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Justizverwaltungs­vorschriften-Online

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Verwertung eingezogener Kraftfahrzeuge

RV d. JM vom 07. Februar 2019 (4333 - I. 8)

 

A.

Grundsätze

 

Gemäß § 73 der Strafvollstreckungsordnung (StVollstrO) sind eingezogene Kraftfahrzeuge (ausgenommen Leicht- und Kleinkrafträder sowie Fahrräder mit Hilfsmotor) der obersten Landesbehörde unter genauer Beschreibung des Fahrzeugs und seiner Beschaffenheit anzuzeigen. Ihre Verwertung darf grundsätzlich erst erfolgen, wenn die oberste Landesbehörde erklärt hat, dass das Fahrzeug nicht für die in § 66 StVollstrO bezeichneten Zwecke verwendet werden soll.

 

Da zwischen der Beschlagnahme des Kraftfahrzeugs und dem Eintritt der Rechtskraft der Einziehungsentscheidung sowie der Vorlage des Verwertungsberichts regelmäßig ein längerer Zeitraum liegt, ist aus Gründen der Kostenersparnis (Unterstell- und Wartungskosten) und zur Vermeidung nicht unerheblichen Verwaltungsaufwands der Staatsanwaltschaft insbesondere während des Ermittlungsverfahrens und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens von der zuständigen Vollstreckungsbehörde darauf zu achten, dass Kraftfahrzeuge, die wegen ihres Zustandes, Alters, geringen Wertes oder aus sonstigen Gründen für Zwecke der Justizverwaltung offensichtlich ungeeignet sind und voraussichtlich nur einen geringen, die entstehenden Kosten nicht deckenden Verwertungserlös bringen werden, bereits in dem Strafverfahren freigegeben oder nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens unverzüglich bestmöglich verwertet werden. Auf § 421 Abs. 3 StPO wird besonders hingewiesen.

 

 

B.

Durchführungsbestimmungen

 

Zur Durchführung dieser Grundsätze ordne ich Folgendes an:

 

I.

Ermittlungs-/Hauptverfahren

1.

Ist ein Kraftfahrzeug sichergestellt oder beschlagnahmt worden, so prüft die Staatsanwaltschaft unverzüglich nach Eingang der Mitteilung der Polizei (s. Abschnitt I. Nr. 3.2 der RV vom 26.09.1979 - 4104 - III A. 26), ob die Einziehung des Fahrzeugs zu erwarten ist. Ist nach dem Ergebnis der Prüfung mit der Einziehung nicht zu rechnen, so ist das Fahrzeug nach Maßgabe des Abschnitts I. Nr. 4.3.1 der o.a. RV freizugeben. Die Freigabeentscheidung ist auch der jeweiligen Polizeibehörde mitzuteilen.

 

2.

Ist mit der Einziehung des Kraftfahrzeugs zu rechnen, so sind, falls die Polizei nicht bereits entsprechende Angaben gemacht hat, durch die Staatsanwaltschaft alsbald - spätestens bis zur Erhebung der öffentlichen Klage oder Einreichung eines Antrags nach § 435 StPO - folgende Feststellungen zu treffen:

 

a)

Art, Fabrikat, polizeiliches Kennzeichen und Baujahr des Kraftfahrzeugs, Fahrgestell-Nr. bzw. Rahmen-Nr., Stand des Kilometerzählers,

 

b)

Zeitpunkt der Sicherstellung, gegenwärtiger Verbleib des Kraftfahrzeugs,

 

c)

Grund der Sicherstellung (Gegenstand der Tat),

 

d)

Halter, Eigentümer des Kraftfahrzeugs, ggf. Rechte Dritter an dem Kraftfahrzeug (z.B. Eigentumsvorbehalt und Sicherungseigentum) und Höhe des evtl. Kaufpreisrestes bzw. gesicherten Betrages,

 

e)

Höhe der täglichen Unterstellkosten und etwaiger Wartungskosten,

 

f)

Verbleib des Fahrzeugbriefs, des Fahrzeugscheins oder der Abmeldebescheinigung,

 

g)

Zustand und Zeitwert des Kraftfahrzeugs, ggf. auch Mindestwert für eine freihändige Veräußerung zum Höchstgebot (vgl. Abschnitt B. IV. Nr. 2.), durch ein Gutachten des für die Betreuung der Dienstkraftfahrzeuge nach § 10 KfzR (Kraftfahrzeugrichtlinien - KfzR) zuständigen kraftfahrtechnischen Dienstes bei der Oberfinanzdirektion NRW.

 

3.

