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Justizverwaltungs­vorschriften-Online

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Dienstliche Beurteilungen
der Richterinnen und Richter sowie
der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte
(BeurteilungsAV JM – BeurtAV JM)

AV d. JM vom 15. Dezember 2022 (2000 - Z. 549)
- JMBl. NRW S. 53 -

 

Aufgrund des § 1 Absatz 1 Satz 2 der Beurteilungsverordnung JM werden folgende Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Richterinnen und Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Verwaltungs-, der Finanz-, der Arbeits- und der Sozialgerichtsbarkeit sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte des Landes Nordrhein-Westfalen erlassen:

 

1

Grundsätze

 

1.1

Die dienstlichen Beurteilungen bilden die Grundlage für Personalentscheidungen. Sie dienen der Verwirklichung des Leistungsprinzips. Der Äußerung über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung ist deshalb besondere Sorgfalt zu widmen. Es kommt darauf an, ein vollständiges und zutreffendes Gesamtbild von der Persönlichkeit der oder des zu Beurteilenden zu erhalten und wahrheitsgemäß darzustellen.

 

1.2

Die zur Beurteilung berufene Stelle muss sich ausreichende Kenntnisse über die oder den zu Beurteilenden verschaffen.

 

1.3

Die Beurteilung ist dabei auch auf den persönlichen Eindruck der oder des zur Beurteilung berufenen unmittelbaren Dienstvorgesetzten zu stützen. Dies gilt nicht für Überbeurteilungen, mit denen keine Abweichung beabsichtigt ist oder bei denen die Abweichung ausschließlich der Herstellung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabes dient.

 

2

Vordruck

 

Die Beurteilung erfolgt unter Verwendung des Beurteilungsformulars gemäß dem anliegenden Vordruck.

 

3

Regel- und Anlassbeurteilungen

 

3.1

§ 2 Absatz 3 BeurtVO JM enthält eine abschließende Aufzählung der von der Regelbeurteilung ausgenommenen Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Während einer Beurlaubung, Elternzeit, Freistellung nach § 9 Absatz 1 Nummer 4 LVO, Abordnung oder Zuweisung entfällt die Regelbeurteilung daher nicht, sofern die tatsächliche Tätigkeit im Durchschnitt des Beurteilungszeitraums bei mindestens 20 Prozent der regelmäßigen Dienstzeit lag.

 

3.2

Grundsätze für die Nachzeichnung dienstlicher Beurteilungen der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte entsprechend § 9 LVO bestimmt das Ministerium der Justiz durch Erlass.

 

3.3

 

3.3.1

Regelbeurteilungen erstrecken sich über den gesamten Zeitraum seit dem letzten Regelbeurteilungsstichtag. Dies gilt auch dann, wenn innerhalb dieses Zeitraums eine Anlassbeurteilung erfolgt ist.

 

3.3.2

Der Beurteilungszeitraum der Anlassbeurteilungen nach § 3 Absatz 1 BeurtVO JM erstreckt sich regelmäßig vom letzten Regelbeurteilungsstichtag bis zum Datum der Veröffentlichung der die Beurteilung veranlassenden Ausschreibung. Dies gilt auch dann, wenn seit der letzten Regelbeurteilung bereits eine Anlassbeurteilung erfolgt ist.

 

3.3.3

Der Beurteilungszeitraum der Anlassbeurteilungen, die nach § 3 Absatz 2 und 3 BeurtVO JM zu erstellen sind, erstreckt sich regelmäßig vom Ende des Beurteilungszeitraums der vorangegangenen Beurteilung bis zum jeweiligen aktuellen Beurteilungsanlass. Die Beurteilung nach § 3 Absatz 2 Nummer 3 BeurtVO JM erstreckt sich immer nur auf den Zeitraum der Erprobung.

 

3.4

Erstreckt sich eine dienstliche Beurteilung auch auf Zeiträume, die bereits dienstlich beurteilt wurden, besteht keine Befugnis zur nachträglichen Abänderung der vorangehenden Beurteilung. Diese muss – im Gegensatz zu einem Beurteilungsbeitrag – ohne inhaltliche Änderung bei der Gesamtbewertung Berücksichtigung finden.

