Aktueller Inhalt:
Haftentscheidungshilfe im Jugendstrafverfahren
Gem.RdErl. d. Justizministeriums (4210 - III A. 87),
d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales
(IV B 2 6150)
u. d. Innenministeriums
(IV D 2 - 6591/2.7) vom 3. Mai 1995
- JMBl. NW S. 133 -
Angesichts der mit dem Vollzug der Untersuchungshaft verbundenen Gefahren für die Entwicklung von jungen Menschen darf Untersuchungshaft gegenüber Jugendlichen und Heranwachsenden nur angeordnet bzw. vollstreckt werden, wenn weniger eingriffsintensive Mittel nicht ausreichen.
Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendamt wirken in enger Zusammenarbeit mit dem Jugendgericht darauf hin, Untersuchungshaft bei Jugendlichen und Heranwachsenden nach Möglichkeit zu vermeiden oder zu verkürzen.
Das Jugendamt klärt die persönlichen und sozialen Verhältnisse und Möglichkeiten alternativer Maßnahmen.
Sofern nicht im Einzelfall gewichtige Gründe für die Verhängung von Untersuchungshaft vorliegen und weniger eingriffsintensive Mittel nicht ausreichen, bietet sich bei Jugendlichen die einstweilige Unterbringung in einer Einrichtung der Jugendhilfe als erzieherische Haftalternative auf der Grundlage der Gemeinsamen Konzeption des Justizministeriums und des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen über Grundlagen und praktische Ausgestaltung der Unterbringung von Jugendlichen gem. § 71 Abs. 2 JGG und § 72 Abs. 4 JGG in geeigneten Heimen der Jugendhilfe (Anlage 1) an.
2.1
Die Polizei unterrichtet das zuständige Jugendamt unverzüglich von der vorläufigen Festnahme jugendlicher oder heranwachsender Beschuldigter, sobald nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft eine Vorführung zur Entscheidung über den Erlass eines Haftbefehls zu erwarten ist (§ 72 a JGG).
Die Unterrichtung ist in den Akten unter Angabe von Datum, Uhrzeit und Namen nebst Telefonnummer der mit den Aufgaben der Jugendgerichtshilfe betrauten Fachkraft der Jugendhilfe zu vermerken.
2.2
Das Jugendamt unterrichtet die Staatsanwaltschaft oder das Haftgericht unverzüglich über das Ergebnis der Prüfung alternativer Maßnahmen.
2.3
Die Staatsanwaltschaft setzt sich vor einem Antrag auf Erlass eines Haftbefehls mit dem Jugendamt in Verbindung und hört es an, soweit es noch nicht unterrichtet wurde. Die unverzügliche Vorführung vor das Haftgericht darf hierdurch nicht gefährdet werden (§ 128 Abs. 1 StPO). Beantragt die Staatsanwaltschaft den Erlass eines Haftbefehls, so unterrichtet sie hierüber das Jugendamt und teilt ihm Ort und Zeit des gerichtlichen Vorführtermins mit.
Das Jugendamt soll grundsätzlich am Hafttermin und Haftprüfungstermin teilnehmen. Etwaige weitere Erkenntnisse teilt das Jugendamt unverzüglich der Staatsanwaltschaft und dem Haftgericht mit.
2.4
Unterrichtet das Jugendamt das Haftgericht nicht mündlich über das Ergebnis seiner Prüfung, so soll es das Ergebnis möglichst unverzüglich in einem Vermerk niederlegen, der zu den Ermittlungsakten zu geben ist.
2.5
Die Justizvollzugsanstalt unterrichtet das Jugendamt über die Entwicklung der Jugendlichen oder Heranwachsenden in der Untersuchungshaft und teilt neue Erkenntnisse unverzüglich mit. Dies gilt insbesondere für alternative Maßnahmen.
Auf die Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände zur Durchführung dieses Runderlasses (Anlage 2) wird Bezug genommen.
Dieser Runderlass ergeht im Einvernehmen mit dem Kultusministerium.