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Organisation des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz
in Nordrhein-Westfalen
AV d. JM vom 6. August 2021 (4260 - III. 1)
- JMBl. NRW S. 291 -

 

Der ambulante Soziale Dienst der Justiz ist tragende Säule einer integrierten Kriminalpolitik mit spezialisierten Fachbereichen in der Arbeit mit Straffälligen sowie mit Opfern und Verletzten. Dazu wird im Einzelnen folgendes bestimmt:

 

A. Organisation

 

I.
Zielgruppen, Fachbereiche und Aufgaben des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz

 

1.
Die Klientel des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz setzt sich überwiegend aus straffällig gewordenen Menschen mit vielfältigen Problemlagen, insbesondere Arbeitslosigkeit, Überschuldung, Sucht, psychischen und physischen Beeinträchtigungen, sozialer Desintegration und verringerter sozialer Kompetenz zusammen. Insbesondere mit dem Instrument der psychosozialen Prozessbegleitung betreut der ambulante Soziale Dienst aber auch Verletzte von Straftaten.

 

2.
An jedem Sitz eines Landgerichts ist ein ambulanter Sozialer Dienst eingerichtet. Er umfasst die Fachbereiche Bewährungshilfe, Führungsaufsicht und Gerichtshilfe.

 

3.
Aufgaben des ambulanten Sozialen Dienstes sind insbesondere

 

a)
für die Fachbereiche der Bewährungshilfe und der Führungsaufsicht

die Betreuung und Kontrolle von Erwachsenen, Heranwachsenden und Jugendlichen, deren Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Maßregel oder Strafrest zur Bewährung ausgesetzt ist und die unter Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers gestellt sind oder unter Führungsaufsicht stehen. Ziel ist die Integration dieser Personen in die Gesellschaft zu fördern, Haftverbüßungen mit ihren negativen Auswirkungen zu vermeiden und die Rückfallhäufigkeit deutlich zu mindern (§ 56d StGB, §§ 24, 25 JGG, §§ 25 ff. GnO NW, §§ 67d ff., 68 ff. StGB, § 7 JGG, § 463a StPO).

 

b)
für den Fachbereich der Gerichtshilfe

sozialarbeiterische Untersuchungen und Darstellungen der persönlichen Verhältnisse und der sozialen Lage bei beschuldigten, angeschuldigten, angeklagten oder verurteilten Erwachsenen sowie darauf gestützte Diagnosen nach konkretem Auftrag. Zudem unterstützt die Gerichtshilfe beschuldigte, angeschuldigte und angeklagte Personen bei der Vermeidung von Untersuchungshaft sowie verurteilte Personen bei der Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen. Ferner leistet der Fachbereich der Gerichtshilfe einen Beitrag zur Wiederherstellung des sozialen Friedens und des Rechtsfriedens z. B. durch Täter-Opfer-Ausgleich; er erstellt ferner Opferberichte (§§ 160 Abs. 3, 463d StPO, GewSchG, § 11 Abs. 3 GnO NW). Besonders weitergebildete Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes führen die psychosoziale Prozessbegleitung in den Fällen des § 406g Abs. 3 Satz 1 und 2 StPO durch.

 

II. Einstellung

 

1.
Die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen für die Einstellung als Fachkraft des ambulanten Sozialen Dienstes ergeben sich aus der Laufbahnverordnung (§ 16 LVO NRW ).

 

2.
Die Einstellung erfolgt durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Oberlandesgerichts.

 

3.
Die Zuweisung des konkreten Tätigkeitsbereichs der Fachkraft obliegt dem Leiter bzw. der Leiterin des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz und richtet sich nach den örtlichen Gegebenheiten. Grundsätzlich sollen alle Fachkräfte befähigt sein, jederzeit in den Fachbereichen Bewährungshilfe, Führungsaufsicht und Gerichtshilfe arbeiten zu können.

 

4.
Damit Fachkräfte flexibel und fachübergreifend eingesetzt werden können, sollen neue Kräfte bereits im ersten Berufsjahr in alle Fachbereiche des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz eingearbeitet werden.

 

III. Dienstverhältnis und Aufsichtsbefugnisse

 

1.
Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts weist die Fachkraft des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz einem Landgericht zu.

