Gerichtsvollzieher eine Geldempfangsvollmacht vorzulegen. Für die in § 79 Absatz 2 Satz 1 und 2 Nummer 3 und 4 ZPO genannten Bevollmächtigten genügt die Versicherung der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung (§ 753a ZPO). (Fn 5)

(2)
Ist dem Schuldner im Schuldtitel nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch eine Ersatzleistung abzuwenden, so nimmt der Gerichtsvollzieher diese Leistung an. Im Übrigen darf er Ersatzleistungen, die ihm der Schuldner an Erfüllungs Statt oder erfüllungshalber anbietet, nur annehmen, wenn ihn der Gläubiger hierzu ermächtigt hat.

(3)
Die Übergabe und die Person des Empfängers des Schuldtitels sind aktenkundig zu machen. Hat der Schuldner unmittelbar an den Gläubiger oder dessen Vertreter oder Prozessbevollmächtigten vollständig geleistet, so darf der Gerichtsvollzieher dem Schuldner die vollstreckbare Ausfertigung erst nach Zustimmung des Auftraggebers übergeben. Bei Entgegennahme von Schecks ist dem Schuldner die vollstreckbare Ausfertigung erst auszuhändigen, wenn der Scheckbetrag dem Dienstkonto des Gerichtsvollziehers gutgeschrieben ist oder wenn der Auftraggeber der Aushändigung zustimmt.

(4)  
Eine nur teilweise Leistung vermerkt der Gerichtsvollzieher auf dem Schuldtitel. In diesem Fall ist der Titel dem Schuldner nicht auszuhändigen. Wegen des Restbetrags ist die Zwangsvollstreckung fortzusetzen, sofern sich aus dem Auftrag nichts anderes ergibt.

(5)
Bar- und Verrechnungsschecks darf der Gerichtsvollzieher auch ohne Ermächtigung des Gläubigers erfüllungshalber annehmen. In diesem Fall hat er die Vollstreckungsmaßnahmen in der Regel auftragsgemäß durchzuführen; die auf die Verwertung gepfändeter Gegenstände gerichteten Maßnahmen sind jedoch in der Regel erst vorzunehmen, wenn feststeht, dass der Scheck nicht eingelöst wird. Der Gerichtsvollzieher erteilt dem Schuldner eine Quittung über die Entgegennahme des Schecks. Schecks hat der Gerichtsvollzieher, sofern der Gläubiger keine andere Weisung erteilt hat, unverzüglich dem Kreditinstitut, das sein Dienstkonto führt, einzureichen mit dem Ersuchen, den Gegenwert dem Dienstkonto gutzuschreiben. Verlangt der Schuldner ausdrücklich, dass der Gerichtsvollzieher den Scheck an den Gläubiger weitergibt, ist dies im Protokoll zu vermerken; der Scheck sowie der Titel sind - falls die Vollstreckung nicht fortgesetzt wird - dem Gläubiger zu übermitteln. Der Gerichtsvollzieher belehrt den Schuldner über dessen Anspruch auf Herausgabe des Titels bei vollständiger Befriedigung des Gläubigers sowie über die Gefahr weiterer Vollstreckungsmaßnahmen, die mit der Aushändigung des Titels an den Gläubiger verbunden ist. Belehrung und Weitergabe des Schecks an den Gläubiger sind aktenkundig zu machen.


§ 61 
Durchsuchung
(§ 758 Absatz 1 und 2, § 758a ZPO, § 91 FamFG)


(1)
Der Gerichtsvollzieher ist befugt, die Wohnung und die Behältnisse des Schuldners zu durchsuchen, wenn dieser in die Durchsuchung einwilligt; dies ist im Protokoll zu vermerken. Zur Wohnung gehören alle Räumlichkeiten, die den häuslichen oder beruflichen Zwecken ihres Inhabers dienen, insbesondere die eigentliche Wohnung, ferner Arbeits-, Betriebs- und andere Geschäftsräume, dazugehörige Nebenräume sowie das angrenzende befriedete Besitztum (Hofraum, Hausgarten).

(2)
Gestattet der Schuldner die Durchsuchung nicht, so ist er vom Gerichtsvollzieher nach den Gründen zu befragen, die er gegen eine Durchsuchung geltend machen will. Seine Erklärungen sind ihrem wesentlichen Inhalt nach im Protokoll festzuhalten. Der Gerichtsvollzieher belehrt den Schuldner zugleich, dass er aufgrund der Durchsuchungsverweigerung zur Abgabe der Vermögensauskunft nach § 807 Absatz 1 Nummer 1 ZPO verpflichtet ist, sofern ein entsprechender Antrag des Gläubigers vorliegt, dass er deren sofortiger Abnahme jedoch widersprechen kann. Die Belehrung vermerkt er im Protokoll.

(3)
Es ist Sache des Gläubigers, die richterliche Durchsuchungsanordnung zu erwirken. Die Durchsuchungsanordnung erteilt der Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll. Der Gerichtsvollzieher übersendet dem Gläubiger die Vollstreckungsunterlagen und eine Abschrift des Protokolls; ein Antrag auf Übersendung des Protokolls ist zu unterstellen.

(4)
Auch ohne eine richterliche Anordnung darf der Gerichtsvollzieher die Wohnung des Schuldners durchsuchen, wenn die Verzögerung, die mit der vorherigen Einholung einer solchen Anordnung verbunden ist, den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde.

(5)
Die Durchsuchungsanordnung ist bei der Zwangsvollstreckung vorzuzeigen und in dem Protokoll zu erwähnen.

(6)
Trifft der Gerichtsvollzieher bei einem Vollstreckungsversuch keine Person in der Wohnung des Schuldners an, so vermerkt er dies in den Akten und verfährt im Übrigen, wenn er den Schuldner wiederholt nicht angetroffen hat, nach den Bestimmungen der Absätze 3 bis 4. Liegt ein kombinierter Auftrag gemäß § 807 ZPO vor, stimmt der Gerichtsvollzieher im Falle des wiederholten Nichtantreffens des Schuldners das weitere Vorgehen mit dem Gläubiger ab, sofern der Auftrag nicht bereits für diesen Fall bestimmte Vorgaben enthält. Er soll die Wohnung in der Regel erst dann gewaltsam öffnen, wenn er dies dem Schuldner schriftlich angekündigt hat. Die Ankündigung soll Hinweise auf § 758 ZPO und § 288 des Strafgesetzbuchs (StGB), auf die Durchsuchungsanordnung sowie eine Zahlungsaufforderung enthalten.

(7)
Die Absätze 1 bis 6 gelten entsprechend, wenn die Wohnung wegen der Herausgabe beweglicher Sachen oder zur Vollstreckung von Anordnungen nach § 1 Absatz 1 Nummer 2a des Justizbeitreibungsgesetzes (JBeitrG)(Fn 2) einschließlich der Wegnahme des Führerscheins durchsucht werden soll.

(8)
Dagegen ist eine richterliche Durchsuchungsanordnung für die Räumung einer Wohnung und die Verhaftung einer Person auf Grund eines richterlichen Haftbefehls nicht erforderlich; gleiches gilt für die spätere Abholung gepfändeter, im Gewahrsam des Schuldners belassener Sachen, wenn bereits für die Pfändung eine Durchsuchungsanordnung vorgelegen hatte.

(9)
Liegt eine richterliche Durchsuchungsanordnung vor, können auch alle weiteren dem Gerichtsvollzieher vorliegenden Aufträge gleichzeitig vollstreckt werden, wenn die Vollstreckung wegen dieser Aufträge keine zusätzlichen weitergehenden Maßnahmen (Durchsuchung anderer Räume und Behältnisse) erfordert, die zwangsläufig zu einem längeren Verweilen des Gerichtsvollziehers in den Räumen des Schuldners führen. Anderenfalls bedarf es gesonderter richterlicher Durchsuchungsanordnungen.

(10)
Die Kleider und Taschen des Schuldners darf der Gerichtsvollzieher durchsuchen. Einer besonderen Anordnung des Richters bedarf es nur dann, wenn die Durchsuchung in der Wohnung des Schuldners gegen dessen Willen erfolgen soll. Die Absätze 1 bis 5 finden entsprechende Anwendung. Die Durchsuchung einer weiblichen Person lässt der Gerichtsvollzieher durch eine zuverlässige weibliche Hilfsperson durchführen. Die Durchsuchung einer männlichen Person ist durch eine zuverlässige männliche Hilfskraft durchzuführen, wenn eine Gerichtsvollzieherin vollstreckt.

(11)
Personen, die gemeinsam mit dem Schuldner die Wohnung bewohnen, haben die Durchsuchung zu dulden, wenn diese gegen den Schuldner zulässig ist. Trotz dieser grundsätzlichen Duldungspflicht hat der Gerichtsvollzieher besondere persönliche Umstände der Mitbewohner, wie zum Beispiel eine offensichtliche oder durch ärztliches Zeugnis nachgewiesene akute Erkrankung oder eine ernsthafte Gefährdung ihrer Gesundheit zur Vermeidung unbilliger Härten zu berücksichtigen und danach in Ausnahmefällen auch die Durchsuchung zu unterlassen.

(12)
Für eine Durchsuchung zur Vollstreckung von Entscheidungen über die Herausgabe von Personen und die Regelung des Umgangs gilt § 156.


§ 62 

Widerstand gegen die Zwangsvollstreckung und Zuziehung von Zeugen
(§ 758 Absatz 3, § 759 ZPO, § 90 FamFG)


(1)
Findet der Gerichtsvollzieher Widerstand, so darf er unbeschadet der Regelung des § 61 Gewalt anwenden und zu diesem Zweck polizeiliche Unterstützung anfordern (§ 758 Absatz 3 ZPO).

(2)
Der Gerichtsvollzieher muss zu einer Vollstreckungshandlung zwei erwachsene Personen oder einen Gemeinde- oder Polizeibeamten als Zeugen zuziehen (§ 759 ZPO), wenn

1.
Widerstand geleistet wird,

2.
bei einer Vollstreckungshandlung in der Wohnung des Schuldners weder der Schuldner selbst noch eine zur Familie gehörige oder in seiner Familie beschäftigte erwachsene Person gegenwärtig ist.

Als Zeugen sollen unbeteiligte und geeignet erscheinende Personen ausgewählt werden, die möglichst am Ort der Vollstreckung oder in dessen Nähe wohnen sollen. Die Zeugen haben das Protokoll mit zu unterschreiben (vergleiche § 63 Absatz 3). Den Zeugen ist auf Verlangen eine angemessene Entschädigung zu gewähren. Die Entschädigung richtet sich nach den Bestimmungen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG).

(3)
Widerstand im Sinne dieser Bestimmungen ist jedes Verhalten, das geeignet ist, die Annahme zu begründen, die Zwangsvollstreckung werde sich nicht ohne Gewaltanwendung durchführen lassen.

(4)
Für die Anwendung unmittelbaren Zwangs zur Vollstreckung von Entscheidungen über die Herausgabe von Personen und die Regelung des Umgangs gilt § 156.


VI. Protokoll


§ 63 

(§§ 762, 763 ZPO)


(1)
Der Gerichtsvollzieher muss über jede Vollstreckungshandlung ein Protokoll nach den Vorschriften der §§ 762 und 763 ZPO aufnehmen; dies gilt auch für versuchte Vollstreckungshandlungen und vorbereitende Tätigkeiten. Vollstreckungshandlungen sind alle Handlungen, die der Gerichtsvollzieher zum Zweck der Zwangsvollstreckung vornimmt, auch das Betreten der Wohnung des Schuldners und ihre Durchsuchung, die Aufforderung zur Zahlung (§ 59 Absatz 2) und die Annahme der Zahlung, die nachträgliche Wegschaffung der gepfändeten Sachen und ihre Verwertung. Das Protokoll muss den Gang der Vollstreckungshandlung unter Hervorhebung aller wesentlichen Vorgänge angeben. Die zur Vollstreckungshandlung gehörenden Aufforderungen und Mitteilungen des Gerichtsvollziehers und die Erklärungen des Schuldners oder eines anderen Beteiligten sind vollständig in das Protokoll aufzunehmen (zum Beispiel das Vorbringen des Schuldners zur glaubhaften Darlegung seiner Ratenzahlungsfähigkeit nach § 802b ZPO). Ist die Zwangsvollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Gegenleistung abhängig, beurkundet der Gerichtsvollzieher das Angebot und die Erklärung des Schuldners in dem Pfändungsprotokoll oder in einem besonderen Protokoll (§§ 756, 762, 763 ZPO).

(2)
Der Schuldtitel, auf Grund dessen vollstreckt wird, ist genau zu bezeichnen. Bleibt die Vollstreckung ganz oder teilweise ohne Erfolg, so muss das Protokoll erkennen lassen, dass der Gerichtsvollzieher alle zulässigen Mittel versucht hat, dass aber kein anderes Ergebnis zu erreichen war. Bei dem erheblichen Interesse des Gläubigers an einem Erfolg der Zwangsvollstreckung darf der Gerichtsvollzieher die Vollstreckung nur nach sorgfältiger Prüfung ganz oder teilweise als erfolglos bezeichnen.

(3)
Das Protokoll ist im unmittelbaren Anschluss an die Vollstreckungshandlungen und an Ort und Stelle aufzunehmen. Werden Abweichungen von dieser Regel notwendig, so sind die Gründe hierfür im Protokoll anzugeben. Das Protokoll ist auch von den nach § 759 ZPO zugezogenen Zeugen zu unterschreiben (§ 762 Nummer 3 und 4 ZPO). Nimmt das Geschäft mehrere Tage in Anspruch, so ist das Protokoll an jedem Tage abzuschließen und zu unterzeichnen.

(4) 
Im Übrigen sind die allgemeinen Bestimmungen über die Beurkundungen des Gerichtsvollziehers zu beachten (vergleiche § 7). Der Dienststempelabdruck braucht dem Protokoll nicht beigefügt zu werden.

(5) 
Kann der Gerichtsvollzieher die zur Vollstreckungshandlung gehörenden Aufforderungen und sonstigen Mitteilungen nicht mündlich ausführen, so übersendet er demjenigen, an den die Aufforderung oder Mitteilung zu richten ist, eine Abschrift des Protokolls durch gewöhnlichen Brief. Der Gerichtsvollzieher kann die Aufforderung oder Mitteilung auch unter entsprechender Anwendung des § 191 ZPO in Verbindung mit §§ 173, 178 bis 181 ZPO zustellen.  (Fn 3) Er wählt die Zustellung jedoch nur, wenn andernfalls ein sicherer Zugang nicht wahrscheinlich ist. Die Befolgung dieser Vorschriften muss im Protokoll vermerkt sein. Bei der Übersendung durch die Post bedarf es keiner weiteren Beurkundung als dieses Vermerks. Eine öffentliche Zustellung findet nicht statt.

(6)
Sofern nichts anderes vorgeschrieben ist, darf der Gerichtsvollzieher Abschriften von Protokollen nur auf ausdrücklichen Antrag erteilen.


VII. Einstellung, Beschränkung, Aufhebung und Aufschub der Zwangsvollstreckung


§ 64 

Einstellung, Beschränkung und Aufhebung der Zwangsvollstreckung
in anderen Fällen
(§§ 753, 775 bis 776 ZPO)


(1)
Der Gerichtsvollzieher muss die getroffenen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aufheben oder die Zwangsvollstreckung einstellen oder beschränken, wenn ihn der Gläubiger hierzu anweist.

(2) 
Durch den Widerspruch des Schuldners oder dritter Personen darf er sich von der Durchführung der Zwangsvollstreckung nicht abhalten lassen (§ 61 bleibt hiervon unberührt). Nur in den Fällen der §§ 775 und 776 ZPO hat er die Zwangsvollstreckung von Amts wegen einzustellen oder zu beschränken. In den Fällen des § 775 Nummer 1 und 3 ZPO sind zugleich die bereits erfolgten Vollstreckungsmaßregeln aufzuheben.

(3)
Der Gerichtsvollzieher hat hierbei Folgendes zu beachten:

1.
Er hat die Vollstreckbarkeit der vorgelegten Entscheidung zu prüfen, wenn sie nicht schon in Form einer vollstreckbaren Ausfertigung vorgelegt wird. Vollstreckbar ist eine Entscheidung, wenn sie für vorläufig vollstreckbar erklärt oder wenn sie mit dem Zeugnis der Rechtskraft versehen ist (§ 706 ZPO); es ist nicht erforderlich, dass die Entscheidung mit der Vollstreckungsklausel versehen oder nach § 750 ZPO zugestellt ist. Urteile, die in der Revisionsinstanz erlassen sind, sind auch ohne Zeugnis als rechtskräftig anzusehen, es sei denn, dass es sich um Versäumnisurteile handelt. Eine in der Beschwerdeinstanz erlassene Entscheidung sowie eine Entscheidung, durch die ein vorläufig vollstreckbares Urteil oder dessen vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben wird, ist in jedem Fall geeignet, die Einstellung der Zwangsvollstreckung zu begründen.

2.
Im Fall der einstweiligen Einstellung der Vollstreckung ist es nicht erforderlich, dass die gerichtliche Entscheidung rechtskräftig oder vorläufig vollstreckbar ist. Bei einer Einstellung auf unbestimmte Zeit ist der Schuldtitel zurückzugeben und der Antrag des Gläubigers auf Fortsetzung der Vollstreckung abzuwarten, es sei denn, dass mit der alsbaldigen Fortsetzung der Zwangsvollstreckung zu rechnen ist.

(4) 
Die für Urteile getroffenen Bestimmungen finden auf die sonstigen Schuldtitel entsprechende Anwendung (§ 795 ZPO). Die Einstellung der Vollstreckung aus einem Titel hat von selbst auch dieselbe Wirkung für einen auf dem Titel beruhenden Kostenfestsetzungsbeschluss.

(5) 
Die Einstellung oder Beschränkung sowie gegebenenfalls die Aufhebung der Zwangsvollstreckung ist - sofern sie nicht bei der Vollstreckungshandlung erfolgt und in dem über die Vollstreckungshandlung aufzunehmenden Protokoll zu erwähnen ist - unter genauer Bezeichnung der zugrunde liegenden Schriftstücke zu den Vollstreckungsakten zu vermerken. Der Gläubiger ist von der Einstellung, Beschränkung oder Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln unverzüglich zu benachrichtigen. Besteht die Gefahr einer beträchtlichen Wertverringerung oder unverhältnismäßiger Kosten der Aufbewahrung der gepfändeten Sachen, so soll der Gerichtsvollzieher die Beteiligten darauf aufmerksam machen und dies in den Akten vermerken.

(6) 
Ohne die Voraussetzungen der §§ 775 und 776 ZPO darf der Gerichtsvollzieher nur dann die Zwangsvollstreckung einstellen oder durchgeführte Vollstreckungsmaßnahmen aufheben, wenn es besonders bestimmt ist (vergleiche § 60 Absatz 2 und 5, §§ 75, 95 Absatz 4, § 103 Absatz 4). Ein Entscheidungsrecht darüber, ob er die Zwangsvollstreckung aufschieben darf, steht ihm nur in den gesetzlich bestimmten Fällen zu (vergleiche § 65). Der Gerichtsvollzieher weist deshalb einen Beteiligten, der den Aufschub, die Einstellung oder die Aufhebung der Zwangsvollstreckung begehrt, auf die zulässigen Rechtsbehelfe hin.

(7) 
Für die Akten- und Listenführung gelten die Vorschriften der Gerichtsvollzieher­ordnung über die Behandlung und Überwachung ruhender Vollstreckungsaufträge.


§ 65 

Aufschub von Vollstreckungsmaßnahmen zur Erwirkung der
Herausgabe von Sachen
(§ 765a Absatz 2 ZPO)


(1)
Der Gerichtsvollzieher kann eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen (§§ 127 bis 132) gemäß § 765a Absatz 2 ZPO aufschieben.

(2) 
Schiebt der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung auf, so weist er den Schuldner darauf hin, dass die Vollstreckung nach Ablauf einer Woche durchgeführt wird, falls der Schuldner bis dahin keine Einstellung durch das Vollstreckungsgericht erwirkt hat. Er belehrt den Schuldner zugleich über die strafrechtlichen Folgen einer Vollstreckungsvereitelung (§ 288 StGB).


VIII. Prüfungs-und Mitteilungspflichten bei der Wegnahme und Weitergabe von Waffen und Munition


§ 66


(1)
Hat der Gerichtsvollzieher Schusswaffen, Munition oder diesen gleichstehende Gegenstände in Besitz genommen und will er sie dem Gläubiger oder einem Dritten übergeben, so prüft er, ob der Erwerb erlaubnis- oder anmeldepflichtig ist. Ist dies zweifelhaft, überlässt er die Gegenstände erst dann, wenn die zuständige Verwaltungsbehörde dies für unbedenklich erklärt hat.

(2)
Ist der Erwerb erlaubnis- oder anmeldepflichtig, so zeigt er die beabsichtigte Übergabe der zuständigen Verwaltungsbehörde unverzüglich an. In der Anzeige bezeichnet er:

1.
den früheren Inhaber und den Empfänger der Schusswaffe, der Munition oder des gleichstehenden Gegenstandes mit Namen und Anschrift,

2.
Art (gegebenenfalls Fabrikat und Nummer) und Kaliber der Waffe, der Munition oder des gleichstehenden Gegenstandes.

Die Waffe, Munition oder die ihnen gleichstehenden Gegenstände händigt er erst einen Monat nach dieser Anzeige an den Gläubiger oder Dritten aus; hierauf weist er in der Anzeige hin.

(3) 
Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk derjenige, dem der Gerichtsvollzieher den Gegenstand aushändigen will, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder bei Fehlen eines gewöhnlichen Aufenthalts seinen jeweiligen Aufenthalt hat.


B. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen

I. Allgemeine Vorschriften


§ 67 

Begriff der Geldforderung


(1)
Geldforderung ist jede Forderung, die auf Leistung einer bestimmten Wertgröße in Geld gerichtet ist. Geldforderungen im Sinne des Vollstreckungsrechts sind auch die Haftungsansprüche für Geldleistungen, zum Beispiel die Ansprüche im Fall der Verurteilung zur Duldung der Zwangsvollstreckung.

(2)
Sollen Stücke einer bestimmten Münzsorte oder bestimmte Wertzeichen geleistet werden (Geldsortenschuld), so erfolgt die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften über die Herausgabe beweglicher Sachen (§§ 884, 883 Absatz 1 ZPO).


§ 68

Zügige und gütliche Erledigung des Zwangsvollstreckungsverfahrens; Einziehung von Teilbeträgen
(§ 802b ZPO)


(1)
Der Gerichtsvollzieher soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein. Hat der Gläubiger seine Einwilligung zu der Einräumung einer Zahlungsfrist oder der Tilgung durch Teilleistungen (Ratenzahlung) von Bedingungen abhängig gemacht, ist der Gerichtsvollzieher daran gebunden. Setzt der Gerichtsvollzieher nach § 802b Absatz 2 Satz 2 ZPO einen Ratenzahlungsplan fest, belehrt er den Schuldner darüber, dass der Plan hinfällig wird und der damit verbundene Vollstreckungsaufschub endet, sobald der Gläubiger widerspricht und der Gerichtsvollzieher den Schuldner, nachdem der Gläubiger widersprochen hat, über dessen Widerspruch unterrichtet hat oder sobald der Schuldner mit einer festgesetzten Zahlung ganz oder teilweise länger als zwei Wochen in Rückstand gerät (§ 802b Absatz 3 Satz 2 und 3 ZPO). Die Tilgungsfrist soll in der Regel zwölf Monate nicht übersteigen; in Einzelfällen kann der Gerichtsvollzieher nach pflichtgemäßem Ermessen eine längere Frist bestimmen. Die Frist beginnt mit der Mitteilung des gewährten Aufschubs an den Schuldner.

(2)
Bestimmt der Gerichtsvollzieher unter den Voraussetzungen des § 802b Absatz 2 ZPO und des Absatzes 1 eine Zahlungsfrist oder setzt er einen Ratenzahlungsplan fest, hat er

1.
die konkreten Zahlungstermine,

2.
die Höhe der Zahlungen oder Teilzahlungen,

3.
den Zahlungsweg,

4.
die Gründe, die der Schuldner zur Glaubhaftmachung der Erfüllung der Vereinbarung vorbringt, sowie

5.
die erfolgte Belehrung über die in § 802b Absatz 3 Satz 2 und 3 ZPO getroffenen Regelungen

zu protokollieren. Der Gerichtsvollzieher hat die Gründe, aus denen er die Einräumung einer Zahlungsfrist oder die Einziehung von Raten ablehnt, ebenfalls zu protokollieren. Der Gerichtsvollzieher hat dem Gläubiger unverzüglich eine Abschrift des Zahlungsplans zu übermitteln und dabei auf den Vollstreckungsaufschub sowie auf die Möglichkeit des unverzüglichen Widerspruchs hinzuweisen.

(3)
Widerspricht der Gläubiger unverzüglich dem Zahlungsplan, teilt der Gerichtsvollzieher dies dem Schuldner mit und setzt die Vollstreckung entsprechend den Anträgen des Gläubigers fort. Wendet sich der Gläubiger lediglich gegen die Ausgestaltung (zum Beispiel die Höhe, die Zahlungstermine) der durch den Gerichtsvollzieher festgesetzten Teilzahlungsbestimmungen, liegt kein Widerspruch vor. In diesem Fall ändert der Gerichtsvollzieher die Teilzahlungsbestimmungen nach den Auflagen des Gläubigers und unterrichtet den Schuldner.

(4)
Hat der Gerichtsvollzieher mit dem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen oder eine Zahlungsfrist vereinbart und gehen in dem Zeitraum, innerhalb dessen die Forderung getilgt sein soll, Vollstreckungsaufträge weiterer Gläubiger ein, steht dies dem Abschluss weiterer Ratenzahlungsvereinbarungen oder der Einräumung von Zahlungsfristen nicht entgegen, sofern der Vorschlag des Schuldners die gesetzlichen Voraussetzungen für eine gütliche Erledigung in jeder einzelnen weiteren Vollstreckungsangelegenheit erfüllt. Der Schuldner hat in diesem Fall für jede Angelegenheit seine Leistungsfähigkeit und -bereitschaft glaubhaft darzulegen.Der Gerichtsvollzieher wägt dann die zumutbaren Möglichkeiten des Schuldners und das Interesse des Auftraggebers an einer auch teilweisen alsbaldigen Befriedigung ab. Kommt danach eine gütliche Erledigung nicht in Betracht, verfährt der Gerichtsvollzieher nach Absatz 3.

(5) 
Für jeden einzelnen Auftraggeber hat der Gerichtsvollzieher einen gesonderten Ratenzahlungsplan zu erstellen. Das gilt auch, wenn mehrere Vollstreckungsaufträge gleichzeitig gegen einen Schuldner eingehen. Die Erstellung eines Gesamtratenzahlungsplans bei mehreren, gleichzeitig vorliegenden Aufträgen ist zulässig. § 802b Absatz 3 ZPO gilt für jeden einzelnen Gläubiger.

§ 69 (Fn 2)

Zahlungsverkehr mit Personen im Ausland

(1) Zahlungen zwischen dem Geltungsbereich des Außenwirtschaftsgesetzes und dem Ausland unterliegen keinen Beschränkungen, soweit nicht nach den §§ 4 bis 8 AWG Rechtsgeschäfte und Handlungen beschränkt oder Handlungs­pflichten angeordnet werden.

(2) Zahlungen, die der Gerichtsvollzieher von Ausländern (§ 63 Satz 1 Num­mer 3, Satz 2 AWV) oder für deren Rechnung von Inländern (§ 63 Satz 1 Nummer 2 AWV) entgegennimmt (eingehende Zahlungen) oder die der Ge­richtsvollzieher an Ausländer oder für deren Rechnung an Inländer leistet (aus­gehende Zahlungen), sind gemäß den §§ 63 bis 73 AWV gegenüber der Deut­schen Bundesbank meldepflichtig, es sei denn, dass die Zahlung einen Betrag von 12 500 Euro oder den entsprechenden Gegenwert in ausländischer Währung nicht übersteigt. Die Meldungen sind der Deutschen Bundesbank elektro­nisch einzureichen (§ 72 Absatz 1 Satz 1 AWV). Hierfür sind die von der Deut­schen Bundesbank erlassenen Formvorschriften zu beachten (§ 72 Absatz 1 Satz 2 AWV). Der Gerichtsvollzieher hat die Meldefristen des § 71 AWV zu beachten.


II. Zwangsvollstreckung in bewegliche körperliche Sachen

1. Pfändung

a) Gegenstand der Pfändung, Gewahrsam


§ 70 

Allgemeines
(§§ 808, 809 ZPO; Artikel 13 GG)


(1)
Der Pfändung unterliegen diejenigen beweglichen Sachen des Schuldners, die sich in seinem Gewahrsam befinden. Gewahrsam kann der Schuldner unter Umständen auch an Sachen haben, die sich in den Räumen eines Dritten befinden. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Untermieter einen Teil seiner Sachen, die er in dem ihm vermieteten Zimmer nicht unterbringen kann, in anderen Räumen des Untervermieters verwahrt. In solchen Fällen ist der Gerichtsvollzieher auch berechtigt, die Räume des Dritten zur Durchführung der Vollstreckung zu betreten. Sachen, die der gesetzliche Vertreter des Schuldners für diesen im Gewahrsam hat, sind wie solche im Gewahrsam des Schuldners zu behandeln.

(2)
Sachen, die sich nicht im Gewahrsam des Schuldners befinden, können vom Gerichtsvollzieher gepfändet werden, wenn der Gewahrsamsinhaber zur Herausgabe der Sachen bereit oder wenn der Gläubiger selbst Gewahrsamsinhaber ist. Befindet sich eine Sache im gemeinsamen Gewahrsam des Schuldners und eines Dritten, so darf sie nur mit Zustimmung des Dritten gepfändet werden. Die Erklärungen des Dritten, dass er zur Herausgabe bereit sei oder der Pfändung zustimme, müssen unbedingt sein, sofern nicht die gestellten Bedingungen von allen Beteiligten angenommen werden; sie müssen auch ergeben, dass er mit der Verwertung der Sache einverstanden ist. Nach Durchführung der Pfändung können die Erklärungen nicht mehr widerrufen werden. Auf die Bereitschaft des Dritten zur Herausgabe oder seine Zustimmung kommt es nicht an, wenn er zur Duldung der Zwangsvollstreckung verurteilt ist oder wenn die Zwangsvollstreckung auf Grund des Urteils gegen den Schuldner auch gegen ihn zulässig ist.

(3) 
Personen, die nur Besitzdiener (§ 855 BGB) sind, zum Beispiel Hausangestellte, Gewerbegehilfen, Kellner, haben keinen Gewahrsam an Sachen, die ihnen vom Schuldner überlassen sind. Alleiniger Gewahrsamsinhaber bleibt der Schuldner. Der Gerichtsvollzieher darf solche Sachen auch gegen den Willen des Besitzdieners pfänden; er kann den Widerstand des Besitzdieners mit Gewalt brechen (§ 758 Absatz 3 ZPO).

(4) 
Haftet der Schuldner nicht mit seinem eigenen, sondern nur mit fremdem Vermögen (zum Beispiel Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter), so ist der Gewahrsam allein nicht genügend. Der Gerichtsvollzieher hat in diesem Fall vielmehr auch zu prüfen, ob die Sache zu dem Vermögen gehört, in das zu vollstrecken ist.

(5) 
In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist § 61 anzuwenden.


§ 71 

Rechte Dritter an den im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Gegenständen


(1)
Der Gerichtsvollzieher prüft im Allgemeinen nicht, ob die im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Sachen zu dessen Vermögen gehören. Dies gilt sowohl dann, wenn zugunsten einer dritten Person ein die Veräußerung hinderndes Recht in Anspruch genommen wird, als auch dann, wenn der Schuldner behauptet, dass er die tatsächliche Gewalt über die Sachen nur für den Besitzer ausübe oder dass er sein Besitzrecht von einem anderen ableite. Für den Gerichtsvollzieher kommt es hiernach nur auf den äußeren Befund an. Für ihn gilt als Vermögen des Schuldners alles, was sich in dessen Gewahrsam befindet.

(2)
Gegenstände, die offensichtlich zum Vermögen eines Dritten gehören, pfändet der Gerichtsvollzieher nicht, zum Beispiel dem Handwerker zur Reparatur, dem Frachtführer zum Transport und dem Pfandleiher zum Pfand übergebene Sachen, Klagewechsel in den Akten eines Rechtsanwalts. Dies gilt nicht, wenn der Dritte erklärt, dass er der Pfändung nicht widerspreche oder wenn der Gläubiger die Pfändung ausdrücklich verlangt.


b) Pfändungsbeschränkungen


§ 72 

Allgemeines


(1)
Soweit nach dem Gesetz Pfändungsbeschränkungen bestehen, entscheidet der Gerichtsvollzieher selbständig, welche Sachen des Schuldners von der Pfändung auszuschließen sind. Sachen, deren Pfändbarkeit zweifelhaft ist, pfändet er, sofern sonstige Pfandstücke nicht in ausreichendem Maß vorhanden sind.

(2) 
Hat der Gerichtsvollzieher eine Pfändung durchgeführt, so darf er sie nicht eigenmächtig wieder aufheben, auch wenn er sich von ihrer Unrechtmäßigkeit überzeugt hat. § 95 Absatz 4 bleibt unberührt. Die Pfändung ist auf Anweisung des Gläubigers, bei Verzicht des Gläubigers auf das Pfandrecht oder auf Anordnung des Vollstreckungsgerichts aufzuheben.

 

§ 73 (Fn 3)

Unpfändbare Sachen und Tiere

(§§ 811, 863 ZPO)

 

Die in § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie Nummer 2 ZPO bezeichneten Sachen oder die in § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b ZPO bezeichneten Tiere kann der Gerichtsvollzieher nur dann pfänden, wenn

1.

der Vorbehaltsverkäufer wegen der durch Eigentumsvorbehalt gesicherten Kaufpreisforderung aus dem Verkauf der zu pfändenden Sache oder des zu pfändenden Tieres vollstreckt und auf die Pfändbarkeit hinweist,

2.

ein einfacher Eigentumsvorbehalt, der sich lediglich auf die verkaufte, unter Eigentumsvorbehalt übereignete Sache oder auf das verkaufte, unter Eigentumsvorbehalt übereignete Tier erstreckt und mit dem Eintritt der Bedingung der sofortigen Kaufpreiszahlung erlischt, oder ein weitergegebener einfacher Eigentumsvorbehalt gegeben ist, bei dem der Vorbehaltsverkäufer mit dem Käufer einen einfachen Eigentumsvorbehalt vereinbart hat, aber seinerseits die Sache oder das Tier von seinem Lieferanten ebenfalls nur unter einfachem Eigentumsvorbehalt erworben hatte, und

3.

der Vorbehaltskäufer die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts durch Originalurkunden oder beglaubigte Ablichtungen derselben nachweist.

 

Wegen der an ihn abgetretenen Kaufpreisforderung kann auch der Lieferant des Verkäufers die Sache oder das Tier pfänden lassen. Soweit sich der Nachweis des einfachen oder weitergegebenen einfachen Eigentumsvorbehalts nicht aus dem zu vollstreckenden Titel ergibt, kommen als Nachweis auch andere Urkunden (§ 416 ZPO), insbesondere der Kaufvertrag, in Betracht.


§ 74 

Austauschpfändung
(§ 811a ZPO)


(1)
Wird dem Gerichtsvollzieher ein Beschluss des Vollstreckungsgerichts nach § 811a Absatz 2 ZPO vorgelegt, durch den die Austauschpfändung zugelassen wird, so führt er die Pfändung durch. Spätestens bei der Wegnahme der Sache übergibt er dem Schuldner gegen Quittung das Ersatzstück oder den von dem Vollstreckungsgericht festgesetzten Geldbetrag - sofern die Übergabe nicht schon vom Gläubiger vorgenommen worden ist - und vermerkt dies im Pfändungsprotokoll. Hat das Vollstreckungsgericht zugelassen, dass dem Schuldner der zur Ersatzbeschaffung notwendige Geldbetrag aus dem Vollstreckungserlös erstattet wird, so ist die Wegnahme der gepfändeten Sache erst nach Rechtskraft des Zulassungsbeschlusses zulässig.

(2)
Der vom Vollstreckungsgericht festgesetzte Geldbetrag ist dem Gläubiger aus dem Vollstreckungserlös zu erstatten; er gehört zu den Kosten der Zwangsvollstreckung. Ist dem Schuldner der zur Ersatzbeschaffung notwendige Betrag aus dem Versteigerungserlös zu erstatten, so ist er vorweg aus dem Erlös zu entnehmen.


§ 75 

Vorläufige Austauschpfändung
(§ 811b ZPO)


Sachen, deren vorläufige Pfändung nach § 811b ZPO zulässig ist, pfändet der Gerichtsvollzieher, wenn er im Gewahrsam des Schuldners keine pfändbaren Sachen vorfindet oder wenn die vorhandenen pfändbaren Sachen zur Befriedigung des Gläubigers nicht ausreichen. Er belässt die vorläufig gepfändeten Sachen jedoch im Gewahrsam des Schuldners. Im Pfändungsprotokoll vermerkt er, dass er die Pfändung als vorläufige Austauschpfändung durchgeführt hat. Sodann verfährt er wie folgt:

1.
Er benachrichtigt den Gläubiger davon, dass er die Pfändung als vorläufige Austauschpfändung durchgeführt hat und weist ihn darauf hin, dass die Pfändung nach § 811b Absatz 2 ZPO aufgehoben werden müsse, wenn der Gläubiger nicht binnen zwei Wochen nach Eingang der Nachricht die Zulassung der Austauschpfändung bei dem Vollstreckungsgericht beantragt habe. In der Benachrichtigung bezeichnet der Gerichtsvollzieher das Pfandstück, dessen gewöhnlichen Verkaufswert und den voraussichtlichen Erlös. Ferner gibt er an, welches Ersatzstück nach Art und besonderen Eigenschaften in Betracht kommt, um dem geschützten Verwendungszweck zu genügen, und weist darauf hin, dass er die Vollstreckung nach gerichtlicher Zulassung der Austauschpfändung nur auf Anweisung des Gläubigers fortsetzt.

2.
Stellt der Gläubiger den Antrag auf Zulassung der Austauschpfändung nicht fristgemäß, so hebt der Gerichtsvollzieher die Pfändung auf. Wird der Antrag dagegen fristgemäß gestellt, so wartet der Gerichtsvollzieher die gerichtliche Entscheidung über ihn ab.

3.
Weist das Gericht den Antrag rechtskräftig zurück, so hebt der Gerichtsvollzieher die Pfändung auf.

4.
Lässt das Vollstreckungsgericht eine Austauschpfändung zu, so übergibt der Gerichtsvollzieher nach Anweisung des Gläubigers dem Schuldner gegen Quittung das Ersatzstück oder den zu seiner Beschaffung erforderlichen Geldbetrag und setzt die Zwangsvollstreckung sodann fort; er darf nunmehr dem Schuldner auch das Pfandstück wegnehmen. Die Rechtskraft des Zulassungsbeschlusses braucht der Gerichtsvollzieher nicht abzuwarten.

5.
Lässt das Vollstreckungsgericht die Austauschpfändung mit der Maßgabe zu, dass der zur Ersatzbeschaffung notwendige Geldbetrag dem Schuldner aus dem Vollstreckungserlös erstattet wird, so setzt der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung fort, sofern ihn der Gläubiger hierzu anweist. Er darf jedoch in diesem Fall dem Schuldner das Pfandstück erst dann wegnehmen, wenn der Zulassungsbeschluss rechtskräftig geworden ist.

6.
Erteilt der Gläubiger innerhalb von sechs Monaten seit dem Erlass des Zulassungsbeschlusses keine Anweisung zur Fortsetzung der Vollstreckung, so gelten die Vorschriften der Gerichtsvollzieherordnung über die Behandlung und Überwachung ruhender Vollstreckungsaufträge.


§ 76 

Pfändung von Gegenständen, deren Veräußerung unzulässig ist oder die dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen unterliegen


(1)
Gegenstände, deren Veräußerung unzulässig ist, dürfen nicht gepfändet werden (zum Beispiel Lebensmittel, deren Verzehr die Gesundheit schädigen kann, - § 5 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) - und Bildnisse, die nach § 22 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie nicht verbreitet werden dürfen).

