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Justizverwaltungs­vorschriften-Online

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Verpflichtung und Entschädigung nicht hauptamtlicher Seelsorger
bei den Justizvollzugsanstalten und Jugendarrestanstalten
des Landes Nordrhein-Westfalen
RV d. JM vom 30. Dezember 1976 (4561 - IV B.6)
in der Fassung vom 9. November 2007


Zu § 157 Abs. 1 und 2 StVollzG ordne ich an:

1. Evangelische und katholische Seelsorge


1.1 Allgemeines

Sind bei einer Justizvollzugsanstalt oder Jugendarrestanstalt Seelsorger im Hauptamt nicht bestellt, soll das Justizministerium NRW hauptamtliche Seelsorger benachbarter Vollzugsanstalten mit der seelsorgerischen Betreuung der Gefangenen (Sicherungsverwahrten und Arrestanten) beauftragen. (Fn 1) Andere Seelsorger sind im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft nach den Vorschriften dieser Rundverfügung zu verpflichten, wenn die Übertragung der Seelsorge an hauptamtliche Seelsorger nicht möglich ist oder kostenaufwendiger wäre.

Die Aufgaben der Seelsorger ergeben sich aus dem seelsorgerischen Auftrag ihrer Religionsgemeinschaft sowie aus den im Lande Nordrhein-Westfalen geltenden Vorschriften für den Vollzug von Freiheitsentziehung in Justizvollzugsanstalten und Jugendarrestanstalten.

1.2
Seelsorger, die ein Amt einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft oder eines Verbandes einer solchen Gemeinschaft ausüben.


1.2.1
Seelsorgern, die ein Amt ausüben (z.B. Kirchenbeamte, Kirchenangestellte), ist für die Tätigkeit bei Justizvollzugsanstalten und Jugendarrestanstalten monatlich höchstens zu gewähren:

Bei einer Durchschnittszahl der zu betreuenden Gefangenen
von weniger als     10                              = 16 Euro
von mindestens     10 bis 20                     = 19 Euro
von mehr als          20 bis 30                    = 23 Euro
von mehr als          30 bis 40                    = 31 Euro
von mehr als          40 bis 50                    = 38 Euro
von mehr als          50 bis 60                    = 47 Euro
von mehr als          60 bis 75                    = 59 Euro
von mehr als          75 bis 100                   = 72 Euro
von mehr als          100 bis 125                = 86 Euro
und für weitere     10 bis 25                      = 14 Euro.

Mehr als 300 Gefangene werden bei der Berechnung nicht berücksichtigt.


1.2.2
Bei der Bemessung der Entschädigung soll insbesondere die Zahl der zu haltenden Gottesdienste berücksichtigt werden. Hierbei ist davon auszugehen, dass die Gewährung der Höchstsätze bei einer Durchschnittszahl bis zu 50 Gefangenen in der Regel die Abhaltung eines Gottesdienstes und einer religiösen Unterweisung, bei einer höheren Durchschnittszahl die Abhaltung von mindestens zwei Gottesdiensten und einer religiösen Unterweisung im Monat voraussetzt. Erwünscht sind auch regelmäßige Haftraumbesuche. Erfolgt die religiöse Betreuung seltener, so ist die Entschädigung angemessen herabzusetzen.

Der Gottesdienst kann durch eine religiöse Unterweisung ersetzt werden.


1.2.3
Soweit infolge besonderer örtlicher Verhältnisse (z.B. geringe Größe des Kirchenraumes, getrennte Lage der Anstaltsgebäude) der Gottesdienst für alle Gefangenen derselben Vollzugsanstalt nicht gleichzeitig stattfinden kann, darf für jeden Gottesdienst, der aus diesem Grunde über die sonst übliche Zahl hinaus abgehalten wird, eine besondere Entschädigung von 13 Euro gezahlt werden.


1.2.4
Stellt der Seelsorger die notwendigen Kultusgegenstände zur Verfügung, so erhält er neben der Entschädigung nach Nr. 1.21 eine Pauschentschädigung. Sie beträgt 10 v.H. der Entschädigung, höchstens 153 Euro im Jahr. Wird nur ein Teil der Kultusgegenstände gestellt, so ist die Pauschentschädigung angemessen zu ermäßigen.

1.2.5
Muss der Seelsorger für den Weg zu und von der Anstalt öffentliche Verkehrsmittel, ein eigenes Fahrzeug oder ein Mietfahrzeug benutzen, so kann ihm Fahrtkostenersatz bzw. Wegstreckenentschädigung nach den Sätzen des Landesreisekostenrechts gewährt werden.


