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Justizverwaltungs­vorschriften-Online

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Ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer
in den Justizvollzugsanstalten und Jugendarrestanstalten
des Landes Nordrhein-Westfalen

AV des JM vom 24. April 2015 (4450 - IV B. 56) - JMBl. NRW S. 161 -

 

Die Vollzugsbehörden sollen mit ehrenamtlich tätigen Personen, deren Tätigkeit geeignet ist, die Erreichung des Vollzugszieles zu fördern, zusammen arbeiten (vgl. § 5 Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen, § 7 Abs. 2 Jugendstrafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen und § 31 Jugendarrestvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen).

 

Um das Ehrenamt im Justizvollzug zu stärken und zu fördern, werden die folgenden Rahmenbedingungen vorgegeben:

 

1
Eignung für die Übernahme des Ehrenamtes:

1.1
Als Betreuerinnen und Betreuer werden nur Personen zugelassen, die für eine ehrenamtliche Mitarbeit in Justizvollzugsanstalten geeignet sind und bei denen das Ergebnis eines Auskunftsersuchens aus dem Zentralregister bei dem Bundesamt für Justiz nicht entgegensteht. Die Eignung wird durch die Anstaltsleitung festgestellt.

1.2
Als Betreuerin oder Betreuer dürfen insbesondere nicht zugelassen werden Personen, die

1.2.1
das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,

1.2.2
innerhalb der letzten zwei Jahre eine Freiheitsstrafe oder eine Jugendstrafe verbüßt haben oder zum Vollzuge einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Besserung und Sicherung untergebracht gewesen sind,

1.2.3
unter Bewährungs- oder Führungsaufsicht stehen oder

1.2.4
gegen die ein Ermittlungsverfahren eingeleitet oder ein Strafverfahren anhängig ist.

1.2.5
Soweit es sich um eine Betreuung im Jugendstrafvollzug handelt, kann die Anstaltsleitung Ausnahmen von dem Erfordernis des Mindestalters (1.2.1) zulassen. Die insoweit maßgeblichen Gründe sind aktenkundig zu machen.

1.2.6
Über Ausnahmen im Übrigen entscheidet das Justizministerium als Aufsichtsbehörde.

1.3
Vor der Zulassung wird mit der ehrenamtlichen Betreuerin oder dem ehrenamtlichen Betreuer ein persönliches Gespräch geführt. Das Gespräch bezieht sich insbesondere sowohl auf den Inhalt dieser AV, als auch den des Merkblattes (Anlage 1) und der Erklärung (Anlage 2). Die Motivation für die Übernahme der Betreuung wird erörtert sowie Möglichkeiten und Grenzen für die ehrenamtliche Tätigkeit in der jeweiligen Anstalt aufgezeigt.

Die ehrenamtliche Betreuerin oder der ehrenamtliche Betreuer bestätigt in einer Erklärung, dass ein Zulassungsgespräch geführt und eine Ausfertigung dieser AV sowie das "Merkblatt für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer im Justizvollzug" ausgehändigt worden ist (vgl. "Erklärung" Anlage 2).

1.4
Die Zulassung erfolgt schriftlich und unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs.

1.5
Die Betreuerin oder der Betreuer erhält keine Anstaltsschlüssel. Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde sind in begründeten Einzelfällen Ausnahmen möglich.

2
Die Anstalt unterstützt die Ehrenamtlichen, indem

a)
sie eine Ansprechperson benennt. Der Einsatz der Ansprechperson wird verbindlich im Geschäftsverteilungsplan der Anstalt festgelegt,

b)
die Anstaltsleitung regelmäßig und mindestens einmal im Jahr Gespräche mit den Ehrenamtlichen führt. Dieses Gespräch dient der Vermittlung wichtiger Informationen und dem Austausch von Erfahrungen,

c)
sie geeignete Räumlichkeiten bereit stellt,

d)
sie Sorge trägt, dass Zeitabsprachen eingehalten werden,

e)
sie Planungssicherheit für Betreuungsmaßnahmen gewährt,

f)
sie die für die Betreuung notwendigen Gegenstände, soweit diese mit den Sicherheitsbestimmungen in Einklang stehen, genehmigt,

g)
Informationen, die das Betreuungsverhältnis berühren, wie z.B. Verlegungen in eine andere Anstalt und Terminverschiebungen, an die Gefangenen weiter gegeben werden,

h)
sie die ehrenamtliche Tätigkeit für den Engagementnachweis und die Ehrenamtskarte NRW auf Nachfrage dokumentiert.

