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Justizverwaltungs­vorschriften-Online

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Ausführungsbestimmungen
zur AV d. JM vom 19.09.2008 (4554 - IV.9)
Zahnärztliche Versorgung Gefangener


I.


Änderungen bei zahnärztlichen Leistungen:

Zu Ziffer 3.3 Abs. 1 der AV:
Die Abdruckmaterialien sind Bestandteil der Festzuschussregelung und somit nicht mehr Kostenbestandteil, der von den Zahnärzten zu tragen ist. Die Beschaffung erfolgt durch die Zahnärztin/den Zahnarzt im Sinne der Anlage 2 der AV des JM vom 19.09.2008..

Zu Ziffer 4.2.1 und 4.2.2 der AV (Neufestsetzung des Punktwertes)
Die konservierend-chirurgischen Leistungen werden grundsätzlich nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) vergütet. Zahnärztliche Leistungen bei konservierend-chirurgischen Behandlungen werden höher bewertet als solche, die bei zahnprothetischen Maßnahmen erbracht werden.

Zu Ziffer 5 in Verbindung mit Ziffer 5.2 der AV (Einbeziehung der Abrechnung der Behandlung von Parodontopathien in die Budgetierung)
Gefangene haben nach dem Äquivalenzprinzip Anspruch auf die systematische Behandlung von Parodontopathien . Die systematische Behandlungen von Parodontopathien. sind Bestandteil des Budegt.

II.


Änderungen bei zahnprothetischen Leistungen:

Im kassenzahnärztlichen Versorgungsbereich werden befundbezogene Festzuschüsse gewährt. Sie stellen auf eine prothetische Regelversorgung bei bestimmten Befunden ab. Unabhängig von der tatsächlich durchgeführten Versorgung erhalten Versicherte einen Festzuschuss, der sich am Zahnbefund orientiert.
Für  einen zahnmedizinschen  Befund wird ein fester Zuschuss als Regelversorgung gewährt. Die Regelversorgung umfasst eine Basis- bzw. Standardversorgung. Diese ist definitionsgemäß ausreichend und zweckmäßig.

Nach § 55 SGB V hat der Versicherte bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz Anspruch auf einen Festzuschuss in Höhe von 50 vom Hundert der festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung. Nach § 55 Abs. 2 SGB V hat er zusätzlich Anspruch auf einen Betrag in jeweils gleicher Höhe, höchstens jedoch in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten, wenn der Versicherte ansonsten unzumutbar belastet würde (doppelter Festzuschuss). Eine unzumutbare Belastung liegt vor, wenn die monatlichen Bruttoeinahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten 40 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nicht überschreiten. Die Summe ist jährlich einer eventuellen Änderung der Bezugsgröße anzupassen. Geringverdiener („Härtefälle“) erhalten damit eine Vollversorgung ohne Eigenanteil. Der hierfür zu fertigende Zahnersatz ist ausreichend und zweckmäßig. Wünscht ein gesetzlich Versicherter eine qualitativ hochwertigere Versorgung, trägt er alle Kosten, die den ihm gewährten Zuschuss übersteigen, selbst.

Zahnprothetische Leistungen müssen nach Art und Umfang den Vorschriften des Sozialgesetzbuches entsprechen und sich nach den aufgrund dieser Vorschriften getroffenen Vorschriften richten (Äquivalenzprinzip). Deshalb sind die für gesetzlich Versicherte geltenden Vorgaben sinngemäß auf Gefangene zu übertragen.

Zu Ziffer 9.3 der AV (Härtefallregelung)
Gefangene müssen auf Grund der von ihnen durch Erwerbseinkommen erzielbaren Bruttoeinkünfte bei einer Übernahme der für gesetzlich Versicherte gültigen Regelungen als gering verdienend eingestuft und damit sog. „Härtefällen“ gleichgestellt werden („Härtefallregelung“).
Die/Der Gefangene erhält den doppelten Festzuschuss und bekommt zukünftig wie gering verdienende gesetzlich Versicherte eine Standardversorgung kostenlos.
Die bisherige Zuzahlungs- und Vorschussregelung entfällt.
Gefangenen mit zusätzlichem Einkommen (z. B. solche im Rentenalter mit höheren Rentenbezügen oder mit Einkünften aus Vermögen) wird der einfache Festzuschuss gewährt.

Zu Ziffer 9.4 der AV (Leistungsbeschränkung)
IIm Vollzug werden grundsätzlich nur solche prothetischen Maßnahmen bezuschusst, die das Maß des Ausreichenden, Zweckmäßigen und Wirtschaftlichen nicht übersteigen. Die Zahnärzte sind hierzu vertraglich verpflichtet.