(2) 
Bei der Zwangsvollstreckung, die lebende Tiere betrifft oder in Pflanzen sowie Teile und Erzeugnisse von Exemplaren besonders geschützter Arten (siehe die Anhänge I und II des Washingtoner Artenschutzübereinkommens vom 3. März 1973 - BGBl. II 1975, S. 777, 799 -, die Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 vom 3.3.1997, S. 1, ber. ABl. L 100 vom 17.4.1997, S. 72, ber. Abl. L 298 vom 1.11.1997, S. 70) und die durch die Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) besonders unter Schutz gestellte Arten) bestehen häufig Vermarktungsverbote. Der Gerichtsvollzieher hat sich vor der Versteigerung im Zweifel mit der zuständigen Naturschutzbehörde in Verbindung zu setzen. Dies gilt bei Arten, die dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen unterliegen (etwa exotischen Tieren und Pflanzen) insbesondere dann, wenn der Schuldner keine CITES-Bescheinigung vorweisen kann.


§ 77 
Pfändung von Barmitteln aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse und/oder aus Miet- und Pachtzahlungen
(§§ 851a, 851b ZPO)


Barmittel, die aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse herrühren, sollen nicht gepfändet werden, wenn offenkundig ist, dass sie der Schuldner zu seinem Unterhalt, dem seiner Familie, seiner Arbeitnehmer oder zur Aufrechterhaltung einer geordneten Wirtschaftsführung benötigt. Barmittel, die aus Miet- und Pachtzahlungen herrühren, sollen nicht gepfändet werden, wenn offenkundig ist, dass sie der Schuldner zur laufenden Unterhaltung des Grundstücks, zur Vornahme notwendiger Instandsetzungsarbeiten und zur Befriedigung von Ansprüchen braucht, welche bei der Zwangsvollstreckung in das Grundstück dem Anspruch des Gläubigers nach § 10 ZVG vorgehen würden. Sind diese Voraussetzungen nicht offenkundig, so führt der Gerichtsvollzieher die Pfändung durch, verweist den Schuldner an das Vollstreckungsgericht und belehrt ihn darüber, dass das Gericht einen verspäteten Antrag auf Aufhebung der Pfändung ohne sachliche Prüfung zurückweisen kann (§ 851b Absatz 2 Satz 1 ZPO) (Fn 3) . Die Belehrung vermerkt er im Protokoll.


§ 78 

Pfändung von Erzeugnissen, Bestandteilen und Zubehörstücken


(1)
Bewegliche Sachen, auf die sich bei Grundstücken die Hypothek erstreckt und die daher der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen, sind nur nach Maßgabe des § 865 ZPO pfändbar. Der Gerichtsvollzieher hat hierbei die Absätze 2 bis 5 zu beachten.

(2)
Das Bürgerliche Gesetzbuch bestimmt in den §§ 1120 bis 1122, auf welche Gegenstände außer dem Grundstück nebst hängenden und stehenden Früchten sich die Hypothek erstreckt. Insbesondere gehören hierzu die vom Boden getrennten Erzeugnisse, die sonstigen Bestandteile sowie die Zubehörstücke eines Grundstücks, sofern diese Gegenstände in das Eigentum des Grundstückseigentümers gelangt und nicht wieder veräußert, auch nicht von dem Grundstück entfernt sind.

(3)
Der Gerichtsvollzieher hat hinsichtlich dieser Gegenstände zu unterscheiden:

1.
Zubehörstücke eines Grundstücks, die dem Grundstückseigentümer gehören, sind unpfändbar. Was Zubehör ist, bestimmen die §§ 97 und 98 BGB. Der Gerichtsvollzieher darf zum Beispiel bei der Zwangsvollstreckung gegen den Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes das Milch- und Zuchtvieh, bei der Zwangsvollstreckung gegen den Eigentümer einer Fabrik die zum Betrieb bestimmten Maschinen nicht pfänden.

2.
Im Übrigen unterliegen die Gegenstände, auf die sich die Hypothek erstreckt (zum Beispiel Getreidevorräte auf einem landwirtschaftlichen Betrieb, die nicht zur Fortführung der Wirtschaft, sondern zum Verkauf bestimmt sind, § 98 BGB), der Pfändung, solange nicht ihre Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen erfolgt ist.

(4) 
Für die Zwangsvollstreckung in Früchte, die noch nicht vom Boden getrennt sind, gelten die besonderen Regelungen der §§ 101 bis 103.

(5) 
Die genannten Vorschriften finden entsprechende Anwendung auf die Zwangsvollstreckung in Erzeugnisse oder Zubehörteile einer Berechtigung, für welche die Vorschriften gelten, die sich auf Grundstücke beziehen.

(6)  
Die Schiffshypothek bei Schiffen, Schiffsbauwerken, im Bau befindlichen oder fertig gestellten Schwimmdocks sowie das Registerpfandrecht bei Luftfahrzeugen erstrecken sich auf das Zubehör des Schiffes, Schiffsbauwerks, Schwimmdocks (bei Schiffsbauwerken und im Bau befindlichen Schwimmdocks auch die auf der Bauwerft zum Einbau bestimmten und als solche gekennzeichneten Bauteile) oder des Luftfahrzeugs mit Ausnahme der Zubehörstücke oder der Bauteile, die nicht in das Eigentum des Eigentümers des Schiffes, Schiffsbauwerks, im Bau befindlichen oder fertig gestellten Schwimmdocks oder Luftfahrzeugs gelangt sind. Im Übrigen wird auf die §§ 31, 79 und 81a des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken (SchRG) und § 31 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen (LuftFzgG) verwiesen. Zubehör eines Seeschiffes sind auch die Schiffsboote. Wegen der Zwangsvollstreckung in Ersatzteile für Luftfahrzeuge, die sich in einem Ersatzteillager befinden, vergleiche § 115.


§ 79

Pfändung urheberrechtlich geschützter Sachen


(1)
Ist der Schuldner Urheber oder dessen Rechtsnachfolger, so können nach den näheren Bestimmungen der §§ 114, 116 bis 118 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) die ihm gehörenden Originale

1.
von Werken (§ 114 UrhG),

2.
von wissenschaftlichen Ausgaben (§ 118 Nummer 1 UrhG),

3.
von Lichtbildern sowie solchen Erzeugnissen, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt werden (§ 118 Nummer 2 UrhG),

nur mit seiner Einwilligung, im Falle des § 117 UrhG nur mit Einwilligung des Testamentsvollstreckers, gepfändet werden. Der Einwilligung bedarf es in den in § 114 Absatz 2 und § 116 Absatz 2 UrhG bezeichneten Fällen nicht.

(2) 
Vorrichtungen, die ausschließlich

1.
zur Vervielfältigung oder Funksendung eines Werkes bestimmt sind, wie Formen, Platten, Steine, Druckstöcke, Matrizen und Negative (§ 119 Absatz 1 Satz 1 UrhG),

2.
zur Vorführung eines Filmwerks bestimmt sind, wie Filmstreifen und dergleichen (§ 119 Absatz 2 UrhG),

3.
entsprechend der Nummern 1 und 2 zur Vervielfältigung und Wiedergabe,

a)  der nach § 70 UrhG geschützten wissenschaftlichen Ausgaben urheberrechtlich nicht geschützter Werke oder Texte,

b)  der nach § 71 UrhG geschützten Ausgaben nachgelassener Werke,

c)  der nach § 72 UrhG geschützten Lichtbilder und ähnlicher Erzeugnisse,

d)  der nach § 75 Satz 2, §§ 85, 87, 94 und 95 UrhG geschützten Bild- und Tonträger

bestimmt sind (§ 119 Absatz 3 UrhG), sind nur pfändbar, soweit der Gläubiger zur Nutzung des Werkes oder sonstigen Gegenstandes des Urheberrechtsschutzes mittels dieser Vorrichtungen berechtigt ist.


c) Verfahren bei der Pfändung


§ 80 

Berechnung der Forderung des Gläubigers


(1)
Vor der Pfändung berechnet der Gerichtsvollzieher den Betrag der beizutreibenden Geldsumme oder prüft die vom Gläubiger aufgestellte Berechnung nach; Herabsetzungen, die sich aus der Nachprüfung ergeben, teilt er dem Gläubiger mit. Bei der Feststellung des Betrags kommen insbesondere in Betracht:

1.
die im Schuldtitel bezeichnete Hauptforderung;

2.
die Nebenforderungen, die dem Gläubiger im Schuldtitel zuerkannt sind. Hierbei sind Zinsen, die dem Gläubiger ohne Bestimmung des Endes des Zinsenlaufes zugesprochen sind, vorläufig bis zu dem Tage anzusetzen, an dem die Zwangsvollstreckung erfolgt. Die Berechnung erfolgt - für den Fall, dass der Schuldner an diesem Tag nicht zahlt - vorbehaltlich der Erhöhung um den Zinsenbetrag bis zu dem Tage, an dem der Erlös der gepfändeten Sachen voraussichtlich in die Hände des Gerichtsvollziehers gelangt (§ 819 ZPO);

3.
die Prozesskosten. Diese sind jedoch nur insoweit zu berücksichtigen, als sich ihr Betrag aus einem auf die vollstreckbare Ausfertigung des Titels gesetzten oder aus dem vom Gläubiger in besonderer Ausfertigung zu überreichenden Festsetzungsbeschluss ergibt;

4.
die Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2)
Bei der Berechnung nach Absatz 1 Satz 2 sind etwaige Abschlagszahlungen des Schuldners zu berücksichtigen. Die Verrechnung geschieht nach den §§ 366 und 367 BGB. Handelt es sich um eine Forderung auf Grund eines Verbraucherdarlehensvertrages (§ 491 BGB), so richtet sich die Verrechnung nach § 497 Absatz 3 BGB.

(3)
Unter besonderen Umständen kann der Gerichtsvollzieher vom Gläubiger eine Berechnung der Forderung verlangen, insbesondere, wenn es wegen zahlreicher Posten mit verschiedenem Zinsenlauf und mit Abschlagszahlungen einer umfangreichen Berechnung bedarf.

(4)
Ist die Geldforderung in einer ausländischen Währung ausgedrückt, so erfolgt die Umrechnung nach dem Kurswert, der zur Zeit der Zahlung für den Zahlungsort maßgebend ist (§ 244 Absatz 2 BGB). Bei der Berechnung des Betrags ist daher seine Erhöhung oder Herabsetzung entsprechend dem am Zahltage geltenden Kurs vorzubehalten.

(5) 
Sind nach dem Schuldtitel mehrere zur Zahlung verpflichtet, so schuldet im Zweifel jeder nur den gleichen Anteil (§ 420 BGB). Haften mehrere als Gesamtschuldner (§ 421 BGB), so kann bei jedem von ihnen bis zur vollen Deckung der Forderung vollstreckt werden. Die Haftung als Gesamtschuldner muss sich aus dem vollstreckbaren Titel ergeben.


§ 81 

Aufsuchen und Auswahl der Pfandstücke


(1)
Bleibt die Aufforderung zur Leistung (§ 59 Absatz 2) ohne Erfolg, so fordert der Gerichtsvollzieher den Schuldner auf, ihm seine bewegliche Habe vorzuzeigen und - soweit der Zweck der Vollstreckung es erfordert - seine Zimmer, Keller, Böden und anderen Räume sowie die darin befindlichen Schränke, Kästen und anderen Behältnisse zu öffnen. Trifft der Gerichtsvollzieher den Schuldner nicht an, so richtet er eine entsprechende Aufforderung an eine zur Familie des Schuldners gehörige oder beim Schuldner beschäftigte erwachsene Person, die er in der Wohnung oder in den Geschäftsräumen antrifft. Werden die Behältnisse nicht freiwillig geöffnet oder trifft der Gerichtsvollzieher weder den Schuldner noch eine der vorstehend bezeichneten Personen an, so wendet er Gewalt an und verfährt dabei nach den §§ 61 und 62 (§§ 758, 759 ZPO).

(2) 
Bei der Auswahl der zu pfändenden Gegenstände achtet der Gerichtsvollzieher darauf, dass der Gläubiger auf dem kürzesten Wege befriedigt wird, ohne dass der Hausstand des Schuldners unnötig beeinträchtigt wird. Der Gerichtsvollzieher richtet daher die Pfändung in erster Linie auf Geld, Kostbarkeiten oder solche Wertpapiere, die den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in bewegliche körperliche Sachen unterliegen (vergleiche §§ 104 bis 106), sowie auf Sachen, die der Schuldner sonst am ehesten entbehren kann. Sachen, deren Aufbewahrung, Unterhaltung oder Fortschaffung unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen oder deren Versteigerung nur mit großem Verlust oder mit großen Schwierigkeiten möglich sein würde, pfändet er nur, wenn keine anderen Pfandstücke in ausreichendem Maße vorhanden sind. Ist es zweifelhaft, ob die Pfändung eines im Besitz des Schuldners befindlichen Wertpapiers durch den Gerichtsvollzieher zulässig ist, und sind keine anderen geeigneten Pfandstücke vorhanden, so pfändet der Gerichtsvollzieher das Papier einstweilen und überlässt es dem Gläubiger, den notwendigen Gerichtsbeschluss herbeizuführen.


§ 82 

Vollziehung der Pfändung
(§§ 803, 808, 813 ZPO)


(1)
Werden die Pfandstücke im Gewahrsam des Schuldners belassen, so ist die Pfändung nur wirksam, wenn sie kenntlich gemacht ist. Dies gilt auch dann, wenn die Fortschaffung nur aufgeschoben wird. Die Pfändung ist so kenntlich zu machen, dass sie jedem Dritten, der die im Verkehr übliche Sorgfalt aufwendet, erkennbar ist. Der Gerichtsvollzieher versieht daher in der Regel jedes einzelne Pfandstück an einer in die Augen fallenden Stelle mit einer Siegelmarke oder einem sonst geeigneten Pfandzeichen. Das Pfandzeichen muss mit dem Pfandstück mechanisch verbunden sein. Es ist so anzubringen, dass die Sache dadurch nicht beschädigt wird. Das Dienstsiegel oder der Dienststempel ist zur Kennzeichnung gepfändeter Gegenstände nur dann zu verwenden, wenn die Anbringung von Siegelmarken oder anderen Pfandzeichen unmöglich oder unzweckmäßig ist. Für eine Mehrzahl von Pfandstücken - insbesondere eine Menge von Waren oder anderen vertretbaren Sachen, die sich in einem Behältnis oder in einer Umhüllung befinden oder mit Zustimmung des Schuldners in einem abgesonderten Raum untergebracht werden - genügt ein gemeinschaftliches Pfandzeichen, wenn es so angelegt wird, dass kein Stück aus dem Behältnis, der Umhüllung oder dem Raum entfernt werden kann, ohne dass das Pfandzeichen zerstört wird. Den Schlüssel zu versiegelten Behältnissen oder Räumen nimmt der Gerichtsvollzieher an sich.

(2) 
Die Pfändung kann auch durch eine Pfandanzeige erkennbar gemacht werden. Der Gerichtsvollzieher bringt in diesem Fall an dem Ort, an dem sich die Pfandstücke befinden (zum Beispiel dem Lagerboden, dem Speicher, dem Viehstall), ein Schriftstück an, das auf die Pfändung hinweist. Das Schriftstück ist so anzubringen, dass jedermann davon Kenntnis nehmen kann. Es ist mit der Unterschrift und dem Abdruck des Dienststempels des Gerichtsvollziehers zu versehen und soll die Pfandstücke genau bezeichnen. Werden Vorräte gepfändet, so ist der dem Schuldner belassene Teil der Vorräte von dem gepfändeten Teil äußerlich zu trennen. Wenn die Umstände es erfordern, ist für die Pfandstücke ein Hüter zu bestellen.

(3)   
Belässt der Gerichtsvollzieher Tiere im Gewahrsam des Schuldners, so kann er mit dem Schuldner vereinbaren, dass dieser befugt sein soll, die gewöhnlichen Nutzungen der Tiere (zum Beispiel die Milch gepfändeter Kühe) als Entgelt für deren Fütterung und Pflege im Haushalt zu verbrauchen. Der Gerichtsvollzieher weist den Schuldner an, ihm eine Erkrankung der Tiere, insbesondere eine etwa erforderliche Notschlachtung, sofort anzuzeigen.

(4) 
Der Gerichtsvollzieher eröffnet dem Schuldner oder in dessen Abwesenheit den in § 81 Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Personen, dass der Besitz der Pfandstücke auf ihn übergegangen sei. Er weist darauf hin,

1.
dass der Schuldner und jeder andere jede Handlung zu unterlassen hat, die diesen Besitz beeinträchtigt, wie etwa die Veräußerung, die Wegschaffung oder den Verbrauch der gepfändeten Sachen,

2.
dass jede Beschädigung oder Zerstörung der Pfandzeichen untersagt ist,

3.
dass Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen strafbar sind.

(5)  
Nach den Vorschriften der Absätze 1 bis 4 verfährt der Gerichtsvollzieher auch, wenn er dem Schuldner Pfandstücke, die nicht in dessen Gewahrsam waren oder belassen sind, nachträglich unter Aufrechterhaltung der Pfändung herausgibt. Eine Herausgabe ohne Anbringung von Pfandzeichen bringt das Pfändungspfandrecht zum Erlöschen.

(6)
Hinsichtlich der Überpfändung und der Schätzung sind die §§ 803 und 813 ZPO zu beachten. Erscheint dem Gerichtsvollzieher nach einer Neuschätzung die volle Befriedigung des Gläubigers nicht mehr gesichert, so führt er eine weitere Pfändung durch.

(7)
Sind die Vorkehrungen, die dazu dienten, die Pfändung erkennbar zu machen, später beseitigt oder sind die angebrachten Siegelmarken abgefallen, so sorgt der Gerichtsvollzieher, sobald er davon Kenntnis erhält, für die Erneuerung. Er prüft dabei auch, ob die Befriedigung des Gläubigers gefährdet wird, wenn er die Pfandstücke weiter im Gewahrsam des Schuldners belässt; ist eine Gefährdung gegeben, so entfernt er die Pfandstücke nachträglich aus dem Gewahrsam des Schuldners.

(8) 
Bei Verstrickungsbruch und Siegelbruch (§ 136 StGB) und bei Vereiteln der Zwangsvollstreckung (§ 288 StGB) hat der Gerichtsvollzieher keine Anzeigepflicht, sofern nicht allgemein oder für den besonderen Fall etwas Abweichendes angeordnet ist; er hat jedoch in jedem Fall den Gläubiger zu benachrichtigen.


§ 83 

Pfändung von Sachen in einem Zolllager


Sollen Waren gepfändet werden, die in einem unter Mitverschluss der Zollbehörde stehenden Zolllager niedergelegt sind, so benachrichtigt der Gerichtsvollzieher die zuständige Überwachungszollstelle von der beabsichtigten Pfändung. Er darf die Pfändung erst durchführen, wenn diese Zollstelle die Öffnung des Lagers zur Vornahme der Pfändung veranlasst hat.


§ 84 

Pfändung von Schiffen
(§§ 870a, 931 ZPO)


(1)   
Die Pfändung von Schiffen, Schiffsbauwerken oder Schwimmdocks geschieht nach den Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen, wenn

1.
es sich um nicht eingetragene Schiffe, um ausländische Schiffe, die, wenn es deutsche Schiffe wären, nicht in das Schiffsregister eingetragen werden müssten, um nicht eingetragene und nicht eintragungsfähige Schiffsbauwerke oder um nicht eingetragene oder nicht eintragungsfähige im Bau befindliche oder fertig gestellte Schwimmdocks handelt (wegen der eingetragenen Schiffe und so weiter vergleiche § 78 Absatz 6) oder

2.
die Pfändung zur Vollziehung eines Arrestes erfolgt (vergleiche § 931 ZPO).

(2)
Die Pfändung ist in der Regel in der Weise ersichtlich zu machen, dass dem Schiff, Schiffsbauwerk oder Schwimmdock eine mit Schloss und Siegel versehene Kette angelegt wird. Ist dies nicht angängig oder handelt es sich um ein kleineres Fahrzeug, so verfährt der Gerichtsvollzieher nach § 82 Absatz 1 und 2.

(3)
Die zur Bewachung und Verwahrung des gepfändeten Schiffes, Schiffsbauwerkes oder Schwimmdocks erforderlichen Maßregeln veranlasst der Gerichtsvollzieher bei Gefahr im Verzug sofort nach der Pfändung und im Übrigen, sobald die durch die Maßregeln voraussichtlich entstehenden Kosten gesichert sind. Zur Vollstreckung und zur Bewachung des Schiffes, Schiffsbauwerks oder Schwimmdocks ist die Hafenbehörde um ihre Unterstützung zu ersuchen, soweit es erforderlich und zweckmäßig erscheint.

(4) 
Bei der Pfändung eines ausländischen Schiffes benachrichtigt der Gerichtsvollzieher die konsularische Vertretung des Flaggenstaates.


§ 85

Pfändung von Luftfahrzeugen


Inländische Luftfahrzeuge, die nicht in der Luftfahrzeugrolle oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen sind, werden nach den Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen gepfändet. §§ 115 und 153 Absatz 5 bleiben unberührt.


§ 86 

Besondere Vorschriften über das Pfändungsprotokoll
(§§ 762, 763 ZPO)


(1)
Das Pfändungsprotokoll muss enthalten:

1.
ein genaues Verzeichnis der Pfandstücke unter fortlaufender Nummer, geeignetenfalls mit Angabe der Zahl, des Maßes, des Gewichts, der besonderen Merkmale und Kennzeichen der gepfändeten Sachen (zum Beispiel Fabrikmarke, Baujahr, Typ, Fabriknummer und dergleichen) nebst den vom Gerichtsvollzieher oder einem Sachverständigen geschätzten gewöhnlichen Verkaufswerten;

2.
eine Beschreibung der angelegten Pfandzeichen;

3.
den wesentlichen Inhalt der Eröffnungen, die dem Schuldner oder den in § 81 Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Personen gemacht sind.

Es soll ferner den Inhalt der angebrachten Pfandanzeigen sowie den Inhalt der Vereinbarungen wiedergeben, die mit einem Hüter (§ 82 Absatz 2) getroffen sind.

(2)  
Werden Pfandstücke aus dem Gewahrsam des Schuldners entfernt, so ist dies im Protokoll zu begründen. Auch ist anzugeben, welche Maßnahmen für die Verwahrung der Pfandstücke getroffen sind (vergleiche § 90 Absatz 2).

(3)
Das Protokoll hat auch die Angaben der Zeit und des Ortes des Versteigerungstermins oder die Gründe zu enthalten, aus denen die sofortige Ansetzung des Versteigerungstermins unterblieben ist (vergleiche § 92).

(4) 
Sind dieselben Sachen gleichzeitig für denselben Gläubiger gegen denselben Schuldner auf Grund mehrerer Schuldtitel gepfändet, so ist nur ein Protokoll aufzunehmen. In diesem sind die einzelnen Schuldtitel genau zu bezeichnen.

(5) 
Eine Abschrift des Pfändungsprotokolls ist zu erteilen:

1.
dem Gläubiger, wenn er es verlangt,

2.
dem Schuldner, wenn er es verlangt oder wenn die Vollstreckung in seiner Abwesenheit stattgefunden hat.

Die Absendung ist auf dem Protokoll zu vermerken.

(6)   
Kann eine Pfändung überhaupt nicht oder nicht in Höhe der beizutreibenden Forderung erfolgen, weil der Schuldner nur Sachen besitzt, die nicht gepfändet werden dürfen oder nicht gepfändet werden sollen oder von deren Verwertung ein Überschuss über die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht zu erwarten ist, so genügt im Protokoll der allgemeine Hinweis, dass eine Pfändung aus diesen Gründen unterblieben ist. Abweichend von Satz 1 sind im Protokoll zu verzeichnen:

1.
Sachen, deren Pfändung vom Gläubiger ausdrücklich beantragt war, unter Angabe der Gründe, aus denen der Gerichtsvollzieher von einer Pfändung abgesehen hat,

2.
die Art der Früchte, die vom Boden noch nicht getrennt sind, und die gewöhnliche Zeit der Reife, wenn eine Pfändung noch nicht erfolgen durfte (§ 810 Absatz 1 Satz 2 ZPO),

3.
Art, Beschaffenheit und Wert der Sachen, wenn eine Austauschpfändung (§ 811a ZPO) in Betracht kommt, unter Angabe der Gründe, aus denen der Gerichtsvollzieher von einer vorläufigen Austauschpfändung (§ 811b ZPO) abgesehen hat,

4.
Art und Wert eines Tieres, das im häuslichen Bereich und nicht zu Erwerbszwecken gehalten wird, wenn dessen Pfändung in Betracht kommt (§ 811 Absatz 3 ZPO) (Fn 3).

Sind bereits Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts ergangen, durch die die Unpfändbarkeit vergleichbarer Sachen festgestellt wurde, so soll sie der Gerichtsvollzieher im Protokoll erwähnen, soweit sie für den Gläubiger von Belang sind.


§ 87 

Widerspruch eines Dritten
(§§ 771 bis 774, 805, 815 ZPO)


(1)
Wird ein Widerspruch dem Gerichtsvollzieher gegenüber von dem Dritten geltend gemacht oder von dem Schuldner angekündigt, so darf der Gerichtsvollzieher die Pfändung der Sachen, auf die sich der Widerspruch erstreckt, nur dann unterlassen, wenn die sonst vorhandene, von einem Widerspruch nicht betroffene bewegliche Habe des Schuldners zur Deckung der beizutreibenden Forderung ausreicht. Ist dies nicht der Fall, so führt der Gerichtsvollzieher die Pfändung ohne Rücksicht auf den Widerspruch durch und verweist die Beteiligten darauf, ihre Ansprüche bei dem Gläubiger und gegebenenfalls bei dem Gericht geltend zu machen. Da sich hierbei nicht im Voraus übersehen lässt, welcher Teil der Pfandstücke nach Durchführung des Widerspruchs zur Befriedigung des Gläubigers verwendbar bleiben wird, wird in diesem Fall die Pfändung auch über die in § 803 Absatz 1 Satz 2 ZPO bezeichnete Wertgrenze hinaus zu erstrecken sein. Dasselbe gilt, wenn ein Dritter ein Recht geltend macht, das ihn zur vorzugsweisen Befriedigung aus dem Erlös berechtigt (§ 805 ZPO), zum Beispiel der Vermieter sein gesetzliches Vermieterpfandrecht in Anspruch nimmt; denn solche Rechte schmälern bei erfolgreicher Geltendmachung den Erlös, der zur Befriedigung des Gläubigers verfügbar ist.

(2)
Werden Sachen trotz des Widerspruchs des Dritten oder der Ankündigung eines derartigen Widerspruchs gepfändet, so beurkundet der Gerichtsvollzieher diese Erklärungen im Protokoll, möglichst unter näherer Angabe der Person des Berechtigten und des Rechtsgrundes seines Anspruchs, und benachrichtigt den Gläubiger unverzüglich von dem Widerspruch. Dem Dritten ist auf Verlangen eine Abschrift des Protokolls zu erteilen. Wenn der Dritte bei oder nach der Erstpfändung eines ihm gehörenden Gegenstandes gegenüber dem Gerichtsvollzieher ein die Veräußerung hinderndes Recht geltend gemacht hat, muss der Gerichtsvollzieher ihn über die Anschlusspfändung (§ 116) desselben Gegenstands unverzüglich unterrichten.

(3)
Gepfändetes Geld hinterlegt der Gerichtsvollzieher, wenn ihm vor der Ablieferung an den Gläubiger (zum Beispiel durch eine eidesstattliche Versicherung) glaubhaft gemacht wird, dass einem Dritten an dem Geld ein die Veräußerung hinderndes oder zur vorzugsweisen Befriedigung berechtigendes Recht zusteht. Wird ihm nicht binnen zwei Wochen seit dem Tage der Pfändung eine gerichtliche Entscheidung über die Einstellung der Zwangsvollstreckung vorgelegt, so veranlasst er die Rückgabe des Geldes zur Aushändigung an den Gläubiger (§§ 805, 815 Absatz 2 ZPO).


§ 88 

Pfändung von Sachen, die sich im Gewahrsam des Gläubigers oder
eines Dritten befinden
(§ 809 ZPO)


Die Pfändung von Sachen im Gewahrsam des Gläubigers oder eines Dritten (§ 70 Absatz 2) geschieht ebenso wie die Pfändung von Sachen im Gewahrsam des Schuldners. Der Sachverhalt, insbesondere die Erklärung des Dritten, ob er zur Herausgabe bereit sei oder nicht, ist im Protokoll zu vermerken. Verlangt der Gewahrsamsinhaber die Fortschaffung der Pfandstücke, so ist diesem Verlangen stattzugeben. Von einer Pfändung bei dem Gläubiger oder einem Dritten ist der Schuldner durch Übersendung einer Protokollabschrift zu benachrichtigen. Auf Antrag ist auch dem Dritten eine Protokollabschrift zu erteilen.


d) Unterbringung der Pfandstücke


§ 89 

Unterbringung von Geld, Kostbarkeiten und Wertpapieren


(1)
Gepfändetes oder ihm gezahltes Geld liefert der Gerichtsvollzieher nach Abzug der Vollstreckungskosten unverzüglich an den Gläubiger ab (§ 815 Absatz 1 ZPO) oder hinterlegt es, sofern die Hinterlegung erfolgen muss (§ 155). Ist dem Gläubiger Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe bewilligt und reicht der gepfändete oder gezahlte Geldbetrag nicht zur Tilgung der Forderung des Gläubigers und der Vollstreckungskosten aus, so beachtet der Gerichtsvollzieher die Bestimmungen des § 15 Absatz 3 Satz 2 bis 4 GvKostG.

(2)
Gepfändete Kostbarkeiten und Wertpapiere sowie Geld bis zur Auszahlung oder Hinterlegung verwahrt der Gerichtsvollzieher unter sicherem Verschluss und getrennt von seinen eigenen Geldern und Wertgegenständen; nötigenfalls gibt er Kostbarkeiten und Wertpapiere bei einer sicheren Bank oder öffentlichen Sparkasse in Verwahrung oder trifft besondere Schutzmaßregeln. In letzterem Fall ist er berechtigt, die tatsächlichen Auslagen zu berechnen. Dasselbe gilt für Wechsel und andere indossable Papiere.


§ 90 

Unterbringung anderer Pfandstücke


(1)
Der Gerichtsvollzieher ist verpflichtet, für eine sichere Unterbringung und Verwahrung der Pfandstücke zu sorgen, die er nicht im Gewahrsam des Schuldners belässt. Er muss auch die notwendigen Maßnahmen zur Erhaltung der Pfandstücke treffen. Er hat hierbei besondere Sorgfalt anzuwenden, um Schadensersatzansprüche wegen Verlustes oder Beschädigung der Sachen zu vermeiden.

(2) 
Im Pfändungsprotokoll oder in einem Nachtrag darunter vermerkt der Gerichtsvollzieher, welche Maßnahmen er zur Unterbringung der Pfandstücke getroffen hat. Entfernt er die Pfandstücke erst nachträglich aus dem Gewahrsam des Schuldners, so nimmt er auch darüber ein Protokoll auf; jedoch genügt ein Vermerk im Versteigerungsprotokoll, wenn die Wegschaffung nur zum Zwecke der anschließenden sofortigen Versteigerung erfolgt.

(3)  
Die in der Pfandkammer verwahrten Sachen bezeichnet der Gerichtsvollzieher mit der Geschäftsnummer, die der Vorgang bei ihm hat. Er bewahrt sie getrennt von den Sachen auf, die zu anderen Zwangsvollstreckungen gehören. Der Gerichtsvollzieher darf die Pfandkammer nicht zur Verwahrung benutzen, wenn die Versteigerung der Pfandstücke an einem anderen Ort notwendig oder zweckmäßig ist, wenn die Pfandstücke nach ihrer Beschaffenheit zur Verwahrung in der Pfandkammer nicht geeignet sind oder wenn die Beförderung zur Pfandkammer besondere Schwierigkeiten bereiten oder außergewöhnlich hohe Kosten verursachen würde.

(4) 
Pfandstücke, die der Gerichtsvollzieher nicht nach § 89 oder in einer Pfandkammer verwahren kann, übergibt er einem Verwahrer. Zum Verwahrer soll er möglichst nur eine zuverlässige, zahlungsfähige und am Ort der Vollstreckung ansässige Person wählen; bei ihrer Auswahl ist in Landgemeinden tunlichst die Mitwirkung des Hauptverwaltungsbeamten der Gemeinde zu erbitten, falls dieser die Verwahrung nicht selbst übernimmt. Die Bestellung des Gläubigers zum Verwahrer wird in der Regel nicht angebracht sein. Die Vergütung für die Verwahrung, Beaufsichtigung und gegebenenfalls auch für die Erhaltung der Sache vereinbart der Gerichtsvollzieher mit dem Verwahrer möglichst bei Übergabe. Der Verwahrungsvertrag soll schriftlich abgeschlossen werden. Der Verwahrer hat unter einem Verzeichnis der übergebenen Sachen ihren Empfang zu bescheinigen; eine Abschrift dieses Verzeichnisses nebst der Bescheinigung ist ihm auf Verlangen auszuhändigen. Der Gerichtsvollzieher vermerkt die Bestellung eines Verwahrers und die mit ihm getroffenen Vereinbarungen im Pfändungsprotokoll oder in einem Nachtrag darunter. Er verbindet die Bescheinigung des Verwahrers über den Empfang mit dem Protokoll, sofern sie nicht in das Protokoll selbst aufgenommen ist.

(5)  
Belässt der Gerichtsvollzieher gepfändete Tiere nicht im Gewahrsam des Schuldners, so ist er verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen für die ordnungsgemäße Fütterung und Pflege der Tiere zu treffen. Werden ihm die hierzu nötigen Geldmittel nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt, so versteigert er die Tiere unverzüglich, selbst wenn er hierbei die Fristen für die Vornahme und die Bekanntmachung der Versteigerung nicht einhalten kann (§ 816 ZPO).

(6)
Gepfändete oder zu verwertende Waffen sind entsprechend dem Waffengesetz (WaffG) und der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) zu verwahren.


2. Verwertung

a) Allgemeines


§ 91 

(§§ 814 bis 825 ZPO)

 

(1)
Die Verwertung der Pfandstücke erfolgt in der Regel durch öffentliche Versteigerung in Form der Präsenzversteigerung (§§ 92 bis 96); soweit dies landesrechtlich vorgesehen ist, ist auch die allgemein zugängliche Versteigerung im Internet (§ 814 Absatz 2 Nummer 2 ZPO) möglich. Als Formen der anderweitigen Verwertung kommen insbesondere in Betracht:

1.
freihändiger Verkauf durch den Gerichtsvollzieher (§§ 97 bis 99),

2.
freihändiger Verkauf durch einen Dritten - gegebenenfalls unter Festsetzung eines Mindestpreises -,

3.
Übereignung an den Gläubiger zu einem bestimmten Preis,

4.
Versteigerung durch den Gerichtsvollzieher an einem anderen Ort als nach § 816 Absatz 2 ZPO vorgesehen.

Ist nach der Auffassung des Gerichtsvollziehers wegen der Art der gepfändeten Sachen bei einer Verwertung durch öffentliche Versteigerung kein angemessener Erlös zu erwarten, so soll er den Schuldner und den Gläubiger sofort auf die Möglichkeit der anderweitigen Verwertung (§ 825 Absatz 1 ZPO) aufmerksam machen. Beantragt eine der Parteien nach § 825 Absatz 1 ZPO eine Verwertung der Sache in anderer Weise oder an einem anderen Ort, unterrichtet der Gerichtsvollzieher den Antragsgegner über alle Einzelheiten der beabsichtigten anderweitigen Verwertung, insbesondere den Mindestpreis, und belehrt ihn, dass er die Sache ohne seine Zustimmung nicht vor Ablauf von zwei Wochen nach Zustellung der Unterrichtung verwerten wird. Der Gerichtsvollzieher besorgt selbst die Zustellung der Unterrichtung. Nach der Zustimmung des Antragsgegners oder spätestens nach dem Ablauf der Frist, wenn eine Einstellungsanordnung des Vollstreckungsgerichts nicht ergangen ist, führt der Gerichtsvollzieher die anderweitige Verwertung durch. Er kann sie schon vor Fristablauf vorbereiten. Ist bei der beantragten anderweitigen Verwertung nach der Überzeugung des Gerichtsvollziehers kein höherer Erlös zu erwarten, teilt er dies dem Antragsteller unter Fortsetzung des Verwertungsverfahrens mit.

(2)
Der Gerichtsvollzieher führt die Verwertung - ohne einen besonderen Auftrag des Gläubigers abzuwarten - nach den §§ 814 bis 825 ZPO durch. Die Verwertung ist auch dann vorzunehmen, wenn der Schuldner verstorben ist oder wenn das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden ist. § 51 Absatz 3 und § 120 Absatz 2 Satz 2 sind zu beachten. Führt der Gerichtsvollzieher die allgemein zugängliche Versteigerung im Internet (§ 814 Absatz 2 Nummer 2 ZPO) durch, teilt er dies dem Schuldner und sämtlichen beteiligten Gläubigern mit und bezeichnet den von ihm bestimmten Zeitpunkt, zu dem die Versteigerung im Internet beginnen wird.

(3)
Ein Aufschub der Verwertung ist nur zulässig, wenn eine Zahlungsvereinbarung gemäß § 802b ZPO geschlossen wird. Dies ist in jeder Lage des Verfahrens, auch noch kurz vor einem bereits bestimmten Versteigerungstermin, möglich, es sei denn, der Gläubiger hat den Abschluss einer Zahlungsvereinbarung ausgeschlossen (§ 802b Absatz 2 Satz 1 ZPO). Wenn der Gläubiger lediglich einen Vollstreckungsauftrag mit einem Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft verbunden hat, hindert dies einen Verwertungsaufschub durch den Gerichtsvollzieher zunächst nicht. § 68 ist zu beachten.

(4)
Zwischen dem Zahlungstermin und dem Verwertungstermin sollen wenigstens zwei Wochen liegen. Wird der Verwertungstermin verlegt, nachdem der Schuldner die Rate gezahlt hat, gehören die Kosten der öffentlichen Bekanntmachung der Terminsverlegung (§ 93) zu den notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 788 Absatz 1 ZPO. Bei der Bestimmung der Termine für die Verwertung soll der Gerichtsvollzieher im Einzelfall einerseits die Notwendigkeit, den Schuldner durch die Terminsbestimmung zur pünktlichen Zahlung zu veranlassen, und andererseits die Höhe der zusätzlichen Vollstreckungskosten, zum Beispiel für die öffentliche Bekanntmachung, berücksichtigen.

(5)
Bei der Verwertung muss der Gerichtsvollzieher gesetzliche und behördliche Veräußerungs- oder Erwerbsbeschränkungen beachten (vergleiche zum Beispiel § 772 ZPO).

(6)  
Bei der Verwertung dürfen der Gerichtsvollzieher und die von ihm zugezogenen Gehilfen weder für sich (persönlich oder durch einen anderen) noch als Vertreter eines anderen kaufen (§§ 450, 451 BGB). Der Gerichtsvollzieher darf auch seinen Angehörigen und den bei ihm beschäftigten Personen das Mitbieten nicht gestatten.

(7)  
Auf Antrag des Gläubigers oder des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht anordnen, dass eine gepfändete Sache durch eine andere Person als den Gerichtsvollzieher versteigert wird (§ 825 Absatz 2 ZPO).

b) Öffentliche Versteigerung nach § 814 Absatz 2 Nummer 1 ZPO
(Präsenzversteigerung)


§ 92 

Ort und Zeit der Versteigerung
(§§ 816 Absatz 1 und 2, § 825 Absatz 1 ZPO)


(1)
Der Gerichtsvollzieher bestimmt den Termin zur öffentlichen Versteigerung in der Regel sogleich bei der Pfändung. Die Anberaumung des Termins ist nur dann einstweilen auszusetzen,

1.
wenn die Parteien einverstanden sind, dass der Termin erst später bestimmt werden soll,

2.
wenn die sofortige Terminbestimmung im Einzelfall nicht tunlich oder nicht zweckmäßig erscheint, zum Beispiel weil Früchte auf dem Halm gepfändet sind und der Eintritt der Reife der Früchte noch nicht mit Sicherheit übersehen werden kann oder weil das Vollstreckungsgericht voraussichtlich eine andere Art der Veräußerung oder die Versteigerung an einem anderen Ort anordnen wird.

