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Anordnung über Berichtspflichten in Strafsachen (BeStra)
AV d. JM vom 27. November 2005 (4107 - III. 3 Sdb. BeStra)
- JMBl. NRW 2006, S. 3
in der Fassung vom 30. April 2013


1.
Allgemeines

Durch Berichte in Strafsachen sollen die Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte sowie das Justizministerium in die Lage versetzt werden, zeitnah die Sach- und Rechtslage zu beurteilen, die ihnen von Gesetzes wegen obliegende Aufsicht auszuüben und auf Nachfragen von dritter Seite Auskunft zu geben.

2.
Materielle Berichtspflicht der Staatsanwaltschaften


a)
Die Staatsanwaltschaften berichten dem Justizministerium in Strafsachen, die

aa)
zu Maßnahmen Anlass geben können,
      
bb)
sonst von grundsätzlicher Bedeutung sind oder

cc)
von dem Justizministerium allgemein oder im Einzelfall als Berichtssachen bezeichnet worden sind.

b)
In Strafsachen, die wegen der Persönlichkeit oder der Stellung der Beteiligten im politischen Leben, wegen der Art oder des Umfangs der Beschuldigung oder aus sonstigen Gründen weitere Kreise, vor allem parlamentarische Gremien oder die überörtlichen Medien, beschäftigen oder voraussichtlich beschäftigen werden, berichten die Staatsanwaltschaften dem Justizministerium, wenn es sich um amts- oder berufsbezogene oder um schwer wiegende Vorwürfe handelt, die nach erster Prüfung nicht offensichtlich unbegründet sind. Ansonsten genügt in diesen Fällen regelmäßig die Berichterstattung an die Generalstaatsanwältin oder den Generalstaatsanwalt.

3.
Beginn, Inhalt und Umfang der Berichtspflicht


a)
Mit der Berichterstattung ist möglichst frühzeitig zu beginnen.

b)
In der Regel ist über

- die Einleitung des Verfahrens,
- die abschließende staatsanwaltschaftliche Verfügung,
- die den einstweiligen oder vorläufigen Abschluss des Verfahrens betreffenden gerichtlichen Entscheidungen,
- die Einlegung von Rechtsmitteln und
- den Eintritt der Rechtskraft zu berichten.

c)
Über andere Maßnahmen und Vorkommnisse ist nur zu berichten,

aa)
wenn eine entsprechende Anordnung ergangen ist,

bb)
wenn die Staatsanwaltschaft oder die Generalstaatsanwältin/der Generalstaatsanwalt einen Bericht für sachdienlich hält oder

cc)
ein Interesse des Justizministeriums an sofortiger oder alsbaldiger Unterrichtung anzunehmen ist.

Über Maßnahmen nach dem Achten und Neunten Abschnitt des Ersten Buches der Strafprozessordnung soll dem Justizministerium frühestens mit Beginn der Maßnahmen berichtet werden.

d)
Spätestens sechs Monate nach einem Vorbericht ist erneut zu berichten. Dabei sind wesentliche Umstände mitzuteilen.

4.
Verfahren der Berichterstattung


a) (Fn 1)

Die von den Behördenleitungen der Staatsanwaltschaften zu erstattenden Berichte sind dem Justizministerium auf dem Dienstweg, in Eilfällen jedoch unmittelbar, zu erstatten. Nummer 1.1 und Nummer 2 der Rundverfügung Elektronischer Schriftverkehr in Justizverwaltungssachen (RV d. JM vom 13. Juli 2012 [1422 - I. 2]) gelten entsprechend. Ist eine elektronische Übermittlung ausgeschlossen, ist in besonders eiligen oder bedeutsamen Fällen vorab per Telefax, fernmündlich oder persönlich zu berichten. In den Fällen unmittelbarer Berichterstattung unterrichten die Behördenleitungen der Staatsanwaltschaften zugleich die Generalstaatsanwältin oder den Generalstaatsanwalt.

b)
Um den Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälten sowie dem Justizministerium die ihnen obliegenden Prüfungen zu ermöglichen, müssen die Berichte schlüssig sein und aus sich heraus die wesentlichen Umstände erkennen lassen. Die Beifügung von Anlagen, wie z.B. umfangreichen Aktenvermerken, Anklageschriften oder Urteilsabdrucken, ist in aller Regel entbehrlich; es genügt die zusammenfassende Berichterstattung über die zur Verfahrenseinstellung führenden Gründe, über die mit der Anklage erhobenen Vorwürfe oder über das Ergebnis der Hauptverhandlung.

c)
Die Generalstaatsanwältin oder der Generalstaatsanwalt prüft, ob es der Berichterstattung an das Justizministerium bedarf. Sie oder er nimmt zu dem Bericht bei der Weiterleitung, in Fällen unmittelbarer Berichterstattung unverzüglich, Stellung. Eine fachaufsichtliche Bewertung in Form eines Randberichts ist stets geboten, wenn sich der Bericht jedenfalls auch zur Sachbehandlung durch die Staatsanwaltschaft verhält.

d)
In Strafsachen von überragender Bedeutung führt die Staatsanwaltschaft vor einer abschließenden Entscheidung oder sonstigen wichtigen Verfügung die Entschließung der Generalstaatsanwältin oder des Generalstaatsanwalts herbei. Dem Justizministerium wird über die abschließende Entscheidung oder sonstige wichtige Verfügung der Staatsanwaltschaft erst berichtet, nachdem sie getroffen worden ist.

5.
Ende der Berichtspflicht


Die Berichtspflicht endet

a)
mit der Verzichtserklärung des Justizministeriums, bei nur gegenüber der Generalstaatsanwältin oder dem Generalstaatsanwalt bestehender Berichtspflicht mit deren oder dessen Verzichtserklärung,

b)
mit der staatsanwaltschaftlichen Verfügung im Falle der Einstellung des Verfahrens oder mit der gerichtlichen Entscheidung, die das Verfahren abschließt, soweit nicht im Einzelfall eine abweichende Anordnung ergangen ist.

6.
Berichtspflicht der Gerichte


a)
Die Präsidentinnen und Präsidenten der Gerichte legen rechtskräftige Entscheidungen - auch auf dem Gebiet des Nebenstrafrechts -, die Anregungen zu Maßnahmen im Wege der Gesetzgebung oder zu einer Verwaltungsanordnung enthalten oder sonst von grundsätzlicher Bedeutung sind, dem Justizministerium vor.

b)
Die Vorlage erfolgt auf dem Dienstweg.

c) (Fn 1)
Nummer 4 a) Satz 2 gilt entsprechend.

7.
Sonstige Berichtspflichten


Durch andere Verwaltungsvorschriften oder durch Gesetz begründete Berichtspflichten bleiben unberührt.

8.
In-Kraft-Treten


Diese AV tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2006 in Kraft. Zugleich wird die AV des MIJ vom 17. September 1998 (4107 - III A. 3 Sdb. BeStra) - JMBl. NRW S. 61 - aufgehoben.




Fußnoten :

   Fn1: Geändert durch AV d. JM vom 30. April 2013 - JMBl. NRW S. 139 -. Die AV tritt mit Wirkung vom 1. Juni 2013 in Kraft.