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Justizverwaltungs­vorschriften-Online

Eine Datenbank der Justiz Nordrhein-Westfalen
Die Justizverwaltungsvorschriften in einer Datenbanklösung mit komfortabler Volltextsuche.

Übermittlung von Entscheidungsabschriften an Dritte
und Veröffentlichung in Datenbanken
RV d. JM vom 10. Mai 2021 (1552 - I. 12)

 

I.

1

Bei der Übermittlung gerichtlicher Entscheidungen, in denen - was in der Regel der Fall sein wird - Angaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse natürlicher Personen verlautbart werden, sowie bei deren Veröffentlichung in Datenbanken im Internet oder im Intranet des Landes Nordrhein-Westfalen handelt es sich um die Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des Datenschutzrechts.

 

1.1

Grundsätzlich gilt daher, dass Entscheidungen mit personenbezogenen Daten vor ihrer Übermittlung oder Veröffentlichung gegenüber Dritten nach den Vorgaben gemäß Nr. 2 dieser RV anonymisiert werden müssen. Weitergehende datenschutzrechtliche Anforderungen bleiben unberührt. Sofern aufgrund einer solchen Anonymisierung der Bezug zu einer konkreten Person mit einem zumut- bzw. erwartbaren Aufwand nicht mehr hergestellt werden kann, bedarf es für die nachfolgende Übermittlung oder Veröffentlichung der Entscheidung keiner datenschutzrechtlichen Erlaubnisnorm mehr. Für die Praxis wird es regelmäßig ausreichend sein, die unter Nr. 2 dieser RV vorgesehenen Vorgaben zu erfüllen, um ein datenschutzrechtlich unbedenkliches Ergebnis zu erzielen.

 

1.2

Soweit demgegenüber eine Übermittlung und Veröffentlichung von Entscheidungen unter Beibehaltung eines vorhandenen Personenbezugs erfolgen soll, ist hinsichtlich der Vorgaben des einschlägigen Datenschutzrechts folgende rechtliche Abstufung zu beachten:

 

1.2.1

Seit dem 25. Mai 2018 sind zunächst die unmittelbar geltenden Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) heranzuziehen, die als europäisches Recht nationalen Regelungen vorgehen. Entsprechend ist zu prüfen, ob für die Übermittlung oder Veröffentlichung ein besonderer Erlaubnistatbestand nach der DS-GVO einschlägig ist, der sich je nachdem, ob durch die Verarbeitung einfache oder besonders schutzbedürftige Daten i.S.v. Art. 9 Abs. 1 DS-GVO betroffen sind, in Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1, Abs. 4 DS-GVO oder Art. 9 Abs. 2 DS-GVO finden kann. In Betracht kommen etwa eine Einwilligung des Betroffenen in die Übermittlung (Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a, Art. 9 Abs. 2 lit. a DS-GVO) oder die Erforderlichkeit der Datenverarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt (Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. e Alt. 1 DS-GVO).

 

1.2.2

Sofern, wie z.B. für den letztgenannten Erlaubnistatbestand der Fall, in Verbindung mit Art. 6 Abs. 3 DS-GVO zusätzlich eine „Rechtsgrundlage“ im „Recht der Mitgliedstaaten“ gefordert wird, sind ergänzend die datenschutzbezogenen Vorschriften des nationalen Rechts zu prüfen. Hierbei ist in erster Linie auf bereichsspezifische Sonderregelungen zurückzugreifen, die gerade für die Übermittlung gerichtlicher Dokumente geschaffen wurden (z.B. § 299 Abs. 2 ZPO im Bereich zivilrechtlicher und - analog - in arbeits- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren; §§ 474 ff. StPO im Bereich strafrechtlicher Verfahren) oder besondere Vorgaben für in speziellen Verfahren gewonnene personenbezogene Daten formulieren (vgl. § 78 Abs. 1 Satz 4 und 6 SGB X für Sozialdaten; § 30 AO für Daten, für die das Steuergeheimnis gilt).