 

2.
Der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landgerichts obliegt die Dienst- und Fachaufsicht über die Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes. Die Fachaufsichtsbefugnisse des Gerichts, der Leitung der Führungsaufsichtsstelle, der Staatsanwaltschaft und der Gnadenstelle im Einzelfall bleiben unberührt.

 

3.
Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts bestellt für jeden Landgerichtsbezirk eine Leiterin oder einen Leiter des ambulanten Sozialen Dienstes. Bei Bedarf können zusätzlich Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter bestellt werden.

 

4.
Die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts prüft unter Mitwirkung der Leiterin oder des Leiters des ambulanten Sozialen Dienstes und gegebenenfalls der Gruppenleitungen mindestens in jedem dritten Jahr die Geschäftsführung der Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes. Die Prüfung soll in kürzeren Abständen durchgeführt werden, wenn besondere Umstände dies erfordern; insoweit sind anstelle einer umfassenden Prüfung auch Prüfungen einzelner Bereiche möglich. Die Prüfung kann einer richterlichen Dezernentin oder einem richterlichen Dezernenten sowie einer Beamtin oder einem Beamten des höheren Dienstes übertragen werden; an der Prüfung kann eine Beamtin oder ein Beamter des gehobenen Dienstes beteiligt werden. Die Prüfung ist auf die Geschäftsführung der gesamten Dienststelle zu erstrecken. Insbesondere werden geprüft:

 

a)

Organisation und Führung,

 

b)

Unterbringung,

 

c)

IT-Ausstattung,

 

d)

Möblierung, Arbeitsmittel, Maschinen und Geräte sowie

 

e)

Geschäftsführung durch die Fachkräfte, hier insbesondere:

 

-      die pünktliche und ordnungsgemäße Erledigung der Aufgaben und die Einhaltung der Qualitätsstandards

-      die ordnungsgemäße Geldverwaltung

-      die Register- und Aktenführung

-      das Vorhandensein und die Vollständigkeit der Akten

-      die Eingänge und die hinausgehenden Schriftstücke

-      Sicherstellung der Datenerhebung für statistische Zwecke

-      die Einhaltung der Aufbewahrungs- und Abgabefristen.

 

Über die Prüfung wird eine kurze Niederschrift gefertigt, deren Inhalt den betroffenen Fachkräften zur Kenntnis zu geben ist. Die Prüfungsniederschrift wird zu besonderen Sammelakten der Präsidentin oder des Präsidenten des Landgerichts genommen. Eine Abschrift ist dem Ministerium der Justiz zuzuleiten.

 

IV. Führungsaufsichtsstelle

 

Jede Führungsaufsichtsstelle wird von einer Richterin oder einem Richter geleitet. Die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts bestellt die Leiterin oder den Leiter. Diese sollen über Erfahrungen im Bereich der Strafrechtspflege, nach Möglichkeit auch in einer Strafvollstreckungskammer, verfügen. Dies gilt entsprechend für die Bestellung der Vertreterin oder des Vertreters.  Die Aufgaben der Führungsaufsichtsstelle nimmt die vom Gericht bestellte Bewährungshelferin bzw. der vom Gericht bestellte Bewährungshelfer als Fachkraft des Fachbereichs Führungsaufsicht in Personalunion wahr, soweit die Aufgaben nicht der Leiterin bzw. dem Leiter vorbehalten sind.

 

Der Schriftwechsel der Führungsaufsichtsstelle wird nach den Vorgaben des NRW-Designs unter der Kopfzeile "Landgericht ...... Führungsaufsichtsstelle" geführt. Die Leiterin oder der Leiter der Führungsaufsichtsstelle unterzeichnet mit dem Namen und dem Zusatz: Leiterin/Leiter der Führungsaufsichtsstelle. Die Fachkraft des Fachbereichs Führungsaufsicht unterzeichnet mit ihrem Namen; zusätzlich kann die Berufsbezeichnung angegeben werden. Hinsichtlich der Kompetenzbereiche wird auf § 463a StPO verwiesen.

