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- Zahnärztliche Versorgung Gefangener -
AV d. JM vom 23.11.2022 (4554 - IV. 9)
- JMBl. NRW S. 553 -

1. Zahnärztinnen/Zahnärzte

 

1.1

Die zahnärztliche Versorgung der Gefangenen in den Justizvollzugseinrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen wird Zahnärztinnen und Zahnärzten übertragen.

 

1.2

Die Leiterin oder der Leiter der Justizvollzugseinrichtung schließt mit der Zahnärztin oder dem Zahnarzt unter Beachtung der geltenden Vergaberechtsbestimmungen nach dem Muster der Anlage 1 einen Vertrag über die zahnärztliche Versorgung der Gefangenen der Einrichtung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen ab. Der Vertrag bedarf nur dann der Genehmigung des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen, wenn er von dem Muster der Anlage 1 abweicht.

 

2. Umfang der zahnärztlichen Versorgung

 

2.1

Die zahnärztliche Versorgung umfasst die berufsmäßige auf zahnärztlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen gegründete Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten im Sinne des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde (ZHG) in der jeweils geltenden Fassung.

 

2.2

Für die zahnärztliche Versorgung aus Haushaltsmitteln des Landes oder zu Lasten der Gelder der Gefangenen sind die einschlägigen Vorschriften der für Nordrhein-Westfalen geltenden Vollzugsgesetze und der Vollzugsordnungen sowie der sie ergänzenden Bestimmungen, namentlich der Dienstordnung für das Gesundheitswesen in den Justizvollzugseinrichtungen des Landes Nordrhein-Westfalen, maßgebend. Diese Vorschriften werden der Zahnärztin oder dem Zahnarzt durch die Justizvollzugseinrichtungen bekannt gegeben.

 

In Anwendung des Äquivalenzgrundsatzes ist die zahnärztliche Versorgung auf eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Form zu beschränken; das Maß des Notwendigen darf nicht überschritten werden (§ 12 Abs. 1 SGB V). Die Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungsrichtlinien), für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen, über Maßnahmen zur Verhütung von Zahnerkrankungen (Individualprophylaxe) und für die kieferorthopädische Behandlung sowie über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bzw. sonstiger sozialgesetzlicher Bestimmungen, die den Leistungsumfang der zahnärztlichen Versorgung regeln, und die Überprüfung erbrachter vertragszahnärztlicher Leistungen sind in der jeweils geltenden Fassung entsprechend anzuwenden.
Maßgebend für die Gebühren ist der Bundesmantelvertrag für Zahnärzte (BMV-Z) und der BEMA-Z.

 

3. Behandlung

 

3.1

Behandlungsbedürftige Gefangene werden durch die Zahnärztin oder den Zahnarzt behandelt. Die Behandlungszeiten werden im Einvernehmen mit der Behördenleitung vereinbart. Ist eine Behandlung durch eine Zahnärztin oder einen Zahnarzt notwendig, mit der bzw. dem kein Vertragsverhältnis besteht, erfolgt die Überweisung durch die Anstaltsärztin oder den Anstaltsarzt.

 

3.2

Die zahnärztliche Versorgung der Gefangenen findet in der Regel in der Justizvollzugseinrichtung statt. Der Zahnärztin oder dem Zahnarzt wird hierfür ein geeigneter Raum zur Verfügung gestellt. Soweit die Einrichtung einer zahnärztlichen Behandlungseinheit in der Justizvollzugseinrichtung wegen der geringen Anzahl der Behandlungsfälle unwirtschaftlich ist, sind die Gefangenen in der Praxis der Zahnärztin oder des Zahnarztes vorzuführen. Gleiches gilt, wenn die Justizvollzugseinrichtung nicht über einen geeigneten Behandlungsraum verfügt oder die technischen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Versorgung im Einzelfall nicht gegeben sind.

3.3

Wird die Versorgung in der Justizvollzugseinrichtung durchgeführt, stellt die Justizvollzugseinrichtung die erforderlichen zahnärztlichen Einrichtungsgegenstände und eine Grundausstattung an zahnärztlichen Instrumenten. Die Zuständigkeit für die Beschaffung der Verbrauchsmaterialien ist in der Anlage 2 geregelt. Soweit die Beschaffung der Zahnärztin oder dem Zahnarzt obliegt, sind die Kosten mit den Gebühren abgegolten. Für Abdruckmaterialien gilt Satz 3 nicht. Die Kosten für Abdruckmaterialien sind im Zusammenhang mit der getroffenen Festzuschussregelung bei Zahnersatz abrechnungsfähig, jedoch nur dann, wenn die gesamten Kosten der zahnärztlichen Behandlungsmaßnahme (ohne die zahntechnischen Leistungen) den hierfür ausgewiesenen Kostenanteil des jeweils festgesetzten Festzuschusses nicht übersteigen. Im Regelfall (bei mittellosen Gefangenen) sind sie Bestandteil des insgesamt erstattungsfähigen doppelten Festzuschusses.

