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Justizverwaltungs­vorschriften-Online

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Anweisung für die Behandlung von Fundsachen und anderen unanbringlichen Sachen
(Fundsachenanweisung)
AV d. JM vom 3. September 2003 (5335 - I D. 1)
- JMBl. NRW S. 218 -
in der Fassung vom 28. März 2018
- JMBl. NRW S. 92 -


I.


Allgemeines


1
Für die Verwaltung von Sachen, die in den Geschäftsräumen oder dem sonstigen dem Publikum zugänglichen Bereich oder in Beförderungsmitteln von Justizbehörden gefunden werden, sind die Fundsachenstellen zuständig.

Fundsachenstellen sind bei allen Justizbehörden einzurichten. Soweit mehrere Justizbehörden gemeinsam untergebracht sind, ist für sie eine gemeinsame Fundsachenstelle einzurichten. Im Einzelfall kann eine Sonderregelung getroffen werden. 

Die Fundsachenstelle ist durch ausreichende Hinweise in den Dienstgebäuden zu bezeichnen. Es ist sicherzustellen, dass Fundsachen jederzeit während der Dienststunden abgegeben werden können. 

2.1 (Fn 6)
Die Geschäfte der Fundsachenstelle obliegen Beamtinnen oder Beamten der Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt, oder Beschäftigten vergleichbarer Entgeltgruppen.(Fn 4)

2.2 (Fn 6)
Die Anordnungen nach Nrn. 6.1 Satz 3, 7.2, 8.2, und 9.2 trifft die Behördenleitung. Sie kann diese Befugnisse ganz oder teilweise einer Beamtin oder einem Beamten der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt, oder den in Nr. 2.1 bezeichneten Personen übertragen.

Verwaltung der Fundsachen


3.1
Die in Fundsachenangelegenheiten entstehenden Vorgänge sind als Einzelsachen nach den Vorschriften der §§ 9 und 10 der Generalaktenverfügung zu behandeln.

3.2
Über die Fundsachen sind jahrgangsweise Fundlisten nach dem Muster der Anlage zu führen. Erledigte Fundlisten sind fünf Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die letzte Eintragung in der Fundliste abgewickelt ist.

3.3
Fundsachen sind mit der Nummer ihrer Eintragung in der Fundliste zu kennzeichnen und sorgfältig aufzubewahren. Ist die Fundsache nach vorläufiger Schätzung mindestens 50 Euro wert, so sind Name und Anschrift der Finderin bzw. des Finders in die Fundliste einzutragen. Ferner ist bei Fundsachen im Wert von mindestens 50 Euro dem örtlichen Fundbüro eine schriftliche Anzeige über den Fund zuzuleiten. 


4.1
Vor der Herausgabe von Fundsachen ist - soweit möglich - die Empfangsberechtigung zu prüfen. Hierzu ist die Person, die sich als Empfangsberechtigte bzw. Empfangsberechtigter meldet, in der Regel über Art und Aussehen des angeblich verlorenen Gegenstandes sowie über Ort, Zeit und nähere Umstände des Verlustes zu befragen. 

4.2
Besteht nach § 978 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Finderlohn, so ist der Finderin oder dem Finder mitzuteilen, dass die Fundsache herausgegeben worden ist.

5
Notwendige Auslagen sind von der bzw. dem Empfangsberechtigten vor Aushändigung der Fundsache zu erstatten; von einem Versteigerungserlös oder einem gefundenen Geldbetrag sind sie vor der Herausgabe abzuziehen. Die Empfangsberechtigte bzw. der Empfangsberechtigte soll bei der Herausgabe der Fundsache ggf. darauf hingewiesen werden, dass die Finderin bzw. der Finder nach § 978 Abs. 2 BGB einen Finderlohn verlangen kann.

6.1
Die nach § 980 BGB vorgeschriebene öffentliche Bekanntmachung ist umgehend zu veranlassen. Sie erfolgt durch Aushang bei der zuständigen Justizbehörde. Eine zusätzliche Bekanntmachung in öffentlichen Blättern soll in der Regel nur bei Fundsachen von höherem Wert als 250 Euro angeordnet werden.

6.2
Zwischen dem Tag des Aushangs und der Abnahme der Bekanntmachung soll ein Zeitraum von mindestens sechs Wochen liegen. 

 

6.3
Die in der Bekanntmachung zu bestimmende Frist zur Anmeldung von Rechten muss mindestens sechs Wochen betragen. Die Frist beginnt mit dem Tag des Aushangs oder, falls die Bekanntmachung zusätzlich durch Einrückung in öffentliche Blätter erfolgt, mit dem Tag der letzten Einrückung.

6.4
Soweit von den Vollzugsanstalten Bekanntmachungen zu bewirken sind, ist das Amtsgericht zu ersuchen, sie zusätzlich dort durch Aushang bekannt zu geben. Die Frist beginnt in diesem Falle mit dem Tag des späteren Aushangs.