 

Für die Veröffentlichung strafrechtlicher Entscheidungen ist die Entscheidung des BGH vom 20. Juni 2018, - 5 AR (Vs) 112/17 -, BGHSt 63, 156 - 161, zu beachten, wonach Auskunftsersuchen privater Dritter ausschließlich nach §§ 475, 480 Abs. 1 StPO auf Grundlage einer Interessenabwägung im Einzelfall zu bescheiden sind. Private Dritte können weder aus dem Rechtsstaatsgebot noch aus der Justizgewährungspflicht einen voraussetzungslosen Anspruch auf Herausgabe einer anonymisierten Urteilsabschrift ableiten. Dies lässt die Möglichkeit des Gerichts, die Entscheidung in Wahrnehmung seiner allgemeinen Publizitätspflicht (BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1997, - 6 C 3/96 -, juris Rn. 23) anonymisiert zur Veröffentlichung freizugeben, unberührt. In diesem Fall können private Dritte anschließend auf die Nutzung der Datenbank NRWE verwiesen werden.

 

1.2.3

Sofern in der konkreten Konstellation keine spezielle Vorschrift einschlägig ist, können zuletzt die allgemeinen Datenschutzgesetze herangezogen werden, wobei hier wie folgt zu differenzieren ist:

 

-  Erfolgt die Übermittlung und Veröffentlichung von Entscheidungen als Verwaltungs-aufgabe, richtet sich diese Datenverarbeitung nach den Bestimmungen des Daten-schutzgesetzes NRW (§ 5 Abs. 4 DSG NRW). Besondere Vorschriften zur Daten-übermittlung finden sich hier in § 8 DSG NRW, insbesondere in Verbindung mit § 9 Abs. 2 Nr. 6 und Abs. 4 Nr. 3 DSG NRW.

 

-  Soweit die übersendende Stelle bei der Weitergabe der Entscheidung als Organ der Rechtspflege tätig wird, ist demgegenüber auf die Bestimmungen des Bundes-datenschutzgesetzes zurückzugreifen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 lit. b BDSG). Diesbezüglich kann für die Frage der Zulässigkeit der konkreten Datenübermittlung insbesondere § 25 BDSG herangezogen werden.

 

-  In beiden Fällen wird zwischen der Übermittlung an öffentliche und nicht-öffentliche (private) Stellen (vgl. § 8 Abs. 1 und 2 DSG NRW, § 25 Abs. 1 und 2 BDSG) sowie nach der Betroffenheit besonders schutzbedürftiger Daten i.S.v. Art. 9 Abs. 1 DS-GVO (s. jeweils Abs. 3) differenziert.

 

1.3

In Fällen, in denen eine Weitergabe von Entscheidungsabschriften mit personenbezogenen Inhalten nach den vorgenannten Ausführungen grundsätzlich in Betracht kommt, ist weiterhin der Grundsatz der Datenminimierung (vgl. für die DS-GVO Art 5 Abs. 1 lit. e) zu beachten: Danach müssen personenbezogene Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein. Eine Weitergabe nicht-anonymisierter Entscheidungsabschriften wird aufgrund dessen sicherlich dann möglich sein, wenn die anfordernde Stelle z.B. aus Anlass eines konkreten gerichtlichen Verfahrens, an dem eine Person beteiligt ist, deren Daten in der zu übersendenden Entscheidung enthalten sind, auf die Verwertung gerade dieser Daten für die eigene Entscheidung angewiesen ist oder die Verwertbarkeit dieser Daten für die (eigene) Entscheidung auch nur geprüft werden soll. Die Verarbeitung von Entscheidungen wegen der darin enthaltenen Rechtsausführungen erfordert dagegen in aller Regel nicht die Kenntnis der in der Entscheidung verlautbarten personenbezogenen Daten.