 

3.4

Die Zahnärztin oder der Zahnarzt benutzt eigene Instrumente, insbesondere dann, wenn Instrumente benötigt werden, die in der Grundausstattung nicht vorhanden sind. Für den Ersatz oder etwaige Beschädigungen kommt die Justizvollzugseinrichtung nicht auf.

 

3.5

Der Zahnärztin oder dem Zahnarzt obliegt die Gestellung einer notwendigen Hilfsperson für Handreichungen oder Assistenz. Die Kosten sind mit den Gebühren abgegolten.

 

3.6

Der Krankenpflegedienst der Justizvollzugseinrichtung ist für die Eintragung der persönlichen Daten der Gefangenen in die elektronische Gesundheitsakte bzw. in die Behandlungskartei sowie für die Erfassung der Zahnarztvorstellungen zuständig. Die Behandlungskartei verbleibt in der Justizvollzugseinrichtung. Eine Ablichtung der Behandlungskartei geht vor Verlegung eines Patienten zur Gesundheitsakte.

3.7

Die Aufbereitung der in der Justizvollzugseinrichtung vorhandenen Medizinprodukte, die bei der zahnärztlichen Behandlung eingesetzt werden, und deren Freigabe obliegt grundsätzlich den von der Behördenleitung bestellten Hygienebeauftragen für die Aufbereitung von Medizinprodukten (§§ 5, 8 Abs. 4 MPBetreibV).

 

4. Vergütung der zahnärztlichen Leistungen

 

4.1

Die zahnärztlichen Leistungen bei der Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten (einschließlich prothetischer Leistungen) werden nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) in der jeweils geltenden Fassung vergütet. Zahnärztliche Leistungen, die nicht in diesem Bewertungsmaßstab enthalten sind, werden mit dem Einfachsatz nach dem Gebührenverzeichnis der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) und für Zahnärzte (GOZ) in der jeweils geltenden Fassung vergütet.

 

4.2.1

Der Punktwert für konservierende, chirurgische und parodontologische Leistungen (KCH und PAR) entspricht dem von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein aktuell für Primärkassen festgesetzten Punktwert ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe durch das Ministerium der Justiz. Derzeit beträgt der Punktwert 1,1746. Die Neufestsetzung des Punktwertes soll jährlich jeweils zum 1. März erfolgen. Solange eine Neufestsetzung dieses Punktwertes nicht vorgenommen wird, kommt der alte Punktwert zur Anwendung.

 

4.2.2

Der Punktwert für prothetische Leistungen einschließlich der Versorgung mit Zahnkronen entspricht dem jeweils aktuellen bundeseinheitlichen Punktwert ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe durch das Ministerium der Justiz jährlich zum 1. März. Solange eine Neufestsetzung dieses Punktwertes nicht vorgenommen wird, kommt der alte Punktwert zur Anwendung.

 

4.3

Bei Behandlungen, die in der Praxis der Zahnärztin oder des Zahnarztes erfolgen, obwohl die Justizvollzugseinrichtung einen Behandlungsplatz zur Verfügung stellt, wird ein Abschlag in Höhe von 40 % erhoben. Die in der Praxis der Zahnärztin oder des Zahnarztes erbrachten Leistungen sind bei der Abrechnung durch Zufügen des Buchstabens "P" zu der jeweiligen Gebührenziffer besonders zu kennzeichnen.

 

Abschlag und Kennzeichnung finden auf Notfallbehandlungen in der Praxis, die von der Justizvollzugseinrichtung veranlasst worden sind, keine Anwendung.

 

4.4

Ein Wegegeld für die An- und Abreise zum Zwecke der Wahrnehmung der vereinbarten Sprechstunden in der Justizvollzugseinrichtung wird nicht gezahlt.

 

Sucht die Zahnärztin oder der Zahnarzt außerhalb der vereinbarten Sprechstunden die Justizvollzugseinrichtung auf deren Veranlassung zur Behandlung von Notfällen auf, wird ein Wegegeld gemäß § 8 Abs. 1 GOZ in der jeweils geltenden Fassung gezahlt.

