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Justizverwaltungs­vorschriften-Online

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Ausführung der Bundesrechtsanwaltsordnung (AV-BRAO)
AV d. JM vom 17. Juni 2022 (3170 - Z. 81)
- JMBl. NRW S. 286 -

1

Anwaltsgerichtsbarkeit für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte

 

1.1

Gemäß § 92 Absatz 2 Satz 2 und § 101 Absatz 2 BRAO werden bei dem Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen zwei Senate und bei den Anwaltsgerichten für den Bezirk der Rechtsanwaltskammer in Hamm zwei, in Düsseldorf drei sowie in Köln vier Kammern gebildet.

 

1.2

Ehrenamtliche Richterinnen oder Richter, denen das Amt einer Vorsitzenden oder eines Vorsitzenden bei dem Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen übertragen ist (Präsidentin oder Präsident des Anwaltsgerichtshofes, Vorsitzende der Senate), werden vor einem Senat des Oberlandesgerichts Hamm vereidigt (§ 123 Satz 2 DRiG). Ehrenamtliche Richterinnen oder Richter, denen das Amt der Vorsitzenden oder des Vorsitzenden beim Anwaltsgericht übertragen ist (Vorsitzende der Kammern), werden vor einem Senat des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk das Anwaltsgericht seinen Sitz hat, vereidigt.

 

1.3

Das Dienstalter der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter rechnet ab dem Tag ihrer erstmaligen Ernennung zu Mitgliedern des Anwaltsgerichtshofes und der Anwaltsgerichte.

 

1.4

Die Anwaltsgerichte legen ihre Geschäftsverteilungspläne und deren Änderungen der zuständigen Präsidentin oder dem zuständigen Präsidenten des Oberlandesgerichts und der zuständigen Generalstaatsanwältin oder dem Generalstaatsanwalt vor (§ 92 Absatz 3 BRAO in Verbindung mit § 3 Nummer 1 der Verordnung zur Ausführung der Bundesrechtsanwaltsordnung vom 22. April 2008).

 

1.5

Für die Geschäftsverteilung bei dem Anwaltsgerichtshof gilt Nummer 1.4 mit der Maßgabe, dass die Vorlage an das Ministerium der Justiz erfolgt (§ 100 Absatz 1 Satz 2 i.V.m. § 92 Absatz 3 BRAO).

 

2

Anwaltsgerichtliches Verfahren

 

2.1

Die Generalstaatsanwältin oder der Generalstaatsanwalt teilt dem Vorstand der jeweils zuständigen Rechtsanwaltskammer und in dem Fall, dass die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt zugleich auch einer Notarkammer angehört, der Notarkammer, in dessen Bezirk die Rechtsanwältin ihren oder der Rechtsanwalt seinen Amtssitz hat, mit:

 

2.1.1

die Anschuldigungsschrift und den Antrag auf Verhängung eines Berufs- oder Vertretungsverbots,

 

2.1.2

den Beschluss über die Verhängung eines Berufs- oder Vertretungsverbots und hierzu ergehende weitere Entscheidungen in beglaubigter Abschrift,

 

2.1.3

die eine Instanz oder das Verfahren abschließenden Entscheidungen. Bei der Mitteilung einer mit Rechtsmitteln anfechtbaren Entscheidung ist zugleich anzugeben, ob und gegebenenfalls seit wann diese rechtskräftig oder mit dem zulässigen Rechtsmittel angefochten ist.

 

2.2

Abweichend von der vorstehenden Vorschrift sind die Mitteilungen auch an das Ministerium der Justiz zu richten, wenn dem anwaltsgerichtlichen Verfahren ein besonderes öffentliches Interesse zukommt oder die Angelegenheit grundsätzliche Bedeutung hat.