 

V. Leitung des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz

 

Die Leiterin oder der Leiter des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz und die Gruppenleiterinnen und -leiter  nehmen Führungsaufgaben wahr. Sie sind Vorgesetzte (§ 2 Abs. 5 LBG) der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz. Ihnen sind neben ihrer originären Tätigkeit insbesondere folgende Aufgaben übertragen:

 

-      Mitwirkung einzelner Leiterinnen bzw. Leiter des ambulanten Sozialen Dienstes  bei den Einstellungsverfahren der Oberlandesgerichte für neue Fachkräfte

-      Konzeptionelle Weiterentwicklung der Aufgaben aller Fachbereiche

-      Regelung der Anleitung neuer Fachkräfte

-      Geschäftsverteilung der Fachkräfte und der Servicekräfte

-      Regelung der Zuteilung von Praktikantinnen und Praktikanten

-      fachliche Beratung

-      Mitwirkung bei Beurteilungen

-      Mitwirkung bei Geschäftsprüfungen

-      Führung der Jahresgespräche

-      Durchführung von Dienstbesprechungen

-      Regelung von Urlaub, Sprechstunden, Bereitschaftsdiensten und Vertretungen

-      Bedarfsermittlung, Mitwirkung und Unterstützung bei der Umsetzung den Einzelfall übergreifender Angebote und Aufgaben

-      Regelung der Zusammenarbeit mit Behörden, öffentlichen Stellen und Einrichtungen

-      Mitwirkung bei der Bearbeitung fachlicher Angelegenheiten durch die Mittelbehörden

-      Kontrolle der Einhaltung der Qualitätsstandards

-      Überwachung der Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften (siehe auch XI. Geschäftsgang).

 

Das Ministerium der Justiz bestimmt in Abstimmung mit den Präsidentinnen bzw. Präsidenten der Oberlandesgerichte eine dem Umfang der Leitungsaufgaben entsprechende anteilige Freistellung von den sonstigen Aufgaben der Leiterin oder des Leiters des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz sowie der Gruppenleiterinnen und -leiter.

 

VI. Dienstsitz, Geschäftszimmer

 

1.

Die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts bestimmt den Dienstsitz und  den räumlichen Zuständigkeitsbereich. Er oder sie kann bei Bedarf Außenstellen des ambulanten Sozialen Dienstes einrichten, sofern dies einerseits wegen der Nähe zu einer größeren Anzahl von Probanden, zu Gerichten oder zu kooperierenden Einrichtungen zweckmäßig und andererseits organisatorisch vertretbar ist. In diesem Fall bestimmt die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts den räumlichen Zuständigkeitsbereich der Außenstelle und weist den Fachkräften des ambulanten Sozialen Dienstes einen Dienstsitz zu. Bei Bedarf soll unter Berücksichtigung von organisatorischen (Vertretungsregelung, Erreichbarkeit) sowie Sicherheitsaspekten die Einrichtung fester Sprechstellen in Stadtteilen, sozialen Brennpunkten oder in anderen Orten des Landgerichtsbezirks ermöglicht werden. Die Übertragung konkreter Aufgaben an die Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes in einem oder mehreren Fachbereichen erfolgt im Rahmen der Geschäftsverteilung sowie der regelmäßigen Fallverteilung.

 

2.

Der Dienstsitz soll - unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten - innerhalb von Amtsgebäuden der Justiz eingerichtet werden. Die Diensträume sollen in einem abgeschlossenen Bereich über einen eigenen Eingang erreichbar sein.

 

3.
Für jede Fachkraft des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz wird ein Dienstraum vorgesehen. Der Dienstsitz soll möglichst mit zwei Warteräumen sowie in Abhängigkeit von der Größe mit einem oder mehreren Dienstzimmern für Servicekräfte ausgestattet sein. Die Räumlichkeiten müssen so gestaltet sein, dass vertrauliche Gespräche gewährleistet sind. Es muss die Möglichkeit bestehen, Besprechungen - auch im Rahmen der Konfliktschlichtung - durchzuführen und Praktikantinnen und Praktikanten angemessen unterzubringen.

 

4.
Für die Bewirtschaftung aller Sachhaushaltsmittel ist die Behördenleitung des Amtsgerichts am Ort des Dienstsitzes zuständig; soweit sich am Ort des Dienstsitzes ein Landgericht befindet, die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts.

