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Richtlinien für Soziales Training
in Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen
RV d. JM vom 18. März 2009 (4450 - IV B. 73)

I.


1.
Soziales Training bedeutet nach dem heutigen Verständnis "Lernen und Üben in der Gruppe". Gegenstand des Sozialen Trainings ist das (Wieder-) Erlernen von sozial akzeptierten, nicht kriminellen Fähigkeiten zur Bewältigung von Alltagssituationen. Träger des Lernprozesses ist die Gruppe.

2.
Soziales Training bedient sich psychologischer, pädagogischer und sozialpädagogischer Methoden; dabei kommt dem Rollenspiel besondere Bedeutung zu. Bei lockerungs- bzw. urlaubsgeeigneten Gefangenen kann die Erprobung des Erlernten bei Ausgang, Freigang bzw. Urlaub eine sinnvolle Ergänzung des Sozialen Trainings darstellen. Das gilt sinngemäß auch für Ausführungen.

3.
Zu den Lern- und Übungsbereichen des Sozialen Trainings gehören insbesondere "Umgang mit Geld und Schulden", "Suchtverhalten", "Wohnen", "Arbeit und Beruf", "Rechte und Pflichten", "Soziale Beziehungen und Partnerschaft" sowie "Sport und Freizeit".

4.
Grundsätzlich ist Soziales Training in jeder Vollzugsform vorzusehen.
Lernbereiche und Methoden richten sich nach der jeweiligen Zielgruppe.

5.
Soziales Training findet in der Regel während der Freizeit statt. Es kann auch Bestandteil arbeitstherapeutischer oder schulischer Maßnahmen sein. Soll darüber hinaus aus besonderen Gründen die Arbeitszeit der Gefangenen in Anspruch genommen werden, bedarf es der Einwilligung der Anstaltsleiterin oder des Anstaltsleiters.
Eine Vergütung für die Teilnahme am Sozialen Training wird nicht gewährt; hiervon unberührt bleiben arbeitstherapeutische und schulische Maßnahmen nach Satz 2.

6.
Bei der Durchführung von Sozialem Training im Untersuchungshaftvollzug sind die unterschiedlichen Verweildauern und der häufige Wechsel der Gefangenen zu berücksichtigen. Es empfehlen sich Lerneinheiten, die in sich abgeschlossen und auf die besondere psychische Belastung der Untersuchungsgefangenen abgestimmt sind.

II.


1.
Die Leiterin oder der Leiter der Justizvollzugsanstalt bestellt aus dem Sozialdienst eine Beauftragte oder einen Beauftragten für das Soziale Training sowie deren Vertretung. Als Vertretung können auch Bedienstete, die nicht dem Sozialdienst angehören, namentlich solche des allgemeinen Vollzugsdienstes, eingesetzt werden.

2.
Die Beauftragte oder der Beauftragte für das Soziale Training führt auch selbst Soziale Trainingsmaßnahmen durch. Im Übrigen haben die Beauftragten - neben ihren sonstigen Tätigkeiten - folgende Aufgaben:

- Planung und Koordination von Sozialen Trainingsmaßnahmen

- Festlegung der Inhalte und Methoden, der Teilnehmerzahl und der
  Rahmenbedingungen einzelner Maßnahmen

- Gewinnung geeigneter Bediensteter als Trainingspersonen

- Durchführung oder Organisation von Schulung und Praxisanleitung des
  Trainingspersonals (vgl. Ziff. 4)

- Dokumentation der Maßnahmen des Sozialen Trainings

- Zusammenarbeit mit externen Organisationen und - auch ehrenamtlich
  tätigen - Personen, soweit diese am Sozialen Training mitwirken

- Weiterentwicklung von Sozialen Trainingsmaßnahmen

3.
Die Beauftragten für das Soziale Training berichten der Anstaltsleiterin oder dem Anstaltsleiter jährlich über ihre Arbeit.

4.
Maßnahmen des Sozialen Trainings werden von Trainingspersonal durchgeführt. Hierfür geeignete Bedienstete, namentlich solche des allgemeinen Vollzugsdienstes, benennt die Anstaltsleiterin oder der Anstaltsleiter.

5.
Bei Vollzugskonferenzen und bei Stellungnahmen zu Strafrestaussetzungen/Gnadengesuchen sollen, wenn Teilnehmerinnen oder Teilnehmer an Maßnahmen des Sozialen Trainings betroffen sind, die Trainerinnen oder Trainer bzw. die Beauftragten für das Soziale Training, soweit diese selbst im Training tätig sind, beteiligt werden.

III.


Die Gefangenen sind im Zuge der Aufnahme über die Möglichkeiten ihrer Teilnahme am Sozialen Training zu unterrichten. Wird ein Vollzugsplan erstellt, ist hierin - sonst in anderer geeigneter Weise - festzuhalten,

- ob eine Gefangene oder ein Gefangener für Maßnahmen des Sozialen
  Trainings geeignet ist
- wann und für welche Trainingsbereiche sie insbesondere vorzusehen sind
- warum sie ggf. für eine Teilnahme nicht geeignet sind.

IV.

Diese RV ersetzt die RV d. JM vom 26. Juli 1999 (4450 - IV B. 73) und tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.