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Suizidprävention in Justizvollzugsanstalten
RV d. JM vom 2. Dezember 2022 (4518 - IV. 3)

 

1.

Das Informations- und Merkblatt "Suizidprävention" regelt den Umgang mit Gefangenen oder Untergebrachten, bei denen eine suizidale Gefährdung bzw. akute Suizidalität festgestellt wird. Die Bediensteten sind regelmäßig – mindestens jährlich - hinsichtlich der Inhalte zu sensibilisieren. Die Anstaltsleitung stellt sicher, dass die in dem Informations- und Merkblatt enthaltenen Anordnungen organisatorisch umgesetzt werden.

                                                           

1.1

Das Informations- und Merkblatt "Suizidprävention“ soll eine Hilfe bei der schwierigen Aufgabe sein, eine suizidale Gefährdung bzw. akute Suizidalität bei Gefangenen und Untergebrachten zu erkennen und dieser mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen. Dabei wird nicht übersehen, dass es auch bei allem Bemühen nicht möglich sein wird, Suizidhandlungen gänzlich zu verhindern.

 

1.2

Die Inhalte dieser RV und des Informations- und Merkblattes sind in die justizvollzugseigenen Ausbildungen aller Laufbahnen verpflichtend einzubeziehen.

Alle Dienstanfängerinnen und Dienstanfänger im Justizvollzug sind bereits bei Dienstantritt mit dem Thema Suizidprävention zu konfrontieren und im Erkennen einer möglichen Suizidalität zu unterweisen.

 

1.3

Beim Zugangsgespräch ist für ein Screening auf Suizidalität das einheitliche Formular "Erstgesprächsbogen" zu verwenden.

 

Während des ersten Jahres der Inhaftierung ist zusätzlich zwei Wochen nach Haftbeginn sowie nach drei Monaten, sechs Monaten und 9 Monaten ein weiteres Screening, das sogenannte Folgescreening („Folgescreeningbogen“), durch einen geschulten und/oder erfahrenen (Abteilungs-)Bediensteten durchzuführen. Bei zwei aufeinanderfolgenden unauffälligen Folgescreenings entfallen weitere.

Nach der vollständigen Aufhebung von besonderen Sicherungsmaßnahmen, die wegen Suizidgefahr angeordnet waren, ist zusätzlich zwei Wochen nach Aufhebung der Maßnahme durch einen geschulten und/oder erfahrenen (Abteilungs-)Bediensteten ein Folgescreening durchzuführen. Fällt dieses Screening in die zeitliche Nähe eines bereits terminierten Folgescreenings (Abstand bis zu 14 Tage), entfällt dieses Folgescreening.

Darüber hinaus soll das Folgescreening zusätzlich anlassbezogen zur Anwendung gelangen.

Werden nach der Durchführung eines Screenings Sicherungsmaßnahmen angeordnet, weil von einer Suizidgefahr (akute Suizidalität oder – vermutete - suizidale Gefährdung) auszugehen ist, ist eine Ablichtung des Erstgesprächsbogens bzw. des Folgescreeningbogens denjenigen Bediensteten zur Kenntnis zu geben, die die Sicherungsmaßnahmen ausführen. Das Original des jeweiligen Screeningbogens ist unverzüglich zur Gefangenenpersonalakte zu nehmen. Beide Screenings stehen als elektronische Dokumente in BASIS-Web zur Verfügung.

 

1.4

Im Hinblick auf das Vorliegen einer akuten Suizidalität angeordnete Sicherungsmaßnahmen sollten bei Aufhebung zunächst durch Sicherungsmaßnahmen, die im Falle einer suizidalen Gefährdung angezeigt sind, ersetzt werden. Eine vollständige Aufhebung von Sicherungsmaßnahmen ist regelmäßig in diesen Fällen nicht angezeigt.

 

2.

Als weitere Maßnahme der Suizidprävention werden in den Justizvollzugsanstalten jeweils eine/ein Suizidpräventionsbeauftragte/r benannt. Diese sind nach entsprechender Ausbildung maßgeblich verantwortlich für den Aufbau bzw. die Anpassung suizidpräventiver Strukturen und die Koordination der Maßnahmen und Arbeitsabläufe innerhalb der Justizvollzugsanstalt. Sie sollen für die Sensibilisierung, regelmäßige Schulungen, Prävention von Suizidalität und die Aufarbeitung von stattgehabten Suiziden sorgen. Insbesondere sind alle Bediensteten der Anstalt mindestens einmal jährlich über das Thema anhand des Informations- und Merkblatts zu sensibilisieren, welches zu dokumentieren ist.

Die/der Suizidpräventionsbeauftragte hat über ihre/seine Tätigkeit jährlich eine Dokumentation und Auswertung vorzunehmen. Die Möglichkeit des regelmäßigen Austausches und der Fortbildung der/s Suizidpräventionsbeauftragten im Rahmen der vorgesehenen Dienstbesprechungen ist sicherzustellen.

 

3.

Bei einer Verlegung oder Überstellung eines Gefangenen oder Untergebrachten in eine Justizvollzugsanstalt, bei dem wegen einer Suizidgefahr (akute Suizidalität oder vermutete suizidale Gefährdung) eine Sicherungsmaßnahme angeordnet ist, ist auf dem Transportschein ein entsprechender Hinweis anzubringen.

 

4.

Bei Stellungnahmen zur Frage der Anordnung bzw. Aufhebung von Sicherungsmaßnahmen sind die den Entscheidungsvorschlag tragenden Gründe schriftlich niederzulegen und der Anstaltsleiterin bzw. dem Anstaltsleiter vor ihrer bzw. seiner Entscheidung zuzuleiten.

 

5.

Die Neufassung der RV des JM tritt mit Wirkung zum 1. Januar 2023 in Kraft.

Gleichzeitig wird die RV d. JM vom 25. November 2020 (4518 – IV. 3) einschließlich ihrer Anlagen aufgehoben.