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Justizverwaltungs­vorschriften-Online

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Nebentätigkeit in und für Selbsthilfeeinrichtungen
der Beamten
RV d. JM vom 24. Oktober 1990 (2003 - I B. 31.4)

Nachstehenden  Erlass  des  Innenministeriums  vom 9. Oktober 1990 gebe ich für den Geschäftsbereich der Justizverwaltung zur Beachtung bekannt:

I. Begriff der Selbsthilfeeinrichtung:

1.
Eine staatliche oder behördliche "Anerkennung" als Selbsthilfeeinrichtungen der Beamten gibt es nicht. Die nebentätigkeitsrechtlichen Vorschriften des Beamtenrechts schützen ausschließlich dienstliche Interessen und begründen für außenstehende Dritte, insbesondere für die betreffenden Einrichtungen selbst, keine individuelle Rechtsposition (BVerwG, Urt. vom 01. Juli 1983, ZBR 84, 125). Die Frage der Genehmigungspflichtigkeit oder -freiheit einer Nebentätigkeit und deren Untersagung ist ggf. von den jeweils zuständigen Dienstvorgesetzten zu entscheiden.

2.
Als Selbsthilfeeinrichtung im Sinne des beamtenrechtlichen Nebentätigkeitsrechts ist grundsätzlich zu verstehen eine von Beamten selbst verwaltete und unterhaltene Organisation (Selbstverwaltungsgrundsatz), die allein dem Zweck dient, ausschließlich Beamten sowie deren Angehörigen oder Hinterbliebenen ideelle oder materielle Hilfe zu gewähren (Ausschließlichkeitsgrundsatz).

Selbstverwaltungsgrundsatz und der Ausschließlichkeitsgrundsatz sollen in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag verankert sein. Bezuglich des Selbstverwaltungsgrundsatzes soll in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag geregelt sein, dass die Mitglieder oder Gesellschafter der Einrichtung Angehörige des öffentlichen Dienstes sein müssen oder dass die willensbildenden Organe ausschließlich oder zumindest mehrheitlich von Angehörigen des öffentlichen Dienstes bestimmt sind. Bezüglich des  Ausschließlichkeitsgrundsatzes soll sich aus der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag - ggf. auch aufgrund oder in Verbindung mit den gesetzlichen Grundlagen - ergeben, dass die Leistungen und Erträge der Einrichtung ausschließlich Angehörigen des öffentlichen Dienstes sowie deren Angehörigen oder deren Hinterbliebenen zugute kommen. Das bloße faktische Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen - also ohne Festschreibung in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag - läßt eine abschließende Bewertung nicht zu.

Eine Selbsthilfeeinrichtung im vorbezeichneten Sinne setzt eine eigenständige Organisation für deren Aufgaben voraus; z.B. reichen ein spezielles auf die Angehörigen des öffentlichen Dienstes ausgerichtetes Versicherungsangebot in Form spezieller Versicherungstarife und der Vertrieb über eine besondere Außendienstorganisation für eine Qualifizierung als Selbsthilfeeinrichtung ebenso wenig aus wie die bloße Einrichtung eines Beirates für das "Beamtengeschäft".  Auch  dürfen  neben der Selbsthilfetätigkeit keine weiteren Unter-nehmenszwecke verfolgt werden.

II. Nebentätigkeiten im Rahmen von Selbsthilfeeinrichtungen

Aus der Sicht des Nebentätigkeitsrechts ist in Nordrhein-Westfalen die Frage, ob es sich bei einem Unternehmen um eine Selbsthilfeeinrichtung der Beamten handelt, nur von untergeordneter Bedeutung.

Nach der Vorschrift des § 69 Abs. l Nr. 4 LBG NW ist nicht genehmigungspflichtig u.a. eine Nebentätigkeit, die "zur Wahrung von Berufsinteressen .... in Selbsthilfeeinrichtungen der Beamten" ausgeübt wird. Der Sachzusammenhang mit Gewerkschaften und Berufsverbänden in derselben Vorschrift verdeutlicht, dass damit nicht jede Tätigkeit für eine Selbsthilfeeinrichtung "genehmigungsfrei" ist,  sondern nur eine solche, die der Wahrung von Berufsinteressen dient. Das gilt insbesondere für die Tätigkeit in Vorständen, Aufsichtsräten, Verwaltungsräten oder in sonstigen Organen von Selbsthilfeeinrichtungen. Demgegenüber ist eine Tätigkeit für eine Selbsthilfeeinrichtung genehmigungspflichtig.  Nach  § 68 Abs. l Nr. 3 LBG NW bedarf der Beamte der vorherigen Genehmigung zur Übernahme einer Nebenbeschäftigung gegen Vergütung, zu einer gewerblichen Tätigkeit, zur Mitarbeit in einem Gewerbebetrieb oder Ausübung eines freien Berufes. Diese Bestimmung ist auf die Tätigkeit der Vertrauensmänner/-frauen anzuwenden, da sie für eine Selbsthilfeeinrichtung aquisitorisch, kassierend, vertragsvermittelnd oder vertragsabschließend tätig sind. Eine solche Tätigkeit dient nicht oder allenfalls nur mittelbar der Wahrung von Berufsinteressen der Beamten.

Diese rechtliche Bewertung, die von der Rechtsauffassung des Bundes und der meisten Bundesländer abweicht, wird durch die Rechtsprechung bestätigt; so das Verwaltungsgericht in einem nicht veröffentlichten Urteil vom 28.05.1980 - 2 K 3928 - 77 -.

III. Nebentätigkeit und Arbeitszeit

Ich weise darauf hin, dass Nebentätigkeiten grundsätzlich nicht während der Arbeitszeit ausgeübt werden dürfen. Das gilt auch für die Nebentätigkeit von Vertrauensleuten für Selbsthilfeeinrichtungen der Beamten. Die Vertrauensleute dürfen Arbeitszeit zur Abwicklung von Versicherungs- oder sonstigen Geschäftsangelegenheiten nicht mißbrauchen, und zwar auch dann nicht, wenn diese Tätigkeiten nur kurze Zeit in Anspruch nehmen.

Ferner weise ich darauf hin, dass Vertrauensleute, die gegen diese Regelungen verstoßen, sich eines Dienstvergehens schuldig machen. Im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht sollen alle Vorgesetzten Verstößen entgegentreten. Dabei ist ein Verstoß wegen des Mißbrauchs von Arbeitszeit nur dann nicht anzunehmen,  wenn Vertrauensleute, die während des Dienstes wegen ihrer  Nebentätigkeit angesprochen  werden, lediglich einen  Termin  für außerhalb der Arbeitszeit liegende Gespräche und Verhandlungen vereinbaren. Es liegt im wohlverstandenen Interesse der  Vertrauensleute von Selbsthilfeeinrichtungen und dieser Einrichtungen selbst, dass die für die Arbeitszeit der Bediensteten geltenden Vorschriften von sämtlichen Beteiligten beachtet werden.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es unstatthaft ist, Anschriften neu eingestellter oder einzustellender Bediensteter an Vertrauensleute von Selbsthilfeeinrichtungen weiterzugeben, da Selbsthilfeeinrichtungen gegenüber anderen Organisationen kein Wettbewerbsvorsprung eingeräumt werden kann.