 

In die Berechnung des Jahresbudgets nach Nummer 5 werden Wegegelder nach Absatz 2 nicht einbezogen.

 

Die Anforderung zur Behandlung von Notfällen ist von der Justizvollzugseinrichtung in jedem Einzelfall zu begründen und zu dokumentieren.

 

5. Budgetierung der konservierenden, chirurgischen und parodontologischen Leistungen

 

5.1

Der Zahnärztin oder dem Zahnarzt steht für die Behandlung der Gefangenen ein jeweils auf das Kalenderjahr bezogenes Jahresbudget zur Verfügung, dessen Höhe von der Anzahl der im Kalenderjahr abzurechnenden Behandlungsfälle abhängt.

5.2

Als Behandlungsfall im Sinne der Budgetierung ist ab dem 1. Januar 2023 die konservierende, chirurgische und parodontologische Behandlung einer oder eines Gefangenen innerhalb eines Quartals zu verstehen.

 

5.3

Die höchstmögliche Vergütung für einen Behandlungsfall beträgt durchschnittlich 81,83 EUR. Übersteigt die in einem Behandlungsfall in Rechnung gestellte Vergütung diesen Betrag, werden zunächst nur 81,83 Euro vergütet.

Die höchstmögliche Vergütung wird mit der Anhebung des Punktwertes jeweils neu errechnet und festgesetzt und zwar indem der jeweils neue Punktwert mit dem Faktor 69,67 multipliziert wird.

 

5.4

Die höchstmögliche Vergütung im Kalenderjahr ergibt sich aus dem Produkt der Anzahl der im Kalenderjahr abgerechneten Behandlungsfälle mit dem unter Nummer 5.3 genannten Durchschnittsbetrag. Unterschreiten die für das Kalenderjahr bereits geleisteten Zahlungen diesen Grenzbetrag, wird im Januar des folgenden Jahres die Differenz zwischen den bereits geleisteten Zahlungen und den in Rechnung gestellten Vergütungen bis zur Höhe des Grenzbetrages nachgezahlt.

 

6. Abrechnung der konservierenden, chirurgischen und parodontologischen
Leistungen

 

6.1

Die Rechnungsstellung erfolgt durch die Zahnärztin oder den Zahnarzt oder durch eine von ihm beauftragte Abrechnungsstelle. Die Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

- Name der oder des Gefangenen,

- Datum der Behandlungen,

- Zahnschema bei Beginn des Behandlungsfalles,

- Bezeichnung des behandelten Zahnes,

- Gebührenziffer und Punktzahl, evtl. Hinweis "P",

- Betrag.

 

6.2

Die Rechnungslegung hat frühestens nach Ablauf des jeweiligen Quartals, spätestens 30 Tage nach Ablauf dieses Quartals zu erfolgen. Am Jahresende sind alle bis zum 31. Dezember abgeschlossenen Behandlungszeiträume bis zum 30. Januar des Folgejahres abzurechnen.

 

6.3

Die Rechnungslegung nach Behandlung von Jugendarrestantinnen und Jugendarrestanten hat abweichend von Nummer 6.2 nach Entlassung aus dem Jugendarrest zu erfolgen.

 

6.4

Die Justizvollzugseinrichtung hat zur Berechnung der Nachzahlung nach Nummer 5.4 nach folgenden Punkten zu erfassen:

- numerisch als Behandlungsfall,

- Höhe des Rechnungsbetrages,

- im Abrechnungszeitraum erfolgte Zahlungen oder Abschlagszahlungen.

 

6.5 

Für die Bereithaltung der von der Justizvollzugseinrichtung gestellten Praxiseinrichtung wird ein Nutzungsentgelt in Form eines Abschlages in Höhe von 20 % erhoben, so dass die Rechnung der zahnärztlichen Leistung sowohl bei konservierenden, chirurgischen und parodontologischen Behandlungen als auch bei den prothetischen Leistungen um 20 % zu mindern ist. Dies gilt nicht für das Wegegeld nach Nummer 4.5 Abs. 2.

 

7. Konservierende, chirurgische und parodontologische Behandlung durch andere Zahnärztinnen und Zahnärzte oder Kieferchirurginnen, Kieferchirurgen

 

7.1

Überweisungen zu niedergelassenen Zahnärztinnen oder Zahnärzten, mit denen kein Vertragsverhältnis besteht, erfolgen durch die Anstaltsärztin oder den Anstaltsarzt, bei Überweisungen zu Kieferchirurginnen oder Kieferchirurgen ist Einvernehmen mit der Anstaltszahnärztin oder dem Anstaltszahnarzt herbeizuführen.