 

Letzteres gilt grundsätzlich auch für die Übermittlung gerichtlicher Entscheidungen z.B. an die Bibliotheken anderer Gerichte; insoweit ist in aller Regel eine Übersendung nur in anonymisierter Form zulässig.

 

1.4

Dürfen unter Berücksichtigung der zuvor dargestellten Grundsätze bestimmte personenbezogene Daten übermittelt werden, wird in einigen Ermächtigungs-grundlagen ebenfalls die Übermittlung weiterer in der Entscheidung enthaltener, nicht dem Übermittlungszweck dienender personenbezogener Daten des Betroffenen oder Dritter erlaubt. Vorausgesetzt wird dabei, dass eine Trennung nach erforderlichen und nicht erforderlichen Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist und nicht schutzwürdige Belange der vorgenannten Personen überwiegen (vgl. etwa § 3 Abs. 2 Satz 2 DSG NRW; § 67d Abs. 2 SGB X).

 

 

2

Der Umfang der nach den vorstehenden Ausführungen vielfach gebotenen Anonymisierung von gerichtlichen Entscheidungen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles: Anonymisierung bedeutet nicht, dass zwangsläufig sämtliche personenbezogene Daten (Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person) verändert (unkenntlich gemacht) werden müssen. Eine Anonymisierung ist anzunehmen, soweit personenbezogene Daten in einer Weise verändert worden sind, dass die betroffene Person nicht oder jedenfalls nicht mehr mit einem zumutbaren/erwartbaren Aufwand identifizierbar ist. Hierfür gilt im Einzelnen Folgendes:

 

2.1

Entscheidungen von Gerichten des Landes Nordrhein-Westfalen, die in elektronisch gespeicherter Form vorliegen oder zu erstellen sind und die anderen Personen als den Beteiligten des jeweiligen Verfahrens zugänglich gemacht werden sollen, sind, soweit kein Fall nach Nr. 1.2 bis 1.4 vorliegt, nach den Vorschriften dieser RV zu anonymisieren. Dies gilt insbesondere für die Übermittlung einer Entscheidung zum Zwecke ihrer Veröffentlichung und für die Einstellung einer Entscheidung in die Datenbank NRWE.

 

2.2

Entscheidungen, die zu dem Zeitpunkt, in dem ihre Anonymisierung erstmals erforderlich wird, noch nicht in digitaler Form vorliegen, können abweichend von den Vorschriften dieser RV auf herkömmliche Art, insbesondere durch Schwärzung der zu anonymisierenden Daten auf einer Ablichtung, anonymisiert werden. Dies gilt nicht, wenn die Entscheidung zeitgleich in die Datenbank NRWE eingestellt werden soll.

 

2.3

In der Regel wird es zur Anonymisierung ausreichend sein, die unter Nr. 2.5 bis 2.14 aufgeführten personenbezogenen Daten unkenntlich zu machen.

 

- Dabei ist allerdings zu beachten, dass personenbezogene Daten i.S.d. der vorgenannten Nummern im Einzelfall für das Verständnis der Entscheidung von Bedeutung sein können. Dies kann etwa Berufsbezeichnungen, Alters- und Datumsangaben betreffen. In einem solchen Fall ist stets zu prüfen, inwiefern nicht bereits die Anonymisierung der übrigen personenbezogenen Daten ausreichend ist, um einen Rückschluss auf die dahinter stehende Person auszuschließen. Im Übrigen sind einerseits das Geheimhaltungsinteresse der Betroffenen und andererseits das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sowie das Bedürfnis nach inhaltlicher Verständlichkeit der Entscheidung abzuwägen.