7.1
Kann die Verliererin oder der Verlierer ohne besondere Ermittlungen festgestellt werden, so ist sie oder er schriftlich aufzufordern, die gefundene Sache innerhalb einer angemessenen Frist gegen Erstattung der Auslagen abzuholen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist nach § 980 Abs. 1 BGB zu verfahren.

7.2
Offensichtlich wertlose Sachen sind ohne öffentliche Bekanntmachung auf Anordnung (Nr. 2.2) zu vernichten.

7.3
Sachen, deren Aufbewahrung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden oder deren Verderb zu befürchten ist, sind ohne vorherige Bekanntmachung alsbald zu versteigern. Die öffentliche Bekanntmachung nach § 981 Abs. 2 Satz 1 BGB ist in entsprechender Anwendung von Nr. 6 unverzüglich zu bewirken.

8.1
Die Fundsachenstelle hat gefundenes Geld unverzüglich bei der zuständigen (Fn 5)Gerichtszahlstelle oder Anstaltszahlstelle (Fn 4) einzuzahlen; ausländische Zahlungsmittel sind zuvor bei einer Bank oder Sparkasse zum Tageskurs in inländische Währung umzutauschen. Die öffentliche Bekanntmachung nach § 981 Abs. 2 Satz 2 BGB ist in entsprechender Anwendung von Nr. 6 zu bewirken.

8.2
Befindet sich Geld in einer Geldbörse oder in einem sonstigen Behältnis, so kann es darin auf Anordnung (Nr. 2.2) bis zum Ablauf der in Nr. 6.3 bestimmten Frist bei der Fundsachenstelle verwahrt werden.

Verwertung der Fundsachen


9.1 (Fn 2)
Fundsachen werden durch öffentliche Versteigerung oder über die Auktionsplattform der Justiz (www.justiz-auktion.de) verwertet.

Mit der Durchführung der öffentlichen Versteigerung ist gemäß § 4 der Verordnung über die Dienst- und Geschäftsverhältnisse der Gerichtsvollzieher und der Vollziehungsbeamten der Justiz vom 22.10.1984 (GV. NRW. 1984 S. 658) eine Gerichtsvollzieherin oder ein Gerichtsvollzieher zu beauftragen.

Die Verwertung über die Auktionsplattform der Justiz erfolgt durch die verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses.

9.2 (Fn 1)
Die Verwertung darf erst angeordnet werden, wenn nach ordnungsgemäßer Bekanntmachung die Frist nach Nr. 6.3 fruchtlos verstrichen ist oder die Voraussetzungen des § 980 Abs. 2 BGB vorliegen. Die Anordnung gilt als Auftrag an die Gerichtsvollzieherin oder den Gerichtsvollzieher zur Durchführung der öffentlichen Versteigerung bzw. an die oder den für die Justiz-Auktion verantwortlichen Mitarbeiterin oder Mitarbeiter des Hauses zur Verwertung über die Auktionsplattform der Justiz; sie ist ihr bzw. ihm in Ausfertigung mit zwei Auszügen aus der Fundliste zu übergeben.

10.1
Die Fundsachenstelle übergibt den Auftrag mit den zu versteigernden Gegenständen der Gerichtsvollzieherin, dem Gerichtsvollzieher oder der Gerichtsvollzieherverteilungsstelle des für ihren Sitz zuständigen Amtsgerichts. 

 

10.2
Innerhalb einer Vollzugsanstalt darf eine Versteigerung nicht stattfinden.

11
Für das Verfahren der Gerichtsvollzieher gilt § 180, für die Bekanntmachung des Versteigerungstermins § 182 der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher. (Fn 4) Die zu versteigernden Sachen sind nach Möglichkeit vor Beginn des Versteigerungstermins zur Besichtigung durch Kauflustige bereit zu stellen.

12
Die Gerichtsvollzieherin oder der Gerichtsvollzieher vermerkt auf dem Doppel des Auszugs aus der Fundliste die auf die einzelnen Fundsachen abgegebenen Höchstgebote, auf die der Zuschlag erteilt worden ist, und gibt den Auszug und die unanbringlichen Fundsachen an die Fundsachenstelle zurück.

13.1
Fundsachen, deren Versteigerung wiederholt erfolglos versucht worden ist, sind zu vernichten. Sind diese Sachen nicht als wertlos anzusehen, ist in der Regel zunächst ihre Verwertung durch freihändigen Verkauf zu versuchen. Ist dieser Versuch untunlich oder erfolglos, so ist die Vernichtung bis zum Ablauf der in § 981 Abs. 1 und 2 BGB bestimmten Frist auszusetzen. Metallgegenstände (mit Ausnahme von Waffen und Munition) sowie Textilien sind bestmöglich zu verwerten.

13.2
Gefundene und unanbringbare Videokassetten und sonstige Bild- oder Datenträger sind nicht zu versteigern, sondern ausnahmslos zu vernichten. 

 

13.3
Für gefundene und unanbringbare Waffen und Munition gelten die Bestimmungen über die Verwertung eingezogener Gegenstände nach §§ 69, 70 und 71 der Strafvollstreckungsordnung (4300 - III A. 21) und die hierzu erlassenen Ausführungsvorschriften.

