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Justizverwaltungs­vorschriften-Online

Eine Datenbank der Justiz Nordrhein-Westfalen
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Behandlung missbrauchgefährdeter Verfahren
RV d. JM vom 3. Dezember 1991 (1400 - I B. 127)
in der Fassung vom 10. Mai 2021


 

I.

 

1.1

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen zur Untersuchung von Veröffentlichungen aus Ermittlungsvorgängen in der sog. Parteispenden-Affäre hat empfohlen, in Verfahren, bei denen aufgrund besonderer politischer, wirtschaftlicher oder personenbezogener Umstände die Gefahr missbräuchlicher Verwendung des Akteninhalts besonders groß ist (missbrauchgefährdete Verfahren), gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um Indiskretionen nach Möglichkeit zu verhindern. Im Einzelnen hält der Ausschuss folgende Präventivmaßnahmen für angezeigt:
- Aktenführung abweichend von der allgemeinen Geschäfts- bzw. Aktenordnung
- Verringerung der Anzahl der Bearbeiter
- Bearbeitung ausschließlich durch besonders ausgewählte und verpflichtete Personen
- Entsprechende Anwendung der Regelungen für das "VS-Vertraulich" eingestufte Verfahren
- Einrichtung von besonderen Organisationseinheiten zur Absicherung gegen Indiskretionen
- Einführung von Kopier-Kontrollsystemen sowie Kennzeichnungen gefertigter Vervielfältigungen aus Verfahren, die in elektronischer Form geführt werden, durch die festgehalten wird, welche Unterlagen durch welche Personen kopiert worden sind. (Fn 1)

Außerdem empfiehlt der Ausschuss den zur Gewährung von Akteneinsicht verpflichteten Justizorganen, in besonders missbrauchgefährdeten Verfahren Originalakten nicht herauszugeben und Kopien vor der Herausgabe so zu kennzeichnen, dass im Falle einer Veröffentlichung erkennbar ist, ob es sich um eine herausgegebene Kopie handelt und ggf. an wen die Kopie herausgegeben worden ist. In Verfahren, die in elektronischen Akten geführt werden, soll zukünftig der Inhalt, soweit Einsicht gewährt werden soll, in Form eines Repräsentats zum Abruf bereitgestellt werden. (Fn 1)

Ich bitte, diesen Empfehlungen in den - noch bisherigen Erfahrungen äußerst seltenen - missbrauchgefährdeten Verfahren zu entsprechen.

Insbesondere bitte ich, darauf zu achten, dass in solchen Fällen die Zahl der Personen, die Zugang zu den Akten hat, so gering wie möglich gehalten wird. Zur Kennzeichnung von aus den Originalakten herauszugebenden Kopien hat sich ein praktisch angewandtes Verfahren bewährt, die Kopien nach dem anliegenden Muster 1 (Fn 1) mit schwarzen Schraffur-Nummern (laufende Nummern) zu versehen, die über die gesamte Blattseite gehen. Die Nummern, durch die die Lesbarkeit der Kopie nicht beeinträchtigt sein darf, können entweder mittels einer Klarsichtfolie einkopiert oder im Offsetverfahren aufgedruckt werden. Die vergebenen Kennzeichennummern und die Empfänger der so gekennzeichneten Aktenkopien werden sodann in einer Liste festgehalten. Zur Kennzeichnung von gefertigten Vervielfältigungen aus Verfahren, die in elektronischen Akten geführt werden, sowie zur Feststellung von deren Empfängern wird zukünftig der Inhalt, soweit Einsicht gewährt werden soll, in Form eines Repräsentats zum Abruf bereitgestellt. Auf dem Repräsentat ist der Name des Einsichtnehmenden dauerhaft nach dem anliegenden Muster 2 oben links auf jedem Dokument anzubringen. (Fn 1)

Die Auswahl der im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen bleibt der jeweiligen Behördenleiterin bzw. dem jeweiligen Behördenleiter überlassen, die/der - soweit es sich um Gerichte handelt - die Anordnungen im Einvernehmen mit der zuständigen Richterin bzw. dem zuständigen Richter trifft. Ich bitte jedoch im Interesse eines möglichst reibungslosen Gechäftsablaufs, die Anordnungen wieder aufzuheben, sobald eine missbräuchliche Verwendung des Akteninhalts nicht mehr zu besorgen ist.

1.2

Sowohl in den sog. missbrauchgefährdeten Verfahren als auch in allen sonstigen Verfahren sind Urteile, deren Inhalt aus rechtlichen Gründen (etwa im Hinblick auf das Steuergeheimnis) vertraulich zu behandeln ist, unabhängig von der datenschutzrechtlichen Behandlung im Übrigen (Anonymisierung) an andere Stellen (z.B.  an die Bibliotheken der obersten Bundesgerichte) nur unter deutlichem Hinweis auf die gebotene vertrauliche Behandlung dieser Unterlagen zu übersenden.

II.

Die RV vom 19. Januar 1984 (1400 - I B. 127) wird aufgehoben.


Fußnoten :

   Fn1: Geändert durch RV d. JM vom 10. Mai 2021 (1400 - I. 127). Die Änderung tritt mit Wirkung vom 1. Juni 2021 in Kraft.