 

 

- Weiterhin kann es Entscheidungen geben, in denen ein zusätzlicher Anonymisierungsbedarf besteht, weil die Verfahrensbeteiligten oder Dritte durch weitergehende Angaben im Entscheidungstext identifizierbar bleiben. Dies betrifft insbesondere Urteile und Beschlüsse mit besonders sensiblen Daten, was etwa bei Entscheidungen mit Bezug zu Sexualdelikten oder (schweren) gesundheitlichen Beeinträchtigungen (namentlich Arzthaftungssachen) möglich ist. Hier kann eine Streichung weiterer personenbezogener Merkmale (z.B. Staatsangehörigkeit, Ethnie) oder sogar ganzer Passagen erforderlich werden, wozu etwa Feststellungen zu den Lebensumständen der betroffenen Person, sensible ärztliche Untersuchungsbefunde, aber auch die Beschreibung von Tatumständen gehören können. Die betroffenen Abschnitte sind abhängig von ihrem Umfang durch Auslassungszeichen - Einfügung der Zeichenkombination „(…)“ - oder die Formulierung „- Von der Darstellung des nachfolgenden Textes wird abgesehen -“ zu kennzeichnen.

 

2.4

In der Regel sollen nicht anonymisiert werden:

a)

Bezeichnungen von Staaten, Ländern und Gemeinden, anderen Gebietskörperschaften, sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie von öffentlichen Einrichtungen, insbesondere von Gerichten und Behörden einschließlich ihres Sitzes;

b)

Namen von absoluten Personen der Zeitgeschichte, wenn das Verfahren in Bezug zu der Rolle der Person im öffentlichen Leben steht;

c)

literarische Quellenangaben, etwa aus juristischen Fachpublikationen (also „Palandt-Heinrichs, § 286, Rn. 1“; nicht „Q-I, § 286, Rn. 1“);

d)

Aktenzeichen gerichtlicher und staatsanwaltlicher Entscheidungen, weil sonst der Rückgriff auf eine bestimmte Verfahrensakte in den Fällen, in denen deren Übersendung geboten erscheint, oder etwa das Auffinden von vorinstanzlichen Entscheidungen nicht möglich wäre.

 

2.5

Soweit Namen von natürlichen Personen unkenntlich zu machen sind, ist der Personenname (einschließlich aller zum Namen gehörender Bestandteile wie Adelsprädikate, akademische Titel etc.) durch einen oder bei mehr als 26 zu anonymisierenden Namen durch mehrere Buchstaben zu ersetzen. Dabei soll möglichst kein festes Muster verwendet werden, vielmehr ist eine zufällige Auswahl zu treffen. Wichtig ist allerdings, dass ein- und dieselbe Person in derselben Entscheidung einheitlich bezeichnet wird - andernfalls ist die Entscheidung nicht mehr verständlich.

 

2.6

Soweit Namen von juristischen Personen, Einzelfirmen etc. verwendet werden, ist ebenso zu verfahren. Die Bezeichnung der Gesellschaftsform etc. ist beizubehalten. Nr. 2.5 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.

 

2.7

Altersangaben zu natürlichen Personen sind durch die Ziffernkombination „00“ zu ersetzen. Berufsangaben sind durch Auslassungszeichen - Einfügung der Zeichenkombination „(…)“ - auszutauschen.

 

2.8

Telefonnummern, Konto- oder Kundennummern, E-Mail- und (persönliche) Internetadressen, Autokennzeichen sowie Identifikationsnummern von Behörden sind durch einen die Bedeutung der Nummer umschreibenden Begriff oder einen entsprechenden Anfangsbuchstaben sowie eine laufende Nummer zu ersetzen („Telefonnummer01“, „E-Mail-Adresse01“ etc. oder „T01“, „E01“ etc.). Nr. 2.5 Satz 3 gilt entsprechend. Bleibt der Text lesbar, können alternativ auch Auslassungszeichen verwendet werden.

 

2.9

Namen von Städten und Gemeinden sowie von deren Teilen sind, wenn und soweit eine Anonymisierung zu erfolgen hat, durch einen Buchstaben zu ersetzen. Nr. 2.5 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.