(2)   
Die Pfandstücke werden in der Gemeinde versteigert, in der sie gepfändet worden sind, an einem anderen Ort im Bezirk des Vollstreckungsgerichts oder am Amtssitz des Gerichtsvollziehers, sofern nicht der Gläubiger und der Schuldner sich auf einen anderen Ort einigen oder der Gerichtsvollzieher auf Antrag des Gläubigers oder des Schuldners einen anderen Ort bestimmt hat (§ 816 Absatz 2, § 825 Absatz 1 ZPO). Liegt die Versteigerung an einem anderen Ort im Interesse der Parteien, so soll der Gerichtsvollzieher auf die Möglichkeit eines Antrags nach § 825 Absatz 1 ZPO hinweisen.

(3)
Der erste Versteigerungstermin darf nicht vor Ablauf einer Woche seit dem Tage der Pfändung stattfinden. Ein früherer Termin darf nur bestimmt werden, wenn

1.
der Gläubiger und der Schuldner sich über eine frühere Versteigerung einigen,

2.
die frühere Versteigerung nach der pflichtgemäßen Überzeugung des Gerichtsvollziehers erforderlich ist, um die Gefahr einer beträchtlichen Wertminderung der Pfandstücke oder eines unverhältnismäßigen Kostenaufwands für längere Aufbewahrung abzuwenden.

Die Einigung der Parteien oder die sonstigen Gründe für die vorzeitige Versteigerung sind aktenkundig zu machen. In der Regel soll die Versteigerung nicht später als einen Monat nach der Pfändung stattfinden; wird sie weiter hinausgeschoben, so ist der Grund dafür in den Akten zu vermerken.

(4) 
Sämtliche beteiligten Gläubiger und der Schuldner sind von dem Versteigerungstermin besonders zu benachrichtigen, wenn ihnen der Termin nicht bereits anderweitig bekannt gegeben worden ist, etwa durch die übersandte Abschrift des Pfändungsprotokolls. Der Gerichtsvollzieher kann den Gläubiger hierbei auf die Bedeutung seiner persönlichen Teilnahme hinweisen.


§ 93 

Öffentliche Bekanntmachung
(§ 816 Absatz 3 ZPO)


(1)
Die Versteigerung muss öffentlich bekannt gemacht werden. Die Bekanntmachung muss rechtzeitig erfolgen, spätestens am Tag vor dem Versteigerungstermin. Eine Bekanntmachung am Tage der Versteigerung genügt nur, wenn die Pfandstücke alsbald versteigert werden müssen, etwa weil sie dem Verderb oder einer beträchtlichen Wertminderung ausgesetzt sind. Erfolgt die Bekanntmachung nicht spätestens am Tag vor der Versteigerung, so ist der Grund dafür aktenkundig zu machen.

(2)
Die Bekanntmachung enthält

1.
den Ort, den Tag und die Stunde der Versteigerung,

2.
eine allgemeine Bezeichnung der Gegenstände, die zu versteigern sind; besonders wertvolle Sachen sind dabei hervorzuheben; zur allgemeinen Bezeichnung gehört auch die Fabrikmarke (zum Beispiel bei Motoren, Kraftwagen, Krafträdern, Fahrrädern, Büromaschinen und dergleichen); vielfach wird es sich empfehlen, auch die Herstellungsnummer anzugeben, da sie Interessenten die Feststellung des Herstellungsjahres ermöglicht.

Die Bekanntmachung soll ferner die Zeit und den Ort enthalten, an dem die Pfandstücke vor der Versteigerung besichtigt werden können. In der Bekanntmachung ist ersichtlich zu machen, dass es sich um eine Versteigerung im Wege der Zwangsvollstreckung handelt; die Namen des Gläubigers und des Schuldners sind wegzulassen. Die Bekanntmachung ist aktenkundig zu machen; die Belegblätter und Rechnungen sind zu den Sachakten zu nehmen, soweit nicht in Absatz 5 eine andere Aufbewahrung angeordnet ist.

(3) 
Über die Art der Bekanntmachung (Aushang, Veröffentlichung in Zeitungen) entscheidet der Gerichtsvollzieher nach pflichtgemäßem Ermessen unter besonderer Berücksichtigung des Einzelfalles, sofern nicht die Justizverwaltung bestimmte Weisungen erteilt hat. Die öffentliche Bekanntmachung hat das Ziel, die Personen, die im Einzelfall als Kaufinteressenten in Betracht kommen, möglichst umfassend auf die bevorstehende Versteigerung hinzuweisen und durch Heranziehung zahlreicher Bieter ein günstiges Versteigerungsergebnis zu erzielen. Die Kosten der Bekanntmachung müssen, soweit sie nicht vom Auftraggeber übernommen werden, in angemessenem Verhältnis zu dem Wert des Versteigerungsgutes und zu dem voraussichtlichen Erlös stehen. Die Beachtung dieser Richtlinien wird vielfach zu folgendem Verfahren führen:

1.
Werden Gegenstände von geringem Wert versteigert, so kann eine öffentliche Bekanntmachung durch Anschlag genügen. Erfahrungsgemäß hat sich in diesem Fall, insbesondere bei Versteigerungen in ständig dafür bestimmten und daher allgemein bekannten Pfandkammern oder Versteigerungsräumen, ein Anschlag an einer Tafel oder in einem Kasten vor den Versteigerungsräumen als ausreichend erwiesen.

2.
Haben die zur Versteigerung bestimmten Gegenstände einen hohen Wert, so wird die Bekanntmachung durch eine Zeitung in Betracht kommen. Bei der Auswahl der Zeitung wird zu beachten sein, dass in diesen Fällen neben den Händlern meist solche Kauflustige infrage kommen, die den Ort der Versteigerung ohne Aufwendung von Fahrkosten erreichen und das Versteigerungsgut ohne wesentliche Transportkosten wegschaffen können. Der Gerichtsvollzieher wird daher zu prüfen haben, ob eine mit mäßigen Kosten verbundene Anzeige in einer Ortszeitung oder - in größeren Städten - einer Bezirks- oder Vorortzeitung genügt.

3.
Hat das Versteigerungsgut beträchtlichen Wert (zum Beispiel Kunstgegenstände, echte Teppiche, Luxusgegenstände), so muss die Bekanntmachung die Kreise umfassen, die für den Erwerb solcher Sachen Interesse haben und über die notwendigen Mittel dazu verfügen. Daher ist eine Zeitung zu wählen, die einen entsprechenden Leserkreis und ein entsprechendes Verbreitungsgebiet hat.

4.
Sollen Gegenstände versteigert werden, deren Erwerb nur für bestimmte Berufs-gruppen infrage kommt (zum Beispiel Rohstoffe, Maschinen, kaufmännische und gewerbliche Einrichtungen, Halbfabrikate), so wird vielfach die Bekanntmachung in einer Fachzeitschrift oder Fachzeitung zu bevorzugen sein.

5.
Bei besonders umfangreichen Versteigerungen kann eine Bekanntmachung in mehreren Zeitungen in Betracht kommen, sofern die hierzu erforderlichen Kosten im angemessenen Verhältnis zum Wert des Versteigerungsgutes stehen.

(4) 
Zur Verminderung der Bekanntmachungskosten vereinigt der Gerichtsvollzieher mehrere Bekanntmachungen von Versteigerungsterminen, die an demselben Tage und an demselben Ort abgehalten werden sollen, zu einer Bekanntmachung. Er soll auch möglichst mehrere Bekanntmachungen von Versteigerungsterminen, die zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten stattfinden, in einer Sammelbekanntmachung vereinigen. In diesen Fällen nimmt er das Belegblatt und die Rechnung zu einem der Handaktenstücke, berechnet dabei die Kosten, die auf die einzelnen Angelegenheiten abfallen, und vermerkt in den Akten über die anderen Angelegenheiten, wie hoch die anteiligen Kosten sind und wo sich Rechnung und Belegblatt befinden. Der Gerichtsvollzieher kann Rechnung und Belegblätter auch zu besonderen Sammelakten über Bekanntmachungen nehmen. Er vermerkt dann in den einzelnen Sonderakten die Höhe der anteiligen Kosten und verweist auf die Blattzahl der Sammelakte, wo sich Belegblatt, Rechnung und Berechnung der anteiligen Kosten befinden.

(5)
Auch die Bekanntmachungen mehrerer Gerichtsvollzieher können aus Kostenersparnisgründen zu einer Sammelbekanntmachung vereinigt werden. In diesen Fällen muss jeder Gerichtsvollzieher ein Belegblatt zu seinen Akten nehmen und dabei die Kosten angeben, die auf seine Bekanntmachung entfallen. Im Übrigen ist entsprechend den Bestimmungen des Absatzes 4 zu verfahren.

(6)
Wird der Versteigerungstermin aufgehoben, so sind Aushänge und Anschläge sofort zu entfernen. Die Aufhebung ist öffentlich bekannt zu machen, soweit dies noch tunlich ist. Eine Terminverlegung oder -aufhebung ist den Beteiligten unverzüglich mitzuteilen.


§ 94 

Bereitstellung der Pfandstücke


(1) 
Vor Beginn des Termins sind die zu versteigernden Sachen zum Verkauf und zur Besichtigung durch Kaufinteressenten bereitzustellen; ihre Identität ist aus dem Pfändungsprotokoll festzustellen. War ein Verwahrer oder Hüter bestellt, so ist mit ihm über die Rückgabe der Sachen ein Protokoll aufzunehmen; auf Verlangen ist ihm eine Bescheinigung hierüber zu erteilen. Ergibt sich, dass Pfandstücke fehlen oder beschädigt sind, so ist dies im Protokoll oder zu den Akten zu vermerken und den Beteiligten bekannt zu geben.

(2)   
Die Pfandstücke sollen zur Erzielung eines ihrem Wert angemessenen Erlöses in sauberem und möglichst ansehnlichem Zustand zur Versteigerung gestellt werden. Die hierdurch entstehenden Kosten sind als Kosten der Zwangsvollstreckung zu behandeln. Solche Kosten dürfen jedoch nur aufgewendet werden, wenn sie in einem angemessenen Verhältnis zu dem zu erwartenden Mehrerlös stehen. Dagegen ist der Gerichtsvollzieher nicht berechtigt, gebrauchte oder beschädigte Pfandstücke ohne Einverständnis des Gläubigers und des Schuldners instand setzen zu lassen.


§ 95 

Versteigerungstermin
(§ 816 Absatz 4, §§ 817, 817a, 818 ZPO)


(1)
Bei der Eröffnung des Termins sind zunächst die Versteigerungsbedingungen bekannt zu machen. Abweichungen von den in § 817 ZPO bestimmten Versteigerungsbedingungen sind nur zulässig, wenn das Vollstreckungsgericht sie angeordnet hat oder der Gläubiger und der Schuldner sie vereinbart haben. Versteigert der Gerichtsvollzieher Gase, Flüssigkeiten oder andere Sachen, die sich in Behältnissen befinden, welche dem Schuldner zweifellos nicht gehören, so nimmt er in die Versteigerungsbedingungen die Bestimmung auf, dass

1.
die Behältnisse alsbald nach der Entleerung, spätestens binnen einer festzusetzenden Frist, dem Eigentümer zu übergeben seien,

2.
der Ersteher eine dem Betrag nach zu bestimmende Sicherheit außer dem Meistgebot an den Gerichtsvollzieher zu leisten habe.

Versteigert der Gerichtsvollzieher Schusswaffen, Munition oder diesen gleichstehende Gegenstände, deren Erwerb erlaubnis- oder anmeldepflichtig ist, so nimmt er in die Versteigerungsbedingungen die Bestimmung auf, dass sie nur von einem Berechtigten ersteigert werden können (vergleiche § 66).

(2)
Der Gerichtsvollzieher fordert alsdann zum Bieten auf. Er bietet die Pfandstücke regelmäßig einzeln aus; jedoch kann er auch Gegenstände, die sich dazu eignen, zusammen anbieten, insbesondere Gegenstände gleicher Art. Die Pfandstücke sind tunlichst nach ihrer Reihenfolge im Pfändungsprotokoll aufzurufen, sofern nicht die Beteiligten andere Wünsche haben. Beim Ausbieten sind der gewöhnliche Verkaufswert der gepfändeten Sachen und das Mindestgebot bekannt zu geben, bei Gold- und Silbersachen auch der Gold- und Silberwert.

(3)
Der Gläubiger und der Schuldner können bei der Versteigerung mitbieten; jedoch ist ein Gebot des Schuldners zurückzuweisen, wenn er nicht den Betrag sofort bar hinterlegt.

(4) 
Der Zuschlag ist zu versagen, wenn das Meistgebot nicht die Hälfte des gewöhnlichen Verkehrswertes erreicht (Mindestgebot; § 817a Absatz 1 Satz 1 ZPO). Der Gerichtsvollzieher hat dann auf Antrag des Gläubigers einen neuen Versteigerungstermin anzuberaumen oder es dem Gläubiger anheim zu geben, einen Antrag nach § 825 ZPO zu stellen. Bleibt auch der neue Termin oder der Versuch anderweitiger Verwertung ohne Erfolg und ist auch von weiteren Verwertungsversuchen kein Erfolg zu erwarten, so kann der Gerichtsvollzieher die Pfändung aufheben. Vor der Aufhebung gibt er dem Gläubiger Gelegenheit zur Äußerung binnen einer angemessenen, von ihm zu bestimmenden Frist. Eine Versagung des Zuschlags kommt jedoch nicht in Betracht, wenn alle beteiligten Gläubiger und der Schuldner mit der Erteilung des Zuschlags zu einem Gebot einverstanden sind, welches das gesetzliche Mindestgebot nicht erreicht, oder wenn die sofortige Versteigerung erforderlich ist, um die Gefahr einer beträchtlichen Wertverringerung der zu versteigernden Sachen abzuwenden oder um unverhältnismäßige Kosten für eine längere Aufbewahrung zu vermeiden.

(5)
Bei Gold- und Silbersachen ist der Zuschlag ferner zu versagen, wenn das Meistgebot den Gold- und Silberwert nicht erreicht. Der Gerichtsvollzieher kann diese Sachen dann durch freihändigen Verkauf verwerten (vergleiche § 97).

(6) 
Ist eine Austauschpfändung mit der Maßgabe zugelassen, dass dem Schuldner der zur Ersatzbeschaffung notwendige Geldbetrag aus dem Vollstreckungserlös zu erstatten ist (§ 74 Absatz 1 Satz 3), so ist der Zuschlag zu versagen, wenn das Meistgebot nicht den vom Vollstreckungsgericht zur Ersatzbeschaffung bestimmten Geldbetrag sowie die Kosten der Zwangsvollstreckung deckt.

(7)  
Erweist sich im Versteigerungstermin eine andere Schätzung des gewöhnlichen Verkaufswertes als notwendig, zum Beispiel wegen Veränderung der Marktlage (Mangel an ausreichenden Geboten genügt nicht), so ist das Ergebnis der Schätzung bekannt zu geben. Ist eine der Parteien im Termin nicht vertreten und wird der gewöhnliche Verkaufswert niedriger geschätzt als bisher, so wird ein neuer Versteigerungstermin anzuberaumen und den Parteien zunächst das Ergebnis der abweichenden Schätzung mitzuteilen sein. Dies gilt jedoch nicht, wenn die sofortige Versteigerung aus den in Absatz 4 genannten Gründen notwendig ist. Falls es erforderlich ist, muss der Gerichtsvollzieher zur Sicherung des Gläubigers eine weitere Pfändung durchführen.

(8) 
Beim Einzelausgebot von Gegenständen, die sich zum Gesamtausgebot eignen, kann der Gerichtsvollzieher den Zuschlag davon abhängig machen, dass beim darauf folgenden Gesamtausgebot kein höherer Erlös erzielt wird.

(9)
Der Gerichtsvollzieher hat für den ordnungsmäßigen Ablauf der Versteigerung zu sorgen. Er hat insbesondere unzulässigen Einwirkungen der Händlerringe (Verkäuferringe, Zusammenschlüsse) entgegenzutreten. Weiß er oder muss er nach den Umständen annehmen, dass Verabredungen getroffen sind, auf Grund deren Andere vom Bieten abgehalten oder Sachen durch vorgeschobene Personen ersteigert werden sollen, um unter den Teilnehmern sodann zum gemeinsamen Vorteil veräußert zu werden, so hat er Personen, die an solchen Verabredungen beteiligt sind, zu entfernen, nötigenfalls mit polizeilicher Hilfe. Er kann die Versteigerung auch unterbrechen.

(10)   
Der Zuschlag ist dem Meistbietenden zu erteilen. Dem Zuschlag soll ein dreimaliger Aufruf vorausgehen. Dabei muss der Gerichtsvollzieher mit strenger Unparteilichkeit verfahren. Er darf insbesondere den Zuschlag nicht zugunsten eines Bieters übereilen. Die Verpflichtung eines jeden Bieters erlischt, wenn ein Übergebot abgegeben wird oder wenn die Versteigerung ohne Erteilung des Zuschlags geschlossen wird (§ 156 BGB, § 817 Absatz 1 ZPO).

(11)
Die zugeschlagene Sache ist dem Ersteher zu übergeben, und zwar nur gegen bare Zahlung des Kaufpreises. Einen Scheck darf der Gerichtsvollzieher nur mit Zustimmung des Auftraggebers annehmen. Hat der Meistbietende nicht bis zu der in den Versteigerungsbedingungen bestimmten Zeit oder mangels einer solchen Bestimmung nicht vor dem Schluss des Versteigerungstermins die Ablieferung gegen Zahlung des Kaufgeldes verlangt, so ist die Sache anderweit zu versteigern. Bei der Wiederversteigerung wird der Meistbietende zu keinem weiteren Gebot zugelassen. Er haftet für den Ausfall; auf den Mehrerlös hat er keinen Anspruch (§ 817 Absatz 3 ZPO).

(12)
Wird der Zuschlag dem Gläubiger erteilt, so ist dieser von der Verpflichtung zur Barzahlung insoweit befreit, als der Erlös zu seiner Befriedigung zu verwenden ist. Der Gläubiger hat mithin nur die Beträge bar zu zahlen, die zur Deckung der Zwangsvollstreckungskosten erforderlich sind oder sich nach seiner Befriedigung als Überschuss ergeben. Sofern jedoch dem Schuldner nachgelassen ist, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden, hat auch der Gläubiger den Preis für die von ihm erstandene Sache bar zu entrichten (§ 817 Absatz 4 ZPO). Dasselbe gilt, wenn und soweit der Gläubiger das Recht eines Dritten auf vorzugsweise Befriedigung (§ 805 ZPO) anerkannt hat, ein vorrangiges Pfändungspfandrecht eines anderen Gläubigers (§ 804 Absatz 3 ZPO) besteht, der Erlös auf Grund einer gerichtlichen Anordnung zu hinterlegen ist oder dem Schuldner im Rahmen einer Austauschpfändung gemäß § 811a Absatz 1 Halbsatz 2 ZPO der zur Ersatzbeschaffung erforderliche Geldbetrag aus dem Vollstreckungserlös zu überlassen ist.

(13)
Die Versteigerung ist einzustellen, sobald der Erlös zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung hinreicht (§ 818 ZPO). Um die Versteigerung nicht zu weit auszudehnen, hat der Gerichtsvollzieher die bereits erzielten Erlöse von Zeit zu Zeit zusammenzurechnen. Der Erlös darf an den Gläubiger erst abgeführt werden, wenn die Übergabe der verkauften Sachen stattgefunden hat.

(14) 
Hat nach dem Ergebnis der Verwertung der Pfandstücke die Vollstreckung nicht zur vollen Befriedigung des Gläubigers geführt oder sind Pfandstücke abhanden gekommen oder beschädigt worden, so muss der Gerichtsvollzieher auch ohne ausdrückliche Weisung des Gläubigers alsbald die weitere Vollstreckung betreiben, wenn nach seinem pflichtgemäßen Ermessen eine erneute Pfändung zur weiteren Befriedigung des Gläubigers führen kann.


§ 96 

Versteigerungsprotokoll


(1) 
Das Protokoll über die Versteigerung hat insbesondere zu enthalten:

1.
die betreibenden Gläubiger nach ihrer Rangfolge;

2.
die Beträge der beizutreibenden Forderungen und der Zwangsvollstreckungskosten;

3.
den Hinweis auf die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen oder den Wortlaut der Versteigerungsbedingungen, soweit von den gesetzlichen abweichende oder ergänzende Bestimmungen getroffen sind;

4.
die Bezeichnung der ausgebotenen Sachen sowie ihre Nummern nach dem Pfändungsprotokoll und die abgegebenen Meistgebote;

5.
die Namen der Bieter, denen der Zuschlag erteilt ist; bei Geboten über 100 Euro auch deren Anschriften; der Gerichtsvollzieher kann verlangen, dass ihm der Erwerber einen amtlichen Ausweis über seine Person vorlegt;

6.
die Angabe, dass der Kaufpreis bezahlt und die Sache abgeliefert ist oder dass Zahlung und Ablieferung unterblieben sind.

(2)   
Die ausgebotenen Sachen sind sogleich beim Ausgebot im Versteigerungsprotokoll zu verzeichnen. Neben jeder Sache sind alsbald nach dem Zuschlag das Meistgebot und der Ersteher zu vermerken. Dasselbe gilt von der Zahlung des Kaufgeldes, sobald sie erfolgt. Die dem Meistgebot vorangegangenen Gebote und deren Bieter, die den Zuschlag nicht erhalten haben, sind nicht zu verzeichnen. Ein zurückgewiesenes Gebot ist im Protokoll zu vermerken, jedoch nicht in der Spalte, die für das Meistgebot bestimmt ist. Bei Gold- und Silbersachen ist zutreffendenfalls zu beurkunden, dass trotz des wiederholten Aufrufs kein Gebot abgegeben worden ist, das den Gold- und Silberwert deckt. Ein entsprechender Vermerk ist zu machen, wenn bei anderen Sachen nach § 95 Absatz 2 bis 8 ein Zuschlag nicht erteilt ist. Am Schluss des Verzeichnisses ist die Summe des erzielten Erlöses festzustellen.

(3)   
Das Protokoll braucht nicht im Ganzen vorgelesen zu werden. Von den Bietern brauchen nur diejenigen in oder unter dem Protokoll zu unterzeichnen, die den Zuschlag erhalten haben oder - falls der Zuschlag im Termin nicht erteilt ist - an ihr Gebot gebunden bleiben. Unterbleibt die Unterzeichnung, etwa weil ein Beteiligter sich entfernt hat oder die Unterschrift verweigert, so ist der Grund dafür im Protokoll aufzunehmen.

c) Freihändiger Verkauf


§ 97 

Zulässigkeit des freihändigen Verkaufs
(§§ 817a, 821, 825 ZPO)


Die Veräußerung erfolgt durch freihändigen Verkauf

1.
bei Gold- und Silbersachen, wenn bei der Versteigerung kein Gebot abgegeben worden ist, das den Gold- und Silberwert erreicht (§ 817a ZPO),

2.
bei Wertpapieren, die einen Börsen- oder Marktpreis haben (§ 821 ZPO),

3.
im Einzelfall auf Antrag des Gläubigers oder des Schuldners (§ 825 Absatz 1 ZPO).


§ 98 

Verfahren beim freihändigen Verkauf


(1) 
Für den freihändigen Verkauf gilt die in § 92 Absatz 3 Satz 1 bezeichnete Frist nicht. Der Gerichtsvollzieher führt den Verkauf - gegebenenfalls unter Beachtung von § 825 Absatz 1 ZPO (§ 91 Absatz 1 Satz 4 bis 7) - unverzüglich durch, falls das Vollstreckungsgericht nichts anderes angeordnet hat oder die Beteiligten nichts anderes vereinbart haben. Er ist darauf bedacht, einen möglichst hohen Preis zu erzielen.

(2)  
Die Bestimmungen des § 95 Absatz 4 über das Mindestgebot finden beim freihändigen Verkauf entsprechende Anwendung (§ 817a ZPO). Gold- und Silbersachen darf der Gerichtsvollzieher nicht unter ihrem Gold- und Silberwert und nicht unter der Hälfte des gewöhnlichen Verkaufswerts, Wertpapiere nicht unter dem Tageskurs verkaufen, der für den Ort des Verkaufs maßgebend ist.

(3)   
Die Sache darf dem Käufer nur gegen bare Zahlung des Kaufpreises oder, falls der Auftraggeber dem zustimmt, gegen Übergabe eines über den Kaufpreis ausgestellten Schecks übergeben werden, soweit das Vollstreckungsgericht nichts anderes angeordnet hat oder alle Beteiligten einer anderen Regelung zustimmen.

(4)
Der Verkauf kann auch an den Gläubiger erfolgen. § 95 Absatz 12 ist in diesem Fall entsprechend anzuwenden.

(5) 
Bei dem Verkauf von Wertpapieren bleibt es dem Ermessen des Gerichtsvollziehers überlassen, ob er den Verkauf selbst besorgen oder sich der Vermittlung eines Bankgeschäfts bedienen will.

(6) 
Hat das Vollstreckungsgericht den Verkauf angeordnet, so beachtet der Gerichtsvollzieher die etwaigen besonderen Anordnungen des Gerichts. Ist eine Sache durch Beschluss des Vollstreckungsgerichts dem Gläubiger oder einem Dritten übereignet, so hat der Gerichtsvollzieher die Sache zu übergeben.


§ 99 

Protokoll beim freihändigen Verkauf


Das Protokoll über den freihändigen Verkauf hat insbesondere zu enthalten:

1.
den Grund des freihändigen Verkaufs,

2.
die genaue Bezeichnung des verkauften Gegenstandes mit Angabe des geschätzten Gold- und Silberwerts, des Tageskurses oder des vom Vollstreckungsgericht bestimmten Preises,

3.
die mit Käufern getroffenen Abreden, den Nachweis der Preiszahlung und die Erfüllung des Geschäfts.

§ 96 Absatz 1 Nummer 5 gilt entsprechend. Verkauft der Gerichtsvollzieher ein Wertpapier durch Vermittlung eines Bankgeschäfts, so wird das Protokoll durch die Abrechnung ersetzt, die das Bankgeschäft über den Verkauf erteilt. Die Abrechnung ist zu den Akten zu nehmen.


3. Pfändung und Veräußerung in besonderen Fällen

a) Pfändung bei Personen, die Landwirtschaft betreiben


§ 100 

(§ 813 Absatz 3 ZPO)


(1)

Ist der Gerichtsvollzieher mit der Pfändung bei einer Person beauftragt, die Landwirtschaft betreibt, und werden voraussichtlich

1. Früchte, die vom Boden noch nicht getrennt sind,

2. Sachen nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b ZPO,

3. Tiere nach § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b ZPO oder

4. landwirtschaftliche Erzeugnisse

zu pfänden sein, so zieht der Gerichtsvollzieher einen landwirtschaftlichen Sachverständigen hinzu, wenn anzunehmen ist, dass der Wert der zu pfändenden Sachen und Tiere insgesamt den Betrag von 2 000 Euro übersteigt. (Fn 3) Bei einem geringeren Wert soll ein Sachverständiger zugezogen werden, wenn der Schuldner es verlangt und wenn dadurch die Zwangsvollstreckung weder verzögert wird noch unverhältnismäßige Kosten entstehen.

(2)
Der Sachverständige hat zu begutachten, ob die zu pfändenden Sachen und Tiere (Fn 3) zu denen gehören, die im § 813 Absatz 3 ZPO (Fn 3) bezeichnet sind oder auf die sich die Hypothek und so weiter erstreckt (vergleiche § 78). Das Gutachten des Sachverständigen ist für den Gerichtsvollzieher nicht bindend; jedoch soll er nur aus besonderen und gewichtigen Gründen von ihm abweichen.

(3)
Das Ergebnis des Gutachtens ist, sofern der Sachverständige es nicht sofort schriftlich oder in einer Anlage zum Pfändungsprotokoll niederlegt, nebst den wesentlichen Gründen in dieses Protokoll aufzunehmen. Ist der Gerichtsvollzieher dem Gutachten bei der Pfändung nicht gefolgt, so sind die Gründe dafür im Protokoll anzugeben.

(4)
Dem Sachverständigen ist eine Vergütung nach dem ortsüblichen Preis seiner Leistung zu gewähren. Der Gerichtsvollzieher zahlt die Vergütung sofort bei der Pfändung gegen Empfangsbescheinigung aus. Soweit nicht ein anderer ortsüblicher Preis feststeht, sind für die Bemessung die Sätze des JVEG maßgebend. Die Vergütung umfasst sowohl den Wert der Leistung als auch die Aufwandsentschädigung. An Reisekosten sind dem Sachverständigen nur die tatsächlichen Auslagen zu erstatten. Ist der Sachverständige mit der Bemessung seiner Entschädigung nicht einverstanden, so verweist ihn der Gerichtsvollzieher mit seinen Einwendungen gemäß § 766 ZPO an das Vollstreckungsgericht.


b) Pfändung und Versteigerung von Früchten, die noch nicht vom Boden getrennt sind


§ 101 

Zulässigkeit der Pfändung
(§ 810 ZPO)


(1)
Früchte, die noch nicht vom Boden getrennt sind, können gepfändet werden, solange nicht ihre Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen erfolgt ist, und soweit sie nicht nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b ZPO (Fn 3) unpfändbar sind. Diese Früchte werden jedoch von der Beschlagnahme dann nicht umfasst, wenn das Grundstück verpachtet ist (§ 21 Absatz 3 ZVG). Gegen den Pächter ist daher die Pfändung trotz der Beschlagnahme des Grundstücks zulässig, soweit ihr nicht § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b ZPO (Fn 3) entgegensteht. Früchte im Sinne dieser Bestimmung sind nur die wiederkehrend geernteten Früchte (zum Beispiel Getreide, Hackfrüchte, Obst; dagegen nicht Holz auf dem Stamm, Torf, Kohle, Steine und Mineralien).

(2)  
Die Pfändung darf nicht früher als einen Monat vor der gewöhnlichen Reife der Früchte erfolgen. Auf den bevorstehenden Eintritt der Reife achtet der Gerichtsvollzieher besonders, damit er den Versteigerungstermin so rechtzeitig ansetzen kann, dass nicht durch Überreife der Früchte Verluste entstehen können. Der Gerichtsvollzieher verpflichtet den Hauptverwaltungsbeamten der Gemeinde oder den etwa bestellten Hüter, ihm rechtzeitig von der herannahenden Ernte Kenntnis zu geben.


§ 102 

Verfahren bei der Pfändung
(§ 813 Absatz 3 ZPO)


(1) 
Die Pfändung von Früchten, die vom Boden noch nicht getrennt sind, erfolgt nach den Vorschriften über die Pfändung beweglicher Sachen. Insbesondere dürfen die Früchte nur gepfändet werden, wenn sie sich im Alleingewahrsam des Schuldners oder eines zur Herausgabe bereiten Dritten befinden. Ist zum Beispiel ein Grundstück verpachtet oder ist ein Nießbrauch daran bestellt, so ist die Pfändung der Früchte im Rahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Pächter oder Nießbraucher als Schuldner ohne Weiteres zulässig; richtet sich die Zwangsvollstreckung dagegen gegen den Grundstückseigentümer, den Verpächter oder den Besteller des Nießbrauchs, so dürfen die Früchte nur mit Zustimmung des Pächters oder des Nießbrauchers gepfändet werden.

(2)  
Die Pfändung ist in geeigneter Weise für jedermann kenntlich zu machen. Dies geschieht durch Aufstellung von Pfandtafeln oder Pfandwischen (Pfandzeichen) mit einer vom Gerichtsvollzieher unterschriebenen Pfandanzeige oder durch andere zweckentsprechende Vorrichtungen, tunlichst unter Verwendung des Dienstsiegels (Dienststempels). In geeigneten Fällen bestellt der Gerichtsvollzieher einen Hüter.

(3) 
Werden bei der Zwangsvollstreckung gegen eine Person, die Landwirtschaft betreibt, voraussichtlich Früchte zu pfänden sein, die noch nicht vom Boden getrennt sind, so zieht der Gerichtsvollzieher einen landwirtschaftlichen Sachverständigen zu, wenn anzunehmen ist, dass der Wert der zu pfändenden Gegenstände 2 000 Euro (Fn 4) übersteigt. Der Sachverständige hat zu begutachten, ob die gewöhnliche Zeit der Reife binnen einem Monat zu erwarten ist (§ 101 Absatz 2) und ob die Früchte ganz oder zum Teil für die Ausübung der Erwerbstätigkeit benötigt werden (§ 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b ZPO). (Fn 4) Im Übrigen gelten für die Zuziehung des Sachverständigen die Bestimmungen des § 100 Absatz 2 bis 4. Auch wenn der Wert der zu pfändenden Gegenstände unter 2 000 Euro (Fn 3) liegt, soll der Gerichtsvollzieher einen Sachverständigen zuziehen,

1.
wenn nach seinem pflichtgemäßen Ermessen mit Rücksicht auf die Art und den Umfang des landwirtschaftlichen Betriebes eine sachgemäße Entscheidung der vorstehend bezeichneten Fragen nur auf Grund des Gutachtens eines Sachverständigen erfolgen kann,

2.
wenn der Schuldner die Zuziehung verlangt und hierdurch die Zwangsvollstreckung weder verzögert wird noch unverhältnismäßige Kosten entstehen.

(4)   
Das Pfändungsprotokoll hat insbesondere zu enthalten:

1.
die Bezeichnung des Grundstücks nach Lage und ungefährem Flächeninhalt und die Bezeichnung der Fruchtart, die darauf steht,

2.
die Angabe, welcher Erlös aus der Verwertung der gepfändeten Früchte voraus-sichtlich zu erwarten ist,

3.
die Angabe, in welcher Weise die Pfändung äußerlich erkennbar gemacht und wer als Hüter bestellt ist oder aus welchen Gründen die Bestellung eines Hüters unterblieben ist,

4.
die Angabe, wann der Eintritt der Ernte zu erwarten ist,

5.
die in Absatz 3 Satz 1 bis 3 bezeichneten Angaben, wenn ein landwirtschaftlicher Sachverständiger zugezogen ist.

§ 103 

Trennung der Früchte und Versteigerung
(§ 824 ZPO)


(1)
Die Früchte dürfen vor der Reife nicht vom Boden getrennt werden. Ihre Versteigerung ist erst nach der Reife zulässig. Sie kann vor oder nach der Trennung der Früchte erfolgen. Hierüber entscheidet der Gerichtsvollzieher - gegebenenfalls nach Anhörung eines Sachverständigen - insbesondere mit Rücksicht darauf, auf welche Weise voraussichtlich ein höherer Erlös zu erzielen ist. Nach diesem Gesichtspunkt entscheidet er auch, ob die Versteigerung im Ganzen oder in einzelnen Teilen geschehen soll.

(2)   
Sollen die reifen Früchte vor ihrer Aberntung versteigert werden, so hält der Gerichtsvollzieher den Termin in der Regel an Ort und Stelle ab. Sollen die Früchte nach der Trennung versteigert werden, so lässt sie der Gerichtsvollzieher durch eine zuverlässige Person abernten. Es ist nicht unbedingt ausgeschlossen, dass er hierfür auch den Schuldner wählt. Die Vergütung für die Aberntung vereinbart der Gerichtsvollzieher im Voraus. Er beaufsichtigt die Aberntung, soweit es erforderlich ist, um den Ertrag der Ernte mit Sicherheit festzustellen. Er sorgt auch dafür, dass die Ernte bis zur Versteigerung sicher untergebracht und verwahrt wird.

(3)
In den Versteigerungsbedingungen ist zu bestimmen, innerhalb welcher Zeit der Käufer die Früchte von dem Grund und Boden wegzuschaffen hat. Der Erlös darf erst ausgezahlt werden, wenn die Früchte weggeschafft sind oder die für ihre Fortschaffung bestimmte Frist verstrichen ist.

(4) 
Wird dem Gerichtsvollzieher ein Gerichtsbeschluss vorgelegt, durch den die Zwangsvollstreckung in das Grundstück angeordnet ist, so stellt er die Zwangsvollstreckung einstweilen ein; er unterlässt also die Pfändung, die Aberntung und die Versteigerung der Früchte sowie - falls der Käufer die Früchte noch nicht an sich genommen hat - die Auszahlung des Erlöses. Wird die Zwangsversteigerung des Grundstücks angeordnet, so ist die Zwangsvollstreckung einzustellen, wenn die Beschlagnahme (§§ 20 bis 26 ZVG) erfolgt, solange die Früchte noch nicht vom Boden getrennt sind. Hat die Trennung schon stattgefunden, so ist die Vollstreckung trotz der Beschlagnahme fortzusetzen. Von der Einstellung der Zwangsvollstreckung ist der Gläubiger unverzüglich zu benachrichtigen.

c) Pfändung und Veräußerung von Wertpapieren


§ 104 

Pfändung von Wertpapieren


(1)
Bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen werden Wertpapiere wie bewegliche körperliche Sachen behandelt. Sie werden dadurch gepfändet, dass der Gerichtsvollzieher sie in Besitz nimmt.

(2)
Zu den Wertpapieren nach Absatz 1 gehören alle Inhaberpapiere, auch wenn sie auf den Namen eines bestimmten Berechtigten umgeschrieben sind, sowie alle Aktien, auch wenn sie auf den Namen eines bestimmten Berechtigten lauten. Dagegen gehören Legitimationspapiere nicht dazu (zum Beispiel Sparbücher, Pfandscheine, Lebensversicherungspolicen).

(3)   
Für die Pfändung von Forderungen aus Wechseln und anderen auf den Namen lautenden, aber durch Indossament übertragbaren Forderungspapieren gelten die Bestimmungen des § 123.

(4) 
Inländische Banknoten sind bei der Zwangsvollstreckung nicht als Wertpapiere, sondern als bares Geld zu behandeln.


§ 105 

Veräußerung von Wertpapieren
(§§ 821 bis 823 ZPO)


(1)
Die Veräußerung von Wertpapieren erfolgt, wenn sie einen Börsen- oder Marktpreis haben, durch freihändigen Verkauf, sonst durch öffentliche Versteigerung (§ 821 ZPO).

(2)
Bei der Veräußerung von Inhaberpapieren genügt die Übergabe des veräußerten Papiers an den Erwerber, um das im Papier verbriefte Recht auf ihn zu übertragen. Dagegen sind Papiere, die durch Indossament übertragen werden können, jedoch nicht Forderungspapiere sind, zum Zweck der Übertragung mit dem Indossament zu versehen (zum Beispiel Namensaktien). Andere Papiere, die auf den Namen lauten, sind mit der Abtretungserklärung zu versehen. Dies gilt auch für auf den Namen umgeschriebene Inhaberpapiere, sofern nicht ihre Rückverwandlung (Absatz 3) beantragt wird.

(3)  
Die Abtretungserklärung oder das Indossament stellt der Gerichtsvollzieher anstelle des Schuldners aus, nachdem ihn das Vollstreckungsgericht dazu ermächtigt hat (§ 822 ZPO). Ebenso bedarf der Gerichtsvollzieher der Ermächtigung des Vollstreckungsgerichts, wenn er anstelle des Schuldners die Erklärungen abgeben soll, die zur Rückverwandlung einer auf den Namen umgeschriebenen Schuldverschreibung in eine Inhaberschuldverschreibung erforderlich sind (§ 823 ZPO). Der Gerichtsvollzieher fügt dem Antrag, durch den er die Ermächtigung erbittet, den Schuldtitel und das Pfändungsprotokoll bei.