14.1 (Fn 5)

Erlöse aus der Versteigerung oder einer sonstigen Verwertung sowie erstattete Auslagen sind unverzüglich bei der zuständigen Gerichtszahlstelle oder Anstaltszahlstelle (Fn 4) einzuzahlen und als Einnahme/Erlös bei dem Sachkonto 5490031000 und der Finanzposition 04.xxx.119.01 in den jeweiligen Kapiteln (z.B. 04.210.119.01 für die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit) zu buchen (vgl. aber Nr. 15.1). Die Annahmeanordnung (Anlage 1) erlässt die Behördenleitung oder die bzw. der von ihr bestellte Bedienstete.

14.2(Fn 5)

Auszahlungen in Fundsachenangelegenheiten sind bei den vermischten Verwaltungsausgaben zu leisten; Rückzahlungen vereinnahmter Beträge, die vor Abschluss des Haushaltsjahres erfolgen, sind jedoch bei den Einnahmen bei der Finanzposition 04.xxx.119.01 in den jeweiligen Kapiteln abzusetzen. Die Rückzahlung gefundenen Geldes, das noch nicht bei der vorstehend genannten Finanzposition gebucht ist (§ 60 Abs. 2 LHO), ist als Verwahrgeld abzuwickeln. (Fn 2) Für die Erteilung der Auszahlungsanordnung (Anlage 2) gilt Nr. 14.1 Satz 2 entsprechend.

14.3
Bei der Herausgabe von gefundenem Bargeld oder von Versteigerungserlösen ist § 981 BGB zu beachten. Besteht nach § 978 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Finderlohn, so ist der Finderin bzw. dem Finder die Herausgabe anzuzeigen.

Sonstige Bestimmungen

 

15.1
Die Bestimmungen der Fundsachenanweisung sind auf die in § 983 BGB genannten Sachen entsprechend anzuwenden. Soweit die nach §§ 983, 979, 981 BGB erzielten Erträge aus Sachen herrühren, die in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren sichergestellt waren, sind diese abweichend von Nr. 14.1 bei der Finanzposition 04 215 112 00 (Einnahmen aus der Vermögensabschöpfung) zu buchen.

15.2
Die Bestimmungen der Fundsachenanweisung gelten ferner entsprechend für die Behandlung des zurück gelassenen Eigentums entwichener oder entlassener Gefangener, deren Aufenthalt unbekannt ist, sowie verstorbener Gefangener, deren Erben nicht bekannt sind. Die Verwertung darf in diesen Fällen nicht vor Ablauf eines Jahres erfolgen.

16
Bargeld, das in Zahlstellenräumen gefunden wird,(Fn 4) (Fn 5) ist gemäß Nr. 8.1 Satz 1 zu behandeln. (Fn 2) Die Bestimmungen von Nr. 8.1 Satz 2 hinsichtlich der öffentlichen Bekanntmachung gelten entsprechend.

 

II.


In Abschnitt D § 19 Abs. 1 der AV d. JM vom 25. August 1981 (1454 - I B. 153) - JMBl. NRW S. 218 -, zuletzt geändert durch AV d. JM vom 1. April 2000 (1454 - I D. 153) - JMBl. NRW S. 114 -, wird das Zitat "§ 18" durch das Zitat "Nr. 15.1" ersetzt.

III.

Die Allgemeinen Verfügungen vom 4. Mai 1987 (5335 - I B. 1) - JMBl. NRW S. 133 -, vom 9. April 1991 (5335 - I B. 1) - JMBl. NRW S. 111 -, vom 18. Oktober 1993 (5335 - I B. 1) - JMBl. NRW S. 270 -, vom 2. Februar 2001 (5335 - I D. 1) - JMBl. NRW S. 53 - und Nr. 7 der AV d. JM vom 12. Dezember 2001 (1281 - I B. 32) - JMBl. NRW 2002 S. 9 - sowie die RdErl. des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 12. Februar 1971 (I A 1 - 1246) - MBl. NRW. S. 363/SMBl. NRW. 302 - und vom 28. Dezember 1976 (I A 4 - 1246) - MBl. NRW. 1977 S. 85/SMBl. NRW. 302 - werden aufgehoben.

IV.

Diese AV tritt am Tage nach der Veröffentlichung in Kraft.


Fußnoten :

   Fn1: Geändert durch AV d. JM vom 14. Oktober 2008. Diese AV tritt am Tage nach der Veröffentlichung in Kraft.

   Fn2: Geändert durch AV d. JM vom 20. November 2009. Die AV tritt mit Wirkung vom 01.01.2010 in Kraft.

   Fn3: Geändert durch AV d. JM vom 25. Oktober 2010. Diese AV tritt mit Wirkung zum 01.12.2010 in Kraft.

   Fn4: Geändert durch AV d. JM vom 29. Mai 2015. Diese AV tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

   Fn5: Geändert durch AV d. JM vom 24. Juli 2017 - JMBl. NRW S. 194 -. Diese AV tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

   Fn6: Geändert durch AV d. JM vom 28. März 2018 - JMBl. NRW S. 92 -. Die AV tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.