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Justizverwaltungs­vorschriften-Online

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Ambulanter Sozialer Dienst der Justiz
- Verwaltung von Geldern der Probandinnen und Probanden -
AV d. JM vom 24. Februar 2021 (4263 – III. 2)
- JMBl. NRW. S. 80 -

 

1

Der Umgang mit Geldern betreuter Personen durch Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes kann in folgenden Fällen in Betracht kommen:

 

1.1

Geldverwaltungen aufgrund richterlicher Anordnung (Abschnitt 2.).

 

1.2

Geldverwaltungen aufgrund freiwilliger Vereinbarung zwischen der betreuten Person und der Fachkraft (Abschnitt 3.).

 

1.3

Entgegennahme von Zahlungen zum Zwecke der unverzüglichen Weiterleitung - von der betreuten Person an Dritte oder umgekehrt - (Abschnitt 4.).

 

1.4

Entgegennahme von Überbrückungsgeld oder Überbrückungsbeihilfe (Abschnitt 5.).

 

Abgesehen von den genannten, im Folgenden näher erläuterten Fällen ist die Entgegennahme von Geldern oder die Verwaltung der Gelder betreuter Personen durch die Fachkraft unzulässig.

 

2

Geldverwaltungen aufgrund richterlicher Anordnung.

 

2.1

Wenn die Fachkraft im Interesse der Bewährungs- oder Führungsaufsicht die Anordnung einer Geldverwaltung für geboten hält, regt sie diese bei Gericht an. Nach Anordnung der Geldverwaltung ist wie folgt zu verfahren:

 

2.1.1

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle teilt die gerichtliche Anordnung der Geldverwaltung und den Namen der Fachkraft, die diese Anordnung durchführt, der Geschäftsstelle für Verwaltungssachen des Landgerichts mit, in dessen Bezirk die die Geldverwaltung führende Fachkraft tätig ist. Ebenso zeigt er einen Wechsel in der Person der Fachkraft und die Beendigung der Geldverwaltung an.

 

2.1.2

Die Mitteilungen nach Ziffer 2.1.1 sind ferner zu machen, wenn das Gericht, das die Geldverwaltung angeordnet hat, die nachträglichen Entscheidungen über die Strafaussetzung zur Bewährung auf ein anderes Gericht ganz oder teilweise übertragen hat (§ 58 Abs. 3, § 88 Abs. 6, § 89a Abs. 3, § 109 Abs. 2 JGG; § 462a Abs. 2, 5 StPO). Zuständig für die Mitteilung ist in diesen Fällen der Urkundsbeamte des Gerichts, dem die nachträglichen Entscheidungen übertragen worden sind. Hat ein Gericht eines anderen Landes eine Fachkraft mit der Durchführung der Geldverwaltung beauftragt, ohne zugleich die nachträglichen Entscheidungen auf ein Gericht des Landes Nordrhein-Westfalen zu übertragen, so erfolgt die Mitteilung an die Geschäftsstelle für Verwaltungssachen des Landgerichts durch die Fachkraft, die die Geldverwaltung durchführt.

 

2.1.3

Die Fachkraft zeigt der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landgerichts in allen Fällen die Übernahme und die Beendigung der Geldverwaltung an.

 

2.1.4

Die Geschäftsstelle für Verwaltungssachen beim Landgericht führt für jede im Landgerichtsbezirk tätige Fachkraft eine Liste über die ihr mitgeteilten Geldverwaltungen nach dem aus der Anlage ersichtlichen Muster (Anlage 1).

 

2.2

Soweit das Gericht nichts anderes angeordnet hat, sind bei der Durchführung der Geldverwaltung die nachfolgenden Bestimmungen zu beachten:

 

2.2.1

Die Gelder sind grundsätzlich so zu verwalten, dass die Fachkraft kein Bargeld der betreuten Person in Verwahrung nimmt.

 

2.2.2

Die Fachkraft hat grundsätzlich ein auf den Namen der betreuten Person lautendes Konto zu nutzen und ggf. einrichten zu lassen.

 

2.2.3

Es ist sicherzustellen, dass über das Guthaben nur mit Zustimmung der Fachkraft verfügt werden kann. Sparbücher sind nach Möglichkeit während der Dauer der Geldverwaltung bei dem jeweiligen Geldinstitut zu hinterlegen.

 

2.2.4

Die Fachkraft stellt unverzüglich sicher, dass für den Fall ihrer Verhinderung oder ihres Ausscheidens eine andere, von der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landgerichts zu bestimmende Fachkraft an ihrer Stelle die erforderliche Zustimmung  erteilen oder über das Konto (Ziff. 2.2.3) verfügen kann.

Die Erteilung weiterer Vollmachten, auch soweit sie sich im Rahmen der Geschäftsbedingungen des Geldinstituts halten würde, ist unstatthaft.

 

2.3

2.3.1

Die Kosten einer Geldverwaltung fallen der betreuten Person zur Last; in Fällen einer Notlage können sie ganz oder teilweise aus dem Bewegungsgeld bestritten werden.