§ 106 

Hilfspfändung


Papiere, die nur eine Forderung beweisen, aber nicht Träger des Rechts sind (zum Beispiel Sparbücher, Pfandscheine, Versicherungsscheine und Depotscheine, ferner Hypotheken- und solche Grundschuld- und Rentenschuldbriefe, die nicht auf den Inhaber lauten), sind nicht Wertpapiere im Sinne des § 104. Sie können deshalb auch nicht nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in bewegliche körperliche Sachen gepfändet werden. Der Gerichtsvollzieher kann aber diese Papiere vorläufig in Besitz nehmen (Hilfspfändung). Er teilt dem Gläubiger die vorläufige Wegnahme unverzüglich mit und bezeichnet die Forderungen, auf die sich die Legitimationspapiere beziehen. Die Papiere sind jedoch dem Schuldner zurückzugeben, wenn der Gläubiger nicht alsbald, spätestens innerhalb eines Monats, den Pfändungsbeschluss über die Forderung vorlegt, die dem Papier zugrunde liegt. Die in Besitz genommenen Papiere sind im Pfändungsprotokoll genau zu bezeichnen. Grund- und Rentenschuldbriefe, die auf den Inhaber lauten, werden nach § 104 gepfändet.


d) Pfändung und Veräußerung von Kraftfahrzeugen


§ 107 

Entfernung des Kraftfahrzeugs aus dem Gewahrsam des Schuldners


(1)
Bei der Pfändung eines Kraftfahrzeugs wird in der Regel davon auszugehen sein, dass die Befriedigung des Gläubigers gefährdet wird, wenn das Fahrzeug im Gewahrsam des Schuldners verbleibt (vergleiche § 808 ZPO). Der Gerichtsvollzieher nimmt das gepfändete Fahrzeug daher in Besitz, sofern nicht der Gläubiger damit einverstanden ist, dass es im Gewahrsam des Schuldners bleibt, oder eine Wegnahme aus sonstigen Gründen ausnahmsweise nicht erforderlich erscheint.

(2)   
Kann der Gerichtsvollzieher - obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür gegeben sind - das Fahrzeug nicht in Besitz nehmen (zum Beispiel wegen fehlender Unterbringungsmöglichkeiten) und erscheint die Wegnahme der Kraftfahrzeugpapiere (§§ 108 bis 110) nicht ausreichend, um eine missbräuchliche Benutzung des Kraftfahrzeugs zu verhindern, so muss der Gerichtsvollzieher weitere geeignete Sicherungsmaßnahmen treffen (zum Beispiel die Abnahme und Verwahrung des amtlichen Kennzeichens).


§ 108 

Zulassungsbescheinigung Teil I und Teil II


(1)
Der Gerichtsvollzieher muss bei der Zwangsvollstreckung in Kraftfahrzeuge die Bedeutung der Zulassungsbescheinigung Teil I (früher: Fahrzeugschein) und Teil II (früher: Fahrzeugbrief) beachten.

(2) 
Die Bestimmungen für Kraftfahrzeuge, amtliche Kennzeichen und Zulassungsbescheinigungen Teil I und Teil II gelten entsprechend für Anhänger.


§ 109 

Behandlung der Zulassungsbescheinigung Teil I


(1)
Pfändet der Gerichtsvollzieher ein Kraftfahrzeug, so nimmt er die über das Kraftfahrzeug ausgestellte und im Gewahrsam des Schuldners befindliche Zulassungsbescheinigung Teil I in Besitz, sofern das Fahrzeug nicht gemäß § 107 Absatz 1 im Gewahrsam des Schuldners belassen wird. Findet der Gerichtsvollzieher die Zulassungsbescheinigung Teil I nicht, vermerkt er dies im Protokoll.

(2)   
Der Gerichtsvollzieher händigt die in seinem Besitz befindliche Zulassungsbescheinigung Teil I dem Erwerber bei der Übergabe des Kraftfahrzeugs gegen Empfangsbestätigung aus.


§ 110 

Behandlung der Zulassungsbescheinigung Teil II


(1)
Bei der Pfändung eines Kraftfahrzeugs nimmt der Gerichtsvollzieher auch die über das Fahrzeug ausgestellte Zulassungsbescheinigung Teil II in Besitz, wenn er sie im Gewahrsam des Schuldners findet.

(2)
Findet der Gerichtsvollzieher die Zulassungsbescheinigung Teil II nicht, so forscht er durch Befragen des Schuldners oder der bei der Vollstreckung anwesenden Personen (Familienangehörige, beim Schuldner Beschäftigte) nach dem Verbleib der Bescheinigung; das Ergebnis vermerkt er im Protokoll. Befindet sich die Zulassungsbescheinigung Teil II hiernach angeblich in der Hand eines Dritten, so teilt der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger den Namen und die Wohnung des Dritten mit; er gibt möglichst auch an, weshalb sich die Bescheinigung in der Hand des Dritten befindet.

(3)   
Hat der Gerichtsvollzieher die Zulassungsbescheinigung Teil II nicht in Besitz nehmen können, so kann er in geeigneten Fällen den Schuldner darauf hinweisen, dass die Pfändung voraussichtlich nach § 111 der Zulassungsstelle mitgeteilt werden wird.


§ 111 

Benachrichtigung der Zulassungsstelle, Versteigerung


(1)
Hat der Gerichtsvollzieher die Zulassungsbescheinigung Teil II nicht in Besitz nehmen können, so teilt er dies unverzüglich der für das Fahrzeug zuständigen Zulassungsstelle mit, soweit nicht § 112 etwas anderes bestimmt. Kennt die Zulassungsstelle den Verbleib der Bescheinigung, so verständigt sie den Gerichtsvollzieher; die Zwangsvollstreckung setzt der Gerichtsvollzieher trotzdem fort.

(2)   
Die Mitteilung soll folgende Angaben enthalten:

1.
Namen und Wohnung des Gläubigers;

2.
Namen, Dienststelle und Geschäftsnummer des Gerichtsvollziehers;

3.
Bezeichnung des Fahrzeugs unter Angabe der Fabrikmarke;

4.
amtliches Kennzeichen;

5.
den aus der Zulassungsbescheinigung Teil I ersichtlichen Namen und die Wohnung dessen, für den das Kraftfahrzeug zugelassen ist;

6.
Nummer des Fahrgestells;

7.
Tag der Pfändung und Versteigerung;

8.
Namen und Wohnung des angeblichen Briefbesitzers.

(3)  
Der Gerichtsvollzieher vermerkt die Absendung der Mitteilung unter Angabe des Tages in seinen Akten.

(4) 
Die Versteigerung soll nicht vor Ablauf von vier Wochen seit der Pfändung stattfinden. Der Gerichtsvollzieher braucht jedoch die Mitteilung der Zulassungsstelle nicht abzuwarten. Vor der Aufforderung zum Bieten weist der Gerichtsvollzieher darauf hin, dass er die Zulassungsbescheinigung Teil II nicht im Besitz hat und dass es Sache des Erwerbers ist, sich diese für die Zulassung zu beschaffen oder eine Ersatzbescheinigung ausstellen zu lassen; die Belehrung ist im Versteigerungsprotokoll zu vermerken.


§ 112 

Wegfall oder Aussetzung der Benachrichtigung


(1)
Von der Nachricht an die Zulassungsstelle ist abzusehen, wenn

1.
der gewöhnliche Verkaufswert eines Kraftwagens den Betrag von 400 Euro und der eines Kraftrades den Betrag von 200 Euro nicht übersteigt,

2.
besondere Umstände die baldige Verwertung erfordern, zum Beispiel die Kosten der Verwahrung im Verhältnis zum voraussichtlichen Erlös zu hoch sind.

(2) 
Von der Nachricht an die Zulassungsstelle kann einstweilen abgesehen werden, wenn

1.
ein sicherer Anhalt für die gütliche Erledigung der Vollstreckung besteht,

2.
der Versteigerungstermin von vornherein mit einer Frist von mehr als sechs Wochen angesetzt wird.

Sobald jedoch feststeht, dass das Fahrzeug im Wege der Zwangsvollstreckung veräußert werden wird, ist die Zulassungsstelle spätestens vier Wochen vor dem Termin zu benachrichtigen.


§ 113 

Behandlung der Zulassungsbescheinigung Teil II bei der Veräußerung
des Kraftfahrzeugs


(1)
Besitzt der Gerichtsvollzieher die Zulassungsbescheinigung Teil II, so händigt er sie dem Erwerber bei der Übergabe des Fahrzeugs gegen Empfangsbestätigung aus.

(2) 
Besitzt der Gerichtsvollzieher die Zulassungsbescheinigung Teil II nicht, so gibt er dem Erwerber eine mit seiner Unterschrift und dem Dienststempelabdruck versehene Bescheinigung dahin, dass der Erwerber das nach § 111 Absatz 2 Nummer 3, 4 und 6 näher bezeichnete Kraftfahrzeug in der Zwangsvollstreckung erworben hat und dass die Zulassungsbescheinigung Teil II bei der Pfändung nicht gefunden worden ist.


§ 114 

Anzeige des Erwerbers an die Zulassungsstelle


Geht ein zugelassenes und nicht endgültig abgemeldetes Kraftfahrzeug im Wege der Zwangsvollstreckung auf einen neuen Eigentümer über, so zeigt der Gerichtsvollzieher den Namen und die Anschrift des Erwerbers unter Bezeichnung des Fahrzeugs nach § 111 Absatz 2 Nummer 3, 4 und 6 unverzüglich der für das Kraftfahrzeug zuständigen Zulassungsstelle an und fügt die etwaigen Empfangsbestätigungen nach § 109 Absatz 2 und § 113 Absatz 1 bei.


e) Pfändung und Versteigerung von Ersatzteilen eines Luftfahrzeugs, die sich in einem Ersatzteillager befinden

§ 115


Das Registerpfandrecht an einem inländischen oder ein Recht an einem ausländischen Luftfahrzeug kann sich auf Ersatzteile erstrecken, die an einer bestimmten Stelle (Ersatzteillager) lagern oder von ihr entfernt werden, nachdem sie in Beschlag genommen worden sind (vergleiche hierzu §§ 68, 69, 71, 105, 106 Absatz 1 Nummer 2 LuftFzgG). Soll wegen einer Geldforderung die Zwangsvollstreckung in solche Ersatzteile betrieben werden, so sind die besonderen Vorschriften des § 100 LuftFzgG zu beachten.


f) Pfändung bereits gepfändeter Sachen


§ 116 

(§§ 826, 827 ZPO)


(1)
Die Pfändung bereits gepfändeter Sachen muss in derselben Form wie eine Erstpfändung erfolgen, wenn sie sich gegen einen anderen Schuldner als den der Erstpfändung richtet (so genannte Doppelpfändung). Der Gerichtsvollzieher vermerkt in diesem Fall in den Akten über beide Pfändungen, dass und wann er die Sache auch gegen den anderen Schuldner gepfändet hat.

(2)
Die Pfändung bereits gepfändeter Sachen ist, wenn sie sich gegen denselben Schuldner richtet, ebenfalls als Erstpfändung zulässig. Der Gerichtsvollzieher soll aber in diesen Fällen regelmäßig durch Anschlusspfändung (§ 826 ZPO) und nicht in der Form einer Erstpfändung pfänden, es sei denn, dass die Rechtsgültigkeit oder das Fortbestehen der vorangegangenen Pfändung zweifelhaft oder die Wirksamkeit einer durch bloße Erklärung bewirkten Anschlusspfändung aus sonstigen Gründen fraglich erscheint (Absatz 3). Zur Bewirkung der Anschlusspfändung genügt die mit Zeitangabe in das Pfändungsprotokoll aufzunehmende Erklärung des Gerichtsvollziehers, dass er die Sache für seinen Auftraggeber gleichfalls pfände. War die Erstpfändung von einem anderen Gerichtsvollzieher bewirkt, so ist diesem eine Abschrift des Pfändungsprotokolls zuzustellen. Der Gerichtsvollzieher muss sicherstellen, dass bei der weiteren Bearbeitung, insbesondere bei der Versteigerung, keine der Pfändungen übersehen wird, insbesondere, dass Pfändungspfandrechte ruhender Vollstreckungen nicht gefährdet werden.

(3) 
Die Anschlusspfändung setzt zu ihrer Wirksamkeit das Bestehen einer staatlichen Verstrickung voraus. Der Gerichtsvollzieher vergewissert sich deshalb, dass die erste Pfändung eine wirksame Verstrickung herbeigeführt hat und dass diese noch besteht. Er sieht in der Regel das Protokoll ein, das über die erste Pfändung aufgenommen ist. Bei Pfandstücken, die sich im Gewahrsam des Schuldners oder eines anderen befinden, sieht der Gerichtsvollzieher grundsätzlich an Ort und Stelle nach, ob die Pfandstücke noch vorhanden sind und ob die Pfändung noch ersichtlich ist. Unterbleibt die Nachschau, weil der Angetroffene dem Gerichtsvollzieher die Durchsuchung der Wohnung des Schuldners nicht gestattet oder weil der Gerichtsvollzieher an Ort und Stelle niemand angetroffen hat, so hat der Gerichtsvollzieher dies im Protokoll über die Anschlusspfändung festzuhalten, den Gläubiger durch Übersendung einer Protokollabschrift zu unterrichten und auf die Möglichkeit des § 758a ZPO zur Überprüfung des Pfandrechts hinzuweisen; ein Antrag auf Übersendung des Protokolls ist erforderlichenfalls zu unterstellen. Eine Anschlusspfändung darf nicht deshalb unterbleiben, weil eine Nachschau nicht möglich ist. Bei der Anschlusspfändung von Sachen im Gewahrsam eines Dritten ist dessen Herausgabebereitschaft (vergleiche § 70 Absatz 2) erneut festzustellen. Den Wert der Pfandstücke prüft der Gerichtsvollzieher nach. Hat sich der Wert verändert, so gibt er den Wert zum Zeitpunkt der Anschlusspfändung an.

(4)   
Die Pfändung bereits gepfändeter Gegenstände ist ohne Rücksicht darauf vorzunehmen, ob sich nach Befriedigung der Ansprüche des Gläubigers der Erstpfändung und der Kosten der ersten Vollstreckung noch ein Überschuss erwarten lässt. Eine solche Pfändung soll jedoch nur erfolgen, wenn die Befriedigung des Gläubigers aus anderen Pfandstücken nicht erlangt werden kann oder wenn sie entweder vom Gläubiger ausdrücklich verlangt wird oder aus besonderen Gründen zweckentsprechender erscheint als die Pfändung anderer, noch nicht gepfändeter Sachen.

(5)   
Der Auftrag des Gläubigers, für den eine Anschlusspfändung bewirkt ist, geht kraft Gesetzes auf den Gerichtsvollzieher über, der die Erstpfändung durchgeführt hat (§ 827 Absatz 1 ZPO). Daher ist dem Gerichtsvollzieher, der die Erstpfändung durchgeführt hat, der Schuldtitel nebst den sonstigen für die Vollstreckung erforderlichen Urkunden auszuhändigen, sofern nicht das Vollstreckungsgericht die Verrichtungen dieses Gerichtsvollziehers einem anderen überträgt (§ 827 Absatz 1 ZPO). Dem Auftraggeber und dem Schuldner ist hiervon Kenntnis zu geben. Der Gerichtsvollzieher, dem die Fortsetzung der Vollstreckung obliegt, hat sich als von allen Gläubigern beauftragt zu betrachten.

(6)   
Die Versteigerung erfolgt durch den hiernach zuständigen Gerichtsvollzieher für alle beteiligten Gläubiger. Reicht der Erlös zur Deckung sämtlicher Forderungen nicht aus, so ist er nach der Reihenfolge der Pfändungen zu verteilen. Verlangt ein Gläubiger ohne Zustimmung der übrigen Gläubiger eine andere Art der Verteilung, so ist gemäß § 827 Absatz 2 ZPO zu verfahren.

(7) 
Die Stundung seitens eines der Gläubiger oder die Einstellung des Verfahrens gegenüber einem der Gläubiger hat auf die Fortsetzung der Vollstreckung für die anderen Gläubiger keinen Einfluss. Wird die Vollstreckung fortgesetzt, so ist der Gläubiger, der gestundet hat oder demgegenüber die Vollstreckung eingestellt ist, zur Wahrung seiner Interessen ohne Verzug zu benachrichtigen. Der auf diesen Gläubiger entfallende Betrag ist zu hinterlegen, und zwar im Fall der Einstellung unter Vorbehalt einer anderweitigen Überweisung, falls der Anspruch des Gläubigers ganz oder teilweise wegfallen sollte. Im Fall der Stundung bedarf es beim Einverständnis des Schuldners mit der Zahlung nicht der Hinterlegung, sofern sie nicht aus anderen Gründen zu erfolgen hat.

(8)   
Wenn ein anderer Gerichtsvollzieher als derjenige, der die Erstpfändung vorgenommen hat, bei der weiteren Pfändung noch pfandfreie Gegenstände pfändet, so hat er geeignetenfalls bei seinem Auftraggeber nachzufragen, ob dieser mit der Erledigung des ganzen Vollstreckungsauftrags - also auch wegen der neu gepfändeten Sachen - durch den Gerichtsvollzieher einverstanden ist, dem die Versteigerung der früher gepfändeten Sachen zusteht. Wird dieses Einverständnis erteilt, so ist der Auftrag wegen der neu gepfändeten Sachen an den anderen Gerichtsvollzieher abzugeben.

(9)   
Ist derselbe Gegenstand im Verwaltungsvollstreckungsverfahren oder zur Beitreibung von Abgaben und durch Gerichtsvollzieher für andere Auftraggeber gepfändet, so sind die besonderen Bestimmungen zu beachten, die hierfür in Betracht kommen (§ 6 JBeitrG(Fn 2), die noch anzuwendenden landesrechtlichen Vorschriften, §§ 307, 308 AO). Ist die erste Pfändung im Wege der Verwaltungsvollstreckung erfolgt, so hat der Gerichtsvollzieher bei einer folgenden Vollstreckung nach der Zivilprozessordnung die Form der Erstpfändung (§ 808 ZPO) zu wählen.


g) Gleichzeitige Pfändung für mehrere Gläubiger


§ 117 

(§ 827 Absatz 3 ZPO)


(1)
Ein Gerichtsvollzieher, der vor Ausführung einer ihm aufgetragenen Pfändung von den anderen Gläubigern mit der Pfändung gegen denselben Schuldner beauftragt wird, muss alle Aufträge als gleichzeitige behandeln und deshalb die Pfändung für alle beteiligten Gläubiger zugleich bewirken. Auf die Reihenfolge, in der die Vollstreckungsaufträge an den Gerichtsvollzieher gelangt sind, kommt es nicht an, sofern nicht die Pfändung auf Grund eines früheren Auftrags schon vollzogen ist; denn der Eingang des Vollstreckungsauftrags für sich allein begründet kein Vorzugsrecht des Gläubigers vor anderen Gläubigern. Steht der Vollziehung eines oder einzelner Aufträge ein Hindernis entgegen, so darf die Erledigung der anderen Aufträge deshalb nicht verzögert werden.

(2) - gestrichen -(Fn 2)

(2)   
Über die gleichzeitige Pfändung für mehrere Gläubiger ist nur ein Pfändungsprotokoll aufzunehmen; dieses muss die beteiligten Gläubiger und ihre Schuldtitel bezeichnen und die Erklärung enthalten, dass die Pfändung gleichzeitig für alle bewirkt ist. Bei erfolgloser Vollstreckung gilt Satz 1 Halbsatz 1 entsprechend. § 86 Absatz 5 Satz 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein Gläubiger auf Grund eines allgemein gehaltenen Antrags auf Abschrift eines Pfändungsprotokolls nur eine Teilabschrift mit den ihn betreffenden Daten erhält; eine vollständige Protokollabschrift mit den Namen und Forderungen aller beteiligten Gläubiger ist nur auf ausdrücklichen Antrag zu erteilen.

(3)   
Alle zu pfändenden Sachen sind für alle beteiligten Gläubiger zu pfänden, sofern nicht ein Gläubiger bestimmte Sachen ausgeschlossen hat.

(4) 
Die Versteigerung erfolgt für alle beteiligten Gläubiger. Der Erlös ist nach dem Verhältnis der beizutreibenden Forderungen zu verteilen, wenn er zur Deckung der Forderungen aller Gläubiger nicht ausreicht. Verlangt ein Gläubiger ohne Zustimmung der übrigen Gläubiger eine andere Art der Verteilung, so ist nach § 827 Absatz 2 ZPO zu verfahren. Im Übrigen gilt § 116 Absatz 7 entsprechend.

(5) 
Hat der Gerichtsvollzieher für einen Gläubiger ganz oder teilweise erfolglos vollstreckt und findet er bei der Erledigung des Auftrags eines anderen Gläubigers weitere pfändbare Sachen vor, so verfährt er nach den Bestimmungen der Absätze 1 bis 4(Fn 2), sofern der Auftrag des ersten Gläubigers noch besteht und er den Schuldtitel dieses Gläubigers noch besitzt.

(6)
Hat der Gerichtsvollzieher eine Pfändung im Verwaltungsvollstreckungsverfahren und im Auftrag eines anderen Gläubigers durchzuführen, so finden die Absätze 1 bis 5(Fn 2) entsprechende Anwendung.


4. Auszahlung des Erlöses


§ 118 

Berechnung der auszuzahlenden Beträge


(1)
Der Gerichtsvollzieher muss in seinen Akten eine Abrechnung über die Geldbeträge aufstellen, die infolge der Zwangsvollstreckung in seine Hände gelangt sind.

(2)   
Aus dem Erlös sind vorweg ein etwa dem Schuldner zu erstattender Ersatzbetrag (§§ 74, 75) sowie die Kosten gemäß § 15 Absatz 1 GvKostG zu entnehmen. Darauf ist der Betrag, der dem Gläubiger zusteht, einschließlich der Zinsen und Kosten anzusetzen und der Überschuss festzustellen, der dem Schuldner etwa verbleibt. Reicht der Erlös zur Deckung der Forderung des Gläubigers nicht aus, so ist er zunächst auf die Kosten der Zwangsvollstreckung, sodann auf die übrigen Kosten des Gläubigers, weiter auf die Zinsen der beizutreibenden Forderung und schließlich auf die Hauptleistung zu verrechnen (§ 367 BGB), es sei denn, dass die Anrechnung der Teilleistung nach § 497 Absatz 3 BGB vorzunehmen ist. Wird der Gläubiger nicht voll befriedigt, so muss die Berechnung ergeben, welche von diesen Forderungsarten ungetilgt bleiben. Reicht im Fall der Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe der Erlös nicht zur Befriedigung des Gläubigers aus, so beachtet der Gerichtsvollzieher die Bestimmungen des § 15 Absatz 3 Satz 3 bis 4 GvKostG.

(3)  
Sind mehrere Gläubiger an dem Erlös beteiligt und reicht dieser nicht zur Deckung aller Forderungen aus, so sind - vorbehaltlich des § 15 Absatz 3 Satz 3 bis 4 GvKostG - zunächst die Kosten des § 15 Absatz 1 GvKostG aus dem Erlös zu entnehmen. Der Resterlös wird sodann nach § 116 Absatz 6 und § 117 Absatz 4(Fn 2) verteilt.

(4) 
Dem Schuldner ist eine Abschrift der Abrechnung zu erteilen, falls deren wesentlicher Inhalt nicht bereits in die ihm ausgestellte Quittung (§ 757 ZPO) aufgenommen ist.


§ 119 

Verfahren bei der Auszahlung


(1) 
Bei Ablieferung von Geld an den Gläubiger sind - vorbehaltlich des § 15 Absatz 3 Satz 3 bis 4 GvKostG - die gesamten Gerichtsvollzieherkosten, für die der Gläubiger haftet, einzubehalten, soweit sie nicht bereits nach § 118 Absatz 2 Satz 1 dem Erlös vorweg entnommen sind; das gilt auch, wenn Geld an einen Bevollmächtigten des Gläubigers abzuführen ist (vergleiche § 31 Absatz 2).

(2)   
Der Gerichtsvollzieher führt die Beträge, die auf die Gläubiger entfallen, sowie den etwa für den Schuldner verbleibenden Überschuss unverzüglich an die Empfangsberechtigten ab, soweit die Gelder nicht zu hinterlegen sind. Macht ein Dritter dem Gerichtsvollzieher glaubhaft, dass die alsbaldige Auszahlung seine Rechte auf den Erlös gefährden würde (vergleiche §§ 771, 781, 786, 805 ZPO) und dass deshalb in Kürze ein Einstellungsbeschluss des Gerichts zu erwarten sei, so muss der Gerichtsvollzieher mit der Auszahlung eine angemessene Frist warten. Diese Frist soll regelmäßig nicht mehr als zwei Wochen betragen.

(3)
Die Auszahlung ist grundsätzlich über das Gerichtsvollzieher-Dienstkonto abzuwickeln (§ 52 Absatz 7 GVO). Ist im Einzelfall nur eine Barauszahlung möglich, ist diese durch Quittung zu belegen. Die Gründe für die Barauszahlung sind aktenkundig zu machen.

(4)   
Macht ein Dritter auf Grund eines Pfand- oder Vorzugsrechts seinen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös geltend (§ 805 ZPO), so darf ihm der Gerichtsvollzieher den beanspruchten Betrag nur dann auszahlen, wenn sämtliche Beteiligten einwilligen oder wenn ein rechtskräftiges Urteil gegen den nicht zustimmenden Gläubiger oder Schuldner vorgelegt wird. Die Einwilligung ist aktenkundig zu machen.

(5)   
Wird durch den Widerspruch eines Gläubigers gegen die in Aussicht genommene Verteilung eine gerichtliche Verteilung notwendig, so hinterlegt der Gerichtsvollzieher den Erlös, der nach Abzug der zu entnehmenden Kosten (§ 118 Absatz 3) verbleibt. Er zeigt die Sachlage dem Vollstreckungsgericht an und fügt die Schriftstücke bei, die sich auf das Verfahren beziehen.


5. Rückgabe von Pfandstücken


§ 120 


(1)
Pfandstücke, deren Veräußerung nicht erforderlich gewesen ist oder die entweder auf Anweisung des Gläubigers oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung freigegeben sind, stellt der Gerichtsvollzieher ohne Verzug dem Empfangsberechtigten zur Verfügung und gibt sie gegen Empfangsbescheinigung heraus, wenn sie aus dem Gewahrsam des Schuldners oder eines Dritten entfernt waren. War die Pfändung zu Recht erfolgt, hat der Schuldner die Kosten der Zurückschaffung zu tragen, war sie zu Unrecht erfolgt, hat der Gläubiger die Kosten zu tragen. Bei der Bekanntmachung der Freigabe ist der Schuldner ausdrücklich zur Entfernung der Pfandzeichen zu ermächtigen. Ein etwa bestellter Hüter ist von dem Ende der Vollstreckung zu benachrichtigen.

(2)   
Empfangsberechtigt ist grundsätzlich derjenige, aus dessen Gewahrsam die Sachen genommen worden sind. Ist über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet, so stellt der Gerichtsvollzieher die zurückzugebenden Gegenstände dem Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder zur Verfügung, soweit sie zur Masse gehören.

(3)
Befinden sich die Pfandstücke im Gewahrsam des Gerichtsvollziehers oder eines Verwahrers und verweigert oder unterlässt der Empfangsberechtigte innerhalb einer ihm gestellten angemessenen Frist die Abholung der Pfandstücke oder ist der Aufenthalt des Empfangsberechtigten nicht zu ermitteln, so kann der Gerichtsvollzieher die Pfandstücke hinterlegen (§ 372 BGB) oder nach § 383 BGB verfahren, sofern dessen Voraussetzungen vorliegen. Bei der Fristsetzung ist der Empfangsberechtigte hierauf hinzuweisen. Gegenstände, die sich in der Pfandkammer befinden, können auch nach § 983 BGB versteigert werden, wenn sich der Empfangsberechtigte oder sein Aufenthalt nicht ermitteln lässt. Die Gründe, aus denen zu einer dieser Maßregeln geschritten wird, sind aktenkundig zu machen; auch ist zu vermerken, welche Versuche zur Ermittlung des Empfangsberechtigten unternommen worden sind. Das Verfahren nach den §§ 383 oder 983 BGB darf der Gerichtsvollzieher nur auf Anordnung seiner vorgesetzten Dienststelle einleiten. Der Gerichtsvollzieher legt dieser die Akten vor.


III. Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte


§ 121 

Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses
(§§ 829, 835, 840, 857 ZPO)


(1) (Fn 3)
Die Pfändung einer Forderung ist mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen (§ 829 Absatz 3 ZPO). Die Zustellung an den Drittschuldner ist daher regelmäßig vor der Zustellung an den Schuldner durchzuführen, wenn nicht der Auftraggeber ausdrücklich etwas anderes verlangt (vergleiche Absatz 3). Diese Zustellung ist zu beschleunigen; in der Zustellungsurkunde über die Zustellung eines Schriftstücks ist der Zeitpunkt der Zustellung nach Stunde und Minute anzugeben. Bei Zustellung durch die Post ist nach § 26 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 zu verfahren. Ist der Gerichtsvollzieher mit der Zustellung mehrerer Pfändungsbeschlüsse an denselben Drittschuldner beauftragt, so stellt er sie alle in dem gleichen Zeitpunkt zu. Der Gerichtsvollzieher vermerkt in den einzelnen Zustellungsurkunden, welche Beschlüsse er gleichzeitig zugestellt hat. Lässt ein Gläubiger eine Forderung pfänden, die dem Schuldner gegen ihn selbst zusteht, so ist der Pfändungsbeschluss dem Gläubiger wie einem Drittschuldner zuzustellen.

(2)   
Auf Verlangen des Gläubigers fordert der Gerichtsvollzieher den Drittschuldner bei der Zustellung des Pfändungsbeschlusses auf, binnen zwei Wochen, von der Zustellung an gerechnet, dem Gläubiger die in § 840 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 ZPO aufgeführten Erklärungen zu machen, deren Wortlaut in der Aufforderung wiederzugeben ist. Die Aufforderung zur Abgabe dieser Erklärungen muss, wenn der Beschluss als Schriftstück zugestellt wird, in die Zustellungsurkunde aufgenommen werden (§ 840 Absatz 2 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO). (Fn 3) Die Zustellung an den Drittschuldner kann in solchen Fällen nur im Wege der persönlichen Zustellung bewirkt werden. Stellt der Gerichtsvollzieher den Pfändungsbeschluss als elektronisches Dokument zu, muss die Aufforderung als elektronisches Dokument zusammen mit dem Beschluss übermittelt werden (§ 840 Absatz 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). (Fn 3) Eine Erklärung, die der Drittschuldner bei der persönlichen (Fn 3) Zustellung abgibt, ist in die Zustellungsurkunde aufzunehmen und von dem Drittschuldner nach Durchsicht oder nach Vorlesung zu unterschreiben. Gibt der Drittschuldner keine Erklärung ab oder verweigert er die Unterschrift, so ist dies in der Zustellungsurkunde zu vermerken. Eine Erklärung, die der Drittschuldner später dem Gerichtsvollzieher gegenüber abgibt, ist ohne Verzug dem Gläubiger zu übermitteln und, soweit sie mündlich erfolgt, zu diesem Zweck durch ein Protokoll festzustellen. Sollen mehrere Drittschuldner, die in verschiedenen Amtsgerichtsbezirken ansässig, aber in einem Pfändungsbeschluss genannt sind, mündlich zur Abgabe der Erklärungen aufgefordert werden, so führt zunächst der für die Zustellung an den zuerst genannten Drittschuldner zuständige Gerichtsvollzieher die erforderlichen Zustellungen aus. Hiernach gibt er den Pfändungsbeschluss an den Gerichtsvollzieher ab, der für die persönliche Zustellung an den an oberster Stelle stehenden unerledigten Drittschuldner örtlich zuständig ist. Dieser verfährt ebenso, bis an sämtliche Drittschuldner zugestellt ist. Die Zustellung an den Schuldner (vergleiche Absatz 3) nimmt der zuletzt tätig gewesene Gerichtsvollzieher vor. (Fn 4)

(3) (Fn 3)
Nach der Zustellung an den Drittschuldner stellt der Gerichtsvollzieher den Pfändungsbeschluss mit dem Zustellungsnachweis an den Drittschuldner – im Fall der Zustellung durch die Post mit einer beglaubigten Abschrift der Postzustellungsurkunde – auch ohne besonderen Auftrag sofort dem Schuldner zu. Muss diese Zustellung im Ausland bewirkt werden, so geschieht sie in der Regel durch Aufgabe zur Post. Die Zustellung an den Schuldner unterbleibt, wenn eine öffentliche Zustellung erforderlich sein würde. Ist auf Verlangen des Gläubigers die Zustellung an den Schuldner erfolgt, bevor die Zustellung an den Drittschuldner stattgefunden hat oder ehe die Postzustellungsurkunde dem Gerichtsvollzieher zugegangen ist, so stellt der Gerichtsvollzieher dem Schuldner den Zustellungsnachweis nachträglich zu. Ist ein Drittschuldner nicht vorhanden (zum Beispiel bei Pfändung von Urheber- und Patentrechten), so ist die Pfändung mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Schuldner erfolgt (§ 857 Absatz 2 ZPO).

(4)   
Wird neben dem Pfändungsbeschluss ein besonderer Überweisungsbeschluss erlassen, so ist dieser ebenfalls dem Drittschuldner und sodann unter entsprechender Anwendung von Absatz 3 dem Schuldner zuzustellen (§ 835 Absatz 3 ZPO).

(5) 
Hat der Gerichtsvollzieher die Zustellung im Fall des Absatzes 1 durch die Post bewirken lassen, so überprüft er die Zustellungsurkunde an den Drittschuldner nach ihrem Eingang und achtet darauf, ob die Zustellung richtig durchgeführt und mit genauer Zeitangabe beurkundet ist. Ist die Zustellung durch die Post fehlerhaft, so stellt er umgehend erneut zu. Sofern es die Umstände erfordern, wählt er dabei die persönliche Zustellung.


§ 122 

Wegnahme von Urkunden über die gepfändete Forderung
(§§ 830, 836, 837 ZPO)


(1)
Hat der Gläubiger die Pfändung einer Forderung, für die eine Hypothek besteht, oder die Pfändung einer Grundschuld oder Rentenschuld erwirkt, so ist der Schuldner verpflichtet, den etwa bestehenden Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbrief an den Gläubiger herauszugeben (§§ 830, 857 Absatz 6 ZPO). Dasselbe gilt für andere über eine Forderung vorhandene Urkunden (zum Beispiel Schuldschein, Sparbuch, Pfandschein, Versicherungspolice), wenn außer der Pfändung auch schon die Überweisung zugunsten des Gläubigers erfolgt ist (§ 836 ZPO).

(2)  
Verweigert der Schuldner die Herausgabe der Urkunden, so nimmt der Gerichtsvollzieher sie ihm weg. Die Wegnahme ist im Wege der Zwangsvollstreckung zu bewirken (§§ 127 bis 132). Der Gerichtsvollzieher wird dazu durch den Besitz des Schuldtitels und einer Ausfertigung des Pfändungsbeschlusses (bei Wegnahme eines Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefes) oder des Überweisungsbeschlusses (bei Wegnahme anderer Urkunden) ermächtigt. Der Pfändungs- oder Überweisungsbeschluss ist dem Schuldner spätestens bis zum Beginn der Vollstreckungstätigkeit zuzustellen, welche die Wegnahme der Urkunde zum Ziel hat.

(3) 
Sind die wegzunehmenden Urkunden in dem Pfändungs- oder Überweisungsbeschluss nicht so genau bezeichnet, dass sie der Gerichtsvollzieher nach dieser Bezeichnung bei dem Schuldner aufsuchen kann, so überlässt er es dem Gläubiger, eine Vervollständigung des Beschlusses bei dem Gericht zu beantragen.


§ 123 
Pfändung von Forderungen aus Wechseln, Schecks und anderen Papieren, die durch Indossament übertragen werden können
(§ 831 ZPO)


(1)
Die Zwangsvollstreckung in Forderungen aus Wechseln, Schecks und anderen Wertpapieren, die durch Indossament übertragen werden können, zum Beispiel aus kaufmännischen Anweisungen und Verpflichtungsscheinen, Konnossementen, Ladescheinen, Lagerscheinen, die an Order gestellt sind (vergleiche § 363 HGB), erfolgt durch ein Zusammenwirken des Gerichtsvollziehers und des Vollstreckungsgerichts. Der Gerichtsvollzieher pfändet die Forderungen dadurch, dass er die bezeichneten Papiere in Besitz nimmt. Ein Pfändungsbeschluss ist nicht erforderlich. Die weitere Durchführung der Vollstreckung erfolgt sodann auf Antrag des Gläubigers durch das Vollstreckungsgericht.

(2)  
Forderungen aus Wechseln und ähnlichen Papieren sind Vermögensstücke von ungewissem Wert, wenn die Zahlungsfähigkeit des Drittschuldners nicht unzweifelhaft feststeht. Der Gerichtsvollzieher soll diese Forderungen nur pfänden, wenn ihn der Gläubiger ausdrücklich dazu angewiesen hat oder wenn andere Pfandstücke entweder nicht vorhanden sind oder zur Befriedigung des Gläubigers nicht ausreichen.

(3)
In dem Pfändungsprotokoll ist die weggenommene Urkunde nach Art, Gegenstand und Betrag der Forderung, nach dem Namen des Gläubigers und des Schuldners, dem Tag der Ausstellung und eventuell mit der Nummer genau zu bezeichnen. Auch der Fälligkeitstag der Forderung ist nach Möglichkeit anzugeben. Von der Pfändung ist der Gläubiger unter genauer Bezeichnung der gepfändeten Urkunden und eventuell auch des Fälligkeitstages unverzüglich zu benachrichtigen. Der Schuldtitel ist dem Gläubiger zurückzugeben; dieser benötigt ihn zur Erwirkung des Überweisungsbeschlusses.

(4) 
Der Gerichtsvollzieher verwahrt die weggenommene Urkunde so lange, bis das Gericht sie einfordert oder bis ihm ein Beschluss des Vollstreckungsgerichts vorgelegt wird, durch den die Überweisung der Forderung an den Gläubiger ausgesprochen oder eine andere Art der Verwertung der Forderung angeordnet wird, zum Beispiel die Veräußerung oder die Herausgabe der den Gegenstand der Forderung bildenden körperlichen Sachen an einen Gerichtsvollzieher.

(5)  
Werden gepfändete Schecks oder Wechsel zahlbar, bevor eine gerichtliche Entscheidung über ihre Verwertung ergangen ist, so sorgt der Gerichtsvollzieher in Vertretung des Gläubigers für die rechtzeitige Vorlegung, eventuell auch für die Protesterhebung. Wird der Wechsel oder der Scheck bezahlt, so hinterlegt der Gerichtsvollzieher den gezahlten Betrag und benachrichtigt den Gläubiger und den Schuldner hiervon.

(6)   
Der Gerichtsvollzieher darf die Urkunde über die gepfändete Forderung nur gegen Empfangsbescheinigung des Gläubigers oder - wenn die Forderung freigegeben wird - des Schuldners herausgeben.


§ 124 

Zwangsvollstreckung in Ansprüche auf Herausgabe oder Leistung von beweglichen körperlichen Sachen
(§§ 846 bis 849, 854 ZPO)


(1)
Bei der Zwangsvollstreckung in Ansprüche des Schuldners, auf Grund deren der Drittschuldner bewegliche körperliche Sachen herauszugeben oder zu leisten hat, erfolgt die Pfändung nach den Vorschriften über die Pfändung von Geldforderungen, also regelmäßig durch die Zustellung eines gerichtlichen Pfändungsbeschlusses. Eine Ausnahme gilt, wenn die Forderung in einem indossablen Papier verbrieft ist (zum Beispiel bei kaufmännischen Anweisungen über die Leistung von Wertpapieren oder anderen vertretbaren Sachen, bei Lagerscheinen, Ladescheinen und Konnossementen); in diesen Fällen geschieht die Pfändung dadurch, dass der Gerichtsvollzieher das Papier in Besitz nimmt. In dem gerichtlichen Pfändungsbeschluss oder im Fall des § 123 durch einen besonderen Beschluss wird angeordnet, dass die geschuldeten Sachen an einen von dem Gläubiger zu beauftragenden Gerichtsvollzieher herauszugeben sind (§ 847 ZPO).

(2)  
Der Pfändungsbeschluss als solcher ermächtigt jedoch den Gerichtsvollzieher nicht, die Herausgabe der Sachen gegen den Willen des Drittschuldners zu erzwingen. Verweigert der Drittschuldner die Herausgabe, so muss sich der Gläubiger den Anspruch zur Einziehung überweisen lassen und dann Klage gegen den Drittschuldner erheben. Der Gerichtsvollzieher beurkundet deshalb in diesem Fall die Weigerung des Drittschuldners und überlässt das Weitere dem Gläubiger.