1.2.6
Ist der Seelsorger beurlaubt oder dienstunfähig erkrankt oder aus sonstigem wichtigem Grunde daran gehindert, die Gefangenen seelsorgerisch zu betreuen, so erhält er die laufende Entschädigung sowie die Pauschentschädigung für die Kultusgegenstände, soweit er diese in der Zwischenzeit weiterhin zur Verfügung stellt, für die Dauer von sechs Wochen fortgezahlt.

1.2.7
Die Entschädigungen sind vierteljährlich nachträglich zu zahlen; sie sind monatlich nachträglich zu zahlen, wenn der Seelsorger sich mit einer vierteljährlichen Zahlung nicht einverstanden erklärt.


1.2.8
Betreut der Seelsorger die Gefangenen mehrerer Anstalten, so sind die Entschädigungen für jede Anstalt gesondert zu berechnen. Als Anstalt in diesem Sinne gelten auch Zweiganstalten und ständige Außenarbeitsstellen, in denen Gefangene untergebracht sind.

1.2.9
Bei der Ermittlung der Durchschnittszahl der zu betreuenden Gefangenen sind diejenigen, die während eines Transportes nur für kurze Zeit in der Anstalt untergebracht sind (Durchgangshaft), nicht mitzuzählen. Ergeben sich bei der Berechnung der Durchschnittszahl Bruchteile, so sind sie auf die nächste volle Zahl aufzurunden.


1.3 Seelsorger, die Beamte im Sinne des Landesbeamtengesetzes sind

Wird außerhalb der Justizverwaltung beschäftigten Seelsorgern, die Beamte im Sinne des Landesbeamtengesetzes sind, die seelsorgerische Betreuung der Gefangenen im Nebenamt übertragen, so sind die Vorschriften der Nrn. 1.21 bis 1.25 und 1.27 bis 1.29 entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, das die nach den Nrn.  1.21 bis 1.23 festzusetzende Entschädigung die in § 13 der Verordnung über die Nebentätigkeit der Beamten und Richter im Lande Nordrhein-Westfalen (NtV) festgesetzte Jahreshöchstgrenze nicht übersteigen darf. Ist der Seelsorger beurlaubt oder dienstunfähig erkrankt oder aus sonstigem wichtigem Grunde daran gehindert, die Gefangenen seelsorgerisch zu betreuen, so erhält er die Entschädigung entsprechend den für das Hauptamt insoweit geltenden Vorschriften fortgezahlt, übt der Seelsorger im Einzelfall länger als sechs Wochen das Nebenamt nicht aus, so ist in der Regel die Beendigung des Nebenamtes herbeizuführen.


1.4 Sonstige Seelsorger


1.4.1
Seelsorger, die weder ein Amt einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft oder eines Verbandes einer solchen Gemeinschaft ausüben, noch Beamte im Sinne des Landesbeamtengesetzes sind (z.B. Ordensgeistliche, Geistliche im Ruhestand) und die als Anstaltsseelsorger nicht ständig und nicht voll beschäftigt werden (vgl. Protokollnotiz zu § 3 Buchst. q BAT), sind durch Privatdienstvertrag zu verpflichten und wie folgt zu entschädigen:

Von der Vergütung, die im TV-L für entsprechende vollbeschäftigte Beschäftigte festgelegt ist, erhalten nicht vollbeschäftigte Seelsorger den Teil, der dem Maß ihrer aufgewendeten Arbeitszeit entspricht. (Fn 1) Bei der Berechnung der Arbeitszeit ist nicht ausschließlich von der Zahl der seelsorgerischen Einzelleistungen und der hierfür notwendigen Zeit auszugehen, sondern es ist auch die Dauer der Vorbereitung auf die kirchlichen Handlungen angemessen zu berücksichtigen.

1.4.2
Soweit eine Entschädigung für die Gestellung der Kultusgegenstände zu zahlen ist und die Erstattung von Fahrtauslagen in Betracht kommt, gelten die Vorschriften in den Nrn. 1.24 und 1.25 entsprechend.


