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Justizverwaltungs­vorschriften-Online

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Strafsachen wegen politischer Beleidigungen
AV d. JM vom 7. Februar 1967 (4023 - III A. 1)
- JMBl. NRW S. 49 -

1 Allgemeine Grundsätze


(1) Politische Beleidigungen verfolgen in der Regel das Ziel, die Ehre des Beleidigten und die von ihm vertretene politische Anschauung in der öffentlichen Meinung herabzusetzen und seine politische Betätigung dadurch wesentlich zu erschweren. Delikte, die in dieser Weise als Mittel des politischen Kampfes benutzt werden, sind geeignet, zu einer ernsten Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung zu werden. Die Verfolgung politischer Beleidigungen liegt daher regelmäßig im öffentlichen Interesse.

(2) Der strafrechtliche Ehrenschutz wird für den Beleidigten nur wirksam, wenn die gerichtliche Entscheidung schnell auf die Tat folgt und die Strafe für die Beleidigung der Schwere der Ehrverletzung entspricht. Die einschlägigen Strafverfahren sind daher beschleunigt und nachdrücklich durchzuführen.

(3) Besondere Aufmerksamkeit ist den Verfahren zu widmen, die politische Beleidigungen zum Gegenstand haben, die im Wahlkampf oder aus Anlass des Wahlkampfes begangen worden sind. In diesen Fällen ist das Strafverfahren besonders beschleunigt durchzuführen, damit durch eine schnelle Wiederherstellung der Ehre des Beleidigten der Eintritt des mit der Tat verfolgten Zieles verhindert wird, dem Beleidigten die Führung des Wahlkampfes zu erschweren und dadurch das Wahlergebnis zu beeinflussen.

(4) Der Grundsatz der beschleunigten Verfahrensdurchführung gilt auch für Strafverfahren wegen Beleidigung politischer Körperschaften.

(5) Auf die Nrn. 229 bis 232 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) wird hingewiesen.

2 Bearbeitung durch die Staatsanwaltschaft


(1) Die Erledigung von Ermittlungsersuchen, die an Gerichte, Polizeibehörden oder andere Stellen gerichtet werden, nimmt oftmals längere Zeit in Anspruch. In vielen Fällen wird das Ersuchen nicht erschöpfend bearbeitet, so dass ergänzende Feststellungen notwendig sind. Um derartige Verzögerungen in den einschlägigen Ermittlungsverfahren zu vermeiden, hat der Sachbearbeiter der Staatsanwaltschaft in der Regel die notwendigen Ermittlungen selbst durchzuführen (vgl. Nr. 3 Abs. 1 RiStBV).

(2) Besteht für die Staatsanwaltschaft in Fällen besonders schwerwiegender übler Nachrede oder Verleumdung Grund zu der Annahme, dass der Verletzte Strafantrag stellen wird, so kann es sich empfehlen, zum Zwecke der Beweissicherung bereits vor der Stellung des Strafantrages ein Ermittlungsverfahren einzuleiten (vgl. Nr. 6 Abs. 1 RiStBV).

(3) Einschlägige Vorgänge, die der kurzen presserechtlichen Verjährung unterliegen, sind abgesehen von der allgemein gebotenen Eilbedürftigkeit mit besonderer Beschleunigung zu bearbeiten. In den Verfahren ist notfalls dafür zu sorgen, dass die Verjährung rechtzeitig unterbrochen wird. Soweit in diesen Sachen berichtet wird, ist auf dem Bericht ein auffälliger Hinweis auf die kurze Verjährungsfrist und auf den Zeitpunkt der letzten, zur Unterbrechung der Verjährung geeigneten richterlichen Handlung anzubringen.

(4) Die Leiter der Staatsanwaltschaften haben den einschlägigen Verfahren besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und die Bearbeitung laufend zu überwachen. Sie achten insbesondere darauf, dass der Sachbearbeiter das Verfahren beschleunigt bearbeitet und die notwendigen Ermittlungen selbst vornimmt. Nach Erhebung der öffentlichen Klage haben sie durch geeignete Maßnahmen auf die Anberaumung eines möglichst nahen Termins zur Hauptverhandlung hinzuwirken.

(5) Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft hat in den einschlägigen Verfahren im Schlussvortrag bei seinem Antrag zu berücksichtigen, dass die Strafe dem Ausmaß der Schuld entsprechen, aber auch geeignet sein muss, der ernsten Gefahr zu begegnen, die aus der Anwendung der Beleidigung als Mittel des politischen Kampfes erwächst.

3 Verunglimpfung und Beleidigung oberster Staatsorgane


(1) Bei Verunglimpfungen und politischen Beleidigungen oberster Staatsorgane ist Nr. 209 RiStBV zu beachten.

(2) Ist ein Mitglied einer Regierung verunglimpft worden (§ 90 b StGB), vor der Erteilung der Strafverfolgungsermächtigung aber aus dem Amt ausgeschieden, so kann die Ermächtigung von dem Nachfolger im Amt erteilt werden. Dem Bericht nach Nr.209 RiStBV ist in diesen Fällen daher eine Abschrift für den Amtsnachfolger des ausgeschiedenen Regierungsmitgliedes beizufügen.

4 Allgemeine Berichtspflichten


(1) Die einschlägigen Verfahren sind Berichtssachen im Sinne der Anordnung über Berichtspflichten in Strafsachen (BeStra).

(2) Der Bundesminister der Justiz ist in den Fällen, in denen nach Nr. 209 RiStBV zu verfahren ist, auch über eine Verfahrensverzögerung unter Darstellung der Gründe auf dem Dienstwege zu unterrichten.

5 Frühere Vorschriften


Die Allgemeine Verfügung vom 30. Dezember 1959 (4023 - III A. 1) - JMBl. NRW 1960 S. 26 - hebe ich auf.