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Justizverwaltungs­vorschriften-Online

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Einsatz eines Radblockierschlosses
durch Vollstreckungsbeamtinnen und -beamte
(Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher sowie
Vollziehungsbeamtinnen und -beamte der Justiz)
im Rahmen der Pfändung eines Kraftfahrzeugs

RV d. JM vom 9. Mai 2018 (2344 - Z. 228)

Einsatz eines Radblockierschlosses

durch Vollstreckungsbeamtinnen und -beamte

(Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher sowie

Vollziehungsbeamtinnen und -beamte der Justiz)

im Rahmen der Pfändung eines Kraftfahrzeugs

 

RV d. JM vom 9. Mai 2018 (2344 - Z. 228)

 

1

Pfändung


Die Pfändung von beweglichen Sachen wird dadurch bewirkt, dass die Vollstreckungsbeamtin oder der Vollstreckungsbeamte diese in Besitz nimmt (§ 808 Abs. 1 ZPO, § 6 Abs. 1 JBeitrG). Dazu muss sich die Vollstreckungsbeamtin oder der Vollstreckungsbeamte unmittelbaren Besitz verschaffen und der Schuldnerin oder dem Schuldner den Besitz entziehen. Die Inbesitznahme durch die Vollstreckungsbeamtin oder den Vollstreckungsbeamten muss nach außen erkennbar gemacht werden.

 

Das Gesetz sieht hierzu zwei Möglichkeiten (§ 808 Abs. 2 ZPO, § 6 Abs. 1 JBeitrG) vor: Entweder werden die in Besitz genommenen Sachen weggeschafft oder zwar im Gewahrsam der Schuldnerin oder des Schuldners belassen, aber ein Siegel oder eine sonstige Pfandanzeige angelegt.

 

Ein Belassen des Kraftfahrzeugs im Gewahrsam der Schuldnerin oder des Schuldners ist zulässig, wenn 

a.
die Gläubigerin oder der Gläubiger zustimmt (§ 107 Abs. 1 S. 2 GVGA, Ziffer 2 S. 2 JVDO),


b.
geeignete Unterbringungsmöglichkeiten für das Kraftfahrzeug fehlen (§ 107 Abs. 2 GVGA, Ziffer 2 S. 2 JVDO), 

c.
die Einbringlichkeit der im Voraus zu schätzenden Transport- und Verwahrungskosten nicht gewährleistet ist oder wenn solche Kosten zur Überschreitung der Grenzen des § 803 Abs. 2 ZPO (i. V. m. § 6 Abs. 1 JBeitrG) führen würden oder


d.
als milderes Mittel zur Wegnahme Sicherungsmaßnahmen vorhanden sind, die gleichermaßen geeignet erscheinen, um der Gefährdung des Kraftfahrzeugs wirksam zu begegnen, insbesondere um dessen missbräuchliche Benutzung zu verhindern. 

Sieht die Vollstreckungsbeamtin oder der Vollstreckungsbeamte von einer Wegnahme ab, hat sie oder er aus Gründen des Gläubigerschutzes in jedem Fall für geeignete Sicherungsmaßnahmen Sorge zu tragen. 

2

Einsatz eines Radblockierschlosses 
 

Als geeignete Sicherungsmaßnahme bei der Pfändung eines Kraftfahrzeugs wird das Anbringen eines Radblockierschlosses „BS-Vario 285“ für Felgen 14-22, D: 520-790 mm, B.:155-285 mm, durch Vollstreckungsbeamtinnen - und beamte zugelassen.

 

2.1
Voraussetzung für das Anbringen eines Radblockierschlosses ist das Vorliegen einer rechtswirksam vollzogenen Pfändung. Das bedingt u.a. das vorherige Anbringen von Pfandzeichen (Pfandsiegel, Pfandanzeige) zur Kenntlichmachung der Pfändung.