 

5.
Eine zusätzliche Ausstattung der Diensträume durch Dritte (z. B. Fördervereine) ist mit Zustimmung der die Sachhaushaltsmittel verwaltenden Behördenleitung möglich.

 

VII. Dienstbetrieb

 

1.
Die Präsidentin oder der Präsident des Oberlandesgerichts teilt der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landgerichts für den ambulanten Sozialen Dienst der Justiz in angemessenem Umfang Stellen für Servicekräfte zu.

 

2.
In Abweichung von einer Dienststundenregelung nach der Arbeitszeitverordnung nehmen die Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz ihre Aufgaben erforderlichenfalls auch außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit wahr. Die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts kann die Anwesenheit am Dienstsitz zu bestimmten Stunden anordnen.

 

3.
Die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts stellt nach den im Bereich der Justizverwaltung geltenden Bestimmungen einen Dienstausweis aus.

 

4.
Der Schriftwechsel der Fachbereiche wird nach den Vorgaben des NRW-Designs unter der Kopfzeile "Ambulanter Sozialer Dienst der Justiz in NRW bei dem Landgericht -  Fachbereich..." geführt. Zusätzlich kann die Berufsbezeichnung angegeben werden.

 

VIII. Dienstreisen

 

1.
Dienstreisen in Rechtssachen bzw. Gnadensachen bedürfen

 

a)
keiner Genehmigung, wenn es sich um Reisen

 

-      innerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen

-      in nah gelegene Orte anderer Bundesländer (bis zu 20 km Grenzentfernung)

 

handelt.

 

Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Dienstreise der Vorbereitung einer endgültigen Entscheidung in einer Rechtssache dient.

 

b)
im Übrigen der Genehmigung durch das Gericht bzw. die Gnadenstelle, welche/s die Bewährungsaufsicht angeordnet hat, bzw. durch das Gericht, das für die nach §§ 68a bis 68d StGB zu treffenden Entscheidungen zuständig ist. Erklärt sich ein Gericht bzw. eine Gnadenstelle außerhalb Nordrhein-Westfalens für die Genehmigung nicht zuständig, so wird diese durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Landgerichts erteilt.

 

2.
Für eine Dienstreise zur Kontaktaufnahme mit der/dem Verurteilten im Rahmen der Entlassungsvorbereitung gilt diese Genehmigung als erteilt.

 

3.
Für sonstige Dienstreisen ist die Genehmigung durch die zuständige Stelle (in der Regel die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts) erforderlich.

 

4.
Die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts kann zur Vereinfachung der Abrechnung im Rahmen der ihr bzw. ihm insoweit obliegenden Zuständigkeit anstelle der Reisekostenvergütung oder Teilen davon eine Pauschvergütung nach den Bestimmungen des Landesreisekostengesetzes in der jeweils geltenden Fassung gewähren.

 

IX. Dienstlicher Zahlungsverkehr

 

Dienstlicher Zahlungsverkehr wird über ein mit dem Zusatz "Dienstkonto" bei einer Bank oder Sparkasse geführtes Girokonto abgewickelt. Für mehrere Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz kann ein gemeinschaftliches Dienstkonto eingerichtet werden. Etwaige Kontoführungsgebühren werden aus den verwalteten Geldern beglichen, soweit diese nicht zweckgebunden sind. Im Übrigen werden sie bei Kapitel 04 210 Titel 511 60 veranschlagt.

 

X. Bewegungsgeld

 

1.
Den Fachkräften des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz wird für besondere Aufwendungen vorschussweise ein Bewegungsgeld in Höhe von vierteljährlich bis zu 100,00 Euro zur Verfügung gestellt. Innerhalb eines Haushaltsjahres in einem Quartal nicht verbrauchte Mittel können auf das Folgequartal übertragen werden. Dabei muss es sich um Ausgaben im Zusammenhang mit solchen Einzelmaßnahmen handeln, die aus sozialpädagogischen Gründen notwendig sind. Hierzu können neben anderem auch solche Kosten - ggf. einschließlich Fahrtkosten - zählen, die sich aus dem gemeinsamen Besuch von Veranstaltungen, Einrichtungen oder zur Bewirtung ergeben.