Zu Ziffer 10 der AV (Inanspruchnahme Zentrallabor):
Im Rahmen der doppelten Festbetragsregelung können einfache Arbeiten (Grundversorgung) zu Lasten des Justizhaushaltes abgerechnet werden. Der derzeit von der Justizverwaltung verpflichtete zentrale Anbieter gewährt auf hochwertige und auch auf einfache zahntechnische Leistungen einen durchgängigen Abschlag von 40 % auf die bundeseinheitliche Liste für zahnprothetische Leistungen, der in dieser Höhe auch von einer/einem selbst fertigenden Zahnärztin/Zahnarzt oder dann abzuverlangen ist, wenn dieser ein Labor eigener Wahl in Anspruch nimmt (z. vgl. Ziff. 12.3.1 der AV).

Den Vertragszahnärzten wird das Recht eingeräumt, entweder den zentralen Anbieter für zahntechnische Leistungen in Anspruch zu nehmen, mit dem die Justizverwaltung eine Rahmenvereinbarung getroffen hat oder wahlweise das vom Vertragszahnarzt beauftragte Labor zu bedienen. Wird das zentrale Labor nicht in Anspruch genommen, müssen die abrechnenden Zahnärzte einen Rechnungsabschlag auf die prothetische Rechnung in Höhe von 40 % in Kauf nehmen.

Zu Ziffer 11.2 der AV (Bearbeitungsstelle - Heil - und Kostenplan):
Für die Feststellung des befundbezogenen Festzuschusses ist eine Beurteilung des Befundes und die Errechnung des diesem Befund zuzurechnenden Festzuschusses erforderlich. Eine solche Beurteilung muss durch externe Fachleute erfolgen, die auch das sich schnell ändernde Regelwerk im Bereich der gesetzlichen Kranken-versicherung beobachten und Änderungen im Bereich der zahnprothetischen Versorgung beachten. Die/Der Gefangene erhält zu Lasten des Justizhaushaltes die „Kassenleistung“, die dem bei ihm festgestellten Befund entspricht.
Die Darlehensgewährung ist nicht mehr zulässig, das Notwendige erhält die/der Gefangene kostenlos, Aufwändiges nur auf eigene Kosten. Der im Zusammenhang mit der Darlehensverwaltung entstandene sehr erhebliche Verwaltungsaufwand entfällt zukünftig.

III.

Verfahrensweise Bearbeitungsstelle:
Mit dem Landesverband der Betriebskrankenkassen Nordwest  in Essen wurde ein Vertrag in Form eines Amtshilfeverfahrens geschlossen. Hierzu sind folgende Ablaufschritte zu beachten:

1. Schritt:

Zusendung des seitens der Zahnärztin/des Zahnarztes komplett unter Nr. 2 I, II und III ausgefüllten Heil- und Kostenplanes per Post,  Faxbrief oder E-Mail an den

BKK Landesverband Nordwest
- Bearbeitungsstelle -
Kronprinzenstrasse 6
45128 Essen
Tel.: 0201 179 1621
Telefax: 0201 179 1771
E-Mail: ZA-Bearbeitungsstelle@bkk-nrw.de


Der Auftragnehmer ermittelt auf Grundlage des seitens der Einsendeanstalt übermittelten Heil- und Kostenplanes den nach den allgemein geltenden Regelungen des SGB V zu ermittelnden Festzuschuss und teilt der Einsendeanstalt binnen zwei Wochen nach Erhalt des Heil- und Kostenplanes das Ergebnis durch Rücksendung des Heil- und Kostenplanes mit. Die Bearbeitungsstelle ermittelt die anteiligen Kosten der zahnärztlichen Leistungen und alle übrigen Kosten, die nicht Material- und Laborkosten sind und die Kosten für Material und Labor, für die Durchführung der beabsichtigten Regelversorgung und beziffert die Höhe dieser Beträge für den einfachen Festzuschuss durch Eintragung auf dem Heil- und Kostenplan unter Nr. 2 IV der Anlage 3 der AV des JM.

2. Schritt:
Nach Rücksendung wird der Heil- und Kostenplan durch die Leiterin bzw. den Leiter der Justizvollzugseinrichtung unter Nr. 1 II geprüft und der Festzuschuss wird in Abhängigkeit der Einkünfte der/des Gefangenen festgesetzt und der Zahnärztin/dem Zahnarzt zugeleitet. Diese(r) beginnt mit der Behandlung.

3. Schritt:
Nach Abschluss der Behandlung erstellt die Zahnärztin/der Zahnarzt eine Rechnung über die zahnärztlichen Leistungen und über alle übrigen Kosten, die nicht Labor- und Materialkosten sind und setzt die Beträge unter Nr. 2 V ein.
Diese Rechnung sowie die Rechnung über die zahntechnischen Leistungen werden zusammen mit dem ursprünglichen Heil- und Kostenplan an die Bearbeitungsstelle zur Prüfung gesandt, ob die tatsächlich durchgeführte und abgerechnete Maßnahme der ursprünglich geplanten und damit mindestens dem Versorgungsumfang der Regelversorgung entsprochen hat.  Die Bearbeitungsstelle stellt die rechnerische Richtigkeit unter Nr. 2 VI der Anlage 3 der AV des JM fest und reicht die Rechnung nebst Heil- und Kostenplan der Einsendeanstalt binnen drei Wochen zurück.