 

2.3.2

Kostenpflichtige Daueraufträge für regelmäßig wiederkehrende Zahlungen (Miete, Heimunterbringung u. a.) dürfen nur mit Zustimmung der betreuten Person erteilt werden.

 

2.4

Bargeld darf nur dann ausnahmsweise angenommen werden, wenn dies nach Lage des Einzelfalles zwingend geboten ist. Beträge, über die nicht sofort verfügt werden muss, sind spätestens innerhalb von drei Werktagen auf das zuständige Konto zu überweisen. Ausgaben dürfen, falls nicht aus besonderen Gründen eine Barzahlung ausnahmsweise angezeigt ist, nur über die Konten geleistet werden.

 

2.5

2.5.1

Die Belege und Nachweise (z. B. Kontoauszüge, Lastschriften. Quittungen) sind für jede betreute Person lückenlos und in zeitlicher Reihenfolge in einem Belegheft so zu ordnen, dass die gesamte Geldverwaltung jederzeit überblickt und abschließend überprüft werden kann. Das Heft ist bei den Akten aufzubewahren. Auf jedem Beleg ist die Geldbewegung stichwortartig zu erläutern; werden für einen Vorgang mehrere Belege erteilt, so genügt die Erläuterung auf einem der Belege.

 

2.5.2

Angenommene Barbeträge sind zu quittieren. Die Quittung ist in zweifacher Ausfertigung herzustellen; die Urschrift ist für die bzw. den Einzahlenden, die Durchschrift für das Belegheft bestimmt. Die Durchschrift ist von der bzw. dem Einzahlenden mit zu unterschreiben. Bar ausgezahlte Beträge hat die Empfängerin bzw. der Empfänger zu quittieren; die Quittung ist zum Belegheft zu nehmen.

 

2.5.3

Die einzelnen Belegblätter sind mit arabischen Ziffern fortlaufend zu nummerieren.

 

2.5.4

Den Belegen sind Übersichtsblätter vorzuheften, aus denen die einzelnen Geldbewegungen und der jeweilige Geldbestand ersichtlich sind (Muster Anlage 2). Diese Übersichtsblätter sind mit römischen Blattzahlen zu versehen.

 

2.6

2.6.1

Die betreute Person ist möglichst weitgehend an der für sie durchgeführten Geldverwaltung zu beteiligen. Auf Wunsch ist ihr Einsicht in das Belegheft zu gewähren. Die Fachkraft legt ihr von sich aus in regelmäßigen Abständen von nicht länger als drei Monaten das Belegheft zur Einsichtnahme vor. Die betreute Person hat durch ihre Unterschrift unter Angabe des Datums auf dem Übersichtsblatt zu bestätigen, dass sie das Belegheft eingesehen hat und die Fachkraft für die zurückliegende Zeit entlastet.

 

2.6.2

Zu Beginn der Geldverwaltung ist die betreute Person mittels Vordruck (Muster Anlage 4) schriftlich zu belehren. Die Belehrung ist hinter den Übersichtsblättern in das Belegheft einzuordnen.

 

2.6.3

Neben der betreuten Person steht auch ggf. vorhandenen gesetzlichen Vertretungen und Erziehungsberechtigten das Recht zur Einsichtnahme in die Geldverwaltung zu.

 

2.7

2.7.1

Die Geldverwaltung ist nach näherer Weisung der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Landgerichts jährlich durch eine Beamtin oder einen Beamten des gehobenen Justizdienstes zu prüfen. Daneben findet jährlich eine außerordentliche Prüfung statt, deren Zeitpunkt geheim zu halten ist; bei beschränkter Geschäftsfähigkeit der betreuten Person erfolgt eine außerordentliche Prüfung in vierteljährlichem Abstand. Bei einem Wechsel der Fachkraft hat stets eine außerordentliche Prüfung stattzufinden.

 

2.7.2

Damit bei der Prüfung alle zur Zeit geführten Geldverwaltungen erfasst werden, stellt die Beamtin oder der Beamte, die bzw. der die Prüfung vornimmt, vor deren Beginn an Hand der von der Geschäftsstelle für Verwaltungssachen geführten Liste (Abschnitt 2.1.4) fest, welche Geldverwaltungen zur Zeit von der Fachkraft geführt werden.

 

2.7.3

Durch die Prüfungen soll festgestellt werden, ob die Gelder ordnungsgemäß verwaltet werden, insbesondere die Belege und Nachweise vollständig vorhanden, die ausgewiesenen Guthaben bestimmungsgemäß angelegt und nachgewiesen sind und die betreute Person Entlastung erteilt hat. Der oder die Prüfende hat die Prüfung auf den Übersichtsblättern zu bescheinigen und die geprüften Belege außerdem mit dem Namenszeichen und dem Tag der Prüfung zu versehen.

 

2.7.4

Über jede Prüfung ist eine Niederschrift anzufertigen und der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landgerichts vorzulegen. Die Niederschriften sind mit den Vorgängen über die Erledigung der Beanstandungen zu besonderen Akten zu nehmen. Unregelmäßigkeiten sind in jedem Falle sofort der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landgerichts anzuzeigen.