(3)  
Ist dagegen der Drittschuldner zur Herausgabe oder zur Leistung bereit, so nimmt der Gerichtsvollzieher, dessen Ermächtigung durch den Besitz des Schuldtitels und einer Ausfertigung des Beschlusses dargetan wird, die Sache beim Drittschuldner gegen Quittung oder gegen Herausgabe des indossablen Papiers in Empfang. In dem aufzunehmenden Protokoll bezeichnet er die Sache. Das weitere Verfahren wegen Unterbringung und Verwertung der übernommenen Sache richtet sich nach den Vorschriften, die für die Verwertung gepfändeter Sachen gelten (§ 847 Absatz 2 ZPO). Durch die Herausgabe des Gegenstands seitens des Drittschuldners geht das Pfandrecht, das durch die Pfändung des Anspruchs begründet worden ist, ohne neue Pfändung in ein Pfandrecht an der Sache selbst über.

(4)   
Von der Übernahme und von dem anberaumten Versteigerungstermin sind der Schuldner und der Gläubiger zu benachrichtigen.

(5)
Hat der Gläubiger gegen den Drittschuldner einen vollstreckbaren Titel erlangt, nach dessen Inhalt der Drittschuldner die Sache zum Zweck der Zwangsvollstreckung an einen Gerichtsvollzieher herauszugeben hat, so nimmt der Gerichtsvollzieher die Sache dem Drittschuldner auf Grund dieses Titels nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen weg und verwertet sie.

(6) 
Das Verfahren bei einer Pfändung desselben Anspruchs für mehrere Gläubiger ist in § 854 ZPO näher geregelt. Für die Reihenfolge der Pfändungen ist die Zeit entscheidend, zu der die einzelnen Pfändungsbeschlüsse dem Drittschuldner zugestellt sind.

(7)
Liegt der Antrag eines anderen Gläubigers zur Pfändung der an den Gerichtsvollzieher herauszugebenden Sachen vor, so sind die Sachen bei der Übernahme gleichzeitig zu pfänden.


§ 125 

Zwangsvollstreckung in Ansprüche auf Herausgabe oder Leistung von unbeweglichen Sachen und eingetragenen Schiffen, Schiffsbauwerken, Schwimmdocks, inländischen Luftfahrzeugen, die in der Luftfahrzeugrolle eingetragen sind, sowie ausländischen Luftfahrzeugen
(§§ 846, 847a, 848 ZPO; § 99 Absatz 1, § 106 Absatz 1 Nummer 1 LuftFzgG)


Die Zwangsvollstreckung in Ansprüche auf Herausgabe oder Leistung folgender Gegenstände:

1.
unbewegliche Sachen,

2.
eingetragene Schiffe,

3.
eingetragene und eintragungsfähige Schiffsbauwerke und im Bau befindliche oder fertig gestellte Schwimmdocks,

4.
inländische Luftfahrzeuge, die in der Luftfahrzeugrolle oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen sind,

5.
ausländische Luftfahrzeuge,

erfolgt gleichfalls durch Zustellung eines gerichtlichen Pfändungsbeschlusses. Für die Zustellung gelten die Bestimmungen in § 121 entsprechend (§ 846 ZPO). Die unbewegliche Sache wird an einen von dem Amtsgericht der belegenen Sache zu bestellenden Sequester, das Schiff, Schiffsbauwerk, im Bau befindliche oder fertig gestellte Schwimmdock oder Luftfahrzeug an einen vom Vollstreckungsgericht zu bestellenden Treuhänder herausgegeben (§ 847a ZPO in Verbindung mit Artikel 3 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, der Schiffsregisterordnung und des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung  (SchRGÄndG), §§ 848, 855, 855a ZPO; § 99 Absatz 1, § 106 Absatz 1 Nummer 1 LuftFzgG).


§ 126 

Zustellung der Benachrichtigung, dass die Pfändung einer Forderung oder eines Anspruchs bevorsteht (so genannte Vorpfändung)


(1)
Der Gläubiger kann dem Drittschuldner und dem Schuldner schon vor der Pfändung einer Forderung oder eines Anspruchs die Benachrichtigung, dass die Pfändung bevorsteht, mit den in § 845 ZPO näher bezeichneten Aufforderungen zustellen lassen. Die Benachrichtigung an den Drittschuldner hat zugunsten des Gläubigers die Wirkung eines Arrestes, sofern innerhalb eines Monats seit ihrer Zustellung die angekündigte Pfändung erfolgt.

(2)   
Der Gerichtsvollzieher muss deshalb die Zustellung dieser Benachrichtigung an den Drittschuldner besonders beschleunigen und den Zustellungszeitpunkt (Tag, Stunde, Minute) beurkunden oder veranlassen, dass dies durch den Postbediensteten erfolgt. Stellt er die Benachrichtigung als elektronisches Dokument zu, dient ihm zur Beurkundung die automatisierte Eingangsbestätigung. (Fn 3) Auf die Zustellung finden die Vorschriften des § 121 Absatz 1 und 3 bis 5 entsprechende Anwendung. Der Gerichtsvollzieher hat nicht zu prüfen, ob dem Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung erteilt und ob der Schuldtitel bereits zugestellt ist.

(3)
Der Gerichtsvollzieher hat die Benachrichtigung mit den Aufforderungen selbst anzufertigen, wenn er von dem Gläubiger hierzu ausdrücklich beauftragt worden ist. Dies gilt nicht für die Vorpfändung von Vermögensrechten im Sinne des § 857 ZPO (vergleiche § 857 Absatz 7 ZPO). In diesem Fall hat der Gerichtsvollzieher zu prüfen, ob der Gläubiger einen vollstreckbaren Schuldtitel erwirkt hat und ob die Voraussetzungen der §§ 711, 712, 720a, 751, 752, 756, 795, 930 ZPO vorliegen. Der Gerichtsvollzieher hat die vorzupfändende Forderung nach Gläubiger, Schuldner und Rechtsgrund in der Benachrichtigung möglichst so genau zu bezeichnen, dass über die Identität der Forderung kein Zweifel bestehen kann.

(4)   
Stellt der Gerichtsvollzieher lediglich eine vom Gläubiger selbst angefertigte Benachrichtigung zu, so obliegt ihm nicht die Prüfungspflicht nach Absatz 3 Satz 3. In diesem Fall wirkt er bei der Vorpfändung nur als Zustellungsorgan mit.


C. Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen


§ 127 

Bewegliche Sachen
(§§ 883, 884, 897 ZPO)


(1)
Hat der Schuldner nach dem Schuldtitel eine bestimmte bewegliche Sache oder eine gewisse Menge von bestimmten beweglichen Sachen herauszugeben, so wird die Zwangsvollstreckung dadurch bewirkt, dass der Gerichtsvollzieher die Sache dem Schuldner wegnimmt und sie dem Gläubiger übergibt. Hat der Schuldner eine Menge von vertretbaren Sachen (§ 91 BGB) oder von Wertpapieren zu leisten, so ist in derselben Weise zu verfahren, sofern der Gerichtsvollzieher Sachen der geschuldeten Gattung im Gewahrsam des Schuldners vorfindet. Befindet sich die herauszugebende Sache im Gewahrsam eines Dritten, so darf sie der Gerichtsvollzieher nur wegnehmen, wenn der Dritte zur Herausgabe bereit ist (§ 70 Absatz 2) oder wenn die Zwangsvollstreckung auch in das in seinem Gewahrsam befindliche Vermögen zulässig ist. In den übrigen Fällen überlässt es der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger, bei dem Vollstreckungsgericht die Überweisung des Anspruches des Schuldners auf Herausgabe der Sache zu erwirken (§ 886 ZPO).

(2)   
Der Gerichtsvollzieher händigt die weggenommenen Sachen dem Gläubiger unverzüglich gegen Empfangsbescheinigung aus oder sendet sie an ihn ab. Die Sachen sollen dem Gläubiger tunlichst an Ort und Stelle ausgehändigt werden. Der Gerichtsvollzieher zeigt dem Gläubiger den Tag und die Stunde der beabsichtigten Vollstreckung rechtzeitig an, damit sich dieser zur Empfangnahme der Sachen an dem Ort der Vollstreckung einfinden oder einen Vertreter entsenden und die notwendigen Maßnahmen zur Fortschaffung der Sachen treffen kann.

(3) 
Macht ein Dritter bei der Vollstreckung ein Recht an dem wegzunehmenden Gegenstand geltend, das ihn zur Erhebung der Widerspruchsklage (§ 771 ZPO) berechtigt, so verweist ihn der Gerichtsvollzieher an das Gericht.

(4)
Trifft mit dem Auftrag des Gläubigers auf Wegnahme einer Sache ein Pfändungsbeschluss nach § 124 zusammen, so nimmt der Gerichtsvollzieher die Sache in Besitz und überlässt es den Beteiligten, eine Einigung oder eine gerichtliche Entscheidung über ihre Rechte herbeizuführen.

(5)
Trifft mit dem Auftrag eines Gläubigers auf die Wegnahme einer Sache der Auftrag eines anderen Gläubigers auf Pfändung zusammen, so verfährt der Gerichtsvollzieher - sofern nicht die Sachlage oder der Inhalt der Aufträge eine andere Erledigung erfordern - wie folgt. Er führt zunächst die Pfändung durch. Hierbei pfändet er die herauszugebenden Sachen nur dann ganz oder teilweise, wenn andere Pfandstücke nicht oder nicht in ausreichendem Umfang vorhanden sind. Pfändet er zugunsten des einen Gläubigers Sachen, die der Schuldner an den anderen Gläubiger herauszugeben hat, so nimmt er sie dem Schuldner auf Verlangen des Gläubigers, der die Herausgabe verlangen kann, für diesen Gläubiger weg. Er darf sie jedoch dem Gläubiger nicht herausgeben, sondern muss sie in seinem Besitz behalten. Die Zwangsvollstreckung in diese Sachen darf er erst fortsetzen, sobald sie der eine Gläubiger von dem Recht des anderen befreit hat. Soweit die herauszugebenden Sachen nicht gepfändet sind, nimmt der Gerichtsvollzieher sie dem Schuldner weg und übergibt sie dem Gläubiger.

(6) 
In dem Protokoll über die Vollstreckungshandlung sind die weggenommenen Sachen genau zu bezeichnen. Bei vertretbaren Sachen sind Maß, Zahl und Gewicht anzugeben, bei Wertpapieren der Nennwert, die Nummer oder die sonstigen Unterscheidungsmerkmale sowie die bei dem Stammpapier vorgefundenen Zins- oder Gewinnanteil- oder Erneuerungsscheine. Das Protokoll muss ferner ergeben, ob die Sachen dem Gläubiger ausgehändigt, an ihn abgesandt oder in welcher anderen Weise sie untergebracht sind. Findet der Gerichtsvollzieher die geschuldeten Sachen nicht oder nur zum Teil vor, so macht er dies im Protokoll ersichtlich; ebenso vermerkt er es im Protokoll, wenn der Schuldner bestreitet, dass die weggenommenen Sachen die geschuldeten sind, oder wenn ein Dritter Rechte auf den Besitz der Sachen geltend macht.

(7) 
Ist der Schuldner zur Übertragung des Eigentums oder zur Bestellung eines Rechts an einer beweglichen Sache, auf Grund dessen der Gläubiger die Besitzeinräumung verlangen kann, verurteilt, so nimmt der Gerichtsvollzieher die Sache dem Schuldner unter Beachtung der vorstehenden Vorschriften weg und händigt sie dem Gläubiger aus. Dasselbe gilt für den Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbrief, wenn der Schuldner zur Bestellung, zur Abtretung oder zur Belastung der durch diese Urkunde verbrieften Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld verurteilt ist (§ 897 ZPO).


§ 128 

Unbewegliche Sachen sowie eingetragene Schiffe, Schiffsbauwerke
und Schwimmdocks
(§ 765a Absatz 3, § 885 ZPO)


(1)
Hat der Schuldner nach dem Schuldtitel ein Grundstück, einen Teil eines Grundstücks, Wohnräume oder sonstige Räume oder ein eingetragenes Schiff, Schiffsbauwerk oder im Bau befindliches oder fertig gestelltes Schwimmdock herauszugeben, so wird die Zwangsvollstreckung dadurch vollzogen, dass der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz setzt und den Gläubiger in den Besitz einweist. Der Gerichtsvollzieher hat den Schuldner aufzufordern, eine Anschrift zum Zweck von Zustellungen oder einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.

(2)
Der Gerichtsvollzieher teilt dem Gläubiger und dem Schuldner Tag und Stunde der beabsichtigten Vollstreckung rechtzeitig vor dem Vollstreckungstermin mit. Die Benachrichtigung ist dem Schuldner zuzustellen. Der Gerichtsvollzieher benachrichtigt den Schuldner zusätzlich durch einfachen Brief von dem Vollstreckungstermin, wenn zu besorgen ist, dass die zuzustellende Benachrichtigung den Schuldner nicht erreicht. Dies gilt nicht, wenn der Gerichtsvollzieher eine Entscheidung des Familiengerichts in einer Gewaltschutz- oder Ehewohnungssache (§§ 210, 200 Absatz 1 FamFG) vor der Zustellung vollziehen darf, weil das Gericht dies gemäß § 53 Absatz 2 Satz 1, § 209 Absatz 3 Satz 1 oder § 216 Absatz 2 Satz 1 FamFG als zulässig angeordnet hat, oder die Zustellung auf Verlangen des Antragstellers gegenüber dem Gerichtsvollzieher gemäß § 214 Absatz 2 Halbsatz 2 FamFG nicht vor der Vollstreckung erfolgen darf. Zwischen dem Tag der Zustellung und dem Tag des Vollstreckungstermins müssen wenigstens drei Wochen liegen. Die Zustellung kann unterbleiben, wenn der Schuldner unbekannt verzogen oder sein Aufenthalt unbekannt ist und ihm die Benachrichtigung auch nicht als elektronisches Dokument übermittelt werden kann. (Fn 3) Eine öffentliche Zustellung soll nicht erfolgen. Die Herausgabe der Räume kann auch in Abwesenheit des Gläubigers bewirkt werden, wenn der Gläubiger durch die von dem Gerichtsvollzieher getroffenen Maßregeln (zum Beispiel Übergabe der Schlüssel, Bestellung des Hüters) in die Lage versetzt wird, die tatsächliche Gewalt über das Grundstück oder die Räume auszuüben. Auch die Anwesenheit des Schuldners ist nicht notwendig.

(3)
Das bewegliche Zubehör (§§ 97, 98 BGB) ist Gegenstand der Vollstreckung in das Grundstück, auch wenn es im Schuldtitel nicht ausdrücklich erwähnt ist. Es ist dem Räumungsgläubiger herauszugeben oder auf dem Grundstück zu belassen.

(4)  
Bewegliche Sachen, die weder mit herauszugeben noch wegen einer gleichzeitig beizutreibenden Forderung oder wegen der Kosten zu pfänden sind, entfernt der Gerichtsvollzieher von dem Grundstück, Schiff (Schiffsbauwerk, im Bau befindlichen oder fertig gestellten Schwimmdock) oder aus den Räumen, falls nicht der Gläubiger der Entfernung wegen eines Pfand- oder Zurückbehaltungsrechts widerspricht, das er an diesen Sachen in Anspruch nimmt. Macht der Gläubiger sein Vermieter- oder Verpächterpfandrecht an allen in den Räumen befindlichen Sachen geltend, darf der Gerichtsvollzieher die Existenz eines solchen Rechts nicht prüfen, und zwar auch nicht im Hinblick auf § 811 ZPO. Er belässt die Sachen in den Räumen und weist den Gläubiger in den Besitz der Räume ein. Damit ist die Räumung beendet und der Räumungstitel verbraucht. In den Fällen, in denen die Überlassung der Wohnung an den Gläubiger (verletzte Person) gemäß § 2 Absatz 2 GewSchG befristet ist, kommt die Entfernung der beweglichen Sachen des Schuldners (Täter) aus der Wohnung gegen seinen Willen nicht in Betracht. Die Sachen sind dem Schuldner außerhalb des zu räumenden Objekts zu übergeben oder zur Verfügung zu stellen. Ist der Schuldner abwesend, so tritt an seine Stelle sein Bevollmächtigter oder eine erwachsene Person, die zu seiner Familie gehört oder in seiner Familie beschäftigt ist, oder ein erwachsener ständiger Mitbewohner. Der Gerichtsvollzieher ist nicht verpflichtet, die herauszugebenden Sachen in ein anderes (zum Beispiel neu angemietetes) Objekt des Schuldners zu schaffen. Er ist jedoch befugt, dies auf Antrag des Schuldners dann zu tun, wenn die hierdurch entstehenden Kosten nicht höher als diejenigen sind, die durch den Transport des Räumungsguts in die Pfandkammer und durch dessen Lagerung entstehen würden.

(5)  
Ist weder der Schuldner noch eine der in Absatz 4 Satz 7 bezeichneten Personen anwesend oder wird die Entgegennahme verweigert, so schafft der Gerichtsvollzieher die  in Absatz 4 Satz 1 bezeichneten Sachen auf Kosten des Schuldners in die Pfandkammer oder trägt sonst für ihre Verwahrung Sorge. Unpfändbare Sachen und solche Sachen, bei denen nach seinem pflichtgemäßen Ermessen ein Verwertungserlös nicht zu erwarten ist, hat er bis zu ihrer Veräußerung oder ihrer Vernichtung jederzeit, das heißt zu den üblichen Geschäftszeiten des Gerichtsvollziehers, ohne Weiteres, insbesondere ohne irgendwelche Kostenzahlungen des Schuldners auf dessen Verlangen herauszugeben. Bewegliche Sachen, an deren Aufbewahrung auch bei Anlegung eines engen Maßstabs an die Erfüllung der Voraussetzungen und unter Berücksichtigung der Betrachtung der weiteren Verwendung durch einen unvoreingenommenen Dritten offensichtlich kein Interesse seitens des Schuldners besteht, sollen unverzüglich vernichtet werden. Ein offensichtlich fehlendes Interesse an der Aufbewahrung kann der Gerichtsvollzieher in der Regel bei gewöhnlichem Abfall und Unrat annehmen, die durch Verwertung oder Beseitigung unter Beachtung der einschlägigen abfallrechtlichen Bestimmungen zu vernichten sind. Allerdings umfasst der Vollstreckungsauftrag nicht die unmittelbare Beseitigung durch den Gerichtsvollzieher in solchen Fällen, die eine aufwändige und kostenintensive Entsorgung von sehr großen Mengen Mülls, die auf dem herauszugebenden Grundstück lagern, oder von Altlasten erforderlich machen. Für die entstehenden Kosten der Räumung einschließlich der Kosten der ersten Einlagerung ist der Gläubiger dem Gerichtsvollzieher gemäß § 4 GvKostG vorschusspflichtig.

(6)  
Der Gerichtsvollzieher benachrichtigt den Schuldner, dass er die verwertbaren Sachen, auch soweit sie unpfändbar sind, verkaufen und den Erlös nach Abzug der Unkosten hinterlegen und die unverwertbaren Sachen vernichten wird, wenn der Schuldner die Sachen nicht innerhalb einer Frist von einem Monat nach der Räumung herausverlangt oder sie zwar innerhalb dieser Frist herausverlangt, aber die aufgelaufenen Kosten nicht innerhalb einer weiteren Frist von einem Monat, das heißt in diesem Fall nicht binnen einer Frist von zwei Monaten nach der Räumung, bezahlt. Die Mitteilung soll zugleich die Höhe der zu erstattenden Kosten und den Hinweis enthalten, dass unpfändbare Sachen und Sachen, für die ein Verwertungserlös nicht zu erwarten ist, jederzeit und ohne irgendwelche Kostenzahlungen an den Schuldner herausgegeben werden. Der Gerichtsvollzieher kann die Mitteilung schon in die Benachrichtigung über den Vollstreckungstermin aufnehmen (Absatz 2). In diesem Fall ist der Schuldner darauf hinzuweisen, dass dieser die Höhe der zu erstattenden Kosten bei ihm erfragen kann.

(7)  
Die Veräußerung der verwertbaren Sachen erfolgt nach den Vorschriften über die Pfandversteigerung (§§ 806, 814 und 817 ZPO). Die Schutzvorschriften, die bei der Pfändung von Sachen gelten (§§ 803 Absatz 2, 811, (Fn 3) 816, 817a ZPO), finden keine Anwendung. Der Gerichtsvollzieher darf aus dem Erlös, bevor er diesen hinterlegt, seine noch offenen, durch den Vorschuss des Gläubigers nicht gedeckten Kosten für Räumung, Einlagerung und Verkauf (Versteigerung) unmittelbar abziehen. Über die Hinterlegung unterrichtet er den Gläubiger, der einen Vorschuss geleistet hat.

(8)
Nach Ablauf der in Absatz 6 Satz 1 genannten Frist entscheidet der Gerichtsvollzieher nach pflichtgemäßem Ermessen über die Vernichtung des wertlosen oder nach seiner Einschätzung unverwertbaren Räumungsgutes. Eines vorangehenden erfolglosen Verwertungsversuches bedarf es nicht.

(9)
In dem Protokoll über die Vollstreckungshandlung ist das zu räumende Objekt genau zu bezeichnen. Das Protokoll muss ferner ergeben, welche Personen der Vollstreckungshandlung beigewohnt haben, welche Maßregeln getroffen worden sind, um den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen, und welche Zubehörstücke dem Gläubiger mit übergeben worden sind. Nimmt der Gerichtsvollzieher Sachen des Schuldners in Verwahrung, so gibt er die Sachen, den Grund und die Art der Verwahrung im Protokoll an.


§ 129

Beschränkter Vollstreckungsauftrag
(§ 885a ZPO)


(1)
Der Vollstreckungsauftrag kann auf die Maßnahmen nach § 128 Absatz 1 beschränkt werden.

(2)
Der Gerichtsvollzieher hat in seinem Protokoll die frei ersichtlichen beweglichen Sachen zu dokumentieren, die er bei der Vornahme der Vollstreckungshandlung vorfindet. Die Dokumentation muss nicht die Anforderungen an eine vollständige Inventarisierung erfüllen. Sie beschränkt sich auf die in Räumen frei einsehbaren beweglichen Sachen. Behältnisse muss der Gerichtsvollzieher für die Dokumentation nicht öffnen. Insbesondere muss er weder Schranktüren öffnen noch Schubladen herausziehen und den Inhalt von Schränken und Schubladen weder vollständig noch zum Teil herausnehmen. Eine Pflicht zur weitergehenden Dokumentation, die unter Umständen mit aufwändigen Feststellungen über den Zustand aller in den Räumlichkeiten befindlichen Sachen verbunden sein kann, trifft den Gerichtsvollzieher nicht. Er kann nach seinem Ermessen bei der Dokumentation Bildaufnahmen in elektronischer oder in analoger Form herstellen. Die elektronischen Bilder sind im Gerichtsvollzieherbüro unter Verwendung geeigneter, den üblichen Standards der Datensicherheit und des Datenschutzes entsprechender elektronischer Speichermedien zu verwahren. Der genaue Speicherort der Dokumentation ist aktenkundig zu machen.(Fn 2)

(3)   
In den Fällen des Absatzes 1 weist der Gerichtsvollzieher zusammen mit der Mitteilung des Räumungstermins sowohl den Schuldner als auch den Gläubiger ausdrücklich schriftlich auf die Bestimmungen des § 885a Absatz 2 bis 5 ZPO hin.


§ 130 

Besondere Vorschriften über die Räumung von Wohnungen


(1) 
Die Anberaumung des Räumungstermins ist schon vor Ablauf der Räumungsfrist zulässig.

(2)  
Während der Geltungsdauer einer einstweiligen Anordnung in Gewaltschutzsachen, soweit Gegenstand des Verfahrens Regelungen aus dem Bereich der Ehewohnungssachen sind, und in Ehewohnungssachen kann der Gerichtsvollzieher den Schuldner mehrfach aus dem Besitz der Wohnung setzen und den Gläubiger in den Besitz der Wohnung einweisen, ohne dass es weiterer Anordnungen oder einer erneuten Zustellung an den inzwischen wieder in die Wohnung eingezogenen Schuldner bedarf (§ 96 Absatz 2 FamFG). Nach jeder Erledigung eines Auftrags ist der Vollstreckungstitel innerhalb seiner Geltungsdauer jeweils dem Gläubiger zurückzugeben, der dem Gerichtsvollzieher durch die erneute Übergabe des Titels einen neuen Auftrag erteilen kann. Im Übrigen ist bei der Vollziehung von Entscheidungen des Familiengerichts in Verfahren nach § 2 GewSchG zur Überlassung einer von Gläubiger (verletzte Person) und Schuldner (Täter) gemeinsam genutzten Wohnung und der in solchen Verfahren erlassenen einstweiligen Anordnungen entsprechend § 134 zu verfahren.

(3)   
Ist zu erwarten, dass der Räumungsschuldner durch Vollstreckung des Räumungstitels obdachlos werden wird, so benachrichtigt der Gerichtsvollzieher unverzüglich die für die Unterbringung von Obdachlosen zuständige Verwaltungsbehörde. Die Befugnis des Gerichtsvollziehers, die Zwangsvollstreckung aufzuschieben, richtet sich nach § 65.

(4)   
Nimmt die für die Unterbringung von Obdachlosen zuständige Behörde die bisherigen Räume des Schuldners ganz oder teilweise für dessen vorläufige Unterbringung auf ihre Kosten in Anspruch, so unterlässt der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der in Anspruch genommenen Räume.


§ 131 

Räumung eines zwangsweise versteigerten Grundstücks, Schiffes, Schiffsbauwerks oder Schwimmdocks oder eines unter Zwangsverwaltung
gestellten Grundstücks


(1) 
Im Fall des § 93 ZVG erfolgt die Räumung im Auftrag des Erstehers nach den Vorschriften der §§ 128 bis 130. Im Hypothekenhaftungsverband befindliche und im Rahmen der Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung beschlagnahmte Sachen, insbesondere Zubehör gemäß §§ 97 und 98 BGB, sind auf dem Grundstück zu belassen und dem Ersteher zu übergeben. Diese Vorschriften finden im Fall der Räumung eines versteigerten eingetragenen Schiffes, Schiffsbauwerks oder (im Bau befindlichen oder fertig gestellten) Schwimmdocks entsprechende Anwendung.

(2)
In den Fällen der § 94 Absatz 2 und § 150 Absatz 2 ZVG kann der Gerichtsvollzieher von dem Vollstreckungsgericht beauftragt werden, ein Grundstück dem Zwangsverwalter zu übergeben. Der Gerichtsvollzieher setzt in diesem Fall den Schuldner aus dem Besitz und weist den Zwangsverwalter in den Besitz ein. Er wird zur Vornahme dieser Handlung durch den gerichtlichen Auftrag oder den Auftrag des Zwangsverwalters ermächtigt. Einer Klausel und einer (erneuten) Zustellung dieser Urkunden bedarf es nicht. Der Auftrag ist dem Schuldner oder der an Stelle des Schuldners angetroffenen Person vorzuzeigen und auf Verlangen in Abschrift mitzuteilen. Wohnt der Schuldner auf dem Grundstück, so sind ihm die für seinen Hausstand unentbehrlichen Räume zu belassen, sofern das Vollstreckungsgericht nichts anderes bestimmt hat (§ 149 ZVG).


§ 132 

Bewachung und Verwahrung eines Schiffes, Schiffsbauwerks, Schwimmdocks
oder Luftfahrzeugs


Werden Schiffe, Schiffsbauwerke, im Bau befindliche oder fertig gestellte Schwimmdocks oder Luftfahrzeuge zwangsversteigert, so kann das Vollstreckungsgericht in den Fällen der §§ 165, 170, 171c Absatz 2 und 3 sowie § 171g ZVG den Gerichtsvollzieher mit ihrer Bewachung und Verwahrung beauftragen. In diesem Fall beschränkt sich die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers, soweit das Vollstreckungsgericht keine besonderen Anweisungen erteilt, in der Regel darauf, sie anzuketten, die Beschlagnahme kenntlich zu machen, das Inventar aufzunehmen, die vorhandenen Schiffs- oder Bordpapiere wegzunehmen sowie einen Wachtposten (Hüter, Bewachungsunternehmen) zu bestellen und zu überwachen. Die Bestellung des Wachtposten und die dadurch entstehenden Kosten teilt der Gerichtsvollzieher dem Vollstreckungsgericht unverzüglich mit. Ohne Weisung des Vollstreckungsgerichts darf der Gerichtsvollzieher von der Bestellung eines Wachtpostens nur absehen, wenn die Sicherheit des Schiffes (Schiffsbauwerks, Schwimmdocks) oder Luftfahrzeugs anderweit gewährleistet erscheint. Für die Bewachung ist der Gerichtsvollzieher nicht verantwortlich, wenn er nur mit der Übergabe zur Bewachung und Verwahrung an eine ihm bezeichnete Person beauftragt ist.


D. Zwangsvollstreckung zur Beseitigung des Widerstands des Schuldners gegen Handlungen, die er nach den §§ 887, 890 ZPO zu dulden hat, oder zur Beseitigung von Zuwiderhandlungen des Schuldners gegen eine Unterlassungsverpflichtung aus einer Anordnung nach § 1 GewSchG (§ 96 FamFG)


§ 133 

Einen unberechtigten Widerstand des Schuldners muss der Gerichtsvollzieher unter Beachtung der §§ 758 und 759 ZPO – nötigenfalls mit Gewalt, jedoch unter Vermeidung jeder unnötigen Härte – überwinden. Die Zwangsmaßnahmen dürfen nicht über das zur Beseitigung des Widerstandes notwendige Maß hinausgehen.


§ 134 

(§§ 96, 214, 216 FamFG, § 1 GewSchG)


(1)  
Die gerichtliche Anordnung gemäß § 1 GewSchG ist ein vollstreckbarer Schuldtitel; er muss daher insbesondere auch dem Schuldner vor Beginn der Tätigkeit des Gerichtsvollziehers zugestellt werden, die auf Beseitigung des Widerstandes gerichtet ist. Abweichend von der Regel der §§ 44 und 45 ist die Vollstreckung einer Anordnung des Familiengerichts nach § 1 GewSchG gemäß § 216 Absatz 2 Satz 1 FamFG oder die Vollziehung einer einstweiligen Anordnung des Familiengerichts nach § 214 Absatz 1 Satz 1 FamFG gemäß § 53 Absatz 2 Satz 1 FamFG auch zulässig, bevor die Entscheidung dem Antragsgegner, das heißt dem Schuldner, zugestellt ist, wenn das Gericht dies ausdrücklich angeordnet hat. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 214 Ab­satz 1 Satz 1 FamFG gilt zugleich als Auftrag zur Vollstreckung, wenn die einstweilige Anordnung ohne mündliche Erörterung erlassen wurde. Der Beschluss nach § 214 Absatz 1 FamFG ist von Amts wegen zuzustellen. Mit der Zustellung beauftragt die Geschäftsstelle den Gerichtsvollzieher auf die in § 176 Absatz 1 ZPO bestimmte Weise (vgl. § 15 Absatz 2 Satz 1 FamFG in Verbindung mit § 176 Absatz 1 ZPO).(Fn 2) Verlangt der Antragsteller in diesem Fall von dem Gerichtsvollzieher, die Zustellung nicht vor der Vollstreckung durchzuführen, so ist der Gerichtsvollzieher an dieses Verlangen gebunden.

(2) 
Der Gerichtsvollzieher wird zur Beseitigung der Zuwiderhandlung durch den Besitz einer Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung ermächtigt. Er prüft nach deren Inhalt selbstständig, ob und wieweit das Verlangen des Gläubigers gerechtfertigt erscheint. Zuwiderhandlungen des Schuldners muss der Gerichtsvollzieher unter Beachtung des § 758 Absatz 3 und des § 759 ZPO, nötigenfalls mit Gewalt, jedoch unter Vermeidung jeder unnötigen Härte, überwinden.


E. Zwangsvollstreckung durch Abnahme der Vermögensauskunft gemäß § 802c (Fn 2), der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 836 Absatz 3 oder § 883 Absatz 2 ZPO oder § 94
FamFG und durch Haft; Vorführung von Parteien und Zeugen


§ 135

Vorbereitung des Termins zur Abgabe der Vermögensauskunft


Bevor der Gerichtsvollzieher einen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft bestimmt, holt er eine Auskunft aus dem Vermögensverzeichnisregister ein. Daneben kann er das Schuldnerverzeichnis einsehen und den Schuldner befragen, ob dieser innerhalb der letzten zwei Jahre eine Vermögensauskunft abgegeben hat. Ein Verzicht des Gläubigers auf Zuleitung des Vermögensverzeichnisses ist unbeachtlich (§ 802d Absatz 1 Satz 2 ZPO).(Fn 2)


§ 136

Behandlung des Auftrags, Ladung zum Termin


(1)
Der Ladung an den Schuldner fügt der Gerichtsvollzieher den Text der nach § 802f Absatz 3 ZPO erforderlichen Belehrungen, je eine Abschrift (Fn 5) des Auftrags und der Forderungsaufstellung sowie einen Ausdruck der Vorlage für die abzugebende Vermögensauskunft oder ein entsprechendes Merkblatt bei. Soweit dafür amtliche Vordrucke eingeführt sind, verwendet der Gerichtsvollzieher diese. Hat der Gläubiger mit dem Auftrag schriftlich Fragen eingereicht, die der Schuldner bei der Abnahme der Vermögensauskunft beantworten soll, fügt der Gerichtsvollzieher auch diesen Fragenkatalog der Ladung bei. Reicht der Gläubiger nach Auftragserteilung einen solchen Fragenkatalog ein, so übersendet der Gerichtsvollzieher dem Schuldner eine Ablichtung des Fragenkatalogs nachträglich formlos durch die Post unter Hinweis auf den Termin.

(2) 
Den Prozessbevollmächtigten des Schuldners muss der Gerichtsvollzieher von dem Termin nicht unterrichten. Dem Gläubiger oder dessen Verfahrensbevollmächtigten teilt er die Terminbestimmung formlos mit.

(3) 
Hat der Schuldner im Falle des § 807 Absatz 1 ZPO der sofortigen Abnahme der Vermögensauskunft widersprochen (§ 807 Absatz 2 Satz 1 ZPO) oder sind seit einer vorherigen Zahlungsaufforderung zwei Wochen erfolglos verstrichen (§ 802f Absatz 1 Satz 4 ZPO)(Fn 2), bedarf es der Setzung einer Zahlungsfrist nicht. Zwischen dem Terminstag und dem Tag der Zustellung der Ladung (§ 802f Absatz 4 Satz 1 ZPO) müssen wenigstens drei Tage liegen (§ 217 ZPO).


§ 137

Anschriftenänderung, Rechthilfeersuchen, Erledigung des Rechtshilfeersuchens


(1)
Ist der Schuldner nach der Rückbriefadresse an einen Ort außerhalb des Bezirkes des Gerichtsvollziehers verzogen, kann der Gerichtsvollzieher mangels anderer Anhaltspunkte regelmäßig davon ausgehen, dass der Schuldner bereits bei Auftragseingang an den anderen Ort verzogen war. In diesem Fall hebt er den Termin auf. Ist der Schuldner innerhalb des Amtsgerichtsbezirks in den Bezirk eines anderen Gerichtsvollziehers umgezogen, so gibt er den Auftrag unverzüglich an den zuständigen Gerichtsvollzieher ab. Ist der Schuldner außerhalb des Amtsgerichtsbezirks verzogen, leitet der Gerichtsvollzieher den Auftrag auf Antrag des Gläubigers an das zuständige Amtsgericht weiter und benachrichtigt unverzüglich den Gläubiger. Ist der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthaltsort nach der Rückbriefadresse unbekannt und hat der Gläubiger für diesen Fall den Gerichtsvollzieher mit der Ermittlung des Aufenthaltsortes des Schuldners beauftragt, führt er zunächst diesen Auftrag aus. Ist ein Auftrag nach § 755 ZPO nicht erteilt oder bleibt die Aufenthaltsermittlung erfolglos, so ist der Auftrag dem Gläubiger mit entsprechender Mitteilung zurückzusenden (§ 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 GVO).

(2)
Ist der Schuldner nach Eingang des Auftrags zur Abnahme der Vermögensauskunft nach Kenntnis des Gerichtsvollziehers an einen Ort außerhalb des Amtsgerichtsbezirks verzogen, ersucht der Gerichtsvollzieher den für den jetzigen Wohnort oder Aufenthaltsort zuständigen Gerichtsvollzieher, den Schuldner im Wege der Rechtshilfe dort zur Abgabe der Vermögensauskunft bei ihm zu laden. Der Gerichtsvollzieher benachrichtigt den Gläubiger formlos von seinem Rechtshilfeersuchen.

(3)
Nach Abnahme der Vermögensauskunft hat der ersuchte Gerichtsvollzieher die Urschrift des Protokolls und das elektronisch errichtete Vermögensverzeichnis an den ersuchenden Gerichtsvollzieher zu senden. Das Vermögensverzeichnis ist dabei als elektronisches Dokument unter Nutzung des OSCI-Transportprotokolls (zum Beispiel über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP)) zu übermitteln. Der Gerichtsvollzieher hinterlegt das Vermögensverzeichnis bei dem zentralen Vollstreckungsgericht und leitet dem Gläubiger unverzüglich nach Eingang der Information des zentralen Vollstreckungsgerichts über die erfolgte Eintragung in das Vermögensregister einen mit einem Übereinstimmungsvermerk versehenen Ausdruck des Vermögensverzeichnisses zu. Er kann auf Antrag des Gläubigers auch nach § 802d Absatz 2 ZPO verfahren.

(4) 
Soweit dem Gerichtsvollzieher nach Ladung und vor dem Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft im Einzelfall Mängel in den von Amts wegen zu beachtenden Voraussetzungen bekannt werden, hebt er stets den Termin unter Benachrichtigung von Gläubiger und Schuldner endgültig oder einstweilen auf.


§ 138

Durchführung des Termins


(1) 
Der Termin ist nicht öffentlich. Der Gerichtsvollzieher achtet darauf, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnisse erlangen. Der Gläubiger, sein Verfahrensbevollmächtigter, der Verfahrensbevollmächtig­te des Schuldners, Bürokräfte des Gerichtsvollziehers, Personen der Dienstauf­sicht, Prüfungsbeamte, in der Gerichtsvollzieherausbildung befindliche Anwärter sowie Personen, die der Gerichtsvollzieher zu seiner Unterstützung, insbeson­dere zur Aufrechterhaltung der Ordnung hinzugezogen hat, dürfen an dem Termin teilnehmen. Der Gerichtsvollzieher kann auf Verlangen des Schuldners auch weiteren Personen die Anwesenheit gestatten.(Fn 2) Nimmt der Gläubiger am Termin teil, kann er den Schuldner innerhalb der diesem nach § 802c ZPO obliegenden Auskunftspflicht befragen und Vorhalte machen. Er kann den Gerichtsvollzieher zum Termin auch schriftlich auf Vermögenswerte des Schuldners, zu denen er fehlende oder unrichtige Angaben des Schuldners befürchtet, hinweisen, damit dieser dem Schuldner bei Abwesenheit des Gläubigers im Termin den Vorhalt macht. Der Grundsatz der gütlichen Erledigung des Zwangsvollstreckungsverfahrens (§ 802b ZPO) ist auch in dem Termin vorrangig zu beachten (vergleiche § 68).

(2)   
Zu Beginn des Termins belehrt der Gerichtsvollzieher den Schuldner nach § 802f Absatz 3 ZPO eingehend über die Bedeutung einer eidesstattlichen Versicherung und weist auf die Strafvorschriften der §§ 156 und 161 StGB hin. Der Gerichtsvollzieher errichtet gemäß § 802f Absatz 5 ZPO selbst eine Aufstellung mit den nach § 802c Absatz 1 und 2 ZPO erforderlichen Angaben als elektronisches Dokument (Vermögensverzeichnis). Dem Schuldner nicht verständliche Begriffe, die dem zu erstellenden Vermögensverzeichnis zugrunde liegen, erläutert er. Der Gerichtsvollzieher hat auf Vollständigkeit der Angaben unter Beachtung der vom Gläubiger im Termin oder zuvor schriftlich gestellten Fragen zu dringen. Auf ein erkennbar unvollständiges Vermögensverzeichnis darf die eidesstattliche Versicherung nicht abgenommen werden, es sei denn, der Schuldner erklärt glaubhaft, genauere und vollständigere Angaben insoweit nicht machen zu können. Der Schuldner hat an Eides statt zu versichern, dass er die verlangten Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht hat. Über den Ablauf des Termins erstellt der Gerichtsvollzieher in entsprechender Anwendung der §§ 159 bis 163 ZPO ein Protokoll. Zu den in das Protokoll aufzunehmenden rechtserheblichen Erklärungen des Schuldners zählen auch die von ihm vorgebrachten Gründe, aus denen er die eidesstattliche Versicherung nicht abgeben will. Soweit ein amtlicher Protokollvordruck eingeführt ist, hat sich der Gerichtsvollzieher desselben zu bedienen.