Bei Kraftfahrzeugen,

 

  • die ihrer Art nach für Zwecke der Justizverwaltung offensichtlich ungeeignet sind (z. B. schrottreife Kraftfahrzeuge) oder
  • deren Zeitwert erfahrungsgemäß besonders schnell sinkt (z. B. Luxus- und Sportfahrzeuge mit hohem Zeitwert) oder
  • deren Aufbewahrung, Pflege oder Erhaltung mit unverhältnismäßig hohen Kosten und Schwierigkeiten verbunden ist,

 

soll nach § 111p Abs. 1 StPO (Nr. 76 RiStBV) verfahren werden, sofern sie nicht als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sind. Im Falle der Notveräußerung tritt der Erlös an die Stelle des Gegenstandes. Der Erlös ist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens als Verwahrgeld bei der Gerichtskasse abzuliefern. Erfolgt die Notveräußerung durch öffentliche Versteigerung durch die Oberfinanzdirektion NRW, ist der obersten Landesbehörde der Tag der Überführung zum Versteigerungsbüro anzuzeigen.

 

4.

Aufgrund strafprozessualer Bestimmungen sichergestellte Kraftfahrzeuge sind zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen vor Verlust, Entwertung und Beschädigung sorgfältig zu schützen und vor dem Zugriff Unbeteiligter und vor äußeren Witterungseinflüssen zu bewahren. Wenn Kraftfahrzeuge längere Zeit untergestellt werden müssen, sind mit Rücksicht auf das öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis unter Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt solche Maßnahmen zu treffen, durch die bei längerer Unterstellung zu erwartende Schäden verhindert werden (z.B. Aufbocken des Fahrzeugs zur Schonung der Federung und der Reifen, Ablassen des Kühlwassers, Wartung der Batterie usw.).

 

II.

Vollstreckungsverfahren

1.

Die Entscheidung über eine Verwertung rechtkräftig eingezogener Kraftfahrzeuge trifft die jeweils zuständige Vollstreckungsbehörde in eigener Zuständigkeit. Dabei ist Folgendes zu beachten:

 

Eine Verwertung nach den allgemeinen Vorschriften setzt voraus, dass keine Verwendung des Kraftfahrzeuges für Zwecke der Justizverwaltung (einschließlich des Strafvollzuges) und der Polizei im Rahmen der Strafverfolgung in Betracht kommt. Dies ist grundsätzlich durch eine Interessenabfrage bei der Zentralstelle für das Beschaffungswesen im Justizvollzug und der Polizei (jeweils über die Datenbank „Fahrzeugverwertung“) in Erfahrung zu bringen.

 

Eine derartige Interessenabfrage ist entbehrlich, wenn das Kraftfahrzeug

 

•   nicht vollständig funktionsfähig/fahrbereit bzw. straßenverkehrstauglich ist oder

•   aktuelle Unfallschäden mit hohem Reparaturaufwand aufweist.

 

In beiden Fällen kommt eine Verwertung für die vorgenannten Zwecke nicht in Betracht.

 

Für die Zwecke des Justizvollzugs eignen sich zudem lediglich Kraftfahrzeuge mit einer seriennahen Ausstattung (kleinmotorisiert mit Klimaanlage). Für die Zwecke der Polizei sind lediglich Fahrzeuge mit einer möglichst hohen Motorisierung geeignet. Sollte das jeweilige Kraftfahrzeug diese Kriterien bzw. eines dieser Kriterien nicht erfüllen, kann ebenfalls eine Interessenabfrage bei der insoweit zuständigen Stelle unterbleiben.

 

2.

Im Falle der rechtskräftigen Einziehung eines Kraftfahrzeugs übersendet das erkennende Gericht, sofern es nicht selbst Vollstreckungsbehörde ist, die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Entscheidung oder ihres erkennenden Teiles, versehen mit einer Rechtskraftbescheinigung, sowie die bei den Akten befindlichen Fahrzeugpapiere (Fahrzeugbrief, Fahrzeugschein oder Abmeldebescheinigung) unverzüglich nach Eintritt der Rechtskraft der zuständigen Vollstreckungsbehörde. Diese Regelung gilt entsprechend, wenn ein gegen mehrere Angeklagte ergangenes Urteil nur hinsichtlich eines Teiles der Angeklagten und der Einziehungsentscheidung rechtskräftig geworden ist.

 

3.

Der Bericht an die für die Verwertung zuständige Behörde ist unverzüglich nach dem Eintritt der Rechtskraft unter Beifügung einer Ablichtung des Zeitwertgutachtens des Kraftfahrzeugbeauftragten zu erstatten, damit die Entscheidung über die Verwertung alsbald getroffen werden kann. Die eingezogenen Fahrzeuge sind in der Regel schon längere Zeit stillgelegt und haben hierdurch vielfach eine Wertminderung erfahren. Außerdem entstehen in vielen Fällen Kosten für die Unterstellung. Eine beschleunigte Bearbeitung ist daher erforderlich, um eine Wertminderung und unnötige Unterstellkosten zu vermeiden.