 

3

Freiwillige Geldverwaltungen.

 

In der Regel soll die Fachkraft die betreute Person bei der Verwaltung ihrer Einkünfte nur beraten und bei der praktischen Durchführung unterstützen. Ziel dieser beratenden und unterstützenden Tätigkeit ist es, die betreute Person spätestens nach Ablauf der Bewährungszeit in die Lage zu versetzen, ihr Einkommen ohne fremde Hilfe selbständig verwalten zu können.

 

3.1

Hält die Fachkraft in Übereinstimmung mit der betreuten Person die Verwaltung von Geldern auf freiwilliger Basis für geboten, so ist, sofern das Gericht nichts anderes anordnet, eine freiwillige Geldverwaltung grundsätzlich zulässig.

 

3.2

Eine entsprechende Vereinbarung über die freiwillige Geldverwaltung ist in zweifacher Ausfertigung schriftlich niederzulegen (Muster Anlage 5) und von der betreuten Person bzw. der gesetzlichen Vertretung und der Fachkraft zu unterzeichnen. Eine Ausfertigung der Vereinbarung erhält die betreute Person. Die Vereinbarung kann von beiden Seiten jederzeit widerrufen werden. Auf die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs ist in der schriftlichen Vereinbarung hinzuweisen.

 

3.3

Die Fachkraft hat die Übernahme der Geldverwaltung umgehend der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landgerichts und dem die Fachaufsicht führenden Gericht anzuzeigen.

 

3.4

Für die Durchführung einer freiwilligen Geldverwaltung gelten die Bestimmungen der Abschnitte 2.2 bis 2.7 entsprechend.

 

4

4.1

Die Entgegennahme von Geldern zum Zwecke der unverzüglichen Weiterleitung (von der betreuten Person an Dritte oder umgekehrt) ist nicht als Geldverwaltung im Sinne des Abschnitts 3 anzusehen. Ein (Einzel-)Betrag von 750,00 Euro sollte dabei nicht überschritten werden.

 

4.2

In diesen Fällen bedarf es einer Anzeige über die Entgegennahme oder Weiterleitung eines Geldbetrages nicht. Die Fachkraft hat jedoch eine Liste nach Muster Anlage 3 zu führen, in die fortlaufend alle entgegengenommenen und weitergeleiteten Einmalzahlungen unter Hinweis auf die Akten, in denen die Geldbewegung belegt ist, aufzunehmen sind.

 

4.3

Die Geldbewegung ist stichwortartig auf dem Beleg zu erläutern. Bei Barzahlungen ist eine Quittung zweifach zu erstellen. Die Durchschrift der Quittung ist von der einzahlenden Person mit zu unterzeichnen. Die Quittungen werden in die fortlaufende Akte der Fachkraft eingeheftet.

 

4.4

Die Prüfung dieser Zahlungen erfolgt im Rahmen der durch die Präsidentin bzw. den Präsidenten des Landgerichts vorzunehmenden Geschäftsprüfungen.

 

5

Wird der Fachkraft Überbrückungsgeld oder Überbrückungsbeihilfe nach den Strafvollzugsgesetzen überwiesen, so ist wie folgt zu verfahren:

 

5.1

Die Fachkraft hält diese Gelder von ihrem Vermögen gesondert (zu vgl. insb. § 37 Abs. 3 StVollzG NRW).

 

5.2

Die Vollzugsbehörde teilt unverzüglich die Überweisung der Gelder und den Namen der Fachkraft, an die überwiesen wird, der Geschäftsstelle für Verwaltungssachen des Landgerichts mit, in dessen Bezirk die die Geldverwaltung führende Fachkraft ihren Dienstsitz hat.

 

5.3

Abschnitte 2.1.4, 2.3.1, 2.5.1, 2.5.3 und 2.5.4 sind entsprechend anzuwenden.

 

5.4

Etwaige Erträge sind dem Guthaben der betreuten Person gut zu bringen. Kann die Fachkraft aus einem Grund, der in der Person der betreuten Person liegt (z. B. wenn ihr Aufenthalt unbekannt ist), die dieser zustehenden Beträge nicht auszahlen, so hinterlegt sie diese Beträge zwei Monate nach Ablauf der Frist des § 37 Abs. 1 StVollzG NRW unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme zugunsten der betreuten Person. Die Hinterlegung zeigt sie unverzüglich der betreuten Person an. Die Anzeige darf unterbleiben, wenn sie untunlich ist (z. B. wenn der Aufenthalt der betreuten Person nicht bekannt ist).

 

6

Diese AV tritt zum 1. März 2021 in Kraft. Sie ersetzt die AV d. JM vom 13. September 1988 (4263 - III A. 2) - JMBl. NRW S. 229 -, geändert d. AV d. JM v. 2. November 1993 (4263 - III A. 2) - JMBl. NW S. 276 – und AV d. JM v. 12. Dezember 2001 (1281 - I B. 32).