Für die Behandlungen in diesen Fällen gelten die vorgenannten Regelungen mit Ausnahme der Nummern 5, 6.2 und 6.4 entsprechend.

 

7.2

Bei der Überweisung sind die im Einzelfall hinzugezogenen Zahnärztinnen oder Zahnärzte oder Kieferchirurginnen oder Kieferchirurgen in dem Überweisungsschein auf die Regelungen hinzuweisen.

 

8. Vertretung der Zahnärztin oder des Zahnarztes bei konservierenden,

chirurgischen und parodontologischen Leistungen

 

8.1

Mit der Vertretung der Zahnärztin oder des Zahnarztes ist ein eigener Vertrag nach dem Muster der Anlage 1 abzuschließen.

 

8.2

Alle von der Vertretung behandelten Patientinnen oder Patienten sind nach Beendigung der Vertretung als abgeschlossene Behandlungsfälle anzusehen und sofort abrechenbar, wenn die Vertretung weniger als drei Monate dauert. Dies gilt nicht bei regelmäßigen Vertretungen (z.B. einmal monatlich).

 

8.3

Alle von der Vertretung abgerechneten Behandlungsfälle sind nur dieser zuzurechnen, bei regelmäßiger Vertretung deren Jahresbudget. Bei der Berechnung des Jahresbudgets der Zahnärztin oder des Zahnarztes werden sie nicht berücksichtigt.

8.4

Wird die Zahnärztin oder der Zahnarzt durch angestellte oder assoziierte Zahnärztinnen oder Zahnärzte (Praxisassistentinnen oder Praxisassistenten, Gemeinschaftspraxen, Ehegatten) vertreten, wird hierfür ein gemeinsames Jahresbudget gebildet. Die Vergütung erfolgt nur an die Zahnärztin oder den Zahnarzt.

 

9. Prothetische Leistungen des Justizvollzuges

 

9.1

Grundlage für zahnprothetische Leistungen des Justizvollzuges sind neben den in Nummer 2.2 genannten Vorschriften die vom Gemeinsamen Bundesausschuss gemäß § 91 Abs. 6 in Verbindung mit §§ 56 Abs. 1 und 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V veröffentlichten Festbeträge im Rahmen der Konkretisierung des Leistungskataloges der ambulanten zahnmedizinischen Versorgung in der Gesetzlichen Krankenversicherung, die geeignet sind, eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten zu gewährleisten.

 

9.2

Die Kosten der zahnärztlichen Behandlung und der zahntechnischen Leistungen bei der Behandlung von Gefangenen mit Zahnersatz und Zahnkronen trägt die Landeskasse im Rahmen der bestehenden Festzuschussregelung für eine befundorientierte Regelversorgung.

 

9.3

Gefangene gelten grundsätzlich als bedürftig und erhalten in diesem Fall den doppelten Festzuschuss. Eine Ausnahme stellen die Gefangenen dar, die über regelmäßig wiederkehrende Einkünfte verfügen, welches ein Bruttoeinkommen zum Lebensunterhalt der Gefangenen um 40 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet. In diesem Fall wird die Höhe des von der Justizvollzugseinrichtung gezahlten Festzuschusses entsprechend den Bestimmungen für gesetzlich Krankenversicherte ermittelt.

 

9.4

Gefangene erhalten zu Lasten des Landeshaushaltes ausschließlich eine Regelversorgung zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Kaufunktion, die sich an den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses zu orientieren hat. Die Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte sind in jedem Einzelfall verpflichtet, eine derartige Versorgung aufzuzeigen.

 

9.5

Für die zahnprothetische Arbeit richtet sich die Gewährleistung nach den gesetzlichen Bestimmungen.

 

10. Zahntechnische Leistungen für Gefangene

 

Die Zahnärztin oder der Zahnarzt ist berechtigt, zahntechnische Leistungen bei dem von der Justizvollzugsverwaltung zentral ermittelten Anbieter in Auftrag zu geben.

 

11. Festsetzung der zuschussfähigen Festbeträge und Genehmigung

 

11.1

Die Zahnärztin oder der Zahnarzt erstellt kostenlos einen vollständigen Heil- und Kostenplan in der jeweils gültigen Fassung (Anlage 3), der beide Kiefer umfasst und in dem alle Zähne beschrieben werden gemäß Nummer 9.4 (Regelversorgung).