§ 139

Aufträge mehrerer Gläubiger


Hat der Gerichtsvollzieher Aufträge mehrerer Gläubiger zur Abnahme der Vermögensauskunft erhalten, so bestimmt er den Termin zur Abgabe in diesen Verfahren auf dieselbe Zeit am selben Ort, soweit er die Ladungsfrist und die gege­benenfalls nach § 802f Absatz 1 ZPO erforderliche Frist(Fn 2) jeweils einhalten kann. Gibt der Schuldner die Vermögensauskunft ab, so nimmt der Gerichtsvollzieher für alle Gläubiger in allen Verfahren zusammen nur ein Protokoll  und ein Vermögensverzeichnis auf.


§ 140

Verfahren nach Abgabe der Vermögensauskunft


(1)
Der Gerichtsvollzieher hinterlegt das Vermögensverzeichnis nach Maßgabe der Vermögensverzeichnisverordnung (VermVV) spätestens nach drei Werktagen als elektronisches Dokument bei dem zentralen Vollstreckungsgericht. Die elektronische Kommunikation mit dem zentralen Vollstreckungsgericht richtet sich nach den dazu ergangenen landesrechtlichen Bestimmungen.

(2)   
Der Gerichtsvollzieher speichert die durch das zentrale Vollstreckungsgericht nach § 5 Absatz 2 Satz 3(Fn 2) VermVV übersandte Eintragungsmitteilung in elektronischer Form. Sodann erstellt er den für die Übermittlung an den Gläubiger bestimmten Ausdruck oder das für die Übermittlung an den Gläubiger bestimmte elektronische Dokument.

(3)   
Der Gerichtsvollzieher leitet dem Gläubiger unverzüglich nach Eingang der Information des zentralen Vollstreckungsgerichts über die erfolgte Eintragung in das Vermögensverzeichnisregister einen mit einem Übereinstimmungsvermerk versehenen Ausdruck des Vermögensverzeichnisses zu. Ein Verzicht des Gläubigers auf die Zuleitung des Vermögensver­zeichnisses ist unbeachtlich (§ 802d Absatz 1 Satz 2 ZPO). (Fn 2) Er kann auf Antrag des Gläubigers auch nach § 802d Absatz 2 ZPO verfahren. Der Vermerk, mit dem der Gerichtsvollzieher bescheinigt, dass der an den Gläubiger übermittelte Ausdruck mit dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses übereinstimmt, enthält die Formulierung „Dieser Ausdruck stimmt mit dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses überein.“ sowie Datum, Unterschrift, Name und Dienstbezeichnung des Gerichtsvollziehers. Der Vermerk, mit dem der Gerichtsvollzieher bescheinigt, dass das an den Gläubiger übermittelte elektronische Dokument mit dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses übereinstimmt, enthält die Formulierung „Dieses elektronische Dokument stimmt mit dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses überein.“ sowie Datum, Unterschrift, Name und Dienstbezeichnung des Gerichtsvollziehers.

 

§ 141 (Fn 3)

Einholung der Auskünfte Dritter zu Vermögensgegenständen

(§ 802l ZPO)

 

Der Gläubiger kann den Gerichtsvollzieher beauftragen, gemäß § 802l Absatz 1 ZPO bei Dritten Auskünfte zu Vermögensgegenständen des Schuldners einzuholen. Im Hinblick auf Anträge von Folgegläubigern ist § 802l Absatz 4 und 5 ZPO zu beachten.


§ 142

Wiederholung, Ergänzung oder Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses


In den Fällen der Wiederholung, Ergänzung oder Nachbesserung des Vermögensverzeichnisses ist immer ein vollständiges Vermögensverzeichnis zu errichten. Der Gerichtsvollzieher dokumentiert in dem neu erstellten Vermögensverzeichnis, an welchem Tag die Versicherung an Eides statt für das Vermögensverzeichnis erstmals erfolgt ist (§ 3 Absatz 2 Nummer 3 VermVV).


§ 143

Erzwingungshaft


(1) (Fn 1)
Beantragt der Gläubiger gemäß § 802g Absatz 1 ZPO den Erlass eines Haftbefehls, so leitet der Gerichtsvollzieher den Antrag zusammen mit seiner Akte an das nach § 764 Absatz 2 ZPO zuständige Vollstreckungsgericht weiter.

(2) 
Das Verfahren richtet sich nach § 145. Der Zweck des Haftbefehls entfällt, wenn der Schuldner die Verpflichtung, deren Befriedigung durch die Abgabe der Vermögensauskunft vorbereitet werden soll, vollständig erfüllt. § 68 findet Anwendung.


§ 144 

Zulässigkeit der Verhaftung
(§§ 802c, 802g, 836, 883, 888, 889 ZPO; § 94 FamFG; § 153 Absatz 2 InsO)


(1)
Auf Antrag des Gläubigers kann das Gericht gegen den Schuldner einen Haftbefehl erlassen, um von ihm

1.
die Abgabe der in § 802c ZPO bezeichneten Vermögensauskunft oder

2.
die Abgabe der in §§ 836, 883 ZPO, § 94 FamFG und § 153 InsO bezeichneten eidesstattlichen Versicherung oder

3.
die Abgabe der ihm nach dem bürgerlichen Recht obliegenden eidesstattlichen Versicherung oder die Vornahme einer sonstigen Handlung, zu welcher der Schuldner verurteilt worden ist und die ein anderer nicht vornehmen kann (zum Beispiel die Erteilung einer Auskunft; vergleiche §§ 802g, 888, 889 ZPO) zu erzwingen.

Eine Zwangsvollstreckung auf Grund des § 888 ZPO ist jedoch ausgeschlossen, wenn im Fall der Verurteilung zur Vornahme einer Handlung der Beklagte für den Fall, dass die Handlung nicht binnen einer zu bestimmenden Frist vorgenommen wird, zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt ist (§§ 510b, 888a ZPO).

(2) 
Der Gerichtsvollzieher hat vor einer Verhaftung § 802h ZPO zu beachten. Er soll eine Verhaftung auch erst durchführen, wenn die Besorgnis ausgeschlossen erscheint, dass dadurch eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entstehen kann.

(3) 
Die Verhaftung unterbleibt, wenn der Schuldner die Leistung bewirkt, die ihm nach dem Schuldtitel obliegt, die Vermögensauskunft oder die eidesstattliche Versicherung freiwillig abgibt. § 802b ZPO findet Anwendung.


§ 145 

Verfahren bei der Verhaftung


(1)
Der Gerichtsvollzieher vermeidet bei der Verhaftung unnötiges Aufsehen und jede durch den Zweck der Vollstreckung nicht gebotene Härte. In geeigneten Fällen kann er den Schuldner schriftlich zur Zahlung und zum Erscheinen an der Gerichtsstelle auffordern. Dies hat jedoch zu unterbleiben, wenn zu befürchten ist, der Schuldner werde sich der Verhaftung entziehen oder Vermögenswerte beiseiteschaffen. Bei Widerstand wendet der Gerichtsvollzieher Gewalt an und beachtet dabei die §§ 758 und 759 ZPO. Der Gerichtsvollzieher händigt dem Schuldner von Amts wegen eine be­glaubigte Abschrift des Haftbefehls aus (§ 802g Absatz 2 Satz 2 ZPO). (Fn 2) Er befragt den Verhafteten, ob er jemanden von seiner Verhaftung zu benachrichtigen wünsche, und gibt ihm Gelegenheit zur Benachrichtigung seiner Angehörigen und anderer nach Lage des Falles in Betracht kommender Personen, soweit es erforderlich ist und ohne Gefährdung der Inhaftnahme geschehen kann. Der Gerichtsvollzieher kann die Benachrichtigung auch selbst ausführen. Der Gerichtsvollzieher, der den Schuldner verhaftet hat, liefert ihn in die nächste zur Aufnahme von Zivilhäftlingen bestimmte Justizvollzugsanstalt ein. Der Haftbefehl ist dem zuständigen Vollzugsbediensteten zu übergeben. Ist das Amtsgericht des Haftorts nicht die Dienstbehörde des einliefernden Gerichtsvollziehers, so weist er den Vollzugsbediensteten außerdem darauf hin, dass der verhaftete Schuldner zu jeder Zeit verlangen kann, bei dem zuständigen Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts des Haftorts die Vermögensauskunft oder die eidesstattliche Versicherung (vergleiche § 144 Absatz 1 Satz 1, § 147) abzugeben. Er weist ihn ferner darauf hin, den Schuldner sogleich zu unterrichten, zu welchen Zeiten Gründe der Sicherheit der Justizvollzugsanstalt einer Abnahme entgegenstehen. Außerdem übergibt er dem Vollzugsbediensteten die Vollstreckungsunterlagen, der sie dem bei Abgabebereitschaft des Schuldners herbeigerufenen Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts des Haftorts aushändigt. Eines besonderen Annahmebefehls bedarf es nicht. Einer Vollziehung des Haftbefehls steht entgegen, dass der Schuldner sofortige Beschwerde gegen den Haftbefehl eingelegt hat (§ 570 Absatz 1 ZPO). (Fn 3)

(2)   
Das Protokoll muss die genaue Bezeichnung des Haftbefehls und die Bemerkung enthalten, dass dem Schuldner eine beglaubigte Abschrift desselben übergeben worden ist; es muss ferner ergeben, ob und zu welcher Zeit der Schuldner verhaftet worden oder aus welchem Grund die Verhaftung unterblieben ist. Die Einlieferung des Schuldners in die Justizvollzugsanstalt ist von dem zuständigen Vollzugsbediensteten unter dem Protokoll zu bescheinigen; dabei ist die Stunde der Einlieferung anzugeben.

(3)  
Für die Verhaftung des Vollstreckungsschuldners in Steuersachen ist der Gerichtsvollzieher zuständig. Die Vollstreckungsbehörde (Finanzamt/Hauptzollamt) teilt dem Gerichtsvollzieher den geschuldeten Betrag sowie den Schuldgrund mit und ermächtigt ihn, den geschuldeten Betrag anzunehmen und über den Empfang Quittung zu erteilen. Ist der verhaftete Vollstreckungsschuldner vor Einlieferung in die Justizvollzugsanstalt zur Abgabe der Vermögensauskunft bereit, hat ihn der Gerichtsvollzieher grundsätzlich der Vollstreckungsbehörde vorzuführen. Abweichend hiervon kann der Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts des Haftortes die Vermögensauskunft abnehmen, wenn sich der Sitz der in § 284 Absatz 5 AO bezeichneten Vollstreckungsbehörde nicht im Bezirk dieses Amtsgerichts befindet oder wenn die Abnahme der Vermögensauskunft durch die Vollstreckungsbehörde nicht möglich ist, weil die Verhaftung zu einer Zeit stattfindet, zu der der zuständige Beamte der Vollstreckungsbehörde nicht erreichbar ist. In diesem Fall hinterlegt der Gerichtsvollzieher das Vermögensverzeichnis beim zentralen Vollstreckungsgericht und benachrichtigt die Vollstreckungsbehörde unter Angabe der Verfahrensnummer und Übersendung des Vermögensverzeichnisses von der Hinterlegung. Über die Anordnung der Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis entscheidet die Vollstreckungsbehörde. Hat die Vollstreckungsbehörde Weisungen für die Durchführung der Verhaftung getroffen, zum Beispiel die Einziehung von Raten ausgeschlossen, ist der Gerichtsvollzieher daran gebunden. (Fn 2)

(4)  
Ist die Vollstreckung des Haftbefehls nicht möglich, weil der Schuldner nicht aufzufinden oder nicht anzutreffen ist, so vermerkt der Gerichtsvollzieher dies zu den Akten und benachrichtigt unverzüglich den Gläubiger. Nach wiederholtem fruchtlosen Verhaftungsversuch binnen drei Monaten nach Auftragseingang in einer Wohnung (§ 61 Absatz 1 Satz 2), der mindestens einmal unmittelbar vor Beginn oder nach Beendigung der Nachtzeit erfolgt sein muss, hat der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger anheimzugeben, einen Beschluss des zuständigen Richters bei dem Amtsgericht darüber herbeizuführen, dass die Verhaftung auch an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen sowie zur Nachtzeit in den bezeichneten Wohnungen erfolgen kann.

(5) 
Der Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts des Haftorts ist zuständig, das Vermögensverzeichnis (§ 802f Absatz 5 ZPO) zu errichten. Er entlässt den Schuldner nach Abgabe der Vermögensauskunft oder Bewirkung der geschuldeten Leistung aus der Haft. Der Haftbefehl ist damit verbraucht. Der Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts des Haftorts übermittelt dem zentralen Vollstreckungsgericht das Vermögensverzeichnis in elektronischer Form und leitet dem Gläubiger unverzüglich nach Eingang der Information des zentralen Vollstreckungsgerichts über die erfolgte Eintragung in das Vermögensregister einen mit dem Übereinstimmungsvermerk versehenen Ausdruck zu (§ 802f Absatz 6 ZPO).

(6)
Die Vollziehung des persönlichen Sicherheitsarrestes richtet sich nach den Vorschriften über die Haft im Zwangsvollstreckungsverfahren (§§ 802g, 802h bis 802j Absatz 1 und 2, § 933 ZPO). Absatz 1 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(7)   
Der Gerichtsvollzieher, der den Schuldner verhaftet hat (Absatz 1 Satz 8), ist für das Eintragungsanordnungsverfahren zuständig. Dazu unterrichtet ihn der Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts des Haftorts unverzüglich über die Entlassung des Schuldners aus der Haft und den Entlassungsgrund.


§ 146 

Nachverhaftung


(1)
Ist der Schuldner bereits nach den §§ 144 und 145 in Erzwingungshaft genommen, so ist ein weiterer Haftbefehl gegen ihn dadurch zu vollstrecken, dass der Gerichtsvollzieher sich in die Justizvollzugsanstalt zu dem Schuldner begibt und ihn durch persönliche Eröffnung unter Übergabe einer beglaubigten Abschrift des Haftbefehls für nachverhaftet erklärt. Der Haftbefehl ist dem zuständigen Vollzugsbediensteten mit dem Ersuchen auszuhändigen, an dem Schuldner die fernere Haft nach Beendigung der zuerst verhängten Haft zu vollstrecken.

(2)
Das Protokoll muss die Bezeichnung des Haftbefehls und die vom Gerichtsvollzieher abgegebenen Erklärungen enthalten. Die Aushändigung des Haftbefehls ist von dem Vollzugsbediensteten unter dem Protokoll zu bescheinigen. Im Übrigen findet § 145 entsprechende Anwendung.

(3)
Gegen einen Schuldner, der sich in Untersuchungshaft oder in Strafhaft befindet, kann die Erzwingungshaft erst nach Beendigung der Untersuchungshaft oder der Strafhaft vollzogen werden. Der Gerichtsvollzieher erfragt bei dem Vollzugsbediensteten, bis zu welchem Tag gegen den Schuldner voraussichtlich noch Untersuchungshaft oder Strafhaft vollstreckt wird. Liegt dieser Tag vor dem Tag, von dem an die Vollziehung des Haftbefehls unstatthaft ist, weil seit seinem Erlass zwei Jahre vergangen sind (§ 802h Absatz 1 ZPO), verfährt der Gerichtsvollzieher entsprechend Absatz 1 und 2. Andernfalls gibt der Gerichtsvollzieher den Auftrag unerledigt an den Gläubiger zurück. Es bleibt dem Gläubiger überlassen, sich nötigenfalls mit dem Gericht, der Staatsanwaltschaft oder dem Anstaltsleiter in Verbindung zu setzen, um die Beendigung der Untersuchungshaft oder Strafhaft zu erfahren. Sodann kann er den Gerichtsvollzieher erneut mit der Verhaftung beauftragen.

(4)  
Absatz 1 bis 3 findet bei der Vollziehung des persönlichen Sicherheitsarrests entsprechende Anwendung (§ 145 Absatz 6).


§ 147 

Verhaftung im Insolvenzverfahren
(§§ 21, 98 InsO)


Für die Verhaftung des Schuldners nach § 21 InsO und nach § 98 InsO gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Zwangsvollstreckung durch Haft entsprechend (§ 98 Absatz 3 InsO). Die Verhaftung erfolgt jedoch auf Anordnung des Gerichts.


§ 148 

Vollziehung eines Haftbefehls gegen einen Zeugen
(§ 390 ZPO)


(1)
Ist gegen einen Zeugen zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft angeordnet (§ 390 Absatz 2 ZPO), so finden die Vorschriften über die Erzwingungshaft im Zwangsvollstreckungsverfahren (§§ 144, 145) entsprechende Anwendung. Den Auftrag zur Verhaftung des Zeugen erteilt die Partei, die den Antrag auf Erlass des Haftbefehls gestellt hat. Der Gerichtsvollzieher wird zur Verhaftung durch den Besitz des gerichtlichen Haftbefehls ermächtigt.

(2)
Ist gegen den Zeugen oder Beteiligten wegen unentschuldigten Ausbleibens oder unberechtigter Verweigerung des Zeugnisses für den Fall, dass das gegen ihn festgesetzte Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt (§ 380 Absatz 1, § 390 Absatz 1 ZPO), so wird die Entscheidung von Amts wegen nach den Vorschriften vollstreckt, die für Strafsachen gelten. Das vollstreckende Gericht kann mit der Verhaftung auch einen Gerichtsvollzieher beauftragen.

(3)  
Dasselbe gilt für die Vollstreckung einer Ordnungshaft, die nach § 178 GVG festgesetzt wird.


§ 149 

Vorführung von Zeugen, Parteien und Beteiligten
(§ 372a Absatz 2, § 380 Absatz 2 ZPO, § 33 Absatz 3, § 96a Absatz 2 , § 128 Absatz 4, § 178 Absatz 2 FamFG; § 98 InsO)


Das Gericht kann den Gerichtsvollzieher mit der zwangsweisen Vorführung einer Person, insbesondere eines Zeugen oder einer Partei, beauftragen. Der Gerichtsvollzieher führt den Auftrag nach den Anordnungen des Gerichts aus. Der Auftrag ist schriftlich zu erteilen; das Schriftstück ist dem Betroffenen vor der Ausführung des Auftrages vorzuzeigen. Im Übrigen findet § 145 entsprechende Anwendung. Die in § 145 Absatz 4 Satz 1 vorgesehene unverzügliche Benachrichtigung erfolgt durch den Gerichtsvollzieher fernmündlich gegenüber der zuständigen Geschäftsstelle des Gerichts, wenn nur auf diese Weise gewährleistet ist, dass der Termin noch rechtzeitig aufgehoben werden kann.


§ 150

Verhaftung ausländischer Staatsangehöriger


Bei der Verhaftung ausländischer Staatsangehöriger gelten Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe b des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 (BGBl. 1969 II S. 1585, 1587) und die dazu ergangenen besonderen landesspezifischen Regelungen. Die Belehrungs- und Benachrichtigungspflicht obliegt dem Gerichtsvollzieher in den Fällen der §§ 145 bis 149.


§ 151

Verfahren zur Eintragung in das Schuldnerverzeichnis
(§ 882b bis 882h ZPO)


Die Übermittlung der Eintragungsanordnung an das zentrale Vollstreckungsgericht erfolgt nach Maßgabe der Schuldnerverzeichnisführungsverordnung. Erhält der Gerichtsvollzieher von dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 3 Absatz 3 Satz 2(Fn 2) SchuFV die Mitteilung, dass seine elektronische Übermittlung die Anforderungen nicht erfüllt, veranlasst er unverzüglich nach § 3 Absatz 3 Satz 2(Fn 2) SchuFV eine erneute elektronische Übermittlung der Eintragungsanordnung, die dann den Anforderungen entspricht. Die elektronische Kommunikation mit dem zentralen Vollstreckungsgericht richtet sich nach den landesrechtlichen Bestimmungen. Bei der Erstellung und Übermittlung der Eintragungsanordnungen sind die in der „Definition bundeseinheitlicher Standards zur Erstellung und Übermittlung von Eintragungsanordnungen gemäß § 882c ZPO“ niedergelegten bundesein­heitlichen Vorgaben in der jeweils gültigen Fassung einzuhalten.(Fn 2)


F. Vollziehung von Arresten und einstweiligen Verfügungen

I. Allgemeines


§ 152 

(§§ 916 bis 945 ZPO)


(1)
Arrestbefehle und einstweilige Verfügungen sind Schuldtitel, die nicht eine Befriedigung des Gläubigers, sondern nur eine Sicherung seines Anspruchs oder die einstweilige Regelung eines rechtlichen Zustandes bezwecken. Der dingliche Arrest wird durch Beschlagnahme des gesamten Vermögens des Schuldners oder eines in dem Befehl näher bezeichneten Teiles hiervon, der persönliche Sicherheitsarrest je nach dem Inhalt des Befehls durch Verhaftung des Schuldners oder eine sonstige Beschränkung seiner persönlichen Freiheit vollzogen. Bei der einstweiligen Verfügung trifft das Gericht in dem Befehl die zur Erreichung des Zwecks erforderlichen Anordnungen, die zum Beispiel darin bestehen können, dass dem Schuldner eine Handlung geboten oder verboten, unter Umständen auch eine Leistung an den Gläubiger oder die Herausgabe einer beweglichen Sache oder eines Grundstücks aufgegeben wird.

(2)   
Arrestbefehle und einstweilige Verfügungen ergehen in Form eines Urteils oder eines Beschlusses. Sie werden dem Gläubiger von dem Gericht durch Verkündung oder durch Zustellung von Amts wegen bekannt gemacht, dem Schuldner dagegen auf Betreiben und im Auftrag des Gläubigers durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt, sofern der Arrest oder die einstweilige Verfügung durch Beschluss angeordnet worden ist (vergleiche § 922 Absatz 2 ZPO). Ist über das Gesuch durch Urteil entschieden worden, kann eine Zustellung an den Schuldner von Amts wegen nach § 317 Absatz 1 Satz 1 ZPO oder zum Zwecke der Einleitung der Vollziehung im Parteibetrieb nach § 750 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 795 ZPO erfolgen. In Familienstreitsachen kann das Gericht gemäß § 119 Absatz 2 Satz 1 FamFG den Arrest anordnen. Satz 2 und 3 finden entsprechende Anwendung.

(3)
Die Vollziehung des Arrestes ist innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat zulässig. Die Frist beginnt mit der Verkündung des Arrestbefehls oder dessen Zustellung an den Gläubiger (§ 929 Absatz 2 Satz 1 ZPO). Kann ein ausländischer Sicherungstitel im Inland ohne vorherige Vollstreckbarerklärung vollzogen werden, beträgt die Frist nach Satz 1 zwei Monate (§ 929 Absatz 2 Satz 2 ZPO). Dasselbe gilt für die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung, soweit sich nicht aus den darin getroffenen Anordnungen etwas anderes ergibt (§ 936 ZPO). Der Gerichtsvollzieher prüft selbstständig, ob die Ausschlussfrist abgelaufen ist. Er beachtet dabei, dass der Arrestbefehl dem Gläubiger auch dann zugestellt ist, wenn er ihm an der Amtsstelle ausgehändigt worden ist (§ 174 ZPO). Die Frist ist schon dadurch gewahrt, dass der Antrag des Gläubigers auf Vornahme der Vollstreckungshandlung vor ihrem Ablauf bei dem Gerichtsvollzieher eingeht. Soweit die Vollziehung nicht mehr statthaft ist, lehnt er den Auftrag ab. (Fn 3)

(4)  
Eine Vollstreckungsklausel ist auf Arrestbefehlen und einstweiligen Verfügungen nur dann erforderlich, wenn die Vollziehung für einen anderen als den im Befehl bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den im Befehl bezeichneten Schuldner erfolgen soll (§ 929 Absatz 1 ZPO).

(5)
Abweichend von der Regel der §§ 44 und 45 ist die Vollziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung auch zulässig, bevor die Entscheidung oder – falls eine Vollstreckungsklausel erteilt ist – bevor die Klausel und die in ihr erwähnten, die Rechtsnachfolge beweisenden Urkunden dem Schuldner zugestellt sind. Die Wirksamkeit der Vollziehung ist dadurch bedingt, dass die Zustellung innerhalb einer Woche nach der Vollziehung und zugleich vor Ablauf der Ausschlussfrist (Fn 3) nachgeholt wird (§ 929 Absatz 3 ZPO; vergleiche auch § 167 ZPO). Der mit der Vollziehung beauftragte Gerichtsvollzieher hat auch ohne ausdrückliche Anweisung des Gläubigers für die rechtzeitige Zustellung der Entscheidung zu sorgen.

 

II. Verfahren bei der Vollziehung


§ 153 

Dinglicher Arrest


(1)  
Bei der Vollziehung des dinglichen Arrestes wirkt der Gerichtsvollzieher in gleicher Weise mit wie bei der sonstigen Zwangsvollstreckung.

(2) 
In bewegliche körperliche Sachen wird der Arrest durch Pfändung nach den Vorschriften vollzogen, die für die Zwangsvollstreckung gelten (§§ 928, 929 ZPO). Zu den beweglichen Sachen rechnen in diesem Fall auch die in das Schiffsregister eingetragenen Schiffe, Schiffsbauwerke und im Bau befindlichen oder fertiggestellten Schwimmdocks (§ 931 Absatz 1 ZPO in Verbindung mit § 3 SchRG (Fn 3)); dies gilt nicht nur für deutsche, sondern auch für alle ausländischen Schiffe. Wegen der Benachrichtigung der konsularischen Vertretung bei der Pfändung von ausländischen Schiffen vergleiche § 84 Absatz 4.

(3) 
Die Pfandstücke dürfen auf Grund des Arrestbefehls nicht veräußert werden. Das Vollstreckungsgericht kann jedoch die Versteigerung und die Hinterlegung des Erlöses anordnen, wenn eine im Arrestwege gepfändete Sache der Gefahr einer beträchtlichen Wertverringerung ausgesetzt ist oder wenn ihre Aufbewahrung unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würde (§ 930 ZPO); erscheint die Stellung eines Antrags auf Versteigerung erforderlich, so soll der Gerichtsvollzieher die Beteiligten darauf aufmerksam machen. Die Pfändung auf Grund eines Arrestbefehls steht der Veräußerung der Pfandstücke für einen anderen Gläubiger nicht entgegen. Der Teil des Erlöses, der auf die durch das Arrestpfandrecht gesicherte Forderung entfällt, ist zu hinterlegen.

(4) 
Bei der Vollziehung des Arrestes in ein Schiff, Schiffsbauwerk oder Schwimmdock sorgt der Gerichtsvollzieher durch geeignete Maßnahmen für die Bewachung und Verwahrung des Schiffes, Schiffsbauwerks oder Schwimmdocks. Die Vollziehung des Arrestes in das Schiff ist nicht zulässig, wenn sich das Schiff auf der Reise befindet und nicht in einem Hafen liegt (§ 930 Absatz 4 ZPO) (Fn 3). Ist zur Zeit der Arrestvollziehung die Zwangsversteigerung des Schiffes, Schiffsbauwerks oder Schwimmdocks eingeleitet, so reicht der Gerichtsvollzieher eine Abschrift des Pfändungsprotokolls beim Vollstreckungsgericht ein (§ 931 Absatz 5 ZPO).

(5) 
In inländische Luftfahrzeuge, die in der Luftfahrzeugrolle oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen eingetragen sind, wird der Arrest dadurch vollzogen, dass der Gerichtsvollzieher das Luftfahrzeug in Bewachung und Verwahrung nimmt und ein Registerpfandrecht für die Forderung eingetragen wird (§ 99 Absatz 2 LuftFzgG). In ausländische Luftfahrzeuge wird der Arrest dadurch vollzogen, dass der Gerichtsvollzieher das Luftfahrzeug in Bewachung und Verwahrung nimmt und es nach den Vorschriften über die Zwangsvollstreckung pfändet (§ 106 Absatz 3 LuftFzgG). Die Bewachung und Verwahrung sowie die Pfändung des Luftfahrzeugs unterbleiben, soweit nach den Vorschriften des Gesetzes über die Unzulässigkeit der Sicherungsbeschlagnahme von Luftfahrzeugen eine Pfändung unzulässig ist.

(6)  
Soll ein Arrestbefehl vor oder bei der Zustellung vollzogen werden (§ 929 Absatz 3, § 750 Absatz 1 ZPO) und übergibt der Schuldner dem Gerichtsvollzieher die im Arrestbefehl bestimmte Lösungssumme (§ 923 ZPO), so darf der Gerichtsvollzieher die Summe in Empfang nehmen und von der Vollstreckung absehen, vorausgesetzt, der Schuldner entrichtet auch die erwachsenen Gerichtsvollzieherkosten. Der Gerichtsvollzieher handelt in diesem Fall in amtlicher Eigenschaft und hat die ihm übergebene Lösungssumme unverzüglich zu hinterlegen.

(7)    
Erwirkt der Gläubiger demnächst wegen der Arrestforderung einen vollstreckbaren Titel und liegen im Übrigen die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vor, so bedarf es zur Durchführung der Vollstreckung keiner nochmaligen Pfändung, es sei denn, die Arrestpfändung ist unwirksam oder aufgehoben (§ 934 ZPO). Das Arrestpfandrecht geht ohne Weiteres in ein Vollstreckungspfandrecht über; der Gläubiger kann daher die Auszahlung des hinterlegten Geldes verlangen. Dem Schuldner steht das Recht nicht mehr zu, die Versteigerung oder sonstige Durchführung des Verfahrens durch Hinterlegung gemäß § 923 ZPO abzuwenden.

(8) 
Bei der Vollziehung des dinglichen Arrestes in eine Forderung, die dem Schuldner gegen eine dritte Person (den Drittschuldner) zusteht, oder in andere zum beweglichen Vermögen gehörende Vermögensrechte des Schuldners erfolgt die Pfändung durch das Arrestgericht. Die Mitwirkung des Gerichtsvollziehers regelt sich nach §§ 121 bis 126. Der mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses beauftragte Gerichtsvollzieher achtet darauf, dass die Zustellung dieses Beschlusses an den Drittschuldner innerhalb der Ausschlussfrist von einem Monat (§ 152 Absatz 3) geschieht. Er stellt dem Schuldner innerhalb derselben Frist und zugleich vor Ablauf einer Woche nach der Zustellung an den Drittschuldner den Arrestbefehl zu, sofern dessen Zustellung nicht schon vorher erfolgt war. Für die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Schuldner gilt § 121 Absatz 3.


§ 154 

Einstweilige Verfügung, Sequestration, Verwahrung


(1)
Nach § 938 ZPO kann die einstweilige Verfügung auch in einer Sequestration bestehen, das heißt in der Verwahrung und Verwaltung durch eine Vertrauensperson. Der Gerichtsvollzieher wird bei der Vollziehung einer solchen Verfügung nur insoweit tätig, als es sich darum handelt, dem Sequester durch eine Zwangsmaßnahme die Durchführung der Sequestration zu ermöglichen, zum Beispiel durch die Wegnahme einer beweglichen Sache oder die Räumung eines Grundstücks und die Übergabe an den Sequester. Der Gerichtsvollzieher ist nicht verpflichtet, das Amt eines Sequesters zu übernehmen.

(2) 
Erfordert die in einer einstweiligen Verfügung angeordnete Sicherstellung einer Sache nur eine Verwahrung (ohne Verwaltung), so liegt keine Sequestration vor. Der Gerichtsvollzieher muss die Verwahrung mit übernehmen, da sie noch eine Vollstreckungshandlung darstellt. Die Kosten einer solchen Verwahrung sind Vollstreckungskosten. Die Sicherstellung einer beweglichen Sache bedeutet in der Regel keine Sequestration, da sie keine selbständige Verwaltung notwendig macht.

(3)  
Ist in der einstweiligen Verfügung die Sequestration angeordnet, so kann der Gerichtsvollzieher im Zweifel davon ausgehen, dass es sich um die Anordnung einer Verwaltung handelt; er kann in diesen Fällen nach Absatz 1 verfahren.


G. Hinterlegung


§ 155 

(§§ 711, 712, 720, 720a, 827, 854, 930 ZPO; § 100 LuftFzgG)


Der Gerichtsvollzieher darf gepfändetes Geld oder den durch Verwertung der Pfandstücke erzielten Erlös in den Fällen nicht auszahlen, in denen die Hinterlegung erfolgen muss. Dies gilt insbesondere,

1.
wenn dem Schuldner im Urteil nachgelassen ist, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung abzuwenden (§ 711 Satz 1, § 712 Absatz 1 Satz 1, § 720 ZPO in Verbindung mit § 817 Absatz 4, §§ 819, 847 Absatz 2 ZPO);

2.
wenn gegen den Schuldner nur die Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO betrieben wird oder nach § 712 Absatz 1 Satz 2 ZPO im Urteil die Vollstreckung auf die in § 720a Absatz 1 und 2 ZPO bezeichneten Maßregeln beschränkt ist;

3.
wenn ein gerichtliches Verteilungsverfahren erforderlich wird (§ 827 Absatz 2 und 3, § 854 Absatz 2 und 3, § 872 ZPO; vergleiche auch § 119 Absatz 5);

4.
wenn dem Gerichtsvollzieher glaubhaft gemacht wird, dass an dem gepfändeten Geld ein die Veräußerung hinderndes oder zur vorzugsweisen Befriedigung berechtigendes Recht eines Dritten besteht (§§ 805, 815 Absatz 2 ZPO; vergleiche auch § 87 Absatz 3);

5.
wenn auf Grund eines Arrestbefehls Geld vom Gerichtsvollzieher gepfändet oder als Lösungssumme gemäß § 923 ZPO an ihn geleistet wird oder wenn in einem anhängig gewordenen Verteilungsverfahren auf den Arrestgläubiger ein Betrag von dem Erlös der Pfandstücke entfallen ist (§ 930 Absatz 2 ZPO);

6.
wenn das Gericht die Hinterlegung angeordnet hat (vergleiche § 805 Absatz 4, § 885 Absatz 4 ZPO);

7.
wenn die Auszahlung aus Gründen, die in der Person des Empfangsberechtigten liegen, nicht bewirkt werden kann;

8.
wenn im Verfahren zum Zweck der Zwangsversteigerung eines Grundstücks eine Forderung oder eine bewegliche Sache besonders versteigert oder in anderer Weise verwertet worden ist (§ 65 ZVG);

9.
wenn Ersatzteile eines Luftfahrzeugs verwertet sind, auf die sich ein Sicherungsrecht erstreckt (vergleiche § 115).

Die Hinterlegung ist unverzüglich bei der zuständigen Hinterlegungsstelle nach Maßgabe der landesrechtlichen Regelungen zu bewirken.

 

Dritter Abschnitt

Vollstreckung gerichtlicher Anordnungen nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit


§ 156

Kindesherausgabe
(§§ 88 bis 94 FamFG)


(1)
Das Familiengericht (nicht der Herausgabeberechtigte) ersucht den Gerichtsvollzieher um die Vollstreckung. Über die Erledigung des Ersuchens hat der Gerichtsvollzieher dem Gericht schriftlich zu berichten. Der Gerichtsvollzieher ist befugt, die Vollstreckung in sinngemäßer Anwendung und im Rahmen des § 65 aufzuschieben. Ein Ersuchen zur Herausgabe eines Kindes ist grundsätzlich vorrangig zu be­arbeiten und beschleunigt durchzuführen (§ 88 Absatz 3 Satz 1 FamFG).(Fn 2)

(2)
Unmittelbaren Zwang darf der Gerichtsvollzieher nur anwenden, wenn er hierzu von dem Gericht durch eine besondere Anordnung ermächtigt worden ist (§ 90 Absatz 1 FamFG). Die gerichtliche Anordnung berechtigt den Gerichtsvollzieher, den Widerstand des Herausgabepflichtigen zu überwinden. Die Wohnung des Herausgabepflichtigen darf ohne dessen Einwilligung nur aufgrund eines richterlichen Beschlusses durchsucht werden (§ 91 Absatz 1 FamFG). Die gerichtlichen Entscheidungen sind der Person vorzuzeigen, die von der Amtshandlung betroffen ist; auf Verlangen ist ihr eine Abschrift zu erteilen.

(3)  
Der Gerichtsvollzieher ist befugt, erforderlichenfalls die Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane in Anspruch zu nehmen. Soweit er die Hilfe der polizeilichen Vollzugsorgane nicht in Anspruch nimmt, sollte der Gerichtsvollzieher zu seiner eigenen Absicherung Zeugen hinzuziehen (§ 759 ZPO).

(4)   
Bevor der Termin zur Wegnahme bestimmt wird, weist der Gerichtsvollzieher den Herausgabeberechtigten darauf hin, dass die Vollstreckung nur durchgeführt werden kann, wenn der Berechtigte das Kind an Ort und Stelle übernimmt.

(5)
Der Gerichtsvollzieher vergewissert sich vor Beginn der Vollstreckung durch Besprechung mit dem Herausgabeberechtigten und gegebenenfalls mit dem Jugendamt und dem Familiengericht, ob zur Vermeidung und notfalls Überwindung eines Kindeswiderstandes von vornherein ein Vertreter des Jugendamts zur Unterstützung des Herausgabeberechtigten zuzuziehen ist.

(6)  
Der Gerichtsvollzieher darf Sachen, die für den persönlichen Gebrauch des Kindes bestimmt sind und im Zeitpunkt der Herausgabe nicht dringend vom Kind benötigt werden, gegen den Willen des Herausgabepflichtigen nur dann wegnehmen, wenn er durch einen entsprechenden Vollstreckungstitel dazu legitimiert ist (zum Beispiel einstweilige Anordnung nach § 49 FamFG). Sachen, die das Kind sofort benötigt, wie zum Beispiel angemessene Kleidung für eine Reise sowie Schulsachen, können gleichzeitig weggenommen werden.

(7) 
Die vorstehenden Bestimmungen gelten entsprechend für die Vollstreckung von Anordnungen

1.
über den Umgang mit dem Kind;

2.
über die Herausgabe von erwachsenen Personen.

Vierter Abschnitt

Wechsel- und Scheckprotest

A. Allgemeine Vorschriften


§ 157 

Zuständigkeit


(1)
Wechsel- und Scheckproteste werden durch einen Notar oder einen Gerichtsbeamten aufgenommen (Artikel 79 des Wechselgesetzes (WG); Artikel 55 Absatz 3 des Scheckgesetzes (ScheckG)).

(2)   
Zu den Gerichtsbeamten, die für die Aufnahme von Protesten zuständig sind, gehört auch der Gerichtsvollzieher.


§ 158 

Begriff und Bedeutung des Protestes


(1)
Hat ein Wechselbeteiligter eine wechselrechtliche Leistung unterlassen - zum Beispiel die Zahlung oder die Annahme -, so hängt die weitere Geltendmachung und Durchführung der wechselrechtlichen Ansprüche des Wechselgläubigers in der Regel davon ab, dass er

1.
den Wechselbeteiligten durch einen der im § 157 bezeichneten Beamten unter Vorlegung des Wechsels, gegebenenfalls einer Ausfertigung oder Abschrift davon, zur Leistung auffordern lässt und,

2.
falls die Leistung nicht erfolgt, durch den Beamten in urkundlicher Form feststellen lässt, dass die Aufforderung zu der wechselrechtlichen Leistung oder Handlung ohne Erfolg geblieben ist.

Den Vorgang der Vorlegung, der Aufforderung zur Leistung und der Beurkundung durch den Beamten bezeichnet man als Protesterhebung, die Urkunde als Protest oder Protesturkunde.