1.4.3
Nicht vollbeschäftigten Seelsorgern ist bis auf weiteres Erholungsurlaub unter Fortzahlung der Entschädigung nach Maßgabe des Mindesturlaubsgesetzes für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz) in der jeweils gültigen Fassung zu gewähren. Aus wichtigem Grunde kann ferner Sonderurlaub unter Wegfall der Entschädigung erteilt werden. Die Pauschentschädigung für die Kultusgegenstände ist fortzuzahlen, soweit diese weiterhin zur Verfügung gestellt werden.

1.4.4
Im Falle einer durch Krankheit oder Unfall verursachten Dienstunfähigkeit sind dem Seelsorger Krankenbezüge bis zum Ende der sechsten Krankheitswoche zu zahlen, und zwar für jeden Tag der neunzigste Teil der für die letzten drei Kalendermonate vor der Dienstunfähigkeit bezogenen laufenden Entschädigung. Der Devisor (90) vermindert sich um die Zahl der Tage, an denen während der letzten drei Kalendermonate das Dienstverhältnis nicht bestanden hat oder der Seelsorger ohne Bezüge beurlaubt war.


1.4.5
Seelsorgern, die nicht in ein Dienstverhältnis zum Land Nordrhein-Westfalen treten können, kann die seelsorgerische Betreuung der Gefangenen aufgrund eines Gestellungsvertrages übertragen werden. Der Gestellungsvertrag bedarf meiner Zustimmung.


1.5 Vertretung der Anstaltsseelsorger

Nach den vorstehenden Vorschriften ist auch zu verfahren, wenn Vertreter für Seelsorger (einschließlich der hauptamtlichen) zu verpflichten sind. Nimmt der Vertreter nur Gottesdienste oder religiöse Unterweisungen wahr, so kann ihm für jeden Gottesdienst oder jede religiöse Unterweisung eine Entschädigung bis zu 15 Euro gewährt werden.


1.6     Evangelische und katholische Einzelseelsorge

Sind bei einer Justizvollzugsanstalt oder Jugendarrestanstalt weder hauptamtliche Seelsorger benachbarter Vollzugsanstalten noch Seelsorger nach Maßgabe der Nrn. 1.2, 1.3 oder 1.4 mit der Ausübung evangelischer oder katholischer Seelsorge beauftragt worden, können für die seelsorgerische Betreuung, die mit Zustimmung des Anstaltsleiters auf Wunsch einzelner Gefangener erfolgt, für den Besuch von

bis zu  3 Gefangenen                         =   6 Euro
bis zu  5 Gefangenen                         = 10 Euro
bis zu 10 Gefangenen                         = 13 Euro

gezahlt werden.

Soweit eine Entschädigung für die Gestellung der Kultusgegenstände zu zahlen ist und die Erstattung von Fahrtauslagen in Betracht kommt, gelten die Vorschriften in den Nrn. 1.24 und 1.25 entsprechend.



1.7      Hinzugezogene Seelsorger (Fn 1)

1.7.1
Zieht der mit der Seelsorge an Gefangenen betraute hauptamtliche oder nicht hauptamtliche Anstaltsseelsorger für Gottesdienste oder andere religiöse Veranstaltungen von außen einen anderen Seelsorger zu, so erhält dieser aus staatlichen Mitteln keine Vergütung.

1.7.2
Aus besonderem Anlass kann einem von außen zugezogenen Seelsorger im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel eine Vergütung bis zur Höhe der Entschädigung nach Nr. 1.2.3 dieser RV gewahrt werden. Ein solcher Anlass liegt vor, wenn die Hinzuziehung im Rahmen religiöser Veranstaltungen aus seelsorgerisch-pastoralen Gründen erfolgt und kirchlicher Übung entspricht.

1.7.3
Über Anträge auf Gewährung einer Vergütung nach Nr. 1.7.2 entscheidet das Justizministerium.

2 Seelsorgerische Betreuung von Gefangenen anderer religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse

Für die seelsorgerische Betreuung von Gefangenen anderer religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die Vorschriften in Nr. 1.1 Satz 2 und 3 sowie Nr. 1.6 sinngemäß.

3 Schlussvorschriften

3.1
Abweichungen von dieser Rundverfügung zu Ungunsten des Landes bedürfen meiner Zustimmung.

Diese Rundverfügung tritt am 01.01.2002 in Kraft. Die Rundverfügung vom 30.12.1976 (4561 - IV B. 6) tritt mit Ablauf des 31.12.2001 außer Kraft.





Fußnoten :

   Fn1: Geändert durch RV d. JM vom 9. November 2007 (4561 - IV 6) mit Wirkung vom 1. Januar 2008