3
Die Ehrenamtlichen fördern ihrerseits die Qualität ihrer Tätigkeit, indem

a)
sie bereit sind, begleitende Hilfen anzunehmen, z.B. durch Angebote der Freien Straffälligenhilfe (Lotse, Diakonie, AWO, Caritas, Paritätischer Wohlfahrtsverband, etc.) und anderer Vereine sowie von Organisationen, die die Ehrenamtlichen auf ihre verantwortungsvolle Tätigkeit vorbereiten und sie fortbilden. Falls das Angebot solcher Institutionen nicht vorhanden ist, sind sie bereit, sich durch erfahrene Einzelpersonen und Bedienstete der Justizvollzugsanstalt, z.B. Mitgliedern von Fachdiensten oder Seelsorge, anleiten zu lassen und ihre eigene Rolle im Vollzug und im Verhältnis zu den Gefangenen zu klären,

b)
sie Zeitabsprachen einhalten und mögliche Veränderungen rechtzeitig mitteilen,

c)
sie verantwortlich mit den Sicherheitsinteressen der Anstalten umgehen (vgl. Merkblatt), z.B. nur genehmigte Gegenstände in die Anstalt einbringen und die notwendigen Kontrollen akzeptieren,

d)
sie Dritten gegenüber über Kenntnisse, die sie im Rahmen ihrer Betreuungsarbeit erlangt haben, verschwiegen sind,

e)
sie Änderungen der persönlichen Verhältnisse (z.B. Wechsel der Wohnanschrift, Namensänderung) rechtzeitig der Anstalt mitteilen.

4
Als Instrumente der Begleitung der Ehrenamtlichen kommen in Betracht:

- Einzelgespräche / Reflexionen

- Schulungen / Workshops

- Supervisionen und

- die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch.

5
Ende der Betreuung

5.1
Beendigung durch die Ehrenamtlichen

Ehrenamtliche teilen der Anstalt das Ende der Betreuung mit.

Die Anstaltsleitung klärt ab, ob dafür Gründe vorliegen, die Anlass für eine Korrektur der Ausgestaltung der ehrenamtlichen Betreuung in der Anstalt sein könnten.

Zum Dank für ihre Tätigkeit erhalten die Ehrenamtlichen in der Regel eine von der Anstaltsleitung ausgestellte Urkunde (vgl. Muster, Anlage 3), die ihnen persönlich überreicht oder auf Wunsch zugesandt wird.

5.2
Beendigung durch die Anstalt

Stellt sich nachträglich die Nichteignung einer ehrenamtlichen Betreuerin oder eines ehrenamtlichen Betreuers heraus oder ist aus anderen Gründen die vertrauensvolle Zusammenarbeit gestört, widerruft die Anstaltsleitung schriftlich die Zulassung zur ehrenamtlichen Betreuung, nachdem zuvor rechtliches Gehör gewährt worden ist. Der Widerruf ist mit einer Begründung zu versehen. Die Zulassung kann auch ohne rechtliches Gehör widerrufen werden, wenn hierfür zwingende Gründe vorliegen.

6
Stärkung des Ehrenamtes durch die Aufsichtsbehörde

Das Justizministerium überprüft die Einhaltung dieser Rahmenbedingungen und lädt die Ansprechpersonen für die Ehrenamtlichen zu einer jährlich stattfindenden Besprechung ein.

7
In-Kraft-Treten

Diese AV tritt am 1. Mai 2015  in Kraft. Die AV vom 2. April 2009 (4450 - IV B. 56) - JMBl. NW 1987 S. 113 – tritt zeitgleich außer Kraft.