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Justizverwaltungs­vorschriften-Online

Eine Datenbank der Justiz Nordrhein-Westfalen
Die Justizverwaltungsvorschriften in einer Datenbanklösung mit komfortabler Volltextsuche.

Gesundheitsfürsorge für Justizbedienstete
hier: Informationen über AIDS und Schutzmaßnahmen für die bei Gerichten und Staatsanwaltschaften im Justizwachtmeisterdienst eingesetzten sowie für Erste Hilfe vorgesehenen Bediensteten
RV d. JM vom 8. April 1987 (6270 - I B. 1) in der Fassung vom 11. April 1988

I.


Aufgrund der für den Bereich der Justizvollzugseinrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen ergangenen Bestimmungen sind die Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten unter Beteiligung des Anstaltsarztes über die Infektionskrankheit AIDS, über die Untersuchungsmöglichkeiten, die Übertragungswege und Ansteckungsrisiken sowie über geeignete Schutzmaßnahmen aufzuklären. Allen Untersuchungsgefangenen und Strafgefangenen mit einer Vollzugsdauer von voraussichtlich mehr als einem Monat wird bei der Erstaufnahme eine Untersuchung auf HIV-Antikörper im Blut angeboten.

Hat die Blutuntersuchung ein positives Ergebnis erbracht, wird der Gefangene vom Anstaltsarzt hierüber unverzüglich unterrichtet. Zugleich gibt der Arzt dem Gefangenen Hinweise, wie er sich in seinem eigenen Interesse und im Hinblick auf seine soziale Verantwortung verhalten sollte, und belehrt ihn über seine Mitteilungspflichten gegenüber besonders gefährdeten Personen (Intimpartner, Ärzte, Sanitätspersonal).

Der Anstaltarzt unterrichtet auch den Anstaltsleiter, der die zur Behandlung des HIV-infizierten Gefangenen und zum Schutze Dritter erforderlichen Maßnahmen trifft. Der Anstaltsleiter stellt sicher, dass infizierte Gefangene durch geeignete Bedienstete (Seelsorger, Anstaltspsychologe, Sozialarbeiter u.a.) besonders betreut werden.

Der Anstaltsleiter entscheidet über die Unterrichtung weiterer Bediensteter und Dritter. Eine solche Unterrichtung ist nur zulässig, wenn der Unterrichtete der Kenntnis für seinen Umgang mit dem infizierten Gefangenen dringend bedarf. Die Unterrichteten werden ausdrücklich auf ihre Schweigepflicht, auch innerhalb der Behörde, hingewiesen.

Im Hinblick auf die Unfallgefahr werden infizierte Gefangene beim Sammeltransport in Einzelzellen untergebracht; auch bei den Vorführstellen der Gerichte sind infizierte Gefangene einzeln unterzubringen.

II.


Soweit nicht aufgrund der Erkenntnisse über die Persönlichkeit des Gefangenen, sein Verhalten und seine Lebensweise davon abgesehen werden kann, werden bei vorliegender Infizierung seitens der Justizvollzugseinrichtung die Transportscheine, Mitteilungen zu einem Termin (VG 32) und entsprechende Transport- und Begleitpapiere, die bei Überstellungen, Vorführungen und bei Durchführung von Gefangenentransporten durch die Polizei verwendet werden, durch den Hinweis "Achtung: Blutkontakt vermeiden" gekennzeichnet.

III.


Die im Justizwachtmeisterdienst tätigen Bediensteten, insbesondere die bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften mit Vorführung von Gefangenen oder Verwahrung von Asservaten befassten Kräfte, sind unter Beteiligung eines Anstaltsarztes oder eines erfahrenen Sanitätsbediensteten aus dem Justizvollzugsbereich bzw. eines sonst in Betracht kommenden fachkundigen Arztes einer Gesundheitsbehörde über die Infektionskrankheit AIDS, deren Untersuchungsmöglichkeiten, Übertragungswege und Ansteckungsrisiken sowie über geeignete Schutzmaßnahmen aufzuklären.