 

4

Beurteilungsmaßstab

 

4.1

Zur Gewährleistung einheitlicher Beurteilungsmaßstäbe werden im ersten Quartal des Vorjahres, in das ein Regelbeurteilungsstichtag nach § 2 Absatz 2 Satz 1 BeurtVO JM fällt, im Ministerium der Justiz Maßstabkonferenzen unter Beteiligung der Präsidentinnen und Präsidenten der oberen Landesgerichte und der Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte durchgeführt. Entsprechende Maßstabkonferenzen finden im Anschluss bei den Präsidentinnen und Präsidenten der oberen Landesgerichte und bei den Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälten unter Beteiligung der diesen nachgeordneten Stellen statt. Zu den Maßstabkonferenzen ist die zu beteiligende Richter- und bzw. oder Staatsanwaltsvertretung sowie die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen hinzuzuziehen; zu den Maßstabkonferenzen im Ministerium der Justiz ist auch der Präsidialrat einzuladen. § 17 Absatz 1 Satz 3 LGG ist zu beachten. Soweit aufgrund der Maßstabkonferenz Maßstäbe für die Erstellung der dienstlichen Beurteilungen verbindlich festgelegt werden, unterliegen diese der Mitbestimmung nach § 41 Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 LRiStaG und dem Anhörungsrecht nach § 178 Absatz 2 Satz 1 SGB IX. Die auf der Ebene des Ministeriums der Justiz festgelegten Maßstäbe sind im Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen zu veröffentlichen; etwaige auf der Ebene der oberen Landesgerichte und der Generalstaatsanwaltschaften festgelegte ergänzende Maßstäbe sind im jeweiligen Geschäftsbereich in geeigneter Weise bekannt zu geben.

 

4.2

Mit jeder Beförderung in ein höheres Statusamt sind regelmäßig gesteigerte Anforderungen und ein höheres Maß an Verantwortung verbunden (§ 4 Absatz 2 BeurtVO JM). Nach jeder Beförderung sind entsprechend strengere Maßstäbe anzulegen, so dass jeweils in der ersten Beurteilung nach einer Beförderung in ein höheres Statusamt zu prüfen ist, ob die bisher erreichten Bewertungen der Beurteilungsmerkmale bzw. das Gesamturteil abzusenken sind. Unterbleibt eine Notenabsenkung, bedarf dies einer Plausibilisierung im Rahmen der Begründung des Gesamturteils. Bei der Prüfung der Notenabsenkung sind einheitliche Maßstäbe anzuwenden; diese sind in den Maßstabkonferenzen festzulegen.

 

5

Beurteilungsmerkmale

 

5.1

Den Hauptmerkmalen des § 5 Absatz 1 BeurtVO JM werden folgende Untermerkmale zugeordnet:

 

5.1.1

Sach- und Fachqualifikation:

- Fachliche Qualifikation (insbesondere Rechtskenntnisse und Rechtsanwendung)

- Fortbildungsbereitschaft und Spezialisierungen

- Amtsverständnis

- Argumentations- und Überzeugungsfähigkeit

- Verhandlungs- und Vernehmungsgeschick

- Ausbildungs- und Prüfungskompetenz

 

5.1.2

Persönliche Qualifikation:

- Allgemeine Persönlichkeitsmerkmale

- Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein

- Einsatzbereitschaft und Belastbarkeit

- Selbstmanagement und Organisationsfähigkeit

- Entschlusskraft und Entscheidungsbereitschaft

- Innovationsbereitschaft, Flexibilität und digitalisiertes Arbeiten

- Loyalität (ausschließlich bei Staatsanwältinnen und Staatsanwälten)

 

5.1.3

Soziale Qualifikation:

- Teamfähigkeit

- Kommunikationsfähigkeit

- Konflikt- und Vermittlungsfähigkeit

- Serviceorientierung

 

5.1.4

Führungs- und Leitungsqualifikation:

- Kommunikative Kompetenzen

- Methodische Kompetenzen

 

5.2

Bei der dienstlichen Beurteilung von Führungskräften im Sinne des § 5 Absatz 2 Satz 2 BeurtVO JM werden dem Hauptmerkmal Führungs- und Leitungsqualifikation abweichend von Nummer 5.1.4 die folgenden Untermerkmale zugeordnet:

- Lern- und Kritikfähigkeit, Flexibilität

- Kooperation und Teamorientierung

- Delegationsfähigkeit

- Förderung der Gerichtsangehörigen/Bediensteten

- Interkulturelle Kompetenz und Diversitätskompetenz

- Motivierungsgeschick

- Konflikt- und Vermittlungsfähigkeit

- Strukturierungsfähigkeit

- Zielorientierung

- Entscheidungsfähigkeit

- Unternehmerisches Denken und Handeln in der Verwaltung

- Loyalität

- Repräsentationsfähigkeit

 

5.3

Den Untermerkmalen werden in den Anforderungsprofilen Ausformungen als Klammerzusätze hinzugefügt. Diese haben lediglich beispielhaften und erläuternden Charakter.

 

5.4

Der Beurteilungstext muss im Hinblick auf die Zwischennote (§ 6 Absatz 1 Satz 1 BeurtVO JM) und die Gesamtnote (§ 6 Absatz 1 Satz 2 BeurtVO JM) schlüssig sein. Er darf nicht darauf gerichtet sein, diese in zeitlicher Hinsicht zu differenzieren; Nummer 3.4 bleibt unberührt.