(2)   
Wird ein Scheck nicht bezahlt, so muss dies ebenfalls durch einen Protest festgestellt werden (Artikel 40 Nummer 1 ScheckG). Jedoch genügen an Stelle des Protestes auch die in Artikel 40 Nummer 2 und 3 ScheckG bezeichneten schriftlichen Erklärungen des Bezogenen oder der Abrechnungsstelle.

(3)  
Der Protest liefert den urkundlichen, unter Umständen ausschließlichen Beweis für die Tatsachen, die zur Erhaltung und Geltendmachung der Rechte aus dem Wechsel oder Scheck erheblich sind, insbesondere für den Rückgriff des Inhabers gegen seine Vormänner. Für die Protesterhebung sind kurze Fristen maßgebend; auch muss der Inhaber des Wechsels oder Schecks nach den Bestimmungen des Artikels 45 WG und des Artikels 42 ScheckG seinen unmittelbaren Vormann und den Aussteller innerhalb kurzer Frist davon benachrichtigen, dass die Annahme oder die Zahlung unterblieben ist. Der Gerichtsvollzieher muss daher bei der Protesterhebung besondere Sorgfalt anwenden. Jeder Verstoß gegen die Formvorschriften und jede Verzögerung bei der Aufnahme des Protestes oder der Rückgabe des protestierten Wechsels oder Schecks können zu Rechtsnachteilen für den Auftraggeber führen und das Land und den Gerichtsvollzieher zum Schadenersatz verpflichten.


§ 159 

Auftrag zur Protesterhebung


(1)
Der Auftrag zur Protesterhebung wird dem Gerichtsvollzieher von dem Berechtigten oder dessen Vertreter unmittelbar erteilt. Ob ihm die Protesterhebung auch durch das Amtsgericht übertragen werden kann, bei dem der Berechtigte die Erhebung des Protestes beantragt hat, richtet sich nach den landesrechtlichen Bestimmungen.

(2)  
Der Auftrag zur Protesterhebung verpflichtet den Gerichtsvollzieher, alle im Einzelfall erforderlichen Handlungen vorzunehmen, insbesondere den Wechselverpflichteten zu der wechselmäßigen Leistung aufzufordern, wegen deren Nichterfüllung Protest erhoben werden soll, und diese Leistung anzunehmen. Die Befugnis des Gerichtsvollziehers zur Annahme der Zahlung kann nicht ausgeschlossen werden (Artikel 84 WG, Artikel 55 Absatz 3 ScheckG). Ein Auftrag, der allgemein auf Protesterhebung lautet, verpflichtet den Gerichtsvollzieher im Zweifel auch, den von dem Bezogenen nicht eingelösten Wechsel bei dem am Zahlungsort wohnenden Notadressaten oder Ehrenannehmer vorzulegen und, falls dieser nicht leistet, zu protestieren (Artikel 60 WG).

(3)   
Der Gerichtsvollzieher darf den Auftrag zur Protesterhebung auch dann nicht ablehnen, wenn er der Meinung ist, der Protest sei nicht notwendig oder die Protestfrist sei versäumt oder wenn er weiß, dass keine Zahlung erfolgen wird, weil der Schuldner zahlungsunfähig ist.


§ 160 

Zeit der Protesterhebung
(Artikel 72 Absatz 1, Artikel 86 WG, Artikel 55 ScheckG)


(1)
Die Protesterhebung darf nur an einem Werktag, jedoch nicht an einem Sonnabend, stattfinden.

(2) 
Die Proteste sollen in der Zeit von 9 bis 18 Uhr erhoben werden (Proteststunden); die Protesturkunde braucht jedoch nicht innerhalb dieser Zeit errichtet zu werden. Bei der Protesterhebung in den Geschäftsräumen des Protestgegners (vergleiche § 167) ist tunlichst auf die übliche Geschäftszeit Rücksicht zu nehmen. Außerhalb der Proteststunden soll die Protesterhebung nur erfolgen, wenn der Protestgegner ausdrücklich einwilligt.


§ 161 

Berechnung von Fristen
(Artikel 72 Absatz 2, Artikel 73 WG, Artikel 55, 56 ScheckG)


Bei der Berechnung der gesetzlichen oder im Wechsel bestimmten Fristen wird der Tag, an dem sie zu laufen beginnen, nicht mitgezählt. Fällt der letzte Tag einer Frist, innerhalb deren eine wechsel- oder scheckrechtliche Handlung vorgenommen werden muss, auf einen Sonntag, einen sonstigen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so wird die Frist bis zum nächsten Werktag verlängert. Feiertage, die in den Lauf der Frist fallen, werden bei der Berechnung der Frist mitgezählt.


B. Wechselprotest


§ 162 

Anzuwendende Vorschriften


(1)
Der Gerichtsvollzieher führt die Aufnahme von Wechselprotesten nach den Artikeln 79 bis 87 WG und den folgenden §§ 163 bis 171 durch.


§ 163 

Arten des Wechselprotestes


Das Wechselgesetz kennt folgende Arten des Protestes:

1.
den Protest mangels Zahlung, wenn der Bezogene, der Annehmer, der am Zahlungsort wohnende Notadressat oder Ehrenannehmer sowie - beim eigenen Wechsel - der Aussteller den Wechsel nicht bezahlt hat (Artikel 44, 56, 60, 77 WG);

2.
den Protest mangels Annahme,

a)    
wenn der Bezogene oder der am Zahlungsort wohnende Notadressat die Annahme des Wechsels ganz oder teilweise verweigert hat oder wenn die Annahme wegen einer anderen Abweichung von den Bestimmungen des Wechsels als verweigert gilt (Artikel 44, 56, 26 Absatz 2 WG),

b)  
wenn in den besonderen Fällen des Artikels 25 Absatz 2 WG (Nachsichtwechsel, Wechsel mit Annahmefrist) die Annahmeerklärung den Tag der Annahme oder Vorlegung nicht bezeichnet;

1.
den Protest mangels Sichtbestätigung, wenn der Aussteller eines eigenen Nachsichtwechsels die Sichtbestätigung oder ihre Datierung verweigert hat (Artikel 78 Absatz 2 WG);

2.
den Protest mangels Aushändigung

a) 
einer zur Annahme versandten Ausfertigung, wenn der Verwahrer der Ausfertigung dem rechtmäßigen Inhaber einer anderen Ausfertigung die Aushändigung verweigert hat und die Annahme oder Zahlung auch nicht auf eine andere Ausfertigung zu erlangen war (Artikel 66 WG);

b)  
der Urschrift, wenn der Verwahrer der Urschrift dem rechtmäßigen Inhaber der Abschrift die Aushändigung verweigert hat (Artikel 68, 77 WG).


§ 164 

Protestfristen


(1)
Der Protest mangels Annahme muss innerhalb der Frist erhoben werden, die für die Vorlegung zur Annahme gilt. Die Vorlegung kann nur bis zum Verfall erfolgen. Die Frist zur Vorlegung kann im Wechsel näher bestimmt sein. Nachsichtwechsel müssen spätestens binnen einem Jahr nach dem Tag der Ausstellung zur Annahme vorgelegt werden, falls nicht der Aussteller eine kürzere oder längere Frist bestimmt hat oder die Indossanten die Vorlegungsfrist abgekürzt haben (Artikel 44 Absatz 2, Artikel 21 bis 23 WG). Der Bezogene kann verlangen, dass ihm der Wechsel am Tag nach der ersten Vorlegung nochmals vorgelegt wird (Artikel 24 Absatz 1 WG). Ist in diesem Fall der Wechsel am letzten Tage der Frist zum ersten Mal vorgelegt worden, so kann der Protest noch am folgenden Tag erhoben werden (Artikel 44 Absatz 2 WG). Wegen des Verfahrens des Gerichtsvollziehers vergleiche § 168 Absatz 4.

(2)   
Der Protest mangels Zahlung muss bei einem Wechsel, der an einem bestimmten Tag oder bestimmte Zeit nach der Ausstellung oder nach Sicht zahlbar ist, an einem der beiden auf den Zahlungstag folgenden Werktage erhoben werden. Der Auftrag, einen Wechsel mangels Zahlung zu protestieren, darf auch dann nicht abgelehnt werden, wenn der Protest erst an einem Tag erhoben werden kann, welcher - ohne den dem Zahlungstag folgenden Sonnabend mitzuzählen - der zweite Werktag nach dem Zahlungstag ist. Bei einem Sichtwechsel muss der Protest mangels Zahlung in den Fristen erhoben werden, die für den Protest mangels Annahme vorgesehen sind (Absatz 1). Der Inhaber eines Sichtwechsels ist daher nicht genötigt, stets nach der ersten Vorlegung Protest erheben zu lassen. Er kann die Vorlegung innerhalb der hierfür bestimmten Frist beliebig wiederholen (Artikel 44 Absatz 3 WG). Der Protest wegen unterbliebener Ehrenzahlung ist spätestens am Tag nach Ablauf der Frist für die Erhebung des Protestes mangels Zahlung, in der Regel also am dritten Werktag nach dem Zahlungstag, zu erheben (Artikel 60 WG). Zahlungstag ist in der Regel der Verfalltag (vergleiche Artikel 33 bis 37 WG). Verfällt jedoch der Wechsel an einem Sonntag, einem sonstigen gesetzlichen Feiertag oder einem Sonnabend, so kann die Zahlung erst am nächsten Werktag verlangt werden.

(3) 
Der Protest mangels Sichtbestätigung muss in der Frist für die Vorlegung zur Sicht erhoben werden (Artikel 78 Absatz 2, Artikel 23, 44 Absatz 2 WG). Dem Aussteller steht die Überlegungsfrist nach Artikel 24 Absatz 1 WG nicht zu.

(4) 
Für die Erhebung des Protestes mangels Aushändigung gegen den Verwahrer einer zur Annahme versandten Ausfertigung (Ausfolgungsprotest nach Artikel 66 Absatz 2 Nummer 1 WG) gilt dieselbe Frist wie für den Hauptprotest mangels Annahme oder Zahlung (Artikel 66 Absatz 2 Nummer 2 WG). Die Frist für den Protest mangels Aushändigung der Urschrift (Ausfolgungsprotest nach Artikel 68 Absatz 2 WG) richtet sich nach den Fristen für den Protest mangels Zahlung.

(5)   
Die in den Absätzen 1 bis 4 bezeichneten Fristen sind gesetzliche Ausschlussfristen. Steht jedoch der rechtzeitigen Vorlegung des Wechsels oder der rechtzeitigen Protesterhebung ein unüberwindliches Hindernis entgegen, so werden die für diese Handlungen bestimmten Fristen verlängert. Der Gerichtsvollzieher gibt in diesem Fall dem Auftraggeber den Wechsel unverzüglich zurück und teilt ihm die Gründe mit, die der rechtzeitigen Erledigung des Auftrags entgegenstehen. Ein unüberwindliches Hindernis kann durch die gesetzliche Vorschrift eines Staates (zum Beispiel ein Moratorium) oder durch einen anderen Fall höherer Gewalt (zum Beispiel Kriegsereignisse, Überschwemmungen, Erdbeben) gegeben sein (vergleiche Artikel 54 Absatz 1 WG). Jedoch gelten solche Tatsachen nicht als Fälle höherer Gewalt, die rein persönlich den mit der Vorlegung oder Protesterhebung beauftragten Gerichtsvollzieher betreffen (Artikel 54 Absatz 6 WG). Der Gerichtsvollzieher sorgt daher bei persönlicher Verhinderung für die beschleunigte Weitergabe des Auftrags an seinen Vertreter; gegebenenfalls unterrichtet er unter Vorlegung des Auftrags den aufsichtführenden Richter.


§ 165 

Protestgegner (Protestat)


(1)
Der Protest mangels Zahlung muss in jedem Fall

1.
beim gezogenen Wechsel gegen den Bezogenen (nicht etwa gegen den Annehmer),

2.
beim eigenen Wechsel gegen den Aussteller erhoben werden.

Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Wechsel bei einem Dritten am Wohnort des Bezogenen (beim eigenen Wechsel am Wohnort des Ausstellers) oder an einem anderen Ort zahlbar gestellt ist (Artikel 4, 27, 77 Absatz 2 WG). Die Angabe eines Dritten im Wechsel selbst oder in der Annahmeerklärung, bei dem Zahlung geleistet werden soll, oder die Angabe eines vom Wohnort des Bezogenen (beim eigenen Wechsel vom Wohnort des Ausstellers) verschiedenen Zahlungsorts oder einer am Zahlungsort befindlichen Stelle, wo Zahlung geleistet werden soll, ist somit nur entscheidend für den Ort, an dem der Protest zu erheben ist, nicht aber für die Person des Protestgegners. Befindet sich auf dem Wechsel eine Notadresse oder Ehrenannahme von Personen, die ihren Wohnsitz am Zahlungsort haben, so ist gegebenenfalls auch gegen diese Person Protest wegen unterbliebener Ehrenzahlung zu erheben (Artikel 60, 77 Absatz 1 WG). Ist Protest mangels Annahme erhoben worden, so bedarf es weder der Vorlegung zur Zahlung noch des Protestes mangels Zahlung (Artikel 44 Absatz 4 WG).

(2)
Der Protest mangels Annahme muss gegen den Bezogenen erhoben werden (Artikel 21 WG). Befindet sich auf dem Wechsel eine auf den Zahlungsort lautende Notadresse, so erfolgt gegebenenfalls die Protesterhebung auch gegen den Notadressaten (Artikel 56 Absatz 2 WG).

(3) 
Der Protest mangels Sichtbestätigung muss gegen den Aussteller erhoben werden.

(4)  
Der Protest mangels Aushändigung einer zur Annahme versandten Ausfertigung (Artikel 66 Absatz 2 Nummer 1 WG) oder mangels Aushändigung der Urschrift des Wechsels (Artikel 68 Absatz 2 WG) muss gegen den Verwahrer der Ausfertigung oder der Urschrift erhoben werden.

(5) 
Ist über das Vermögen des Protestgegners (Absatz 1 bis 4) das Insolvenzverfahren eröffnet worden, so ist der Protest gleichwohl gegen ihn selbst und nicht etwa gegen den Insolvenzverwalter zu erheben. Der Gerichtsvollzieher muss in diesem Fall einen ihm aufgetragenen Protest auch dann erheben, wenn ausnahmsweise die Protesterhebung zur Ausübung des Rückgriffsrechts nicht erforderlich ist (vergleiche Artikel 44 Absatz 6 WG).

(6) 
Ist der Protestgegner gestorben, so ist in seinen letzten Geschäftsräumen oder in seiner letzten Wohnung ein Protest des Inhalts aufzunehmen, dass der Protestgegner nach Angabe einer mit Namen, Stand und Wohnort zu bezeichnenden Auskunftsperson verstorben sei (vergleiche auch § 171 Absatz 3).


§ 166 

Protestort


(1)
Der Protest muss - mit Ausnahme der in Absatz 2 Satz 2 und 3 bezeichneten Fälle - an dem Protestort erhoben werden. Protestort ist

1.
beim Protest mangels Zahlung der Zahlungsort,

2.
beim Protest mangels Annahme der Wohnort des Bezogenen, beim eigenen Wechsel der Wohnort des Ausstellers,

3.
beim Protest mangels Sichtbestätigung der Wohnort des Ausstellers,

4.
beim Protest mangels Aushändigung der Wohnort des Verwahrers der Ausfertigung oder der Urschrift.

(2)  
Dabei gilt beim Fehlen einer besonderen Angabe der bei dem Namen (Firma) des Bezogenen angegebene Ort als Zahlungsort und zugleich als Wohnort des Bezogenen, beim eigenen Wechsel der Ausstellungsort als Zahlungsort und zugleich als Wohnort des Ausstellers (Artikel 2 Absatz 3, Artikel 76 Absatz 3 WG). Der Ort, der gesetzlich als Zahlungsort oder Wohnort gilt, bleibt für die Protesterhebung auch dann maßgebend, wenn der Beteiligte während des Wechselumlaufs nach einem anderen Ort verzieht. Der Protest mangels Zahlung muss daher zum Beispiel auch dann an dem Wohnort erhoben werden, den der Bezogene nach dem Inhalt des Wechsels zur Zeit der Wechselausstellung hatte, wenn der Gerichtsvollzieher weiß, dass der Bezogene inzwischen seinen Wohnort gewechselt hat.


§ 167 

Proteststelle


(1)
Innerhalb des Protestorts muss der Protest an der gesetzlich vorgeschriebenen Proteststelle erhoben werden. An einer anderen Stelle, zum Beispiel an der Börse, kann dies nur mit beiderseitigem Einverständnis geschehen (Artikel 87 Absatz 1 WG).

(2) 
Proteststelle sind die Geschäftsräume des Protestgegners, im Fall der Bezeichnung eines Dritten, bei dem die Zahlung erfolgen soll, die Geschäftsräume dieses Dritten. Geschäftsräume sind zum Beispiel Büros, Kontore und Verkaufsräume, dagegen nicht bloße Lagerräume. Lassen sich die Geschäftsräume des Protestgegners (des Dritten) nicht ermitteln, so muss der Protest in dessen Wohnung erhoben werden. Ist im Wechsel eine bestimmte Stelle als Zahlstelle bezeichnet, so ist diese Proteststelle. Für den Fall, dass der Bezogene seine Zahlungen eingestellt hat oder gegen ihn fruchtlos vollstreckt worden ist, ferner auf ausdrücklichen Antrag des Inhabers des Wechsels auch bei eröffnetem Insolvenzverfahren gegen den Bezogenen, kann der Inhaber auch schon vor Verfall des Wechsels Protest erheben lassen (vergleiche Artikel 43 Absatz 2 Nummer 2 WG). Der Wechsel ist in diesen Fällen trotz Angabe einer Zahlstelle stets beim Bezogenen vorzulegen und zu protestieren.

(3) 
Ist im Wechsel eine Zahlstelle angegeben oder sind darin Geschäftsräume vermerkt oder ergibt sich aus seinem Inhalt, dass der Protestgegner zu den Personen gehört, die in der Regel Geschäftsräume haben, so stellt der Gerichtsvollzieher nach den Geschäftsräumen oder der Zahlstelle geeignete Ermittlungen an. Findet der Gerichtsvollzieher den Protestgegner in den Geschäftsräumen nicht vor oder kann er die Geschäftsräume nicht betreten, etwa weil sie vorübergehend geschlossen sind oder weil ihm der Zutritt verweigert wird, so braucht er sich nicht in die Wohnung des Protestgegners zu begeben. Er erhebt dann Protest nach § 168 Absatz 6. Ermittelt der Gerichtsvollzieher die Geschäftsräume nicht, so begibt er sich in die Wohnung des Protestgegners und erhebt dort Protest (Artikel 87 Absatz 1 WG). Nötigenfalls stellt er geeignete Ermittlungen nach der Wohnung an; ist eine Nachfrage bei der Polizeibehörde des Ortes ohne Erfolg geblieben, so ist der Gerichtsvollzieher zu weiteren Nachforschungen nicht verpflichtet (Artikel 87 Absatz 3 WG).


§ 168 

Verfahren bei der Protesterhebung


(1)
An der Proteststelle erkundigt sich der Gerichtsvollzieher nach dem Protestgegner und, falls die Zahlung bei einem Dritten erfolgen soll, nach diesem. Trifft er den Protestgegner oder den Dritten an, so legt er ihm den Wechsel je nach dem Inhalt seines Auftrags zur Zahlung, Annahme, Datierung und so weiter vor und nimmt seine Erklärungen entgegen.

(2) 
Trifft der Gerichtsvollzieher nicht den Protestgegner, aber dessen Vertreter an, so erfragt er Namen und Beruf des Vertreters und richtet an ihn unter Vorlegung des Wechsels die erforderlichen Aufforderungen. Vertreter im Sinne dieser Bestimmung ist nur der gesetzliche Vertreter oder der Bevollmächtigte; Gewerbegehilfen, Lehrlinge, Hausdiener und so weiter sind ohne Vollmacht nicht ermächtigt, die Aufforderung des Gerichtsvollziehers entgegenzunehmen.

(3) 
Bietet der Protestgegner oder ein anderer für ihn die Zahlung des Wechsels oder die andere wechselrechtliche Leistung tatsächlich an, so nimmt der Gerichtsvollzieher sie entgegen. Ist die Wechselsumme in Buchstaben und in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die in Buchstaben angegebene Summe. Ist die Wechselsumme mehrmals in Buchstaben oder mehrmals in Ziffern angegeben, so gilt bei Abweichungen die geringste Summe (Artikel 6 WG). Gegen Vollzahlung, das heißt gegen Zahlung der Wechselsumme und der etwa entstandenen Zinsen und Protestkosten, quittiert der Gerichtsvollzieher auf dem Wechsel, sofern dieser noch nicht vom Gläubiger quittiert ist; er händigt den Wechsel demjenigen aus, der ihn eingelöst hat. Zahlt der Notadressat oder Ehrenannehmer die Wechselsumme, so ist in der Quittung und auf dem Wechsel auch anzugeben, für wen gezahlt worden ist (Artikel 62 WG). Eine Teilzahlung darf der Gerichtsvollzieher nicht zurückweisen. Er erhebt in diesem Fall wegen des Restes Protest. Die Teilzahlung vermerkt er im Protest; der Bezogene kann verlangen, dass sie auch auf dem Wechsel vermerkt wird und dass ihm eine besondere Quittung erteilt wird (Artikel 39 WG). Das gezahlte Geld führt der Gerichtsvollzieher nach Abzug der Gerichtsvollzieherkosten unverzüglich an den Berechtigten ab. Bei teilweiser Annahme ist wegen des Restes Protest zu erheben, desgleichen auch, wenn die Annahmeerklärung irgendeine andere Abweichung von den Bestimmungen des Wechsels enthält.

(4)  
Verlangt der Bezogene bei der Vorlegung zur Annahme, dass ihm der Wechsel nach der ersten Vorlegung nochmals vorgelegt wird, so ist diesem Verlangen zu entsprechen. Der Gerichtsvollzieher nimmt über die Vorlegung und das Verlangen des Bezogenen einen urkundlichen Vermerk auf, legt den Wechsel dem Bezogenen am nächsten Tag nochmals vor und erhebt dann Protest, wenn die Annahme verweigert wird. In dem Protest vermerkt er auch, dass der Bezogene die nochmalige Vorlegung des Wechsels verlangt hat. Dasselbe gilt, wenn der Bezogene bei der Protesterhebung erneut die nochmalige Vorlegung verlangt. Ohne Zustimmung des Wechselinhabers darf der Gerichtsvollzieher den zur Annahme vorgelegten Wechsel während der Überlegungsfrist nicht in der Hand des Bezogenen lassen (Artikel 23, 44 Absatz 2 WG).

(5)
Wird der Auftrag ohne Protesterhebung erledigt, so muss der Gerichtsvollzieher dies urkundlich vermerken und den Vermerk zu den Protestsammelakten (§ 179) nehmen.

(6) 
Trifft der Gerichtsvollzieher weder den Protestgegner (Dritten) noch seinen Vertreter an der Proteststelle an oder findet er die Proteststelle vorübergehend verschlossen vor oder wird er an dem Zutritt zu der Proteststelle aus einem nicht in seiner Person liegenden Grund gehindert oder kann er die Proteststelle oder den Protestort nicht ermitteln, so erhebt er durch Feststellung dieser Tatsachen Protest.

(7)  
Eine Protesterhebung ist auch dann erforderlich, wenn derjenige, für den protestiert wird (Protestnehmer), und der Dritte, bei dem der Wechsel zahlbar gestellt ist (vergleiche § 165 Absatz 1), ein und dieselbe Person ist.

(8) 
Über die Erledigung des Auftrags zur Protesterhebung macht der Gerichtsvollzieher dem Auftraggeber unverzüglich Mitteilung. War ihm die Protesterhebung durch das Amtsgericht übertragen (§ 159 Absatz 1), so richtet er die Mitteilung an das Amtsgericht und fügt alle entstandenen Schriftstücke bei. Wegen des Wechsels und der Protesturkunde vergleiche jedoch § 171 Absatz 8.


§ 169 

Fremdwährungswechsel
(Artikel 41 WG)


(1)
Lautet der Wechsel auf eine fremde, am Zahlungsort nicht geltende Währung, so kann die Wechselsumme in der Landeswährung nach dem Wert bezahlt werden, den sie am Verfalltag besitzt. Verzögert der Schuldner die Zahlung, so kann der Inhaber wählen, ob die Wechselsumme nach dem Kurs des Verfalltages oder nach dem Kurs des Zahlungstages in die Landeswährung umgerechnet werden soll. Für den Gerichtsvollzieher ist insoweit die nähere Bestimmung durch den Auftraggeber maßgebend.

(2) 
Der Wert der fremden Währung bestimmt sich nach den Handelsbräuchen des Zahlungsorts. Der Aussteller kann jedoch im Wechsel für die zu zahlende Summe einen Umrechnungskurs bestimmen. Hat der Gerichtsvollzieher hinsichtlich der Umrechnung Zweifel, so kann er den Auftraggeber um die Umrechnung ersuchen, falls dies im Hinblick auf die Protestfrist angängig ist.

(3) 
Die Vorschriften in Absatz 1 und 2 gelten nicht, wenn der Aussteller die Zahlung in einer bestimmten Währung vorgeschrieben hat (Effektivvermerk).


§ 170 

Wechsel in fremder Sprache


Erhält der Gerichtsvollzieher den Auftrag, einen Wechsel in fremder Sprache zu protestieren, so soll er von dem Auftraggeber die Aushändigung einer Übersetzung des Wechsels verlangen. Ist dies wegen der Kürze der Protestfrist nicht möglich, so lässt er den Wechsel durch einen Gerichtsdolmetscher oder einen gerichtlich beeidigten Dolmetscher übersetzen. Die Übersetzung kann er an Stelle des in § 179 Absatz 2 vorgeschriebenen Vermerks zu den Protestsammelakten nehmen.


§ 171 

Protesturkunde
(Artikel 80 bis 83, 85 Absatz 1 WG)


(1)
Über den Verlauf der Protesterhebung ist eine Urkunde (Protest) aufzunehmen.

(2) 
Der Protest muss enthalten:

1.
den Namen (Firma) des Protestnehmers; Wechsel, die von den Kreditinstituten nach dem Wechseleinzugsabkommen eingezogen werden, sind an dem Inkassostempel mit dem Inhalt "Vollmacht gemäß Wechseleinzugsabkommen" zu erkennen. Protesturkunden über derartige Wertpapiere müssen stets die erste Inkassostelle als Protestnehmerin ausweisen und dürfen die letzte Inkassostelle allenfalls in der Funktion als Vertreterin der ersten Inkassostelle erwähnen;

2.
den Namen (Firma) des Protestgegners, zum Beispiel des Bezogenen, Notadressaten, Ehrenannehmers, Ausstellers oder Verwahrers; ferner den Namen des Dritten, wenn die Zahlung bei einem Dritten bewirkt werden soll, und die Bezeichnung eines etwa angetroffenen Vertreters, falls der Protestgegner oder der Dritte nicht angetroffen worden ist;

3.
die Angabe, dass der Protestgegner (der Dritte) oder sein Vertreter ohne Erfolg zur Vornahme der wechselrechtlichen Leistung aufgefordert worden oder nicht anzutreffen gewesen ist oder dass seine Geschäftsräume oder seine Wohnung sich nicht haben ermitteln lassen. Ist eine Nachfrage bei der Polizeibehörde des Ortes ohne Erfolg geblieben, so ist dies im Protest zu vermerken. Wegen des Inhalts der Protesturkunde in besonderen Fällen vergleiche § 168 Absatz 4 und 6;

4.
den Ort und den Tag, an dem die Aufforderung geschehen oder ohne Erfolg versucht worden ist;

5.
die Unterschrift des Gerichtsvollziehers unter Beifügung eines Abdrucks des Dienstsiegels oder Dienststempels.

(3)
Erfährt der Gerichtsvollzieher, dass der Protestgegner verstorben ist oder dass über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist, so vermerkt er dies nachrichtlich im Protest. Um klarzustellen, dass keine Gewähr für die Richtigkeit der mitgeteilten Tatsache übernommen wird, fasst er den Vermerk wie folgt:

„NN. (Protestgegner)   s o l l   verstorben sein.“

oder

„Über das Vermögen des NN.   s o l l   das Insolvenzverfahren eröffnet worden sein.“

(4)   
Wird der Protest mit Einverständnis des Protestgegners außerhalb der Proteststunden (§ 160 Absatz 2) oder außerhalb der Proteststelle (§ 167) erhoben, so ist in dem Protest auch zu beurkunden,

1.
dass der Protestgegner einverstanden gewesen ist,

2.
ob der Gerichtsvollzieher ihn gekannt hat oder wie er seine Persönlichkeit festgestellt hat.

(5) 
Muss eine wechselrechtliche Leistung von mehreren Personen oder von derselben Person mehrfach verlangt werden, so ist über die mehrfache Aufforderung nur eine Protesturkunde erforderlich. Dagegen können Proteste, die auf Grund mehrerer Wechsel erhoben werden, nicht in einer Urkunde aufgenommen werden.

(6)
Für die äußere Form des Protestes gelten folgende Vorschriften:

1.
Der Protest ist auf den Wechsel oder ein damit zu verbindendes Blatt zu setzen.

2.
Der Protest soll unmittelbar hinter den letzten auf der Rückseite des Wechsels befindlichen Vermerk, beim Fehlen eines solchen unmittelbar an den Rand der Rückseite gesetzt werden.

3.
Wird der Protest auf ein Blatt gesetzt, das mit dem Wechsel verbunden wird, so soll die Verbindungsstelle mit dem Abdruck des Dienstsiegels oder Dienststempels des Gerichtsvollziehers versehen werden. Ist dies geschehen, so braucht der Unterschrift des Gerichtsvollziehers kein Abdruck des Siegels oder Stempels beigefügt werden.

4.
Wird der Protest unter Vorlegung mehrerer Ausfertigungen desselben Wechsels oder unter Vorlegung der Urschrift und einer Abschrift erhoben, so genügt die Beurkundung auf einer der Ausfertigungen oder auf der Urschrift. Auf den anderen Ausfertigungen oder auf der Abschrift ist zu vermerken, auf welche Ausfertigung der Protest gesetzt ist oder dass er sich auf der Urschrift befindet. Für diesen Vermerk gelten die Vorschriften in Nummer 2 und 3 Satz 1 entsprechend. Der Gerichtsvollzieher muss den Vermerk unterschreiben.

5.
Der Protest wegen Verweigerung der Aushändigung der Urschrift ist auf die Abschrift oder ein damit zu verbindendes Blatt zu setzen. Die Vorschriften in Nummer 2 und 3 finden entsprechende Anwendung.

6.
Wird Protest erhoben, weil die Annahme auf einen Teil der Wechselsumme beschränkt worden ist, so ist eine Abschrift des Wechsels anzufertigen und der Protest auf diese Abschrift oder ein damit zu verbindendes Blatt zu setzen. Die Abschrift hat auch die Indossamente und anderen Vermerke zu enthalten, die sich auf dem Wechsel befinden. Die Bestimmungen in Nummer 2 und 3 gelten entsprechend. Die Abschrift nebst Protest ist im Fall des Rückgriffs für den Rückgriffsschuldner bestimmt, der den nicht angenommenen Teil der Wechselsumme gezahlt hat (Artikel 51 WG).

(7)   
Die Urkunde soll möglichst im unmittelbaren Anschluss an den zu beurkundenden Vorgang aufgenommen werden. Sie ist noch vor Ablauf der gesetzlichen Protestfrist fertig zu stellen. Schreibfehler, Auslassungen und sonstige Mängel der Protesturkunde kann der Gerichtsvollzieher bis zur Aushändigung der Urkunde an den Protestnehmer berichtigen. Die Berichtigung ist als solche unter Beifügung der Unterschrift kenntlich zu machen.

(8) 
Der Protest ist dem Auftraggeber mit dem Wechsel in Urschrift auszuhändigen oder durch eingeschriebenen Brief zu übersenden. Hatte das Amtsgericht dem Gerichtsvollzieher die Protestaufnahme übertragen, so ist der Protest dem Berechtigten gleichfalls unmittelbar auszuhändigen, sofern sich nicht das Gericht die Vermittlung der Aushändigung vorbehalten hat.

(9)   
Eine abhanden gekommene oder vernichtete Protesturkunde kann durch ein Zeugnis über die Protesterhebung ersetzt werden. Das Zeugnis ist von der Stelle zu erteilen, welche die beglaubigte Abschrift der Urkunde verwahrt (§ 179), in der Regel also von dem Gerichtsvollzieher oder dem Amtsgericht. In dem Zeugnis muss der Inhalt des Protestes und des gemäß § 179 Absatz 2 aufgenommenen Vermerks angegeben sein (Artikel 90 Absatz 2 WG).


C. Scheckprotest


§ 172 

Anzuwendende Vorschriften


Die Aufnahme von Scheckprotesten führt der Gerichtsvollzieher nach den Vorschriften des Scheckgesetzes, den dort in Artikel 55 Absatz 3 bezeichneten Vorschriften des Wechselgesetzes und den folgenden §§ 173 bis 178 durch.


§ 173 

Arten des Scheckprotestes
(Artikel 40 ScheckG)


Das Scheckgesetz kennt lediglich den Protest mangels Zahlung. Er dient zum Nachweis dafür, dass der Scheck rechtzeitig zur Zahlung vorgelegt und nicht eingelöst oder dass die Vorlegung vergeblich versucht worden ist. Die Protesterhebung ist auch beim Verrechnungsscheck erforderlich.


§ 174 

Fälligkeit
(Artikel 28 ScheckG)


Der Scheck ist bei Sicht zahlbar. Jede gegenteilige Angabe gilt als nicht geschrieben. Ein Scheck, der vor Eintritt des auf ihm angegebenen Ausstellungstages zur Zahlung vorgelegt wird, ist am Tag der Vorlegung zahlbar.


§ 175 

Protestfristen
(Artikel 29, 41 ScheckG)


(1)
Der Protest muss vor Ablauf der Vorlegungsfrist erhoben werden.

(2)  
Die Vorlegungsfristen sind in Artikel 29 ScheckG festgelegt. Danach sind in Deutschland zahlbare Schecks vorzulegen

1.
wenn sie in Deutschland ausgestellt sind, binnen acht Tagen,

2.
wenn sie in einem anderen europäischen oder in einem an das Mittelmeer an-grenzenden Land ausgestellt sind, binnen 20 Tagen,

3.
wenn sie in einem anderen Erdteil ausgestellt sind, binnen 70 Tagen.

Diese Fristen beginnen an dem Tag zu laufen, der im Scheck als Ausstellungstag angegeben ist.

(3) 
Ist die Vorlegung am letzten Tag der Frist erfolgt, so kann der Protest auch noch an dem folgenden Werktag erhoben werden.


§ 176 

Protestgegner


Protestgegner ist der Bezogene, und zwar auch dann, wenn der Scheck bei einem Dritten zahlbar gestellt ist. Bezogener kann nur ein Bankier (Geldinstitut) im Sinne der Artikel 3, 54 ScheckG sein. Der Scheck kann nicht angenommen werden (Artikel 4 ScheckG).


§ 177 

Protestort


(1) 
Protestort ist der Zahlungsort. Fehlt eine besondere Angabe, so gilt der bei dem Namen des Bezogenen angegebene Ort als Zahlungsort. Sind mehrere Orte bei dem Namen des Bezogenen angegeben, so ist der Scheck an dem Ort zahlbar, der an erster Stelle genannt ist. Fehlt jede Angabe, so ist der Scheck an dem Ort zahlbar, an dem der Bezogene seine Hauptniederlassung hat (Artikel 2 Absatz 2 und 3 ScheckG).

(2) 
Der Scheck kann bei einem Dritten, am Wohnort des Bezogenen oder an einem anderen Ort zahlbar gestellt werden, sofern der Dritte Bankier ist (Artikel 8 ScheckG).


§ 178 

Proteststelle, Verfahren bei der Protesterhebung und Protesturkunde


(1) 
Die Vorschriften des § 167 über die Proteststelle, des § 168 über das Verfahren bei der Protesterhebung und des § 171 über die Protesturkunde finden für den Scheckprotest sinngemäße Anwendung.

(2) 
Für die Protesterhebung beim Verrechnungsscheck gelten folgende besondere Bestimmungen:

1.
Der Scheckinhaber hat dem Gerichtsvollzieher Weisung zu erteilen, wie die Verrechnung vorgenommen werden soll, zum Beispiel durch Gutschrift auf seinem bei dem Bezogenen bereits vorhandenen oder einzurichtenden Konto. Der Bezogene kann jedoch jede andere Art einer rechtlich zulässigen Verrechnung wählen.

2.
Ist der Bezogene zur Verrechnung bereit, so darf der Gerichtsvollzieher den Scheck erst aushändigen, wenn er von dem Bezogenen eine Gutschriftsanzeige oder eine sonstige verbindliche Erklärung über die Verrechnung erhalten hat.

3.
Bietet der Bezogene dem Gerichtsvollzieher bei der Vorlegung eines Verrechnungsschecks Barzahlung an, so ist der Gerichtsvollzieher trotz des Verrechnungsvermerks berechtigt und verpflichtet, die Zahlung anzunehmen. Ferner ist er verpflichtet, angebotene Teilzahlungen anzunehmen (Artikel 34 Absatz 2 ScheckG).

D. Protestsammelakten


§ 179 

(Artikel 85 Absatz 2 WG, Artikel 55 Absatz 3 ScheckG)


(1)
Von jedem Wechsel- oder Scheckprotest ist eine beglaubigte Abschrift zurückzubehalten.

(2) 
Über den Inhalt des Wechsels, der Wechselabschrift oder des Schecks ist ein Vermerk aufzunehmen, der enthalten muss:

1.
den Betrag des Wechsels oder des Schecks;

2.
die Verfallzeit;

3.
den Ort und den Tag der Ausstellung;

4.
den Namen des Ausstellers, den Namen dessen, an den oder an dessen Order gezahlt werden soll, und den Namen des Bezogenen;

5.
falls eine vom Bezogenen (oder beim eigenen Wechsel vom Aussteller) verschiedene Person angegeben ist, bei der die Zahlung bewirkt werden soll, den Namen dieser Person;

6.
die Namen der etwaigen Notadressaten und Ehrenannehmer.

Wegen des Vermerks bei Wechseln in fremder Sprache vergleiche § 170.

(3)  
Der Vermerk über den Inhalt des Wechsels, der Wechselabschrift oder des Schecks sowie die Protestabschrift sind tunlichst auf dasselbe Blatt zu schreiben.

(4) 
Die Protestabschriften und die Vermerke sind nach der zeitlichen Reihenfolge in Protestsammelakten einzuheften. Die Protestabschriften erhalten innerhalb eines jeden Bandes laufende Nummern. Enthält ein Band 200 Nummern, so ist ein neuer Band anzulegen.


Fünfter Abschnitt

Öffentliche Versteigerung und freihändiger Verkauf außerhalb der Zwangsvollstreckung

A. Allgemeine Vorschriften


§ 180 


(1)
Außerhalb der Zwangsvollstreckung ist der Gerichtsvollzieher zuständig,

1.
die öffentliche Versteigerung oder den freihändigen Verkauf in allen Fällen durchzuführen, in denen das Gesetz einen Berechtigten ermächtigt, bewegliche Sachen oder Wertpapiere zum Zweck seiner Befriedigung oder sonst für Rechnung eines anderen öffentlich versteigern oder durch eine zu öffentlichen Versteigerungen befugte Person aus freier Hand verkaufen zu lassen,

2.

freiwillige Versteigerungen für Rechnung des Auftraggebers durchzuführen.

(2) 
Die Versteigerung oder der freihändige Verkauf erfolgt auf Betreiben des Berechtigten. Eines Schuldtitels oder einer gerichtlichen Ermächtigung bedarf es nicht.

(3) 
Dem Gerichtsvollzieher ist es nicht gestattet,

1.
Sachen zu versteigern, die ihm, seinen Angehörigen oder seinen anlässlich der Versteigerung zugezogenen Gehilfen gehören,

2.
selbst, durch einen anderen oder für einen anderen zu bieten oder zu kaufen,

3.
seinen Angehörigen oder seinen Gehilfen das Bieten oder das Kaufen zu gestatten,

4.
eine Gewähr für den Eingang der Kaufgelder (Kaufgeldergewähr) oder für eine bestimmte Höhe des Versteigerungserlöses (Ausbietungsgewähr) zu übernehmen,

5.
eine Beteiligung an einem Überpreis oder eine besondere Vergütung für den Empfang des Erlöses und seiner Ablieferung zu vereinbaren,

5.
die zu versteigernden Gegenstände anzupreisen.