Eine Durchschrift des Heil- und Kostenplanes ist nach Abschluss der Behandlung von der Justizvollzugseinrichtung zu den Gesundheitsakten der Gefangenen zu nehmen.

 

11.2

Der vorgelegte Heil- und Kostenplan einer Regelversorgung gemäß Nummer 9.4 wird von der Haushaltsabteilung der Justizvollzugseinrichtung in anonymisierter Form (lediglich die J-Nummer, das Geburtsdatum des Gefangenen und der Name der Einsendeanstalt sind anzugeben) an die von der Justizvollzugsverwaltung vorgesehene Bearbeitungsstelle gesandt. Die Bearbeitungsstelle ermittelt auf Grundlage des eingereichten Heil- und Kostenplanes den vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgesetzten Festzuschuss.

 

11.2.1

Die Bearbeitungsstelle ermittelt die anteiligen Kosten der zahnärztlichen Leistungen und die Kosten für Material und Labor für die Durchführung der beabsichtigten Regelversorgung und beziffert die Höhe dieser Beträge für den einfachen Festzuschuss.

 

11.2.2

Die Kosten der konservierend-chirurgischen Behandlungsmaßnahme werden gemäß Nummer 6 abgerechnet.

 

11.3

Die Bearbeitungsstelle soll der Leitung der Haushaltsabteilung der den Heil- und Kostenplan einsendenden Justizvollzugseinrichtung binnen drei Wochen das Ermittlungsergebnis mitteilen. Die Haushaltsabteilung der Justizvollzugseinrichtung setzt auf Grund des durch die Bearbeitungsstelle ermittelten Festzuschusses den Betrag fest, der für die Durchführung einer zahnprothetischen Regelversorgung grundsätzlich zahlbar zu machen ist (bei mittellosen Gefangenen höchstens der doppelte Festzuschuss; bei Gefangenen, die über regelmäßig wiederkehrende Einnahmen verfügen, wird die Höhe des von der Justizvollzugseinrichtung gezahlten Festzuschusses entsprechend den Bestimmungen für gesetzlich Krankenversicherte ermittelt). Sie genehmigt den Heil- und Kostenplan und damit die Durchführung der Arbeit.

 

11.4

Vor der Genehmigung des Heil- und Kostenplanes darf mit der Behandlung nicht begonnen werden.

 

11.5

Reparaturen am vorhandenen Zahnersatz können bei besonderer Eilbedürftigkeit auch ohne Genehmigung nach Nummer 11.4 vorgenommen werden, wenn die hierdurch entstehenden Kosten 220 Euro nicht übersteigen. Diese Heil- und Kostenpläne sind durch den Zusatz „Reparatur“ kenntlich zu machen und anschließend der Bearbeitungsstelle zur Prüfung einzureichen. Der Befund ist auf dem Heil- und Kostenplan einzutragen.

 

11.6

Nicht vollständig ausgefüllte Heil- und Kostenpläne sind durch die Justizvollzugseinrichtung oder durch die Bearbeitungsstelle unbearbeitet an die Zahnärztin oder den Zahnarzt zurückzugeben.

 

11.7

Bei differierenden Meinungen ist die Zahnärztin oder der Zahnarzt berechtigt, mit der Bearbeitungsstelle Kontakt aufzunehmen.

 

12. Rechnungsstellung nach Eingliederung einer Regelversorgung

 

12.1

Die Zahnärztin oder der Zahnarzt hat eine gesonderte Rechnung über die zahnärztlichen Leistungen und über alle übrigen Kosten, die nicht Labor- und Materialkosten sind, zu erstellen und der Justizvollzugseinrichtung einzureichen. Die Justizvollzugseinrichtung übersendet die Rechnung der Bearbeitungsstelle. Die Bearbeitungsstelle überprüft die Rechnung dahingehend, ob die tatsächlich durchgeführte und abgerechnete Maßnahme der ursprünglich geplanten und damit mindestens dem Versorgungsumfang der Regelversorgung entsprochen hat, stellt die rechnerische Richtigkeit fest und reicht die Rechnung der Justizvollzugseinrichtung zurück.

 

12.1.1

Von der Rechnungssumme wird ein pauschaliertes Nutzungsentgelt in Höhe von

20 % der Rechnungssumme in Abzug gebracht. 80 % des ermittelten anteiligen Betrages des einfachen Festzuschusses wird gezahlt. Bei mittellosen Gefangenen (Regelfall) wird dieser Betrag verdoppelt (doppelter Festzuschuss).