 

5.5

Bei der Gewichtung der Hauptmerkmale (§ 6 Absatz 1 Satz 3 BeurtVO JM) sind einheitliche Maßstäbe anzuwenden; diese sind unter Beachtung der Vorgaben des § 6 Absatz 1 Satz 4 und 5 BeurtVO JM in den Maßstabkonferenzen festzulegen.

 

6

Anforderungsprofile

 

Die Anforderungsprofile für die Eingangs- und Beförderungsämter (§ 8 BeurtVO JM) sind als Anlage zu dieser AV deren Bestandteil.

 

7

Beurteilungsverfahren

 

7.1

In der dienstlichen Beurteilung ist zu vermerken, dass die Gelegenheit zur mündlichen Erörterung des Entwurfs der beabsichtigten Beurteilung nach § 14 Absatz 3 Satz 1 LRiStaG gewährt wurde.

 

7.2

Mit der Gewährung der Gelegenheit zur Besprechung der dienstlichen Beurteilung im Rahmen ihrer Eröffnung nach § 14 Absatz 4 Satz 2 LRiStaG ist darauf hinzuweisen, dass beabsichtigt ist, die Beurteilung nach Ablauf von zwei Wochen seit dem Tag der Absendung zu der Personalakte zu nehmen. Dies gilt für die Überbeurteilung nur dann, wenn eine Abweichung beabsichtigt ist.

 

7.3

Der schriftliche Beurteilungsbeitrag nach § 9 Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 2 BeurtVO JM sowie § 6 Absatz 2 ErprobVO JM ist der dienstlichen Beurteilung dauerhaft beizufügen.

 

7.4

Soweit zur Vorbereitung der Beurteilungen sonstige schriftliche Stellungnahmen eingeholt worden sind, dürfen sie von der dienstvorgesetzten Stelle nur bis zur Aufnahme der Beurteilung sowie einer etwaigen Gegenäußerung in der Personalakte aufbewahrt werden. Sie dürfen erst vernichtet werden, sobald mit einer gerichtlichen Nachprüfung nicht mehr zu rechnen ist.

 

8

Rechtskontrolle

 

Unberührt von der Zuständigkeit für die Beurteilung und Überbeurteilung (§ 9 BeurtVO JM) bleibt das Recht der gemäß § 8 JustG NRW nächsthöheren dienstvorgesetzten Stelle, die dienstliche Beurteilung einer Rechtskontrolle zu unterziehen sowie die Beurteilung bei Rechtsverstößen aufzuheben und eine Neubeurteilung anzuordnen.

 

9

Beurteilungsspiegel

 

Das Ergebnis eines Regelbeurteilungsdurchgangs soll den Beurteilten in Form eines Notenspiegels in geeigneter Weise bekannt gegeben werden. Hierbei soll der Anteil an Frauen und Männern sowie Teilzeitkräften jeweils gesondert ausgewiesen werden, soweit die Anonymität der Beurteilungen gewahrt bleibt. Das Nähere hierzu regelt das Ministerium der Justiz durch Erlass.

 

10

Sondervorschriften

 

10.1

Bei der Beurteilung von Teilzeitkräften ist § 13 Absatz 4 Satz 3 LGG in der jeweils geltenden Fassung zu beachten.

 

10.2

Bei der Beurteilung von Schwerbehinderten und diesen nach § 151 SGB IX gleichgestellten behinderten Menschen sind die „Richtlinien zur Durchführung der Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (SGB IX) im öffentlichen Dienst im Lande Nordrhein-Westfalen“ und die „Gemeinsame Rahmenvereinbarung zur Integration schwerbehinderter Menschen in die Dienststellen der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen gemäß § 83 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX)“ in der jeweils geltenden Fassung zu beachten.

 

11

Schlussvorschriften

 

11.1

Diese AV tritt am 1. Januar 2023 in Kraft. Gleichzeitig tritt die AV d. JM vom 2. Mai 2005 (2000 - Z. 155) - JMBl. NRW S. 121 -, zuletzt geändert durch AV d. JM vom 4. Juli 2016, außer Kraft.

 

11.2

Die Maßstabkonferenzen nach Nummer 4.1 finden erstmals – zusätzlich zu den dort genannten Zeitpunkten – einmalig auch unverzüglich nach Inkrafttreten dieser AV statt. Bis zur Festlegung einheitlicher Maßstäbe nach Nummer 4.2 und Nummer 5.5 durch die Maßstabkonferenzen stellt die zur Beurteilung und gegebenenfalls zur Überbeurteilung berufene Stelle sicher, dass einheitliche Maßstäbe angewendet werden. Bereits existente Maßstäbe können solange weiter angewendet werden.