(4) 
In Gastwirtschaften sollen Versteigerungen nur stattfinden, wenn keine anderen geeigneten Räume vorhanden sind und wenn während der Versteigerung keine alkoholischen Getränke ausgeschenkt werden. Betrunkene sind zum Bieten nicht zuzulassen und aus den Versteigerungsräumen zu entfernen.

(5)   
Der Gerichtsvollzieher muss die Versteigerung unterbrechen oder abbrechen, wenn er weiß oder nach den Umständen  annehmen muss, dass

1.
Personen Verabredungen getroffen haben, nach denen andere vom Mitbieten oder Weiterbieten abgehalten werden sollen,

2.
Sachen durch vorgeschobene Personen ersteigert werden sollen, um von den Beteiligten zum gemeinsamen Vorteil veräußert oder unter ihnen verteilt zu werden,

3.
Personen mitbieten, die gewerbsmäßig das Mitbieten für andere übernehmen oder sich dazu erbieten.

Der Gerichtsvollzieher kann die in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Personen nötigenfalls mit polizeilicher Hilfe entfernen lassen.


B. Pfandverkauf

I. Allgemeines


§ 181 


(1)
Aus einem Pfand, das aus beweglichen Sachen oder Inhaberpapieren (§§ 1293, 1296 BGB) besteht, kann sich der Pfandgläubiger ohne gerichtliches Verfahren nach den §§ 1228 bis 1248 BGB im Wege des Pfandverkaufs befriedigen; es macht keinen Unterschied, ob das Pfandrecht durch Rechtsgeschäft bestellt oder kraft Gesetzes entstanden war (§ 1257 BGB). Ein gesetzliches Pfandrecht haben insbesondere

1. der aus einer Hinterlegung Berechtigte (§ 233 BGB),

2. der Vermieter (§§ 562 bis 562d BGB),

3. der Verpächter (§ 581 Absatz 2, § 592 BGB),

4. der Pächter (§ 583 BGB),

5. der Unternehmer eines Werkes (§ 647 BGB),

6. der Gastwirt (§ 704 BGB),

7. der Kommissionär, Spediteur, Lagerhalter und Frachtführer (§§ 397, 398, 464, 475b, 440 HGB). (Fn 3) (Fn 5)

(2)  
Der Verkauf des Pfandes ist - vorbehaltlich der in § 188 bezeichneten Befugnis des Pfandgläubigers - nach den §§ 1234 bis 1240 BGB durchzuführen. Der Auftraggeber ist gegenüber dem Eigentümer des Pfandes dafür verantwortlich, dass das Pfand unter den gesetzlichen Voraussetzungen und in der gesetzlichen Form veräußert wird. Der Gerichtsvollzieher muss sich an die Weisungen des Auftraggebers halten. Er soll jedoch den Auftraggeber auf die Folgen (§ 1243 BGB) aufmerksam machen, wenn dieser einen Pfandverkauf unter einer anderen als der gesetzlichen Form ohne die erforderliche Einwilligung des Eigentümers und der Personen, denen sonstige Rechte an dem Pfand zustehen (§ 1245 BGB) oder ohne die erforderliche Anordnung des Gerichts (§ 1246 BGB) verlangt. Den Auftrag zu einem offenbar unzulässigen Pfandverkauf lehnt der Gerichtsvollzieher ab.

(3)
Der Verkauf darf - vorbehaltlich der Abweichung nach § 187 Absatz 2 - nicht vor dem Ablauf eines Monats nach der Androhung (§ 1234 BGB) oder, wenn die Androhung unterblieben ist, nach dem Eintritt der Verkaufsberechtigung erfolgen. Die Androhung ist Sache des Pfandgläubigers; er kann den Gerichtsvollzieher beauftragen, die Androhung in seinem Namen vorzunehmen (vergleiche § 182 Absatz 2). Der Verkauf ist durch öffentliche Versteigerung oder, wenn das Pfand einen Börsen- oder Marktpreis hat, aus freier Hand zum laufenden Preis zu bewirken (§§ 1235, 1221 BGB). Bei der Versteigerung oder bei dem freihändigen Verkauf ist der zu veräußernde Gegenstand ausdrücklich als Pfand zu bezeichnen.

(4)  
Der Gerichtsvollzieher trägt die zum Verkauf gestellten Gegenstände unter fortlaufender Nummer in ein Verzeichnis ein. Dabei sind die Gegenstände so genau wie möglich zu bezeichnen. Fabrikmarken und Herstellungsnummern sind anzugeben; falls erforderlich, müssen mehrere Nummern angegeben werden, zum Beispiel Fahrgestell- und Motoren-Nummern bei Kraftfahrzeugen. Das Verzeichnis ist dem Auftraggeber zur Anerkennung vorzulegen und von diesem zu unterzeichnen. Hat der Auftraggeber ein solches Verzeichnis bereits übergeben, so prüft der Gerichtsvollzieher die Vollständigkeit und bestätigt dies schriftlich. Nimmt der Gerichtsvollzieher auf Verlangen die Pfandgegenstände bis zum Versteigerungstermin in Verwahrung, so nimmt er über die Übernahme ein Protokoll auf und verbindet es mit dem Verzeichnis. Schätzpreise sind nur auf besonderes Verlangen in das Verzeichnis aufzunehmen; bei Gold- und Silbersachen muss das Verzeichnis den Gold- und Silberwert, erforderlichenfalls nach der Schätzung eines Sachverständigen, ergeben. Der Sachverständige braucht nicht vereidigt zu sein.


II. Öffentliche Versteigerung


§ 182 

Ort, Zeit und Bekanntmachung der Versteigerung


(1) 
Die Versteigerung erfolgt an dem Ort, an dem das Pfand aufbewahrt wird oder an einem anderen geeigneten Ort (§ 1236 BGB). Die Bestimmung des Ortes ist Sache des Auftraggebers. Zeit und Ort der Versteigerung werden unter allgemeiner Bezeichnung des Pfandes öffentlich bekanntgemacht. Bei der Wahl der Art der Bekanntmachung (zum Beispiel durch Veröffentlichung in Zeitungen) ist der Wert des Gegenstandes zu berücksichtigen (vergleiche § 93 Absatz 3). Es ist ersichtlich zu machen, dass es sich um einen Pfandverkauf handelt. Die Namen des Pfandgläubigers und des Verpfänders sind nicht bekanntzumachen. Die Bekanntmachung ist aktenkundig zu machen; war sie in öffentliche Blätter eingerückt, so ist ein Belegblatt zu den Akten zu nehmen.

(2) 
Der Eigentümer des Pfandes und die von dem Pfandgläubiger etwa bezeichneten dritten Personen, denen Rechte an dem Pfand zustehen, sind von dem Versteigerungstermin zu benachrichtigen (§ 1237 BGB). Die Benachrichtigung des Eigentümers kann mit der Androhung des Pfandverkaufs verbunden werden. Die Benachrichtigungen erfolgen durch Einschreiben, sofern der Auftraggeber nichts anderes bestimmt.

(3)  
Die Aufhebung eines Versteigerungstermins ist öffentlich bekanntzumachen. Die nach Absatz 2 benachrichtigten Personen sind von der Aufhebung des Termins zu verständigen.


§ 183 

Versteigerungstermin


(1)
Vor dem Beginn des Versteigerungstermins sind die zu versteigernden Sachen bereitzustellen und mit dem Verzeichnis zu vergleichen. Fehlende oder beschädigte Gegenstände sind in dem Verzeichnis zu vermerken. § 94 Absatz 1 gilt entsprechend.

(2) 
Die Versteigerungsbedingungen müssen § 1238 BGB entsprechen. Insbesondere ist aufzunehmen, dass der Käufer den Kaufpreis sofort bar zu entrichten hat und andernfalls seine Rechte verliert (§ 1238 Absatz 1 BGB). Verlangt der Pfandgläubiger die Versteigerung unter anderen Bedingungen (vergleiche § 1238 Absatz 2 BGB), so soll er darauf hingewiesen werden, dass er für den Schaden haftet, der daraus für den Eigentümer des Pfandes entsteht.

(3) 
Im Termin sind die Kaufbedingungen bekanntzumachen. Sodann ist zum Bieten aufzufordern. Die Gegenstände sind regelmäßig einzeln und in der Reihenfolge des Verzeichnisses aufzurufen und zur Besichtigung vorzuzeigen. Gegenstände, die sich dazu eignen, insbesondere eine Anzahl von Gegenständen derselben Art, können auch zusammen ausgeboten werden. Der Auftraggeber und der Eigentümer des Pfandes können bei der Versteigerung mitbieten (§ 1239 Absatz 1 BGB). Das Gebot des Eigentümers und - wenn das Pfand für eine fremde Schuld haftet - das Gebot des Schuldners ist zurückzuweisen, wenn nicht der gebotene Betrag sogleich bar vorgelegt wird (§ 1239 Absatz 2 BGB). Dies gilt nicht, wenn der Auftraggeber etwas anderes bestimmt. Dem Zuschlag an den Meistbietenden soll ein dreimaliger Aufruf vorausgehen. Gold- und Silbersachen dürfen nicht unter dem Gold- und Silberwert zugeschlagen werden (§ 1240 Absatz 1 BGB). Die Verpflichtung eines Bieters erlischt, sobald ein Übergebot abgegeben wird oder wenn die Versteigerung ohne Erteilung des Zuschlags geschlossen wird (§ 156 BGB).

(4)
Wenn die Versteigerungsbedingungen nichts anderes ergeben oder der Auftraggeber nichts anderes bestimmt (vergleiche Absatz 2), hat der Ersteher den zugeschlagenen Gegenstand gegen Zahlung des Kaufpreises unverzüglich in Empfang zu nehmen. Unterbleibt die Zahlung bis zu der in den Versteigerungsbedingungen bestimmten Zeit oder beim Fehlen einer solchen Bestimmung bis zum Schluss des Termins, so kann die Wiederversteigerung zu Lasten des Erstehers sofort vorgenommen werden.

(5)   
Wird der Zuschlag dem Auftraggeber erteilt, so ist dieser von der Verpflichtung zur baren Zahlung insoweit befreit, als der Erlös nach Abzug der Kosten an ihn abzuführen wäre; der Gerichtsvollzieher ist zur Herausgabe der Sache an ihn nur verpflichtet, wenn die Gerichtsvollzieherkosten bar gezahlt werden.

(6)  
Die Versteigerung ist einzustellen, sobald der Erlös zur Befriedigung des Auftraggebers und zur Deckung der Kosten ausreicht. Der Gerichtsvollzieher rechnet deshalb die bereits erzielten Erlöse von Zeit zu Zeit zusammen.


§ 184 

Versteigerungsprotokoll

(1) 
Das Protokoll über die Versteigerung muss insbesondere enthalten:

1.
den Namen des Pfandgläubigers und des Eigentümers der Pfandgegenstände; wenn das Pfand für eine fremde Schuld haftet, auch den Namen des Schuldners,

2.
den Betrag der Forderung und der Kosten, derentwegen der Gläubiger seine Befriedigung aus dem Pfand sucht,

3.
den Hinweis auf die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen und den Wortlaut der Versteigerungsbedingungen, soweit sie von den gesetzlichen Bestimmungen abweichen; ferner die
Bemerkung, dass die Gegenstände als Pfand verkauft werden,

4.
die Bezeichnung der angebotenen Gegenstände, die abgegebenen Meistgebote und die Namen der Bieter, denen der Zuschlag erteilt ist,

5.
die Angabe, dass der Kaufpreis bezahlt oder dass die Zahlung und die Übergabe der Sachen unterblieben ist.

Die Gegenstände werden in dem Versteigerungsprotokoll sogleich bei dem Ausgebot verzeichnet. Zu jedem Gegenstand ist nach dem Zuschlag das Meistgebot und der Name des Meistbietenden anzugeben, bei Geboten über 100 Euro auch dessen Anschrift. Ebenso ist die Zahlung des Kaufpreises alsbald zu vermerken. Die dem Meistgebot vorangegangenen Gebote und deren Bieter, die den Zuschlag nicht erhalten haben, sind nicht zu verzeichnen. Jedoch ist ein zurückgewiesenes Gebot im Protokoll zu vermerken, aber nicht in der Spalte, die für das Meistgebot bestimmt ist. Bei Gold- und Silbersachen ist es zudem zu protokollieren, falls trotz des wiederholten Aufrufs kein genügendes Gebot abgegeben worden ist.

(2)   
Das Protokoll braucht nicht im Ganzen vorgelesen zu werden. Von den Bietern brauchen nur diejenigen in oder unter dem Protokoll zu unterzeichnen, die den Zuschlag erhalten haben oder - falls der Zuschlag in dem Termin nicht erteilt ist - an ihr Gebot gebunden bleiben. Unterbleibt die Unterzeichnung, etwa weil ein Beteiligter sich entfernt hat oder die Unterschrift verweigert, so ist der Grund dafür im Protokoll zu vermerken.


III. Freihändiger Verkauf


§ 185 


Ein freihändiger Verkauf findet statt:

1.
bei Wertpapieren, Waren und anderen Pfändern, die einen Börsen- oder Marktpreis haben (§ 1235 Absatz 2, § 1295 BGB),

2.
bei Gold- und Silbersachen, deren Versteigerung fruchtlos versucht worden ist (§ 1240 Absatz 2 BGB),

3.
auf Anordnung des Gerichts (§ 1246 Absatz 2 BGB, § 411 Absatz 4 FamFG).

Der Verkauf ist unter entsprechender Anwendung der Vorschriften der §§ 98 und 99 durchzuführen. Die Bestimmungen über das Mindestgebot (vergleiche § 98) gelten jedoch nicht. Beim Verkauf ist die Sache als Pfand zu bezeichnen. Die in Satz 1 Nummer 1 genannten Sachen sind nur zum laufenden Preis, die in Satz 1 Nummer 2 genannten Sachen nur zu einem den Gold- und Silberwert erreichenden Preis zu verkaufen. Unter dem laufenden Preis ist der Börsen- oder Marktpreis zu verstehen, der am Tage des Verkaufs für den Verkaufsort gilt. Der Pfandgläubiger kann solche Pfandgegenstände, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, statt durch freihändigen Verkauf auch durch Versteigerung veräußern lassen, sofern es sich nicht um die im § 1295 BGB bezeichneten indossablen Papiere handelt.


IV. Behandlung des Erlöses und der nicht versteigerten Gegenstände


§ 186 


(1)
Der Gerichtsvollzieher führt den Erlös der Versteigerung oder des freihändigen Verkaufs nach Abzug der Gerichtsvollzieherkosten unverzüglich an den Auftraggeber ab. Dies gilt auch dann, wenn der Erlös den Betrag der Forderung und der Kosten übersteigt, es sei denn, dass der Gläubiger den Gerichtsvollzieher beauftragt hat, den Überschuss an den Eigentümer des Pfandes abzuführen oder für diesen zu hinterlegen. In gleicher Weise ist mit Gegenständen zu verfahren, die gemäß § 183 Absatz 6 nicht versteigert worden sind.

(2)  
Die Benachrichtigung des Eigentümers über das Ergebnis des Pfandverkaufs ist dem Pfandgläubiger zu überlassen (§ 1241 BGB).


V. Pfandverkauf in besonderen Fällen


§ 187 


(1)
Die Vorschriften über den Pfandverkauf finden auch Anwendung auf eine Versteigerung,

1.
die zwecks Auseinandersetzung unter den Teilhabern einer Gemeinschaft (§ 753 BGB), unter den Mitgliedern einer Gesellschaft (§ 731 BGB in Verbindung mit § 753 BGB), unter Ehegatten bei Auflösung der Gütergemeinschaft (§ 1477 BGB), unter den Beteiligten bei Aufhebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft (§ 1498 BGB) oder unter Miterben (§ 2042 in Verbindung mit § 753 BGB) vorgenommen wird,

2.
die der Besitzer einer beweglichen Sache veranlasst, um sich wegen seiner Verwendungen aus der Sache zu befriedigen (§§ 1003, 2022 BGB).

(2)  
Steht einem Kaufmann ein Zurückbehaltungsrecht auf Grund des § 369 HGB zu, so darf er sich aus den zurückbehaltenen Gegenständen für seine Forderungen im Wege des Pfandverkaufs befriedigen, vorausgesetzt, dass er einen vollstreckbaren Titel über sein Recht zur Befriedigung aus den Gegenständen besitzt (§ 371 Absatz 3 HGB). Bei einem Pfandverkauf, der auf Grund eines kaufmännischen Zurückbehaltungsrechts oder auf Grund eines Pfandrechts vorgenommen wird, dessen Bestellung auf Seiten des Pfandgläubigers und des Verpfänders ein Handelsgeschäft war, verkürzt sich die in § 181 Absatz 3 genannte Frist auf eine Woche. Dies gilt entsprechend auch für das gesetzliche Pfandrecht des Kommissionärs, des Spediteurs, des Lagerhalters und des Frachtführers, für das Pfandrecht des Spediteurs und des Frachtführers auch dann, wenn der Speditions- oder Frachtvertrag nur auf ihrer Seite ein Handelsgeschäft ist (§ 368 HGB). Bei einem Pfandverkauf im Auftrag eines Frachtführers oder Verfrachters sind die Androhung und die Benachrichtigung an den Empfänger des Gutes zu richten; ist dieser nicht zu ermitteln oder verweigert er die Annahme des Gutes, so hat die Androhung und Benachrichtigung gegenüber dem Absender zu erfolgen (§ 440 HGB) (Fn 3). Der Kommissionär kann auch solches Kommissionsgut, dessen Eigentümer er ist, im Wege des Pfandverkaufs veräußern lassen; der Verkauf erfolgt dann für Rechnung des Kommittenten (§ 398 HGB).


VI. Befriedigung des Pfandgläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung


§ 188 


Im Fall von § 1233 Absatz 2 BGB hat der Pfandgläubiger das Pfand und den vollstreckbaren Titel an den Gerichtsvollzieher herauszugeben, den er mit der Veräußerung beauftragt. In dem Übernahmeprotokoll sind die einzelnen Stücke in der Weise aufzuführen, die für das Pfändungsprotokoll vorgeschrieben ist. Die Zustellung des Schuldtitels, die Unterbringung und Verwertung der Gegenstände sowie die Verrechnung und Abführung des Erlöses erfolgt nach den Bestimmungen für das Zwangsvollstreckungsverfahren.


C. Sonstige Versteigerungen, die kraft gesetzlicher Ermächtigung für einen anderen erfolgen


§ 189 


(1)
Die Bestimmungen über den Pfandverkauf finden keine Anwendung, wenn der Auftraggeber seine gesetzliche Ermächtigung zur Versteigerung auf andere als die in den §§ 181 bis 188 bezeichneten Vorschriften gründet. In diesem Fall richtet sich das Verfahren des Gerichtsvollziehers nach den folgenden Absätzen 2 bis 8. Dies gilt insbesondere für die Versteigerung

1.
von Fundsachen, deren Verderb zu besorgen oder deren Aufbewahrung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist (§ 966 BGB), oder von Sachen, die in den Geschäftsräumen oder Beförderungsmitteln einer öffentlichen Behörde oder einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anstalt gefunden worden sind (§ 979 BGB),

2.
von verpfändeten oder anderen Sachen wegen drohenden Verderbs oder wegen der Besorgnis wesentlicher Wertminderung (§ 1219 BGB ; §§ 379, 388, 391, 437 HGB),

3.
von Sachen, die zur Hinterlegung nicht geeignet sind, im Fall des Verzugs des Gläubigers (§ 383 Absatz 1 BGB),

4.
von Waren wegen Verzugs des Käufers mit der Annahme der Ware gemäß § 373 HGB,

5.
von Sachen wegen des Erfüllungsverzugs beim Fixgeschäft gemäß § 376 HGB.

(2)  
Die nach den gesetzlichen Vorschriften erforderliche Androhung des Verkaufs und die im Fall des § 966 BGB erforderliche Anzeige bei der zuständigen Behörde obliegt dem Auftraggeber.

(3) 
Die zum Verkauf gestellten Sachen sind in ein Verzeichnis einzutragen, das den Bestimmungen des § 181 Absatz 4 entspricht. Die Versteigerungsbedingungen, die Zeit und den Ort der Versteigerung sowie die Art der Bekanntmachung hat der Auftraggeber zu bestimmen. Der Gerichtsvollzieher soll den Auftraggeber nötigenfalls darauf hinweisen, dass der Gegner den Verkauf nicht als für seine Rechnung geschehen anzuerkennen brauche, wenn er zu ungewöhnlichen oder den Umständen des Falles nicht angemessenen Bedingungen vorgenommen worden ist, zum Beispiel unter Ausschluss der Gewährleistung. Bleibt die Bestimmung dem Gerichtsvollzieher überlassen, so erfolgt die Versteigerung ohne besondere Bedingungen nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die für den Kauf gelten. Die Bekanntmachung erfolgt nach den Grundsätzen des § 93 Absatz 3, soweit sie erforderlich und ohne Gefährdung des Versteigerungszwecks ausführbar ist.

(4)  
Von dem Versteigerungstermin sind der Auftraggeber und nach dessen Bestimmungen auch die Personen, für deren Rechnung der Verkauf erfolgt, zu benachrichtigen. Die Benachrichtigung geschieht durch eingeschriebenen Brief, sofern der Auftraggeber nichts anderes angeordnet hat. Gold- und Silbersachen dürfen - vorbehaltlich einer anderen Bestimmung des Auftraggebers - auch unter dem Gold- und Silberwert zugeschlagen werden. Für die Versteigerung gelten im Übrigen die Bestimmungen des § 183 Absatz 3 entsprechend. Die Versteigerung ist solange fortzusetzen, bis alle zum Verkauf stehenden Sachen angeboten sind, wenn nicht der Auftraggeber den früheren Schluss verlangt.

(5)
Das Protokoll muss den gesetzlichen Grund der Versteigerung angeben. Die Vorschriften des § 184 Absatz 1 finden entsprechende Anwendung. Die Bemerkung, dass die Sachen als Pfand angeboten werden, ist nur aufzunehmen, wenn der Fall des § 1219 BGB vorliegt.

(6) 
Der Erlös ist nach Abzug der Gerichtsvollzieherkosten ohne Verzug an den Auftraggeber abzuführen oder auf sein Verlangen für die von ihm bestimmten Personen zu hinterlegen.

(7)  
Wird der Gerichtsvollzieher beauftragt, Sachen, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, aus freier Hand zu veräußern (vergleiche §§ 385,1221 BGB; § 373 Absatz 2 HGB), so ist der Verkauf unter entsprechender Anwendung der §§ 98 und 99 vorzunehmen. Die Sachen sind jedoch zum laufenden Preis zu verkaufen, sofern der Auftraggeber nichts anderes bestimmt hat.

(8) 
Nach den vorstehenden Bestimmungen ist auch die Veräußerung einer Aktie oder eines Anteilrechts im Auftrag einer Aktiengesellschaft in den Fällen der §§ 65 und 226 Absatz 3 AktG sowie eines Geschäftsanteils in den Fällen der §§ 23 und 27 GmbHG durchzuführen.


D. Freiwillige Versteigerungen für Rechnung des Auftraggebers


§ 190 

Zuständigkeit und Verfahrensvorschriften


(1)
Der Gerichtsvollzieher darf außerhalb der Zwangsvollstreckung freiwillige Versteigerungen von

1.
beweglichen Sachen,

2.
Früchten, die vom Boden noch nicht getrennt sind (zum Beispiel Früchte auf dem Halm, Holz auf dem Stamm),

für Rechnung des Auftraggebers ausführen. Die nachfolgenden Vorschriften finden auf die Versteigerung von Früchten, die vom Boden noch nicht getrennt sind, entsprechende Anwendung.

(2) 
Dem Gerichtsvollzieher ist es nicht gestattet, um Aufträge zu freiwilligen Versteigerungen nachzusuchen. Der Auftrag zu einer freiwilligen Versteigerung ist schriftlich zu erteilen. Ihm ist eine vollständige Liste der zur Versteigerung bestimmten Sachen beizufügen. Sollen Waren versteigert werden, die in offenen Verkaufsstellen angeboten werden und die ungebraucht sind oder deren bestimmungsgemäßer Gebrauch in ihrem Verbrauch besteht, so ist dem Auftrag ferner eine Bescheinigung der nach § 155 Absatz 2 der Gewerbeordnung (GewO) zuständigen Behörde darüber beizufügen, dass der Versteigerung unter den Gesichtspunkten des § 34b Absatz 6 Nummer 5 Buchstabe b GewO und des § 6 der Versteigererverordnung (VerstV) keine Bedenken entgegenstehen.

(3)  
Der Gerichtsvollzieher muss die zur Versteigerung bestimmten Sachen auf Verlangen des Auftraggebers durch Sachverständige schätzen oder begutachten lassen. Das gilt auch für den Wert von Gold- und Silbersachen, sofern nicht der Auftraggeber schriftlich hierauf verzichtet oder schriftlich erklärt, dass er mit der Erteilung des Zuschlags unter dem Gold- und Silberwert einverstanden ist.


§ 191 

Ablehnung des Auftrags


(1)
Der Gerichtsvollzieher kann den Auftrag ohne Angabe von Gründen ablehnen.

(2) 
Der Gerichtsvollzieher muss den Auftrag oder seine Durchführung ablehnen, wenn er weiß oder den Umständen nach annehmen muss, dass

1.
der Auftraggeber nicht über die Sache verfügen darf,

2.
eine Umgehung des § 34b GewO oder der Versteigererverordnung beabsichtigt ist,

3.
die Allgemeinheit über die Herkunft, den Wert, die Beschaffenheit und so weiter der Sachen getäuscht werden soll, zum Beispiel durch unrichtige Herkunftsbezeichnungen, durch Beseitigung oder Veränderung von Firmenzeichen und Schutzmarken, durch gemeinschaftliche Versteigerung einer Nachlass-, Insolvenz- oder Liquidationsmasse sowie von Wohnungs- und Geschäftseinrichtungen mit anderen Sachen,

4.
nach der Beschaffenheit der Sachen die Versteigerung nur gewählt wird, um Mängel der Sachen zu verheimlichen,

5.
die Sachen lediglich für die Versteigerung angefertigt oder beschafft sind,

6.
durch Ausführung des Auftrags sonstige gesetzliche oder polizeiliche Bestimmungen verletzt werden.
(Fn 2)

(3) 
Hat der Auftraggeber einen Mindestpreis festgesetzt, so darf der Gerichtsvollzieher den Auftrag nur annehmen, falls er unwiderruflich ermächtigt wird, den Zuschlag zu erteilen, wenn das Meistgebot den Mindestpreis erreicht oder überschreitet.


§ 192 

Versteigerungsbedingungen


(1)
Der Auftraggeber soll die Versteigerungsbestimmungen bestimmen.

(2)  
Bleibt die Bestimmung dem Gerichtsvollzieher überlassen, so erfolgt die Versteigerung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Kauf. Dabei ist in die Versteigerungsbedingungen aufzunehmen, dass

1.
das Los entscheidet, wenn zwei oder mehrere Personen gleichzeitig ein und dasselbe Gebot abgeben und die Aufforderung zur Abgabe eines höheren Gebots erfolglos bleibt,

2.
die Übergabe der zugeschlagenen Sachen gegen sofortige Barzahlung erfolgt,

3.
der Meistbietende, wenn er nicht vor Schluss der Versteigerung oder der sonst etwa bestimmten Zeit die Übergabe gegen Barzahlung verlangt, seine Rechte aus dem Zuschlag verliert und bei der weiteren Versteigerung der Sache nicht als Bieter zugelassen wird, jedoch für den Ausfall haftet.

§ 193 

Bekanntmachung der Versteigerung


(1)
Die Art der Bekanntmachung bestimmt der Auftraggeber. Unterlässt dieser die Bestimmung, so verfährt der Gerichtsvollzieher nach § 93 Absatz 3.

(2) 
Neben den allgemeinen Bestimmungen über die Bekanntmachung nach § 93 Absatz 3 muss die Bekanntmachung die Bezeichnung als freiwillige Versteigerung und den Anlass der Versteigerung enthalten. Eine freiwillige Versteigerung darf nicht in Verbindung mit einer Versteigerung anderer Art bekanntgemacht werden.

(3) 
Der Auftraggeber ist von der Zeit und dem Ort der Versteigerung rechtzeitig zu benachrichtigen, falls er nicht selbst die Zeit und den Ort der Versteigerung bestimmt hat.


§ 194 

Versteigerungstermin


(1)
Eine freiwillige Versteigerung darf nicht in Verbindung mit einer Versteigerung anderer Art durchgeführt werden.

(2)  
Vor der Aufforderung zum Bieten verliest der Gerichtsvollzieher die Versteigerungsbedingungen. Während der Versteigerung sind die Versteigerungsbedingungen an einer den Beteiligten zugänglichen Stelle auszuhängen.

(3)   
Die zu versteigernden Sachen müssen in der Reihenfolge der Liste oder Verzeichnisse (Kataloge) ausgeboten werden. Beim Ausbieten sind die Bezeichnung der Sachen und die Nummer, die sie in der Liste oder in dem Verzeichnis haben, zu verkünden. Das Zurückstellen von Sachen ist bekanntzugeben; es ist nur zulässig, wenn ein besonderer Grund dafür vorliegt, insbesondere wenn anzunehmen ist, dass für eine Sache später ein höherer Preis erzielt werden kann. Der Gerichtsvollzieher darf eine Sache erst ausbieten, wenn er die vorher ausgebotenen Sachen zugeschlagen oder von der Versteigerung zurückgezogen hat oder wenn er erklärt hat, dass der Zuschlag vorbehalten ist.

(4)   
Den Zuschlag darf der Gerichtsvollzieher erst erteilen, wenn nach dreimaligem Wiederholen des Höchstgebotes kein Übergebot abgegeben wird.

(5)
Der Auftraggeber kann sich den Zuschlag vorbehalten; der Gerichtsvollzieher hat dies nach dreimaligem Wiederholen des Höchstgebots zu erklären. Der Meistbietende ist in diesem Fall nur bis zum Schluss der Versteigerung an sein Gebot gebunden.

(6)
Wird eine Sache dem Eigentümer oder dem Auftraggeber zugeschlagen, so gibt der Gerichtsvollzieher dies bei Erteilung des Zuschlags bekannt. Hat der Auftraggeber einen Mindestpreis festgesetzt, so muss der Gerichtsvollzieher den Zuschlag erteilen, wenn das Meistgebot den Mindestpreis erreicht oder überschreitet.

(7)
Gold- und Silbersachen dürfen nicht unter dem Gold- und Silberwert, Wertpapiere, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, nicht unter dem Tageskurs zugeschlagen werden; dies gilt nicht, wenn sich der Auftraggeber schriftlich mit der Versteigerung zu einem geringeren Preis einverstanden erklärt hat. Der Gerichtsvollzieher kann in der Versteigerung nicht verkaufte Gold- und Silbersachen oder Wertpapiere, die nach Satz 1 nicht zugeschlagen worden sind, nach Schluss der Versteigerung aus freier Hand zu einem Preis verkaufen, der dem zulässigen Gebot entspricht; dies gilt nicht, wenn der Auftraggeber etwas anderes bestimmt hat.

(8)   
Der Gerichtsvollzieher kann verlangen, dass ihm der Erwerber einen amtlichen Ausweis über seine Person vorlegt.


§ 195 

Versteigerungsprotokoll und Abwicklung


(1)
Das Protokoll über die freiwillige Versteigerung muss neben dem Ort und der Zeit der Versteigerung, dem Namen des Auftraggebers und der Bezeichnung der zu versteigernden Sachen enthalten:

1.
die Versteigerungsbedingungen, soweit sie von den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Kauf abweichen;

2.
das Gebot und den Namen des Erstehers oder des Bieters, der an sein Gebot gebunden bleibt, wenn der Zuschlag nicht in der Versteigerung erteilt wird; bei Geboten über 100 Euro auch die Anschriften;

3.
einen Vermerk, wenn ein Gebot zurückgewiesen oder ein ungenügendes Gebot abgegeben wird;

4.
Angaben über die Versagung des Zuschlags, die Übergabe und die Zahlung;

5.
die Maßnahmen, die beim Ausbleiben der Zahlung getroffen worden sind.

(2) 
Wenn der Auftraggeber nichts anderes bestimmt hat, händigt der Gerichtsvollzieher den Versteigerungserlös dem Auftraggeber nach Abzug der Kosten unverzüglich nach Beendigung der Versteigerung aus. Die versteigerten Sachen händigt der Gerichtsvollzieher dem Käufer oder seinem Bevollmächtigten gegen Empfang des Kaufgeldes aus.


Sechster Abschnitt

Besondere Vorschriften über die Beitreibung nach dem Justizbeitreibungs­gesetz (Fn 2) und im Verwaltungsvollstreckungsverfahren


§ 196 

Zuständigkeit


(1)
Der Gerichtsvollzieher ist zuständig, als Vollziehungsbeamter nach dem Justizbeitreibungsgesetz(Fn 2) für die nach dieser Vorschrift beizutreibenden Ansprüche mitzuwirken. Dies gilt nicht, soweit Beitreibungen nach den bestehenden Verwaltungsanordnungen den Vollziehungsbeamten der Justiz übertragen sind.

(2) 
Zwangsgelder, die gegen den Schuldner im Zwangsvollstreckungsverfahren zur Erzwingung einer Handlung festgesetzt sind (§ 888 Absatz 1 ZPO), werden nach der Zivilprozessordnung auf Antrag des Gläubigers vollstreckt. Sie stehen der Landeskasse zu. Daneben sind die Gerichtsvollzieherkosten gesondert zu vollstrecken. 

(3) 
Vollstreckungsbehörden sind die in § 2 Absatz 1 und 2 JBeitrG(Fn 2) bezeichneten Behörden. Dies ist in den Fällen, auf die die Strafvollstreckungsordnung anzuwenden ist, die darin bezeichnete Behörde; im Übrigen diejenige Behörde, die auf die Verpflichtung zur Zahlung des Geldbetrages erkannt hat. In den übrigen Fällen ist Vollstreckungsbehörde die durch Landesrecht bestimmte Behörde.

(4)  
Der Gerichtsvollzieher wird zu Vollstreckungshandlungen durch einen schriftlichen Auftrag der Vollstreckungsbehörde ermächtigt. Er prüft dabei nicht, ob die sonstigen Voraussetzungen für die Beitreibung erfüllt sind.

(5)
Der Gerichtsvollzieher wendet bei der Vollstreckung die Bestimmungen an, die für eine Vollstreckung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten maßgebend sind. Werden ihm gegenüber Einwendungen gegen die Vollstreckung erhoben, denen er nicht selbst abhelfen kann, so verweist er die Beteiligten an die Stelle, die über die Einwendungen zu entscheiden hat (vergleiche §§ 6 und 8 JBeitrG(Fn 2)); kann er diese Stelle nicht selbst feststellen, so verweist er die Beteiligten an die Vollstreckungsbehörde.


§ 197 

Vollstreckung für Stellen außerhalb der Justizverwaltung


Die Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers für die Vollstreckung von Geldbußen, Nebenfolgen, Zwangs- und Ordnungsgeldern, die nicht von der Justiz verhängt worden sind, richtet sich nach den dafür geltenden besonderen Bestimmungen. Will der Gerichtsvollzieher einen solchen Vollstreckungsauftrag wegen Unzuständigkeit ablehnen, so legt er den Vorgang unverzüglich dem aufsichtführenden Richter vor. Für die Ablieferung der eingezogenen Beträge (Geldbußen, Zwangs- und Ordnungsgelder sowie Nebenkosten) sind die Weisungen des Auftraggebers maßgebend.


§ 198 

Vollstreckung von Entscheidungen in Straf- und Bußgeldverfahren über (Fn 2) die Einziehung und die Unbrauchbarmachung von Sachen


(1)(Fn 2)
Mit der Rechtskraft der Entscheidung geht das Eigentum an eingezogenen Sachen auf das Land (Justizfiskus) über, dessen Gericht im ersten Rechtszug entschieden hat. Dies gilt auch dann, wenn im ersten Rechtszug in Ausübung der Gerichtsbarkeit des Bundes entschieden worden ist. Hat jedoch das Gericht die Einziehung zu Gunsten des Bundes angeordnet, so wird die Bundesrepublik Deutschland (Justizfiskus) Eigentümer. Die eingezogenen Sachen werden durch die Vollstreckungsbehörde verwertet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) (Fn 2)
Mit der Wegnahme von Sachen, auf deren Einziehung oder Unbrauchbarmachung erkannt ist, kann die Vollstreckungsbehörde den Gerichtsvollzieher beauftragen.

(3) (Fn 2)
Die Wegnahme (§ 459g Absatz 1 StPO) richtet sich nach den Bestimmungen des Justizbeitreibungsgesetzes. Der Gerichtsvollzieher wird zur Wegnahme durch einen schriftlichen Auftrag der Vollstreckungsbehörde ermächtigt. Der Gerichtsvollzieher zeigt der Vollstreckungsbehörde den Tag und die Stunde der beabsichtigten Vollstreckung an, wenn sie darum ersucht hat. Für die Übergabe oder Verwahrung der weggenommenen Gegenstände sind etwaige Weisungen der Vollstreckungsbehörde maßgebend.

(4) (Fn 2)
Die Vollstreckungsbehörde kann den Gerichtsvollzieher aufgrund eines schriftlichen Auftrags mit der öffentlichen Versteigerung und in der Regel auch mit dem freihändigen Verkauf eingezogener Sachen beauftragen. Der Auftrag  kann nähere Weisungen hinsichtlich der Veräußerung enthalten; er soll die Personen bezeichnen, an welche die Sache nicht veräußert werden darf. Die Versteigerung erfolgt nach den Bestimmungen für freiwillige Versteigerungen und der freihändige Verkauf nach den Bestimmungen für freihändige Verkäufe.

(5)  (Fn 2)
Der Versteigerungstermin ist der Vollstreckungsbehörde mitzuteilen. Die eingezogenen Sachen dürfen an Täter oder Teilnehmer der Straftat oder Be­teiligte an der Ordnungswidrigkeit nur mit Einwilligung der obersten Justizbe­hörde veräußert werden. Der freihändige Verkauf an Richter, Beamte, Ange­stellte oder Arbeiter der Justizverwaltung oder an Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (§ 152 GVG) ist nicht zulässig.


§ 199 

Beitreibung im Verwaltungsvollstreckungsverfahren


Nach bundesrechtlichen und landesrechtlichen Vorschriften können die Gerichtsvollzieher durch die Behörden anderer Verwaltungen um die Erledigung von Vollstreckungen im Verwaltungsvollstreckungsverfahren ersucht werden. Auch kann die Justizverwaltung nach landesrechtlichen Vorschriften die Gerichtsvollzieher anderen Dienststellen allgemein für die Durchführung von Vollstreckungen im Verwaltungsvollstreckungsverfahren zur Verfügung stellen. Solche Aufträge führt der Gerichtsvollzieher nach den dafür geltenden bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften aus. Der Gerichtsvollzieher hat in diesen Verfahren die Stellung eines Vollziehungsbeamten.

 

(Fn 2)

 


 


Fußnoten :

   Fn1: Geändert durch AV d. JM vom 19. August 2016 - JMBl. NRW S. 274 -. Die AV tritt am 1. Oktober 2016 in Kraft.

   Fn2: Geändert durch AV d. JM vom 16. Oktober 2018 - JMBl. NRW S. 267 -. Diese AV tritt am 1. Dezember 2018 in Kraft.

   Fn3: Geändert durch AV d. JM vom 14. Dezember 2022 (2344 - Z. 124.1) - JMBl. NRW S. 4 -. Diese AV tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.

   Fn4: Geändert durch AV d. JM vom 14. Dezember 2022 (2344 - Z. 124.1) - JMBl. NRW S. 4 -. Diese AV tritt am 1. Juni 2023 in Kraft.

   Fn5: Geändert durch AV d. JM vom 22. März 2024 (2344 - Z. 124.1) - JMBl. NRW S. 322 -. Diese AV tritt am 1. Mai 2024 in Kraft.