12.2

Nimmt die Zahnärztin oder der Zahnarzt die Leistungen des von der Justizvollzugsverwaltung zentral ermittelten Anbieters in Anspruch (siehe Nummer 10), wird die Rechnung des Anbieters in voller Höhe von der Justizvollzugseinrichtung übernommen, wenn die Bearbeitungsstelle gemäß Nummer 12.1 Satz 3 festgestellt hat, dass die tatsächlich durchgeführte und abgerechnete Maßnahme der ursprünglich geplanten und damit mindestens dem Versorgungsumfang der Regelversorgung entsprochen hat. Die Zahnärztin oder der Zahnarzt reicht in diesem Fall die Rechnung der Justizvollzugseinrichtung zur Bezahlung ein.

Stellt die Bearbeitungsstelle fest, dass die Maßnahme dem Versorgungsumfang der Regelversorgung nicht entsprochen hat, besteht grundsätzlich keine Leistungspflicht der Justizvollzugseinrichtung. In diesem Fall trägt die Zahnärztin oder der Zahnarzt die Kosten. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgesehen werden.

Die Zahlung der Justizvollzugseinrichtung erfolgt unmittelbar an den Anbieter.

 

12.3

Sofern die Zahnärztin oder der Zahnarzt zahnprothetische Leistungen und Zahnkronen in einem nicht zentral ermittelten Labor fertigen lässt, ist eine Rechnung für diese Labor- und Materialkosten separat und zusätzlich zu der Rechnung über die zahnärztlichen Leistungen zu erstellen. Die Rechnung wird nach Maßgabe der Nummern 12.3.1 und 12.3.2 von der Justizvollzugseinrichtung übernommen, wenn die Bearbeitungsstelle gemäß Nummer 12.1 Satz 3 festgestellt hat, dass die tatsächlich durchgeführte und abgerechnete Maßnahme der ursprünglich geplanten und damit mindestens dem Versorgungsumfang der Regelversorgung entsprochen hat.

Stellt die Bearbeitungsstelle gemäß Nummer 12.1 fest, dass die tatsächlich durchgeführte und abgerechnete Maßnahme nicht der ursprünglich geplanten und mindestens dem Versorgungsumfang der Regelversorgung entspricht, besteht grundsätzlich keine Leistungspflicht der Justizvollzugseinrichtung. In diesem Fall trägt die Zahnärztin oder der Zahnarzt die Kosten. Hiervon kann nur in begründeten Ausnahmefällen abgesehen werden (siehe hierzu Nummer 11.7).

 

12.3.1

Auf die Rechnung für die Labor- und Materialkosten gewährt die Zahnärztin oder der Zahnarzt einen Abschlag von pauschal 40 %, sofern nicht der von der Justizverwaltung zentral ermittelte Anbieter in Anspruch genommen wird.

12.3.2

Maximal werden für Labor- und Materialkosten in dem Fall, dass die Zahnärztin oder der Zahnarzt zahnprothetische Leistungen und Zahnkronen in einem nicht zentral ermittelten Praxislabor fertigen lässt, 60 % des gemäß Nummer 11.2.1 ermittelten anteiligen Betrages des einfachen Festzuschusses gezahlt. Bei mittellosen Gefangenen (Regelfall) wird dieser Betrag verdoppelt (doppelter Festzuschuss).
Bei Gefangenen, die über regelmäßig wiederkehrende Einnahmen verfügen, wird die Höhe des von der Justizvollzugseinrichtung gezahlten Festzuschusses entsprechend den Bestimmungen für gesetzlich Krankenversicherte ermittelt.

 

13. Begutachtung auf Veranlassung der Anstaltsärztin oder des Anstaltsarztes

 

13.1

Bestehen Zweifel an der medizinischen Indikation, kann eine Begutachtung des Heil- und Kostenplans im Einzelfall auf Veranlassung der Anstaltsärztin oder des Anstaltsarztes erfolgen. In diesen Fällen werden die Kosten der Begutachtung von der Justizvollzugseinrichtung übernommen.

 

13.2

Ergibt die Begutachtung, dass für die geplante Versorgung keine medizinische Indikation besteht, ist der Heil- und Kostenplan nicht zu genehmigen.

 

14. Zahnärztliche Versorgung auf Kosten der Gefangenen

 

14.1

Die Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte können Gefangenen eine Versorgung anbieten, die über das Maß der Regelversorgung hinausgeht (gleichartige oder andersartige Versorgung). Sie bedarf der Genehmigung der Justizvollzugseinrichtung. Vorher darf mit der Behandlung nicht begonnen werden.

