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Verfolgung von Verstößen gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz
RV d. JM vom 2. Februar 1977 (7630 - III A. 1)

I.


Das Gesetz zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz) vom 12. April 1976 (BGBl. I S. 965) soll Kinder und Jugendliche in ihrem eigenen Interesse und zugleich im Interesse der Allgemeinheit vor gesundheitlichen Schäden, die durch Überanstrengung in Arbeits- und Lehrverhältnissen entstehen können, und vor einer Ausbeutung ihrer Arbeitskraft schützen. Diesem Schutz kommt im Hinblick auf die bei Kindern und Jugendlichen oft beobachtete Beschleunigung nur der körperlichen Entwicklung, die zu einer Überschätzung ihrer Leistungsfähigkeit führen kann, heute besondere Bedeutung zu. Der Umstand, dass jugendliche Beschäftigte ein geringeres Arbeitsentgelt erhalten als Erwachsene, vergrößert noch die Gefahr einer unangemessenen Arbeitsbelastung. Dem Bestreben eines Arbeitgebers, die Arbeitskraft eines von ihm beschäftigten Jugendlichen in gesetzwidriger Weise auszunutzen, kommt oft der Wunsch des Jugendlichen entgegen, durch Überstunden einen höheren Arbeitslohn zu erlangen.

II.


Die Staatsanwaltschaften bitte ich, allen Verfahren, die Verstöße gegen Jugendarbeitsschutzbestimmungen betreffen, besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und darauf hinzuwirken, dass Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen einer schnellen und der Bedeutung des Jugendarbeitsschutzes angemessenen gerichtlichen Ahndung zugeführt werden. Ich bitte, in diesen Verfahren mit den örtlich zuständigen Gewerbeaufsichtsämtern enge Fühlung zu halten. Zuwiderhandlungen gegen Arbeitsschutzbestimmungen sind besonders nachdrücklich zu verfolgen, wenn der Täter das Gesetz vorsätzlich oder wiederholt missachtet hat. Die Einstellung des Verfahrens nach § 153 Abs. 1 oder § 153 a Abs. 1 StPO sowie die Zustimmung zu einer Einstellung nach § 153 Abs. 2, § 153 a Abs. 2 StPO oder nach § 47 Abs. 2 OWiG kommen nur in Ausnahmefällen in Betracht.

In Strafverfahren hat der Staatsanwalt, wenn er eine Einstellung des Verfahrens oder die Zustimmung zu der Einstellung in Erwägung zieht, dem Gewerbeaufsichtsamt vorher Gelegenheit zur Äußerung zu geben (Nrn. 90, 93, 255 RiStBV). Ich bitte ferner, in allen Strafsachen, die Verstöße gegen die Jugendarbeitsschutzbestimmungen zum Gegenstand haben, Anklage bei den Jugendgerichten zu erheben (§§ 26, 74 b GVG), soweit nicht besondere Umstände dem entgegenstehen. Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 GVG liegen in diesen Fällen regelmäßig vor.

In Bußgeldverfahren haben die Gerichte nach § 76 Abs. 1 OWiG der Verwaltungsbehörde Gelegenheit zu geben, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind. Dies gilt auch, wenn das Gericht erwägt, das Bußgeldverfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen. Die Gerichte können allerdings nach § 76 Abs. 2 OWiG von einer Beteiligung der Verwaltungsbehörde absehen, wenn ihre besondere Sachkunde für die Entscheidung entbehrt werden kann. In Jugendarbeitsschutzsachen wird auf die besondere Sachkunde der Verwaltungsbehörde in der Regel nicht verzichtet werden können. Die Staatsanwaltschaften wirken deshalb darauf hin, dass in Jugendarbeitsschutzsachen von der Möglichkeit des § 76 Abs. 2 OWiG zurückhaltend Gebrauch gemacht wird.

In Bußgeldverfahren soll der Staatsanwalt an der Hauptverhandlung teilnehmen, wenn seine Mitwirkung aus besonderen Gründen geboten ist (Nr. 287 Abs. 2 RiStBV). Das ist im Hinblick auf § 75 Abs. 2 OWiG in Verfahren wegen Zuwiderhandlungen gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz in der Regel der Fall. Daher wird der Staatsanwalt in solchen Verfahren nur ausnahmsweise auf die Teilnahme an der Hauptverhandlung verzichten.

III.


Die Rundverfügung vom 27. April 1973 (7630 - III A. 1) hebe ich auf.