 

In dem Bericht ist anzugeben,

 

a)

ob und ggf. welche Rechte Dritter an dem Kraftfahrzeug bestehen,

b)

ob Fahrzeugpapiere vorhanden sind, bzw. welche Maßnahmen zur Feststellung der Papiere oder zur Ausstellung von Ersatzpapieren veranlasst worden sind.

 

III.

Verfahren der Oberfinanzdirektion NRW

 

Die Verwertung rechtskräftig eingezogener Kraftfahrzeuge erfolgt grundsätzlich durch öffentliche Versteigerung entsprechend den Vorschriften der §§ 979 - 983 BGB durch die Oberfinanzdirektion NRW. Hierbei ist wie folgt zu verfahren:

 

1.

Sobald entschieden worden ist, dass ein eingezogenes Kraftfahrzeug nicht für Zwecke der Justizverwaltung in Anspruch genommen wird, ist es ohne Verzögerung unter Beachtung der Vorschriften des § 13 Abs. 3 KfzR (Kraftfahrzeugrichtlinien - KfzR) auf das Gelände der Kfz-Außenstelle Düsseldorf, Königsbergerstraße 100, zu überführen. Wegen der Einzelheiten verweise ich auf den Runderlass des Finanzministeriums NRW vom 7. Mai 2009 (B 2715 – 1.1 – IV A 3) hinsichtlich der Verwertung von Dienstkraftfahrzeugen (Anlage).

 

2.

Das Versteigerungsbüro nimmt Kraftfahrzeuge ohne Fahrzeugpapiere nicht zur Versteigerung an. Die Fahrzeugpapiere – ggf. Ersatzpapiere – müssen sich daher bei dem Fahrzeug befinden. Als Übernahme-/Übergabebescheinigung ist der als Anlage beigefügte Vordruck des Runderlasses des Finanzministeriums NRW vom 7. Januar 2016 (B 2715 – 1.1 – IV A 3) zu verwenden. Der Übernahme-/Übergabebescheinigung ist eine Ablichtung des Zeitwertgutachtens des kraftfahrtechnischen Dienstes beizufügen.

 

3.

Auslagen, die durch die Überführung eines rechtskräftig eingezogenen Kraft-fahrzeugs entstehen, sind als Kosten der Verwertung gemäß Nr. 2.1 VV zu § 15 LHO von dem zu erwartenden Versteigerungserlös abzuziehen. Hinsichtlich der konkreten Abwicklung der Verbuchung des Versteigerungserlöses sowie der Nebenkosten der Versteigerung wird auf die Handreichungen des Zentrums für integriertes Rechnungswesen (ZefiR) („Handreichung - Erwerb und die Veräußerung von justizeigenen und eingezogenen Kraftfahrzeugen“ und „Handreichung zur Durchführung einer Notveräußerung von Kraftfahrzeugen“) verwiesen.

 

IV.

Abweichende Verwertung

1.

Eine von Abschnitt B. III. abweichende Verwertung kommt im Interesse einer Kostenersparnis und Beschleunigung der Verfahren insbesondere in Betracht,

-    wenn der Schätzwert des Fahrzeugs nicht mehr als 2.500,- Euro beträgt,

-    bei Fahrzeugen mit einem Schätzwert von bis zu 5.000,- Euro im Einzelfall unter Berücksichtigung der Transportmöglichkeiten und -entfernungen sowie des Zustandes des Fahrzeugs,

-    bei totalbeschädigten oder aus anderen Gründen nicht mehr fahrbereiten Fahrzeugen.

 

2.

Die abweichende Verwertung erfolgt grundsätzlich an Ort und Stelle unter Beachtung der Bestimmungen des § 64 StVollstrO, in geeigneten Fällen durch freihändige Veräußerung zum Höchstgebot. Im letzteren Fall muss der von dem kraftfahrtechnischen Dienst festgesetzte Mindestwert [vgl. Abschnitt B. I. Nr. 2. g)] erreicht werden.

 

3.

Die nach Abschnitt B. IV. Nrn. 1. und 2. erforderlichen Entscheidungen trifft die nach Abschnitt B. II. Nr. 1. zuständige Behörde. Eine abweichende Verwertung in anderen Fällen als nach Abschnitt B. IV. Nr. 1. und eine andere als in Abschnitt B. IV. Nr. 2. genannte Verwertung bedürfen meiner Zustimmung.

 

 

C.

Außergerichtliche Einziehung

 

Für die Verwertung außergerichtlich eingezogener Kraftfahrzeuge gelten die Vorschriften dieser RV sinngemäß. Die Entschädigung Dritter bei Einziehung täterfremder Gegenstände ist im Übrigen durch RV vom 17.10.1980 (4221 - III A. 14) besonders geregelt.

 

 

D.

Schlussbestimmungen

 

Diese Rundverfügung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft. Gleichzeitig wird die Rundverfügung vom 13.07.1999 (4333 - I C. 8) in der Fassung vom 30.05.2012 (4333 - I. 8) aufgehoben.