 

2.10

Namen von Straßen, Plätzen, Wegen, Gassen etc. sind durch einen Buchstaben zu ersetzen, wobei der Bestandteil „-straße“ beizubehalten ist und die Bestandteile „-platz“, „-weg“, „-gasse“ etc. durch „-straße“ zu ersetzen sind. Fehlt ein solcher Bestandteil ganz, ist „-straße“ hinzuzufügen. Nr. 2.5 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.

 

2.11

Grundstücksbezeichnungen sind insgesamt durch den Buchstaben „G“ und eine laufende Nummer zu ersetzen („G01“, „G02“ etc.). Darüber hinaus ist lediglich die Angabe des Grundbuchamtes zu belassen. Nr. 2.5 Satz 3 gilt entsprechend. Bleibt der Text lesbar, können alternativ auch Auslassungszeichen verwendet werden.

 

2.12

Soweit Datumsangaben zu anonymisieren sind, sind alle Zahlen durch die Ziffer „0“ zu ersetzen.

 

 

2.13

Auch in der Entscheidung enthaltene Bilder und Grafiken müssen einer Anonymisierung unterzogen werden, sofern dies notwendig ist. Sofern Namen und sonstige Angaben im Entscheidungstext anonymisiert werden, sind diese auch auf den Bildern und Grafiken zu anonymisieren. Nr. 2.5 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend. Abgebildete Personen sind unkenntlich zu machen.

 

2.14

Die Benennung der Personen, die an der Entscheidung mitgewirkt haben (Richterinnen, Richter, Staatsanwältinnen, Staatsanwälte, Urkundsbeamte etc.), kann bei der Versendung von Entscheidungen an Privatpersonen oder bei ihrer Veröffentlichung gegenüber einem unbeschränkten Personenkreis im Internet regelmäßig unterbleiben, da sich das berechtigte Interesse der Adressaten im Wesentlichen auf die in der Entscheidung enthaltenen Rechtsausführungen beschränken dürfte. Nur ausnahmsweise ist bei entsprechender ausdrücklicher Anfrage eine Weitergabe nicht-anonymisierter Angaben zu dem vorgenannten Personenkreis angezeigt. Dies kann nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. Oktober 2014 namentlich bei einem presserechtlichen Auskunftsanspruch der Fall sein. Nach dieser Entscheidung sind Amtsträger zwar auch hinsichtlich ihrer Amtstätigkeit in den Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts einbezogen; das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG kann jedoch im Einzelfall deren Persönlichkeitsrechte überwiegen, was in dem zugrundeliegenden Sachverhalt für den dort tätigen Staatsanwalt und den Verteidiger, nicht hingegen hinsichtlich der Urkundsbeamtin angenommen wurde (BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 6 C 35/13 -, juris Rn. 21 ff., 46 f.).

 

2.15

Die ordnungsgemäße Durchführung der Anonymisierung, insbesondere die Beachtung dieser Vorschriften, obliegt dem Gericht, von welchem die zu anonymisierende Entscheidung stammt, gerichtsintern der oder dem für den jeweiligen Spruchkörper bzw. die jeweilige Abteilung zuständigen Urkundsbeamtin oder Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Dies gilt nicht, wenn die jeweilige Behördenleitung etwas anderes anordnet oder die Verfasserin bzw. der Verfasser der Entscheidung die Anonymisierung selbst durchführt. Die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit der jeweiligen Gerichtsleitung nach Art. 4 Nr. 7 DS-GVO bleibt hiervon unberührt.

 

3

Bei der Überlassung von Akten an Referendarinnen und Referendare zum Zwecke der Ausbildung und Prüfung bedarf es im Hinblick auf die bereichsspezifische Regelung in § 39 Abs. 6 JAG keiner Anonymisierung der gerichtlichen Entscheidungen.

 

II.

Die RV des JM vom 30. Oktober 2002 (1552 - I D. 12) in der Fassung vom 3. März 2004 (1552 - I. 12) wird aufgehoben.

 

III.

Diese RV tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.