 

Das Bewegungsgeld wird grundsätzlich nicht zur wirtschaftlichen Unterstützung von Betreuten verwendet. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur statthaft, wenn ein akuter Mangel an lebensnotwendigem Bedarf zu einer Notlage geführt hat. In diesem Fall wird die Unterstützung auf unumgänglich notwendige Maßnahmen beschränkt. Der Unterstützungsbetrag kann, soweit dies geboten und möglich erscheint und die Rückforderung vorbehalten war, zurückverlangt werden.

 

2.
Die bei den Maßnahmen entstandenen notwendigen Auslagen werden nach dem Landesreisekostengesetz erstattet. Der Abrechnungsantrag wird vierteljährlich an die Präsidentin oder den Präsidenten des Landgerichts gerichtet.

 

XI. Geschäftsgang

 

In den Dienststellen des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz ist jeweils eine IT-gestützte Datenerfassung und Dokumentation der Tätigkeiten sicher zu stellen. Dafür steht ein elektronisches Fachverfahren (SoPart) zur Verfügung. Dieses ist von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz zu nutzen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten und Besonderheiten für die einzelnen Fachbereiche wird auf gesonderte Ausführungsbestimmungen (Anlage) verwiesen. Zugang zu diesem Fachverfahren haben auch die Dienstaufsicht führenden Stellen und die Leitung der Führungsaufsichtsstellen (letztere mit einem Lese- und Schreibrecht). Die in SoPart gespeicherten Daten dürfen nur bei vorhandenem dienstlichem Bezug eingesehen werden.

 

XII. Einsicht in Unterlagen und Verschwiegenheitspflicht

 

1.
Sämtliche Geschäftsunterlagen und Daten des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz werden unter Verschluss gehalten und vertraulich behandelt.

 

2.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz unterliegen hinsichtlich der aus amtlicher Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten der Verschwiegenheitspflicht nach den einschlägigen Vorschriften. Soweit es sich nicht um Mitteilungen im dienstlichen Verkehr, offenkundige oder solche Tatsachen handelt, die ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen, ist eine Genehmigung durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Landgerichts erforderlich.

 

Eine Mitteilung im dienstlichen Verkehr liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn

 

a)
demjenigen Gericht bzw. derjenigen Gnadenstelle berichtet wird, das bzw. die die Unterstellung angeordnet hat,

 

b)
Mitteilungen zwischen den Fachbereichen Bewährungshilfe und Führungsaufsichtsstelle im jeweiligen Betreuungsfall erfolgen, oder

 

c)
es sich um solche Mitteilungen gegenüber Dritten (Auftrag gebenden Stellen, Behörden, Einrichtungen, Privatpersonen) handelt, die zur Erfüllung der erforderlichen Aufgaben notwendig sind.

 

3.
Einsicht und Auskunft erhalten Strafgerichte, Staatsanwaltschaften, Gnadenbehörden und Aufsichtsbehörden nach den einschlägigen Rechtsvorschriften. Gesetzliche Bestimmungen, die eine Aktenvorlage vorsehen, bleiben unberührt.

 

4.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz sind zu einer Einsichtnahme außerhalb der eigenen Zuständigkeit nur berechtigt, soweit dienstliche Belange dies erfordern.

 

5.
Die Entscheidung über die Einsichtnahme und Auskunft wird nach den einschlägigen Rechtsvorschriften getroffen.

 

6.
In Zweifelsfällen und in sonstigen Fällen entscheidet die Präsidentin oder der Präsident des Landgerichts.

 

7.
Die Genehmigung für Aussagen von Fachkräften des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz gegenüber Gerichten und Staatsanwaltschaften in weiteren Verfahren hinsichtlich ihrer Klientel gilt grundsätzlich bis zur Beendigung der Rechtssache als erteilt. Bei Bedenken gegen eine solche Aussage beantragt die Fachkraft des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz eine Entscheidung der Präsidentin oder des Präsidenten des Landgerichts.

 

XIII. Stichtagzählung

 

Die Präsidentinnen und Präsidenten der Landgerichte und der Oberlandesgerichte sowie das Ministerium der Justiz sind berechtigt, aus dem Fachverfahren SoPart Auswertungen zu Fallzahlen unmittelbar abzurufen.