 

14.1.1

Wählt ein Gefangener einen Zahnersatz, der über die Regelversorgung hinausgeht und der der gleichartigen Versorgung zuzurechnen ist, so hat er die Gesamtkosten dieser Versorgung selbst zu tragen. In diesem Fall hat die Zahnärztin oder der Zahnarzt eine Kostenübernahmeerklärung des Gefangenen einzuholen. Eine Versorgung ist gleichartig, wenn zusätzlich zur Regelversorgung Leistungen hinzukommen.

 

Wählt ein Gefangener eine Versorgung, die eine andersartige Versorgung darstellt, hat er die Gesamtkosten der Behandlung selbst zu tragen. In diesem Fall hat die Zahnärztin oder der Zahnarzt eine Kostenübernahmeerklärung des Gefangenen einzuholen.

Eine Versorgung ist andersartig, wenn die Regelversorgung nicht durchgeführt wird.

 

Sowohl im Fall der gleichartigen Versorgung als auch im Fall der andersartigen Versorgung kann der Gefangene vor Beginn der Behandlung einen Antrag auf Gewährung des befundorientierten Festzuschusses (vgl. 9.2 und 9.3) stellen. Bei verspäteter oder nachträglicher Antragstellung ist eine Zuschussgewährung ausgeschlossen.

 

14.1.2

Sofern auf Wunsch der Gefangenen eine Versorgung geplant ist, die über das Maß der Regelversorgung hinausgeht (gleichartige oder andersartige Versorgung), übernimmt die Justizvollzugseinrichtung für das Vorhandensein ausreichender Mittel bei den Gefangenen keine Gewähr.

 

14.2

Es darf weder ein Vorschuss noch ein Kredit mit Ratenzahlung zu Lasten des Landeshaushaltes gewährt werden.

 

14.3

Die Zahnärztin oder der Zahnarzt hat bei Abrechnung der Leistungen gegenüber den Gefangenen eine gesonderte Rechnung zu erstellen, die die zahnärztlichen Leistungen und alle übrigen Kosten umfasst, die nicht Labor- und Materialkosten sind. Die Zahnärztin oder der Zahnarzt ist verpflichtet, von der Teilrechnungssumme 20 % als pauschaliertes Nutzungsentgelt an die Justizvollzugseinrichtung zu zahlen. Dies gilt auch bei einer Zahlungsunfähigkeit der Gefangenen.

 

15. Zuschussgewährung bei gleichartiger oder andersartiger Versorgung

 

15.1

Ein Zuschuss kann bei einer beabsichtigten gleich- oder andersartigen Versorgung nur gewährt werden, wenn eine zahnmedizinische Indikation für eine Regelversorgung besteht und durch die geplante Maßnahme mindestens dem Versorgungsumfang der Regelversorgung entsprochen wird. Insbesondere hat eine derartige Gesamtplanung beide Kiefer und alle Zähne zu umfassen. Ist dies nicht der Fall, ist grundsätzlich keine Zuschussgewährung möglich. Nur im Einzelfall sind nach Prüfung durch die Bearbeitungsstelle Ausnahmen möglich. Ausnahmegründe sind aktenkundig zu machen.

 

15.2

Die Zahnärztin oder der Zahnarzt fertigt vor Beginn und Durchführung einer gleich- oder andersartigen zahnärztlichen und zahnprothetischen Versorgung zwei Heil- und Kostenpläne. Der erste Heil- und Kostenplan enthält alle Angaben im Sinne der Regelversorgung (siehe Nummer 11.1). Der zweite Heil- und Kostenplan enthält die Angaben über die geplante alternative Versorgung. Die Kosten für diesen gesonderten Heil- und Kostenplan tragen die Gefangenen.

 

 

15.3

Beide Heil- und Kostenpläne werden der Bearbeitungsstelle in anonymisierter Form zur Bearbeitung zugesandt. Die Bearbeitungsstelle prüft, ob eine Indikation für eine richtlinienkonforme Regelversorgung besteht. Ist dies der Fall, ermittelt sie auf Grundlage des die Regelversorgung beschreibenden Heil- und Kostenplanes den von dem Gemeinsamen Bundesausschuss festgesetzten Festzuschuss nach Maßgabe der Nummer 11.2.1.