 

2.2
Die Entscheidung, ob die Voraussetzungen für den Einsatz eines Radblockierschlosses vorliegen, hat die Vollstreckungsbeamtin oder der Vollstreckungsbeamte anhand des konkreten Einzelfalls zu treffen.

 

Hierbei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Da die äußeren Umstände der Blockierung des Kraftfahrzeuges insbesondere im öffentlichen Verkehrsraum gegenüber einer potenziell größeren „Öffentlichkeit“ auf das Bestehen von ausstehenden Forderungen hinweisen können, und damit in das Recht der Schuldnerin oder des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen wird („Prangerwirkung“), ist die Angemessenheit der Maßnahme in jedem Fall abzuwägen, insbesondere gegen Aufwand und Kosten einer Abschleppmaßnahme. Länger als 14 Tage darf die Blockierung nicht andauern.

 

2.3
Bei der Entscheidung über ein etwaiges Anbringen der Parkkralle ist außerdem zu prüfen, ob der Verbleib des gepfändeten Kraftfahrzeuges rechtlich zulässig ist. So muss das Parken an dem Standort des gepfändeten Kraftfahrzeuges erlaubt sein, insbesondere sind Verbotsschilder zu beachten. Ferner darf das Kraftfahrzeug den Verkehr durch seinen Verbleib nicht beeinträchtigen oder behindern. In Zweifelsfällen ist das Kraftfahrzeug abzuschleppen. Bestehen konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass das Kraftfahrzeug an dem derzeitigen Standort Gegenstand einer Sachbeschädigung oder eines Diebstahls sein könnte, ist das Kraftfahrzeug ebenfalls abzuschleppen.

 

3

Anbringen des Radblockierschlosses

 

Das Radblockierschloss ist am Vorderreifen auf der Fahrerseite des gepfändeten Kraftfahrzeuges anzubringen. Bei Gefährdung der Vollstreckungsbeamtin oder des Vollstreckungsbeamten durch den fließenden Verkehr kann das Radblockierschloss auch am Vorderreifen auf der Beifahrerseite angebracht werden.

 

4

Information und Dokumentation im Zusammenhang mit dem Anbringen eines Radblockierschlosses

 

4.1
Vor dem Anbringen des Radblockierschlosses ist der Zustand des Kraftfahrzeuges zu dokumentieren. Dazu können Bildaufnahmen in elektronischer Form hergestellt werden. Dies dient dem späteren Nachweis, dass Beschädigungen am Kraftfahrzeug nicht durch das Anbringen des Radblockierschlosses verursacht worden sind bzw. bereits vor Anbringung derselben vorhanden waren.

           

4.2
Unmittelbar nach dem Anbringen des Radblockierschlosses ist auf die Blockierung mit entsprechenden Aufklebern hinzuweisen. Die Warnplaketten sind auf den beiden vorderen Seitenfenstern sowie auf der Windschutzscheibe und der Heckscheibe anzubringen.

 

4.2.1
Die Aufkleber werden auf Kosten der Landeskasse beschafft. Die Dienstbehörde ermittelt den voraussichtlichen Jahresbedarf ihrer Vollstreckungsbeamtinnen und -beamten an Warnplaketten und bestellt ihn unmittelbar bei der Herstellerfirma. Aus diesem Bestand gibt sie den laufenden Bedarf an die Vollstreckungsbeamtinnen und -beamten ab.

 

4.2.2
Die Aufkleber bestehen aus wetterfester, beschreibbarer und ablösbarer Folie. Sie haben die Form eines Rechtecks in der Größe von ca. 75 x ca. 105 mm und sind in leuchtender Farbe. Sie enthalten den Hinweis auf die Blockierung. Ihre Beschriftung ergibt sich aus der Anlage 1. Die Kontaktdaten (Name, Anschrift, Telefonnummer) und Geschäftszeichen der Vollstreckungsbeamtin oder des Vollstreckungsbeamten sind auf den Aufklebern mittels dokumentenechter Schreibmedien deutlich einzufügen.