4. Schritt:
Für die Prüfung eines Heil- und Kostenplanes vergütet die Einsendeanstalt dem Auftragnehmer die durchgeführten Leistungen je Bearbeitungsfall vertragsgemäß zzgl. eventuell ausnahmsweise anfallender Portokosten. Dieser Betrag beinhaltet sämtliche Auslagen und Nebenkosten. Ein Bearbeitungsfall ist ein abgeschlossener Fall von der Zuschussfestsetzung bis zur rechnerischen Prüfung der Beträge.

5. Schritt: (siehe Ausführungen zu Ziffer 14).
Wünscht ein(e) Gefangene(r) eine über das Maß des Notwendigen hinausgehende gleich- oder andersartige Versorgung, die die Regelversorgung übersteigt, ist zusätzlich ein gesonderter Heil- und Kostenplan aufzustellen und nach den Schritten 1 - 4 zu verfahren.
Bei Feststellung einer medizinischen Indikation für eine Regelversorgung kann die/der Gefangene einen Zuschuss in Höhe der Regelversorgung beantragen. Zwischen der Zahnärztin/dem Zahnarzt und der/dem Inhaftierten wird auf Grundlage der BEMA und der GOZ nach freier Vereinbarung abgerechnet.

6. Schritt:
- Anweisung der Zahnarztrechnung unter Abzug des Nutzungsentgeltes von 20 % (siehe Ausführungen zu Ziffer 12.1.1.).
- Anweisung der Rechnung des zentralen Anbieters für zahntechnische Leistungen ohne Abzug (siehe Ausführungen zu Ziffer 12.2).
Alternativ: Anweisung der Rechnung über zahntechnische Leistungen des von dem Vertragszahnarzt beauftragten Labors unter Abzug von 40 % (siehe Ausführungen zu Ziffer 12.2).

Zu Ziffer 12.1.1 der AV (Nutzungsentgelt):
Für die Gestellung der erforderlichen zahnärztlichen Einrichtungsgegenstände und der Grundausstattung an zahnärztlichen Instrumenten, der Überlassung der Räumlichkeiten und der Bereitstellung der sonstigen benötigten technischen und personellen Infrastruktur wird von dem Rechnungsbetrag pauschal ein Nutzungsentgelt in Höhe von 20 % des Rechnungsbetrages abgezogen. Dies gilt nicht für das Wegegeld.

Zu Ziffer 12.2 der AV (Nachlass auf die Kosten der zahnprothetischen Leistungen):
Wenn die Zahnärztin/der Zahnarzt in einem nicht zentral ermittelten Labor zahnprothetische Leistungen fertigen lässt, werden ihr/ihm 40 % von dem Rechnungsbetrag für diese zahnprothetischen Leistungen abgezogen. Dies entspricht der Höhe des Nachlasses auf die bundeseinheitliche zahnprothetische Liste (BEL), den die Landesjustizvollzugsverwaltung mit dem ihr verpflichteten zentralen Anbieter für zahntechnische Leistungen vereinbart hat. Lässt die Zahnärztin/der Zahnarzt weiterhin die zahntechnischen Arbeiten in dem zentral ermittelten Labor fertigen, wird die Rechnung dieses Labors ohne Abzug beglichen.

Zu Ziffer 14 der AV (gleichartige / andersartige Versorgung):
Der Begriff der gleichartigen oder andersartigen zahnärztlichen bzw. zahnprothetischen Versorgung, der über die Regelversorgung hinausgeht, ist ein Begriff aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Hierdurch haben Gefangene, sofern sie über entsprechende Mittel (eigenes Vermögen, Einzahlung durch Dritte, Ersparnisse) verfügen, wie freie Versicherte die Möglichkeit, eine über das notwendige Maß hinausgehende, höherwertige Zahnversorgung entsprechend ihren Wünschen zu erhalten.
Zu den Kosten kann die Justiz auf Antrag einen Zuschuss in Höhe der Regelversorgung leisten. Grundsätzlich besteht keine Kostentragungspflicht der Justiz.

Zu Anlage 2 der AV Verbrauchsmaterialien:
Auf Grund der Vorgaben zur Umsetzung des Medizinproduktegesetzes und der Medizinbetreiberverordnung sind ausschließlich Einmalinstrumente zur Wurzelbehandlung inklusive Kanalaufbereiter, Guttaperchastifte usw. zu benutzen.

Inkrafttreten
Die Ausführungsbestimmungen treten am 14.10.2010 in Kraft.