 

15.4

Nach Rücksendung entscheidet die Haushaltsabteilung über die Gewährung eines Zuschusses. Die Höhe des Zuschusses bemisst sich grundsätzlich nach Maßgabe der Regelungen zu den Nummern 12.1.1 und 12.3.2 (also bei mittellosen Gefangenen 80 % des anteiligen zahnärztlichen Honorars und 60 % der anteiligen zahnprothetischen Leistungen des doppelten Festzuschusses einer Regelversorgung).

 

15.5

Ändert sich nach Behandlungsbeginn bei einer Alternativversorgung der Umfang der Versorgung und wird insbesondere der Versorgungsumfang der entsprechenden Regelversorgung nicht erreicht (Versorgung nur eines Kiefers oder von nicht allen Zähnen) entfällt der Anspruch auf einen Zuschuss vollständig. In diesem Fall werden die Kosten durch die Gefangenen vollständig getragen. Diese und die Zahnärztin oder der Zahnarzt sind vor Beginn der Behandlung auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Auf Nummer 14.1.2 wird ausdrücklich verwiesen. Ausnahmen sind nach vorheriger Einholung einer Zustimmung möglich. Die Bearbeitungsstelle ist einzubinden.

15.6

Die Zahnärztin oder der Zahnarzt hat der Justizvollzugseinrichtung nach Abschluss der gleichartigen oder andersartigen Versorgung je eine gesonderte Rechnung, die die zahnärztlichen Leistungen und alle übrigen Kosten umfasst, die nicht Labor- und Materialkosten sind, sowie eine Rechnung über die Labor- und Materialkosten vorzulegen.

Die Rechnungen werden zur Prüfung der Bearbeitungsstelle übersandt. Sofern die Bearbeitungsstelle bestätigt, dass die erbrachte Leistung mindestens der Regelversorgung entspricht, wird dem Konto der Gefangenen der zuvor festgesetzte Betrag gutgeschrieben.

Die Zahnärztin oder der Zahnarzt hat die Rechnung gegenüber den Gefangenen geltend zu machen. Die Rechnung der Zahnärztin oder des Zahnarztes kann von den Konten der Gefangenen bezahlt werden, soweit diese eine ausreichende Deckung aufweisen.

 

16. Belehrung

 

Die Gefangenen sind über den Regelungsgehalt von Nummer 14 und Nummer 15 dieser RV vor Beginn mit einer gleichartigen oder andersartigen Versorgung schriftlich zu belehren. Ergänzend ist auf den Regelungsgehalt von Nummer 9.2 dieser RV hinzuweisen. Die Belehrung ist zu den Akten zu nehmen.

 

17. Vordrucke

 

Für eine prothetische Versorgung ist ein Heil- und Kostenplan nach Vorgabe der gesetzlichen Krankenversicherung in der jeweils gültigen Fassung zu verwenden.

 

18. Einwände gegen die Höhe der Festzuschussfestsetzung

 

Sofern Einwände von Gefangenen oder einer Anstaltszahnärztin oder einem Anstaltszahnarzt gegen die Höhe der Festzuschussfestsetzung durch die Haushaltsabteilung der Justizvollzugseinrichtung erhoben werden, leitet die Haushaltsabteilung der Justizvollzugseinrichtung den Vorgang der Behördenleitung der Justizvollzugseinrichtung zur Entscheidung zu.

 

19. Mängelbegutachtung

 

Mit einer eventuellen Mängelbegutachtung wird eine Gutachterin oder ein Gutachter beauftragt.

Diese sind im Auftrag der Prüfungsstelle tätig und berechtigt, die Zahnbehandlungskartei einschließlich vorhandener Röntgenaufnahmen, die Gesundheitsakten der Gefangenen und den bearbeiteten Heil- und Kostenplan der Regelversorgung einzusehen und nach Aktenlage zu entscheiden. Sie dürfen die Gefangenen persönlich untersuchen und ggf. ergänzende Untersuchungen veranlassen, soweit dies für die Sachbehandlung erforderlich erscheint. Die Kosten der Prüfung trägt die den Prüfvorgang einreichende Justizvollzugseinrichtung.

 

20. Zweifelsfragen

 

Bei Zweifelsfragen, die sich aus der Durchführung dieser AV ergeben, ist meine Entscheidung einzuholen.

 

21. Geltung

Die Neufassung der AV des JM tritt mit Wirkung zum 01. Januar 2023 in Kraft.

Gleichzeitig wird die AV d. JM vom 19. September 2008 (4554 – IV. 9) - Zahnärztliche Versorgung Gefangener - einschließlich ihrer Anlagen und Ausführungsbestimmungen aufgehoben.