 

2.3

Ist die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt zugleich als Wirtschaftsprüferin, Wirtschaftsprüfer, Steuerberaterin oder Steuerberater, Steuerbevollmächtigte oder Steuerbevollmächtigter und vereidigte Buchprüferin oder vereidigter Buchprüfer bestellt, so sind die Mitteilungen auch zu richten:

 

2.3.1

bei Wirtschaftsprüferinnen oder Wirtschaftsprüfern sowie vereidigten Buchprüferinnen oder vereidigten Buchprüfern an die Wirtschaftsprüferkammer,

 

2.3.2

bei Steuerberaterinnen oder Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten an die zuständige Steuerberaterkammer und an das Ministerium der Finanzen des Landes Nordrhein-Westfalen.

 

3

Gnadensachen

 

3.1

Gesuche um Gnadenerweise in Anwaltsgerichtssachen legt die Generalstaatsanwältin oder der Generalstaatsanwalt dem Ministerium der Justiz mit einem Bericht vor. Dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer und der Vorsitzenden oder dem Vorsitzenden des Senats des Anwaltsgerichtshofs oder der Kammer des Anwaltsgerichts, zu deren Entscheidung ein Gnadenerweis erbeten wird, ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Sämtliche Umstände, die für die Gnadenentscheidung Bedeutung haben, sind in dem Bericht eingehend zu würdigen. Dies gilt auch für die wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen.

 

3.2

Die Gnadenvorgänge sind in einem besonderen Heft (Gnadenheft) zusammenzufassen. Den Berichten sind die anwaltsgerichtlichen Akten und die von der Rechtsanwaltskammer angeforderten Personalakten beizufügen.

 

4

Beschwerden

 

4.1

Hält der Vorstand der Rechtsanwaltskammer in einer Beschwerdesache eine Sachaufklärung durch die Generalstaatsanwältin oder den Generalstaatsanwalt für erforderlich, so gibt er die Vorgänge an diese oder diesen ab. Nach Abschluss der Ermittlungen prüft die Generalstaatsanwältin oder der Generalstaatsanwalt unter Beteiligung des Vorstands der Rechtsanwaltskammer, ob die Einleitung eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens (§ 121 BRAO) geboten ist.

 

4.2

Werden gegen ein Mitglied einer Rechtsanwaltskammer Vorwürfe strafrechtlicher Art erhoben, prüft die Generalstaatsanwältin oder der Generalstaatsanwalt unter Beteiligung des Vorstands der Rechtsanwaltskammer, ob der Sachverhalt zu berufsrechtlichen Maßnahmen Anlass gibt, insbesondere, ob die sofortige Einleitung eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens und die Verhängung eines Berufs- oder Vertretungsverbots angezeigt ist.

 

5

Berufsausübungsgesellschaften/Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen von Berufsausübungsgesellschaften

 

Die Mitteilungspflichten nach Nummer 2 gelten in Bezug auf zugelassene Berufsausübungsgesellschaften und Mitglieder von Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen von Berufsausübungsgesellschaften entsprechend.

 

6

Anwälte aus anderen Staaten/Rechtsbeistände

 

Für Anwältinnen und Anwälte aus anderen Staaten und Rechtsbeistände, die in die Rechtsanwaltskammer aufgenommen worden sind, gelten die Nummern 2 bis 4 sinngemäß.

 

7

Sonstiges

 

7.1

Wegen der Mitteilungen in Strafsachen und der Mitteilungen von Klagen, Vollstreckungsmaßnahmen u. a. gegen Angehörige rechtsberatender Berufe wird auf die Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) und die Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi) verwiesen.

 

7.2

Die bei den Präsidentinnen und Präsidenten sowie den Direktorinnen und Direktoren der Gerichte anfallenden Vorgänge über Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind zu den Generalakten (Sammelakten) zu nehmen.

 

8

Inkrafttreten

 

Diese AV tritt am 1. August 2022 in Kraft. Gleichzeitig tritt die AV des JM vom 1. Februar 2011 (3170 - Z. 81) - JMBl. NRW S. 30 - in der Fassung vom 14. Dezember 2017 - JMBl. NRW S. 3 - außer Kraft.