 

Die Verfahrenspflegestelle übermittelt dem Ministerium der Justiz für jeden Landgerichtsbezirk einmal jährlich zum Stichtag 31. Dezember die Fallzahlen getrennt nach Dienststellen und Fachbereichen.

 

B. Tätigkeiten im Gnadenverfahren

 

Die Gnadenstelle kann eine Fachkraft des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz aus dem Fachbereich Gerichtshilfe mit Ermittlungen im Gnadenverfahren beauftragen sowie einer Fachkraft des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz aus dem Fachbereich Bewährungshilfe die Bewährungsaufsicht übertragen.

 

C. Ehrenamtliche Tätigkeit innerhalb des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz

 

1.
Zur Unterstützung der Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz können ehrenamtlich Tätige eingebunden werden.

 

2.
Bei jedem Amtsgericht wird eine Liste derjenigen Personen geführt, die sich zur Übernahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit bereit erklärt und ihre persönliche Eignung (z. B. durch Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses) nachgewiesen haben. In der Liste sind der vollständige Name, die Anschrift, die Telefonnummer und die berufliche Tätigkeit zu vermerken. Gegebenenfalls ist zusätzlich zu vermerken, ob die Betreuung eines bestimmten Personenkreises bevorzugt wird.

 

3.
Die bei der Wahrnehmung der Aufgaben entstandenen angemessenen Auslagen werden auf Antrag im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel erstattet. Der Antrag ist innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Auslagen bei dem Gericht zu stellen, das die Bewährungshelferin oder den Bewährungshelfer bestellt hat. Beschwerden über die Höhe der Erstattung werden im Aufsichtsweg entschieden.

 

4.
Erstattungsfähig sind:

 

a)       

Der Aufwand bei der Erfüllung von Aufgaben außerhalb der politischen Gemeinde, in der die ehrenamtliche Bewährungshelferin oder der ehrenamtliche Bewährungshelfer wohnt oder berufstätig ist, in entsprechender Anwendung des § 6 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG) in der jeweils geltenden Fassung.

 

b)       

Die Kosten für notwendige Fahrten in entsprechender Anwendung des § 5 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG) in der jeweils geltenden Fassung.

 

c)        

Sonstige bare Auslagen in entsprechender Anwendung des § 7 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG) in der jeweils geltenden Fassung, soweit sie im Interesse einer wirksamen Durchführung der Bewährungsaufsicht notwendig sind.

 

5.

Die Erstattung des Aufwands und der Fahrtkosten kann davon abhängig gemacht werden, dass Zweck und Dauer des Dienstgeschäftes glaubhaft gemacht werden. Wird die Erstattung von Fahrtkosten beantragt, sind die besonderen Umstände, die der Benutzung eines öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittels entgegenstanden, glaubhaft zu machen. Erstattungsfähige bare Auslagen sind auf Verlangen durch Vorlage von Belegen nachzuweisen.

 

D. Qualitätsstandards

 

Die sachgerechte Erledigung der gesetzlichen Aufgaben bedarf eines kontinuierlichen Verständigungsprozesses zur Festlegung von Qualitätsstandards und deren Sicherung. Die Qualitätsentwicklung dient der Orientierung bei der konkreten Berufsausübung und einer weiteren Professionalisierung des Berufsstandes, ermöglicht aber auch, durch Standardisierungen die Effizienz und Effektivität der sozialen Arbeit  zu steigern. Einheitliche Kriterien schaffen Verbindlichkeiten, Transparenz und Vergleichbarkeit.

 

Die Tätigkeit der Fachkräfte richtet sich nach den Qualitätsstandards für den ambulanten Sozialen Dienst der Justiz; die Standards sind über das Landesintranet (https://lv.justiz.nrw.de/praxis-infos/strafrecht_staatsanwaltschaften/strafvollstreckung/Ambulanter-Sozialer-Dienst/index.php) abrufbar.

 

Die Präsidentinnen bzw. Präsidenten der Oberlandesgerichte berichten dem Ministerium der Justiz nach Ablauf von drei Jahren nach Bekanntgabe der jeweils aktuellen Qualitätsstandards bzw. aus besonderem Anlass über etwaigen Änderungsbedarf.