An dieser Aufklärung nehmen auch die Bediensteten teil, die für Erste Hilfe vorgesehen sind.

Die Aufklärung über AIDS ist für die Beamten im Vorbereitungsdienst für den Justizwachtmeisterdienst und für die Justizaushelfer, die unmittelbar in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen werden sollen, im Rahmen des Begleitunterrichts (§§ 8, 11 Abs. 4 der VO über die Ausbildung für die Laufbahn des Justizwachtmeisterdienstes des Landes Nordrhein-Westfalen vom 24.4.1985 - GV. NW. 1985 S. 436) durchzuführen. Soweit sich dies nach den örtlichen Gegebenheiten ermöglichen lässt, ist über den vorgenannten Kreis hinaus auch den im Justizwachtmeisterdienst bereits eingesetzten Kräften, insbesondere aus dem Bereich des Vorführungsdienstes und der Asservatenverwaltung, Gelegenheit zu geben, an dieser besonderen Unterrichtsveranstaltung mit AIDS-Informationen  teilzunehmen. Die Bediensteten, die auf diesem Wege nicht aufgeklärt werden können, sind anlässlich besonders anzusetzender Dienstbesprechungen (RV d. JM vom 17.12.1985 - 2371 - I B. 6.1 -) ebenfalls in geeigneter Weise zu informieren.

IV.


Schutzmaßnahmen gegen Blut- und Sekretkontakte sind im Rahmen des Vorführungs- und Ordnungsdienstes gegenüber allen Personen, mithin nicht nur gegenüber erkannten Infizierten zu ergreifen.

Blutende Personen. sind nur mit Schutzhandschuhen anzufassen; gleiches gilt bei allen Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges. Den in Betracht kommenden Bediensteten sind Schutzhandschuhe in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen. Neben Einmal-Schutzhand-schuhen sind für den Vorführungs- und Ordnungsdienst und ggf. auch für den Umgang mit Asservaten aus dem AIDS-Bereich, bei denen eine Verletzungsgefahr besteht, Schutzhandschuhe von fester Beschaffenheit (mit Leder- oder anderem Schutzbesatz) bereitzustellen.

In der Ausstattung für Erste Hilfe sind Beatmungstuben vorzuhalten. Soweit nicht schon vorhanden, empfiehlt sich die Beschaffung preiswerter Safar-Tuben, die von beiden Seiten je ein Mundstück besitzen, durch die ein Kontakt mit dem zu Beatmenden vermieden wird.

V.


Zu besonderen Desinfektionsmaßnahmen im Hinblick auf die HIV-Infektion eines Gefangenen besteht in aller Regel kein Anlass. Dies gilt auch für gemeinsam benutztes Essgeschirr sowie für den Haftraum, in dem ein infizierter Gefangener untergebracht war. Desinfektionsmaßnahmen sind allenfalls dann angezeigt, wenn Gegenstände mit frischem Blut oder frischen serösen Körperflüssigkeiten erkennbar kontaminiert sind.

Für hiernach etwa erforderlich werdende Desinfektionsmaßnahmen sind bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften an den in Betracht kommenden Stellen geeignete Desinfektionsmittel bereitzuhalten.

VI.


Ich bitte die Präsidenten der Oberlandesgerichte und die Generalstaatsanwälte, das hiernach Erforderliche - soweit nicht schon geschehen - für ihren Geschäftsbereich zu veranlassen.

In Abstimmung mit den Ärzten oder Sanitätsbediensteten, die mit der Durchführung der Aufklärung über AIDS betraut werden, bitte ich ferner sicherzustellen, daß die Aufklärungsveranstaltungen in angemessenen Zeitabständen wiederholt und dabei die jeweils neuesten medizinischen Erkenntnisse über AIDS vermittelt werden.

Im übrigen werde ich veranlassen, dass die angesprochenen Fragen auch im Rahmen der für Bedienstete des Justizwachtmeisterdienstes auf Landesebene vorgesehenen Fortbildungsveranstaltungen in geeigneter Weise behandelt werden.