           

4.3
Neben den Warnplaketten ist die Schuldnerin oder der Schuldner über die Blockierung ihres oder seines Kraftfahrzeuges zu benachrichtigen. Die Benachrichtigung hat die Kontaktdaten der Vollstreckungsbeamtin oder des Vollstreckungsbeamten zu enthalten.

 

Die Benachrichtigung wird durch die Vollstreckungsbeamtin oder den Vollstreckungsbeamten direkt in den Briefkasten der Schuldnerin oder des Schuldners eingeworfen. Sollte dies nicht möglich sein, ist die Benachrichtigung der Schuldnerin oder dem Schuldner unverzüglich per Post zuzusenden.

           

4.4
Die von der Vollstreckungsbeamtin oder dem Vollstreckungsbeamten möglichst unmittelbar nach der Pfändung an Ort und Stelle aufzunehmende Niederschrift über die Pfändung des Kraftfahrzeuges mit gleichzeitiger Anbringung einer Parkkralle muss neben den für jeden Pfändungsvorgang festzuhaltenden allgemeinen Angaben (§ 86 GVGA, Ziffer 2 S. 2 JVDO) insbesondere auch die folgenden Angaben enthalten:


a.
die genaue Bezeichnung des gepfändeten Kraftfahrzeuges, die jede Verwechslung ausschließt, hierzu gehört auch die Feststellung des Zustandes der Pfandsache und eventuell vorhandene (Vor-)Beschädigungen,

 

b.
Bezeichnung der Sicherungsmaßnahme mit genauer Angabe zum Standort des „blockierten“ Kraftfahrzeuges und der Angabe, an welcher Stelle das Radblockierschloss angebracht wurde,

 

c.
die Art und Weise, in der die Pfändung kenntlich gemacht wurde (z.B. Pfandsiegel, Pfandanzeige).

 

5

Freigabe oder Abholung des gepfändeten Kraftfahrzeuges

 

5.1
Zahlt die Schuldnerin oder der Schuldner innerhalb der gesetzten Frist von 14 Tagen die Rückstände (einschließlich der Vollstreckungskosten), wegen derer die Pfändung ausgebracht wurde, oder entfällt binnen dieser Frist aus einem anderen Grunde eine Voraussetzung für die Pfändung (z.B. Nachweis von Dritteigentum), ist das Kraftfahrzeug schnellstmöglich freizugeben und das Radblockierschloss unverzüglich zu entfernen. Die Abnahme des Radblockierschlosses ist in den Sonderakten zu vermerken.

 

5.2
Nach Abnahme des Radblockierschlosses ist der Zustand des Kraftfahrzeuges erneut zu dokumentieren. Dazu können Bildaufnahmen in elektronischer Form hergestellt werden.

 

5.3
Eine anwesende Schuldnerin, ein anwesender Schuldner oder die anwesende Dritteigentümerin oder der anwesende Dritteigentümer sind bei der Abnahme des Radblockierschlosses aufzufordern, schriftlich die Unversehrtheit des Kraftfahrzeuges zu bescheinigen oder zu bestätigen, dass Beschädigungen am Kraftfahrzeug nicht durch das Anbringen des Radblockierschlosses verursacht worden sind oder bereits vor Anbringung derselben vorhanden waren.

                       

5.3
Sollte es innerhalb der gesetzten Frist nicht zu einer Zahlung oder einer Freigabe des gepfändeten Kraftfahrzeuges kommen, ist das blockierte Kraftfahrzeug nach den gesetzlichen Vorschriften abzuschleppen und zu verwerten.

 

6

Speicherung und Löschung

 

Die im Zusammenhang mit dem Einsatz des Radblockierschlosses erstellten Digitalfotos sind zu speichern und im Zeitpunkt der Vernichtung der Sonderakte (§ 43

Abs. 2 GVO, Ziffer 13 JVDO) zu löschen.

 

7

Inkrafttreten


Diese Rundverfügung tritt am 1. Juni 2018 in Kraft.