 

E. Fortbildung, Kollegiale Beratung und Supervision

 

Fortbildung, Kollegiale Beratung und Supervision sind für die Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes von besonderer Bedeutung. Es liegt im besonderen dienstlichen Interesse, dass die entsprechenden Angebote der Justiz wahrgenommen werden. Die mit der Durchführung psychosozialer Prozessbegleitung betrauten Fachkräfte sind zu regelmäßigen Fortbildungsmaßnahmen und Supervision bzw. kollegialen Beratung nach den Vorschriften des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren vom 25. Oktober 2016 und der dazugehörigen Ausführungsverordnung verpflichtet.

 

F. Praktika von Studierenden der Fachrichtung Sozialarbeit oder Sozialpädagogik bzw. von Absolventen solcher Studiengänge

 

1.
Studienbegleitende Praktika, die im Rahmen des Studiums der Sozialarbeit und/oder der Sozialpädagogik vorgesehen sind, können im ambulanten Sozialen Dienst der Justiz abgeleistet werden.

 

Darüber hinaus können Absolventen der Studiengänge Sozialarbeit und/oder Sozialpädagogik ein Berufspraktikum im ambulanten Sozialen Dienst der Justiz ableisten, soweit dies in der Studienordnung vorgesehen ist.

 

2.
Das Berufspraktikum kann vollständig in einem der Fachbereiche des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz oder auch in zwei oder allen Fachbereichen zu gleichen oder zu unterschiedlichen Teilen stattfinden. Im Rahmen des Berufspraktikums ist eine dreiwöchige Hospitation in einer Justizvollzugsanstalt möglich, die Einzelheiten sind vorab in einem Ausbildungsplan festzulegen.

 

Bei den Oberlandesgerichten können zentrale Lehrveranstaltungen durchgeführt werden, die die Praktikantinnen und Praktikanten insbesondere mit Aufbau, Organisation und Dienstweg innerhalb der Verwaltung, mit verwaltungsrechtlichen Grundbegriffen sowie mit Beamten- und Tarifrecht vertraut machen.

 

Über die Zulassung zum studienbegleitenden Praktikum entscheidet die Präsidentin bzw. der Präsident des Landgerichts. Über die Zulassung zum Berufspraktikum entscheidet die Präsidentin bzw. der Präsident des Landgerichts im Einvernehmen mit der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Oberlandesgerichts.

 

3.
Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit von Praktikantinnen und Praktikanten sowie die Prüfung, ob diese vorbestraft sind, richtet sich - auch für studienbegleitende Praktika - nach den allgemeinen, für Justizangehörige erlassenen Vorschriften.

 

4.
Unberührt bleibt die Möglichkeit der Ableistung eines freiwilligen Praktikums (während eines Studiums) nach näherer Bestimmung durch die Präsidentin bzw. den Präsidenten des Landgerichts.

 

G. Mitwirkung des Leitenden Oberstaatsanwalts bzw. der Leitenden Oberstaatsanwältin

 

Soweit Maßnahmen der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Land- bzw. Oberlandesgerichts den Fachbereich bzw. Bedienstete des Fachbereichs Gerichtshilfe betreffen, sind diese im Einvernehmen mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt oder der Leitenden Oberstaatsanwältin bzw. mit dem Generalstaatsanwalt oder der Generalstaatsanwältin zu treffen bzw. durchzuführen, soweit diese bzw. dieser hierauf nicht generell oder für den Einzelfall verzichtet hat.

 

H. In-Kraft-Treten

 

Diese AV tritt mit Wirkung vom 1. Oktober 2021 an die Stelle der Allgemeinen Verfügung des Justizministeriums vom 25. Februar 2008 (4260 - III. 1) - JMBl. NRW S. 73 -, geändert durch AV d. JM vom 13. November 2008 - JMBl. NRW S. 292 -, in der Fassung vom 22. Dezember 2016 - JMBl. NRW S. 14. Gleichzeitig wird die Rundverfügung des Justizministeriums vom 22. Oktober 2008 (4260 - III. 4) aufgehoben.